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Ausgabe:

1966

Spalte:

906-907

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Virgulin, Stefano

Titel/Untertitel:

La "fede" nella profeza di Isaia 1966

Rezensent:

Rost, Leonhard

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905

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 12

906

ALTES TESTAMENT

Bunte, Wolfgang, Dr. theol.: Maaserot/Maaser scheni (Vom Zehnten
/ vom zweiten Zehnten). Text, Übersetzung und Erklärung nebst
einem textkritischen Anhang. Berlin: Töpelmann 1962. VIII, 285 S.
gr. 8° = Die Mischna, I. Seder: Scraim. 7.-8. Traktat. DM 38.—.

Von W. Bunte liegt bereits die Bearbeitung des Mischna-
traktates Zabim vor, auf die in ThLZ 88, 1963, Sp. 269—271, hingewiesen
wurde. Zu dieser verdienstvollen Ausgabe gesellen sich
nunmehr die Traktate Ma'aserot und Ma'aser seni, die — sachgemäß
zusammengefaßt — in einem Hefte der „Gießener Mischna"
dargeboten werden.

In der Einleitung, die wiederum erfreulich umfangreich ausgefallen
ist und 50 S. umfaßt, werden zunächst die beiden Traktate
nach Titel und Stellung innerhalb der Mischna besprochen
(S. ]f.). Anschließend wird festgestellt, daß sich die Komposition
von Ma'aserot durch eine übersichtliche Gliederung mit relativ
geringer Einstreuung assoziativ angereihter Themen auszeichnet
(S. 2—5), während Ma'aser seni durch umfangreiche Abweichungen
vom Thema belastet ist (S. 5—9). Des weiteren werden beide
Traktate in ihrem Verhältnis zu den gleichnamigen Traktaten
der Tosefta besprochen; u. z. geht Verf. so vor, daß er — bei getrennter
Behandlung beider Traktate — zunächst eine tabellarische
Übersicht über die in Mischna und Tosefta gennannten Rab-
binen gibt und anschließend das literarische Verhältnis zwischen
beiden zu bestimmen versucht; wertvoll sind die synoptischen Tabellen
, in denen das gemeinsame Traditionsgut einerseits und die
beiderseitigen Sonderüberlieferungen anderseits dargeboten werden
(S. 10-16; 17-26).

Der zweite Teil der Einleitung ist den geschichtlichen Voraussetzungen
beider Traktate gewidmet (S. 27—50). Unter dem
Thema „Zur Geschichte der Zchntabgaben im Altertum" weist
Verf. u. a. darauf hin, daß die Zehntabgaben keineswegs eine typisch
israelitische Einrichtung darstellen, wobei gilt, daß die Weihe
des zehnten Teiles vom Ertrag primär die Dankbarkeit gegenüber
der Gottheit zum Ausdruck bringen soll und daß der Zehnt
erst sekundär zu einer Abgabe an die Priesterschaft geworden ist.

Anschließend werden die teilweise widerspruchsvollen, den
unterschiedlichen Zeit- und Lebensbedingungen des Volkes unterworfenen
Zehntvorschriften in folgender Reihenfolge besprochen
: a) jahwistisch-elohistische Geschichtsschreibung, b) Deutero-
nomium, c) Maleachi, d) Priesterkodex, e) Nehemia, f) Chronik.
In den Apokryphen und Pseudepigraphen unterscheidet Verf. solche
Stellen, die die Frage des Zehnten mehr theoretisch und idealisierend
behandeln, und solche, in denen sich die zeitgenössische
Praxis spiegelt. Des weiteren werden Josephus, Philo und das Neue
Testament als Quellen für die Zehntgesetze angeführt. Hinsichtlich
der Gemeinschaft von Qumran nimmt Verf. auf Grund der
bisher veröffentlichten Texte an, daß „gesetzlich vorgeschriebene
Abgaben wie Hebe, Zehnten usw. . . . unbekannt" gewesen sind,
da man ohnehin „die Ablieferung des Vermögens von dem in die
Gemeinschaft Eintretenden" erwartete (1 Q S 1,3).

Besonders ausführlich werden selbstredend die rabbinischen
Traditionen über die Zehntgesetze behandelt. Danach haben die
Rabbinen in die älteren Überlieferungen, die von Haus aus alles
andere als einheitlich waren, folgende Ordnung gebracht (S. 36):

a) Jährliche Entrichtung des Zehnten an die Leviten;

b) jährliche Abgabe der Zehnthebe durch die Leviten an die
Priester;

c) Verbrauch des im 1., 2, 4. und 5. Jahre des Sabbatjahreszyklus
darzubringenden zweiten Zehnten in Gestalt eines frohen
Mahles in Jerusalem;

d) der im 3. und 6. Jahre zu entrichtende Armenzehnt verbleibt
am Heimatort des Darbringenden;

e) das „Zehntbckenntnis", das nach Erfüllung der Zehntpflicht
an heiliger Stätte zu sprechen ist.

Entsprechend dieser Disposition werden anschließend die einzelnen
rabbinischen Traditionen systematisch besprochen: erster
Zehnt (S. 36—43), Zehnthebe (S. 43f.), zweiter Zehnt (S. 44-48),
Armenzehnt (S. 48f.) und Zehntbekenntnis (S. 49f.).

Bei der Besprechung der geschichtlichen Voraussetzungen für
die rabbinischen Traditionen fällt auf, daß Verf. sich im allgemeinen
auf das einfache Referat beschränkt, ohne näher auf eine historisch
-kritische Bewertung des Materials einzugehen, wie sie gerade
der Neutestamcntler für die Erschließung der Verhältnisse
in den Jahrzehnten vor dem Untergang des Tempels benötigt.
Nun sei gern zugegeben, daß es sehr schwer und vielfach auch unmöglich
ist zu unterscheiden zwischen Gesetzen, die einmal allgemein
gültig waren, und solchen, die offensichtlich der scholastischen
Spekulation entstammen. Immerhin läßt sich doch hier und
da etwas Genaueres sagen.

Dies sei an einem Beispiel verdeutlicht: Wenn Verf. S. 42 feststellt,
daß auch noch nach der Tempelzerstörung der erste Zehnt entrichtet
wurde, so trifft dies ohne Zweifel historisch zu und gilt vor allem für
die freiwillige Selbstbesteuerung, wie sie in der Satzung der pharasäi-
schen Haberim niedergelegt war. Wird dann aber weiter gesagt, der Getreide
- und Viehzehnt müsse nach Jerusalem gebracht werden und man
dürfe nur innerhalb der Stadtmauern davon essen, so sind die herangezogenen
Belege wohl kaum mehr als Theorie, wenn man sich vergegenwärtigt
, daß nach dem Aufstand unter Hadrian den Juden das Betreten
Jerusalems untersagt war.

Wie zu Zabim gilt auch für die beiden vorliegenden Traktate
, daß die Übersetzung als gut gelungen und für einen größeren
Kreis verständlich bezeichnet werden darf. Der Kommentar ist
reichhaltig und zeichnet sich durch eine Reihe guter Sach- und
Worterklärungen aus, die vielfach auch lexikographisch Beachtung
verdienen. Als besonders dankenswert wird man daher begrüßen
, daß innerhalb des umfangreichen Registers (S. 269—281)
auch ein Verzeichnis der in beiden Traktaten erklärten Termini
enthalten ist (S. 269-271).

Wie üblich, wird der hebräische Text — den Grundsätzen der
„Gießener Mischna" entprechend — auf der Basis der Budapester
Handschrift Kaufmann (K) geboten; das Vergleichsmaterial aus
den maßgeblichen Handschriften, Genisa-Fragmenten und Druk-
ken wird in einem ausführlichen textkritischen Anhang (S.
248—268) vorgelegt.

(ena Rudolf Meyer

Virgulin, Stefano O.: La „Fede" nella Profczia d'Isaia. Mailand:
Bibbia e Oriente 1961. 180 S. gr. 8° = Quaderni della Rivista „Bib-
bia e Oriente", 2. Lire 2 000—, $ 4.50.

Die vorliegende Studie ist eine Laureats-These, die 1949 dem
päpstlichen Bibelinstitut vorgelegt wurde und seitdem durch
Überarbeitung und Ergänzung auf Stand gehalten worden ist. Eine
reiche Bibliographie zeugt von der Gründlichkeit der Arbeit und
ein Register der zitierten Autoren, daß diese Werke auch mehr
oder minder stark benützt worden sind. Eine kurze Einleitung
stellt die hebräischen Wurzeln zusammen, auf die geachtet werden
soll, und unterstreicht die Bedeutung einer erneuten Untersuchung
durch zahlreiche Zitate aus der wissenschaftlichen Literatur
. Sie betont zugleich, daß die LIntersuchung dem ganzen Jesa-
jabuch gelte, unbeschadet der vom Verfasser fast durchwegs anerkannten
Datierungsfragen und seiner Urteile über Echtheit und
Unechtheit.

Ein erster Teil bringt eine Exegese der Texte, indem er den
Stoff in 8 Kapitel zusammenfaßt:

1. Der Glaube zur Zeit des Ahas; 2. Der rückwirkende Einfluß
des Glaubensprinzips in den Weissagungen der Zeit Jothams;
3. Das Prinzip des Glaubens in der Sammlung der Fremdvölkersprüche
; 4. Der Glaube in der Eschatologie; 5. Der Glaube in der
Zeit des Hiskia; 6. Der geschichtliche Triumph des Glaubens; 7.
Der Glaube im Exil; 8. Der Glaube in der unmittelbar nachcxili-
schen Zeit. Im Mittelpunkt des 1. Kapitels steht natürlich Jes. 7,14.
Eine sorgfältige historische Exegese stellt den Text in seine Zeit
hinein, wird aber in V. 14 rein auf das messianische Verständnis
ausgerichtet und dies in solchem Maß, daß hier keinerlei abweichende
Exegese der umstrittenen Aussagen auch nur angedeutet
wird. Damit ist der Glaube eine die endzeitliche Gewißheit vom
Sieg der Gottesherrschaft trotz der Not der Gegenwart schauende
Haltung restlosen Vertrauens auf Jahwe und seinen Heilsplan geworden
, an der nun einerseits die Haltung des Volkes gemessen