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Ausgabe:

1966

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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86Ö

Theologische Litcraturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 11

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dabei um Typisierungen, mit deren Hilfe eine Vielzahl von Variationen
zusammengefaßt wird. Ist man sich der Grenze solchen Verfahrens bewußt
, so ist die Übersicht hilfreich. — In einem zweiten Abschnitt bietet
Neidhart sodann eine „vorläufige Stellungnahme zu diesen Zielen"
(S. 27 ff.). Als theologisches Kriterium dient ihm dazu der — freilich
wenig differenzierte — Satz, „daß für den Konfirmandenunterricht berechtigt
und sinnvoll ist, was der Vermittlung des Rufes in die Nachfolge
Christi dient" (S. 27). Von hier aus werden, ebenso typisierend
wie im ersten Abschnitt bei der Darstellung, Recht und Grenzen der genannten
Ziele aufgewiesen. Unvermeidlich zeigt sich dabei aber auch, daß
in Wirklichkeit diese Ziele stets vermischt und nicht als reiner Typ auftreten
werden. — Zum einen Brennpunkt seiner Überlegungen stößt
Neidhart im dritten Abschnitt vor: „Unterrichtsziele im Raum einer
Volkskirche" (S. 44 ff.). Die bisherigen Erörterungen werden unter diesem
Aspekt durchreflektiert und weitergeführt. Dieses Thema so dringlich
gestellt zu haben, ist des Verfassers Hauptverdienst. Er zeigt, wie
sich die verschiedenartige Bedeutung der Volkskirche auf das Verständnis
des Konfirmandenunterrichts auswirkt, auch wenn das den Betroffenen
nicht immer ausreichend deutlich ist. — Als Vorbereitung des anderen
Brennpunktes seiner Erörterungen bemüht sich Neidhart im vierten Abschnitt
, die Ziele „durch differenzierte Erfassung des Arbeitsraumes" zu
überprüfen (S. 84 ff.). Dabei leitet einerseits der Gesichtspunkt, daß die
Grenze zwischen Kirche und Nicht-Kirche unsichtbar ist: von dieser Feststellung
her wird es notwendig, neuere soziologische Forschungen mit
ekklesiologischen Überlegungen zu verbinden. Andererseits — und auf
diesem Hintergrund — interpretiert Neidhart den Konfirmandenunterricht
..im Lichte der Trias Zeugnis-Gemeinschaft-Dienst" (S. 102 ff.). — Alle
diese Erörterungen führen auf den fünften Abschnitt: ..Mit der Volkskirche
zusammenhängende didaktische Probleme" CS. 122 ff.), wo der Verfasser
die konkreten Folgerungen für Inhalt und Gestalt des Unterrichts
zieht. Ohne Vollständigkeit zu erstreben werden fünf Fragenkreise behandelt
: Einführung in den Gottesdienst. Vorbereitung auf das Abendmahl
, eigene Konfession und Ökumene, die Behandlung des Unglaubens
und schließlich die* Gewissensbildune. — Der sechste Abschnitt schließt
das Buch mit dem Ausblick auf die „Konfirmation als Veranstaltung der
Volkskirche" ab (S. 184 ff). Theologische Deutungen und nichttheologische
Motive der Konfirmation werden einander konfrontiert, um aus
diesem Gegenüber Folgerungen für die (reformieite) Praxis zu ziehen.

Neidharts unbestreitbares Verdienst ist es, den immer wieder
angesprochenen Problemkreis Konfirmandenunterricht — Volksküche
erstmals monographisch behandelt zu haben. Die weitere
Diskussion wird sich in extenso mit seinen Thesen auseinanderzusetzen
haben. Für diese Diskussion sei es erlaubt, im Zusammenhang
mit Neidharts Ausführungen und angeregt durch sie einige
Hinweise zu geben:

1) Für den deutschen Leser ist es wichtig, lutherisch geprägte
Unterrichtsziele und Konfirmationsverständnisse in die Betrachtung
mit einzubeziehen. Besonders dürfte das auch für Agenden
gelten! Dabei ist es in. E. wichtig, um der Klarheit der Diskussion
willen die verschiedenartigen Vorstellungen, die anzutreffen sind,
nicht sogleich zu typisieren und zu schematisieren, sondern der
Einzelanalyse breiten Raum zu geben. Es wird dann auch nicht ausbleiben
, daß man historische Linien stärker berücksichtigen muß.
um gegenwärtige Stellungnahmen verständlich zu machen.

2) In der theologischen Beurteilung anderer und in der Entfaltung
eigener Unterrichtsverständnisse wird es förderlich sein,
sich so wenig wie möglich uninterpretierter Formeln zu bedienen.
Die Typen des Unterrichtsverständnisses mißt Neidhart an der
Frage, wie weit sie der „Vermittlung des Rufes in die Nachfolge
Christi" (S. 27) dienen. Das ist gewiß ein sinnvolles und berechtigtes
Kriterium. Es fragt sich aber, ob man angesichts der gegenwärtigen
theologischen Situation und angesichts der allgemeinen
Bemühung, verständlich zu sagen, was es in der Welt von heute
heißt: Jesus nachzufolgen — ob man also heute Begriff und Wirklichkeit
der Nachfolge uninterpretiert in die Diskussion bringen
kann. Nicht anders ist es mit der Trias Zeugnis-Gemeinschaft-
Dienst, in deren Licht der Konfinuandenunterricht umrissen wird
(S. 102 ff.). Auch hier geht es nicht ohne eindringende theologische
Interpretation des mit diesen Begriffen Gemeinten. Begibt man sich
an diese Interpretation, so wird sich zeigen, in welchem Ausmaß
sich die gegenwärtige Grundproblematik gegenwärtiger Theologie
und Verkündigung auf dem Feld des Konfirmandenunterrichts
konkretisiert.

3) Neidharts Erörterungen zeigen an vielen Stellen, in welchem
Ausmaß und in welcher Tiefe der Konfirmandenunterricht an
der Welt, in der er stattfindet teilhat. Aber vielleicht könnte man

— das hängt mit dem unter 2) Gesagten zusammen — in der weiteren
Diskussion diese Linie noch intensiver verfolgen. Die Behandlung
des Unglaubens als didaktisches Problem und dabei insbesondere
der Ansatz bei der Apologetik (S. 168) erweckt für mein Verständnis
den Eindruck, als handle es sich beim Unglauben nicht um die
Situation der Kirche, des Pfarrers und der Konfirmanden, sondern
um die „andern", und über deren rechte Behandlung müsse nachgedacht
werden. Aber dieses Gegenüber wird doch nun weder der
konkreten Situation noch der Meinung des Evangeliums gerecht!
Mannigfache Hinweise Neidharts können helfen, aus dieser falschen
Alternative herauszukommen.

4) Die Frage nach dem Jugendlichen als Predigthörer wirft die
Frage nach der jugendmäßigen Predigt auf. Das ist ein eigenes homiletisches
Problemfeld, das noch kaum in Angriff genommen ist.
Diese Klärungen müssen im Zusammenhang mit den Erörterungen
zur Stellung der Predigt im Konfirmandenunterricht und zur Anleitung
zum rechten Predigthören stehen. Neidharts Erwägungen
zu diesem Thema werden sich manche berechtigte homiletische
Rückfrage gefallen lassen müssen (vgl. bes. S. 135ff.).

Dem Verfasser ist zu danken, daß er der Debatte über den
Konfirmandenunrerricht neue Anstöße gegeben hat.

Mainz Gert Otto

Langer. Wolfgang: Das Alte Testament im Unterricht (MThZ 17,
1966 S. 96—107).

Schulte, Hanneiis: Christliche Erziehung? (ThR N. F. 31, 1966 S.
254—280).

Seemann, Michael: La catechese sur l'eucharistie dans une perspective
biblique et oecumenique (Verbum Caro 77, 1966 S. 50—64).
Thilo, Hans-Joachim: Hilfe zur Reifung (DtPfBl 66, 1966 S.

577—580).

MISSIONSWISSENSCHAFT VND ÖKUMENE

Vicedom, Georg F.: Gebet für die Welt. Das Vater-Unser als
Missionsgebet. München: Kaiser 1965. 141 S. 8°. DM 8.—.

Die jüngste Veröffentlichung des bekannten Missionswissenschaftlers
spricht einerseits das schlichte Gemeindeglied an und ist
andererseits von Gewicht für die Fachvertreter beinahe aller theologischen
Disziplinen. Sie ist einem gebetsarmen Geschlecht Mahnung
und Anleitung zum Gebet im allgemeinen, im besonderen
aber ist sie eine bei aller wohltuenden Einfachheit der Sprache und
Gedankenführung theologisch solid gegründete, Glaubensweisheit
und Lebensreife bezeugende Auslegung desjenigen Gebets, aus
dem alles christliche Beten überhaupt zu schöpfen und an dem es
sich zu messen hat. Dabei ist es die von V. konsequent durchgehaltene
These, daß das Vater-Unser nur verstanden werden kann
als das Gebet der Gemeinde Jesu Christi und daß eben dieses
heiße: der ihrer Sendung bewußten Gemeinde. Ebensowenig
wie Mission ohne Gebet zu denken ist (12), kann das Vater-Unser
ohne die Kenntnis und Bejahung des Missionsauftrags recht gebetet
werden, der den Hintergrund aller einzelnen Teile dieses Gebetes
bildet. Daß das Evangelium allen Menschen gilt, macht das
Vater-Unser deutlich: „Die Heilsintention Gottes durchzieht jede
Bitte" (27). Aber — dies ist V.s ernstes Anliegen — Heils inten-
tion darf nicht umgefälscht werden in Heils metaphysik.
Die Heilsintention Gottes kann man nicht in Gedanken und Systeme
einfangen, die als solche lediglich zur Kenntnis zu nehmen
wären, sie beruft vielmehr zum Dienst: Mission! Der Vollzug dieses
Dienstes aber ist nur dem Beter möglich, genauer: der betenden
Gemeinde.

Das Vater-Unser als das Gebet der missionierenden Gemeinde
: dies und nur dies ist das Thema der Untersuchung V.s.
Daß das Vater-Unser auf diese Weise nicht etwa eine Verengung
und Vereinseitigung erfährt, diese Sicht vielmehr durchaus sachgerecht
ist, versteht V. von Seite zu Seite zunehmend deutlich zu
machen. „Am Vater-Unser wird in einer einzigartigen und einmaligen
Weise erkennbar, daß sich die Gemeinde Jesu in ihrem
ganzen Gcbctslebcn nur als missionierende Gemeinde verstehen
kann" (25). „Wer das Gebet in seinem Lirsinn betet, ist auch
bereit, das, was Jesus gebracht hat, den Menschen weiterzugeben.
Er stellt sich in die Sendung Jesu und läßt den Vater, den er anruft,