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Ausgabe:

1966

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 11

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gelesen werden'" (S. 76). — Schließlich ein Hinweis für das Verhalten
der Geistlichen: „Die Geistlichen sollten sich bei allen
ihren Handlungen würdig, natürlich und ehrfürchtig verhalten,
wenn sie im Altarraum dienen. Sie sollten nicht gezwungen, überfeierlich
und affektiert sein". — Kap. X: „Allgemeine Grundsätze
für die lilturgische Musik": 1) sie muß objektiv sein, d. h. sich an
Gott und nicht auf Menschen richten; 2) sie muß hilfreich für den
Gottesdienstbesucher sein, sich für den Empfang der Gnade
Gottes zu bereiten; 3) sie muß heilige Musik sein, unterschieden
von weltlicher. Zwar ist in der Vergangenheit weltliche Musik von
der Kirche übernommen worden; aber das war damals möglich,
weil das weltliche Leben und die Künste durch eine christliche
Kultur beherrscht wurden: „es war eine christianisierte weltliche
Musik" (S. 80). — Kap. XI: „Das Zeremoniell der Ordnung des
Hl. Abendmahlsgottesdienstes", Kap. XII: „Der Anteil der Zele-
branten, des Diakons und der Laien". In diesen beiden Kapiteln
wird eine ausführliche Schilderung v<~n Verlauf des lutherischen
Abendmahlsgottesdienstes gegeben, unter Berücksichtigung des
Verhaltens von Zelebrant, Diakon und Gemeinde, wozu Vorschläge
bis in die Einzelheiten der Wendungen, des Stehens,
Kniens, sich Verneigens etc. gemacht werden. Vom eigentlichen
eucharistischen Hauptteil des Gottesdienstes werden die schönen
Worte gesagt: „Feierliche Würde, Freude, Danksagung, Gottesgemeinschaft
, Brüderlichkeit, Gedächtnis, Hingabe, Mysterium
und Ehrfurcht charakterisieren diesen ganzen Teil des Heil.
Abendmahlsgottesdienstes. All dies sollte im Zeremoniell zum
Ausdruck kommen" (S. 100). Dieser Satz bezeichnet das eigentliche
Anliegen des ganzen Buches, ebenso wie der folgende:
„Worte, Musik, Körperhaltung, Gesten und alle anderen Mittel
des Zeremoniells können benutzt werden, um die mannigfaltigen
Seiten dieses heiligen Sakramentes zum Ausdruck zu bringen, besonders
die zentrale Wirklichkeit, daß Gott uns hier beschenkt
und ernährt mit Seiner größten Gnadengabe" (S. 100 f.). —
Kap. XIII spricht über „Die Zeremonien bei Mette und Vesper",
Kap. XIV erörtert das Zeremoniell der Hl. Taufe, der Konfirmation
, der Aufnahme von Konvertiten, der Privatbeichte und
Absolution, wobei bezüglich des Taufvollzuges geraten wird, „aus
der flachen Hand oder aus einem Gefäß eine reichliche Menge
Wasser auszugießen und nicht nur ein paar Tropfen zu verwenden
" (S. 13 3). Als zusätzliche Zeremonien wird auf die Verwendung
des Taufschleiers und der Taufkerze hingewiesen
(S. 13 5). — Kap. XV behandelt das Zeremoniell der Trauordnung,
der Ordinations- und der Bestattungsordnung, Kap. XVI bis
XVIII „Die Zeremonien des Kirchenjahres", wobei u. a. auch die
Feier der Osternacht erwähnt wird (S. 169). Unter den zusätzlichen
Feiertagen erscheinen (S. 173 ff.) u. a. Kreuzeserhöhung
(14. Sept.), St. Nikolaus (6. Dez.), Gregor d. Gr. (14. März),
St. Magdalene (22. Juli) u. a. m. — Kap. XIX ist überschrieben:
„Der Gebrauch der Kirchenfarben in der lutherischen Liturgie und
Verschiedenes".

Der Beschluß des Buches weist noch einmal auf die Wichtigkeit
eines guten Zeremoniells hin: „Hier im Zeremoniell der
Liturgie öffnet sich uns eine ganze neue Welt, eine Welt, die gefüllt
ist mit Wahrheit und Schönheit. Um diese Welt zu schätzen,
müssen wir es wieder lernen, uns darüber klar zu werden, daß es
Formen der Verständigung gibt, die nicht aus Worten bestehen
und daß diese oft wirksamer sind, als diejenigen verbaler Art"
(S. 187). Und: „Traditionelles Zeremoniell hat seinen Mittelpunkt
nicht in sich selbst . . . Das Ziel des Zeremoniells ist die
Verherrlichung Gottes durch die Rettung und Heiligung des
Menschen" (S. 188).

In unserem ökumenischen Zeitalter, in dem die Kirchen sich
so weit begegnen, daß sogar die reformierten Brüder von Taize
in den eucharistischen Gewändern der Alten Kirche allsonntäglich
und noch öfter Messe feiern, ist es wohl nachdenkenswert, ob uns
dieses Buch nicht etwas darüber zu sagen hat, ob und wie die
Kirche die von der Ökumene her auf uns zukommenden Ausdrucksformen
unserer eigenen Überlieferung neu gebrauchen
könnte, zur Ehre Gottes und Freude der Menschen an Seinen Geschenken
und Gaben.

PiiHncck/Tliür. Albrectit V o 1 k m a n I

Aengenvoort, Johannes: Weltliche Musik zu geistlichen Texten
(MuK 36, 1966 S. 109—119).

Hoppe, Alfred: Arp Schnitger und die Orgel in der Kirche zu Beverstedt
(MuK 36, 1966 S. 119—124).

Metzger, Hans-Arnold: Max Regers geistliche Chorwerke und sein
Orgelschaffen (MuK 36, 1966 S. 213—224).

Riehm, Heinrich: Was ist evangelische Kirchenmusik? (MuK 36, 1966
S. 105—109).

Schmidt, Eberhard: Der gesungene Psalter alt Kanon des Kirchengesanges
(MuK 36, 1966 S. 157—172).
Widmann, Joachim: Max Reger (MuK 36, 1966 S. 203—213).

KATECHET1K UND RELIGIONSPÄDAGOGIK

Fangmeier, Jürgen: Erziehung in Zeugenschaft — Karl Barth und
die Pädagogik. Zürich: EVZ-Verlag [1964], 716 S. gr. 8° = Basler Studien
z. histor. u. syst. Theologie, hrsg. v. M. Geiger, Bd. 5. Lw. DM
48.—.

Hier schreibt einer, den Karl Barths Werk in die Fänge seiner
Dogmatik und der vielen Nebenschriften gezwungen hat, umfürdie
Pädagogik herauszuholen, was in wenigen Hinweisen ausdrücklich,
im ganzen latent dargeboten ist, um unter einer solchen Perspektive
fruchtbar zu werden. Es scheint dazuzugehören, dann auch so dickleibig
zu schreiben wie der Meister. Aber der Versuch und die
Mühe lohnen sich, obwohl mehr an zarter Kritik ausgesprochen
werden müßte, als was in einem so schnellen und kurzen Durchgang
möglich erscheint. Vorweg aber: Was sich gelohnt hat, läßt
sich am ehesten mit der weitgehenden Handhabung des Barth-
schen Werks selber umreißen: Man wird — statt zügig von der
ersten bis zur letzten Seite zu lesen, mehr, wenn einzelnes wichtig
wird, mit dem Kompaß navigieren, nämlich mit den Stichwörtern
aus dem umfangreichen Bibelstellen-, Personen- und Sachregister
den erarbeiteten Einzelheiten nachspüren.

Diese langatmige und dennoch, wo sie einen packt, kurzweilige
Arbeit will nicht den großen Lehrer nachahmen und durchleiern
, sondern von der Fragestellung „Zeugendienst" her pädagogisch
interpretieren, also den höchst aktuellen Versuch wagen,
theologische und pädagogische Wissenschaft im Austausch der einheimischen
Begriffe bis in eine gemeinsame Pragmatik finden zu
lassen. Fangmeier hat sich streng daran zu halten gewußt, nicht zu
mischen, was nur getrennt aufeinander wirksam werden darf und
kann: Er spricht im Vorwort von den zwei Polen. Der junge Theologe
hat die ihm geziemende Bescheidenheit auch für den hohen
Anspruch, ein solches Volumen aufbauen zu müssen, gewahrt, indem
er sich der ständigen Beratung durch die Professoren Julius
Schweizer, Eduard Thurneysen, des Psychologen Neidhart und des
Bethelers Georg Müller versichert und erfreut hat. (Ich selber erinnere
mich gerne seines kurzen Besuchs mit einem guten kritischen
Gespräch.) Er hat im Laufe der systematischen Darstellung auch die
wichtige Einsicht gewonnen, der Karl Barth des Römerbriefs müsse
künftig von diesen seinen Anfängen her quer durch das Dogmatik-
Werk neu aktuell werden. Dieser zum Glück nachträglichen Erkenntnis
hilft das Buch in guter Weise auf. Ich gebe gerne zu, daß
ich ein Stück Treue, das ich in Jahren und Jahrzehnten beim pädagogisch
und didaktisch interessierten Immer-wieder-Vornehmen
der Dogmatik für Karl Barth genährt und mir niemals habe miesmachen
lassen, in Duktus und Akzentuierung dieses Buches dankbar
bestätigt empfinde.

Noch in einem anderen Sinne ist der frühe, der ganz frühe
Karl Barth über den großen Bogen einer kritischen Verfremdung
hinweg, für ihn selber nicht einmal zu vollem Bewußtsein gelangt,
ein Künder für die heutige Problemstellung — nach Überwindung
der kritisch erkannten Zwischenstufen — einer Annäherung von
LInterricht und Erziehung, von Unterweisung und Seelsorge zu
sein. F. beginnt das 1, Kapitel mit dem Hinweis auf eine Rezension
Barths von 1911 über eine Schrift von O. Pfister „Religionspädagogisches
Neuland". Wie wir alle als Anfänger bei den ersten tastenden
Wagnissen der literarischen Öffentlichkeit nicht sind, was
wir erst werden, so bewegt sich Barth noch abseits seiner selbst in
den Bahnen einer „religiös-sittlichen Erziehungsbeflissenheit von
Schleiermacher und W. Herrmann her" (18), aber in der Schulgebundenheit
schon angelegt auf die kritische Analyse in der späte-