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Ausgabe:

1966

Spalte:

861-865

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Lang, Paul H. D.

Titel/Untertitel:

Ceremony and celebration 1966

Rezensent:

Volkmann, Albrecht

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Seite 1, Seite 2, Seite 3

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 11

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überholt sind. Auf die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen
Konzils konnte nur noch in einer nachträglich eingefügten Anmerkung
Bezug genommen werden. Von den sechs Punkten, die der
Verf. zur kritischen Charakterisierung der römischen Messe aufzählt
, haben drei Punkte (die lateinische Sprache, die Verweigerung
des Laienkelches, das Fehlen eines Allgemeinen Kirchengebetes
) erheblich an Bedeutung verloren bzw. sind ganz hinfällig geworden
. Ebenso kann man heute keineswegs mehr so undifferenziert
von einer „negativen Einschätzung der Bedeutung der Gemeinde
für den Vollzug des Gottesdienstes" sprechen, wie der
Verf. dies tut (S. 23).

Sachlich nicht zutreffend ist die vom Verf. vollzogene Unterscheidung
von Ordo Missae und Canon Missae (S. 20, 21, 27, 92, 99). Das
Missale Romanum stellt zwar auch den Kommunion- und Schlußteil
der Messe unter die Überschrift „Canon Missae": keinesfalls kann man
jedoch mit dem Verf. sagen, der „Ordo Missae" umfasse den Wortteil
und der „Canon Missae" den Sakramentsteil der Messe. Schließlich
gehören Offertorium, Präfation und Sanctus unbestritten zum euchari-
stischen Teil, obwohl sie im Missale unter der Überschrift „Ordo Missae"
laufen. Daß man normalerweise unter dem „Kanon" der Messe die Gebete
vom „Te igitur" bis zum „Per ipsum" einschließlich versteht, dürfte
dem Verf. doch auch geläufig sein. Sachlich falsch ist es natürlich auch,
wenn der Verf. das zum „Ite, Missa est" bzw. „Benedicamus" gehörende
„Deo gratias" auf den Platz nach dem Segen und nach dem (jetzt ja ebenfalls
gestrichenen) Schlußevangelium verweist.

Weitere notwendige Ergänzungen, sachliche Fehler und Korrekturversehen
seien kurz angedeutet:

S. 17, Z. 19: lies „Sanctus". — S. 22: Der Mailänder Ritus und
einige andere Sonderriten blieben auch nach 1570 noch in beschränktem
Umfang in Gebrauch. — S. 27 u. 59: Die römische Messe kennt bei den
eigentlichen Wandlungsworten keine signatio crucis über den Elementen
. — S. 30f.: Wie steht es mit dem Vorbild des spätmittelalterlichen
Prädikantengottesdienstes für die Gestaltung der reformierten Gottesdienstordnungen
? — S. 37: Präfation und Sanctus werden schon in der
Agende von 1822 vom Abendmahl losgelöst und in die „Liturgie" vor
der Predigt einbezogen. — S. 39: Kann man die Singbewegung so ohne
weiteres als eine „antiromantische" Bewegung bezeichnen? Liegt hier
nicht ein sehr populärer Begriff von Romantik vor? Ist nicht gerade die
Jugendbewegung und die aus ihr hervorgegangene Singbewegung d i e
romantische Bewegung unseres Jahrhunderts? — S. 47 : Die Übernahme des
Gloria in excelsis vollzog sich genau umgekehrt, wie der Verf. dies darstellt
: Es bürgerte sich ein. das Gloria auch an den gewöhnlichen Sonntagen
zu singen. Nur die Sonntage in den Fastenzeiten blieben dabei
ausgeklammert. — S. 49; In wenigen Fällen (den Messen am Quatember-
Mittwoch und Quatember-Samstag) kennt das Missale auch heute noch
drei Lesungen. — S. 56: Am Karfreitag wird gerade keine „Messe" gefeiert
! — S. 56 unten: Die neue Agende der EKU bietet (im Gegensatz
zur VELKD-Agende) eine einheitliche Ordnung der Abendmahlsliturgie.
Post-S.inctus-Gebet und Pax sind fakultativ. — S. 59: Selbstverständlidi
hat die römische Messe eine Anamnese! — S. 66, 67, 68: Die Fastenzeit
ist ursprünglich nicht in erster Linie Vorbereitungszeit auf Karfreitag
(..Passionszeit"!), sondern auf die österliche Taufe. Davon geben die
Perikopen an den Fastensonntagen heute nodi Zeugnis. Die eigentliche
„Passionszeit" beginnt erst mit dem Sonntag Judika. — S. 67: Die
österliche Zeit endet in der Liturgie erst mit dem Sonnabend nach Pfingsten
. Keinesfalls kann man die Pentekoste in eine „vierzigtägige Freudenzeit
" verkürzen. — S. 68, 4. Z. von unten: lies „lutherische
Agende". S. 75. Abs. 5: Diese Ordnung des Stundengebetes findet sidi
nur bei Berneuchen: Agende II stellt das Vaterunser vor die Preces. —
S. 76: Die übriggebliebenen Hostien werden im Tabernakel aufbewahrt
. — S. 87, Z. 18: lies „Predigtgottesdienst". S. 90: Man vermißt
sehr einen Hinweis auf E. Hertzsch, Die Wirklichkeit der Kirche. Kompendium
der Praktischen Theologie. Erster Teil: Die Liturgie. Halle 1956.
— S. 97: Will der Verf. sich ernsthaft mit diesem angeblich „abendländischen
" Verständnis von Liturgie identifizieren? — S. 101: Secreta (von
oratio secreta, also fem.) ist die (inzwischen überholte) Bezeichnung für
das „Gabengebet" am Abschluß des Offertoriums, und nicht Sammelbegriff
für alles, was der Priester „heimlich" betet. — S. 102: Unter dem
Trishagion versteht man üblicherweise das "Ayio; n <9«<k der orthodoxen
und gallikanischen Liturgie.

Stigard/Rügen Karl-Heinrith Bieritz

Lang, Paul H. D.: Ceremony and Celebration. St. Louis, Missouri:
Concordia Publishing House [1965). X. 191 S. gr. 8*. Lw. $ 4.95.

Von der Grundlage eines streng bekenntnismäßig gebundenen
Luthertums her sucht der Verfasser eine Lücke in der liturgischen
Literatur unserer Tage zu füllen. So viel über liturgische
Fragen in den letzten Jahrzehnten gearbeitet' wurde, so viele wertvolle
private und offizielle Agenden im Raum der evangelischen
und speziell der lutherischen Kirchen auch herausgegeben worden
sind: der Verfasser sieht einen Mangel darin, daß nur wenig über
das Zeremoniell der lutherischen Liturgie geschrieben worden ist
(S. X). In der Tat ist seit der immer noch grundlegenden Arbeit
des nun neunzigjährigen Oskar Johannes Mehl über „Das liturgische
Verhalten" (Göttingen 1927, 212 S.) wohl nicht wieder in
solcher Ausführlichkeit gehandelt worden. Diesem Mangel möchte
der Verfasser aushelfen und durch seine Arbeit der Kirche dienen
und die Gottesverehrung in der Kirche und durch die Kirche, insbesondere
die lutherische, fördern. Das Buch hat also weniger wissenschaftliche
Ambitionen, obgleich es auf einer durchaus guten
wissenschaftlichen Grundlage beruht, sondern eine mehr praktische
Abzweckung.

Die Grundhaltung des Werkes ist durchaus konservativ, aber
nicht im Sinne der Erhaltung eines Zustandes, „wie er nun einmal
geworden ist", sondern im Sinne eines höchst lebendigen Rückgriffes
auf die lutherischen Anfänge, die ihrerseits in engstem Zusammenhang
mit den Überlieferungen der westlichen, aber auch
der ökumenischen Kirche standen. Sehr bezeichnend sind die beiden
Motti, die vorangestellt werden: „Prüfet alles und das Gute
behaltet" (1. Thess. 5, 21) und der in englischer Sprache gegebene
lateinische Text von CA XXIV: „Fälschlich werden unsere Kirchen
beschuldigt, sie schafften die Messe ab. Denn die Messe wird
bei uns aufrechterhalten und mit höchster Ehrerbietung gefeiert.
Es werden auch fast alle üblichen Zeremonien gebraucht."

In den ersten drei Kapiteln werden zunächst die grundsätzlichen
Fragen erörtert. In einem I. Kapitel wird eine Definition
der Liturgie gegeben: mit dem Wort Liturgie ist gemeint „der
Gottesdienst der Kirche im Unterschied zu .Andachten' privater
oder persönlicher Art oder auch in Gruppen" (S. 3). „Liturgie ist
die Anbetung (worship) Gottes durch die universale Kirche oder
durch einen einzelnen Christen oder eine Gruppe von Christen als
Ausdruck des offiziellen Gottesdienstes der Kirche." Private Gebete
und Andachten in Gruppen sind gewiß gut und Gott wohlgefällig
, „aber wir nennen sie nicht Liturgie" (S. 4). Und wer vollzieht
die Liturgie? „Der wahre Handelnde in der Liturgie ist
unser Herr Jesus Christus. In der Liturgie führt Er Sein hohepriesterliches
Amt fort" (S. 5). „Die Liturgie ist eine Handlung Christi
und Seines Leibes, der Kirche. Sie wird im Kirchengebäude von
der Gemeinde oder von Einzelnen oder Gruppen von Christen im
Namen der universalen Kirche vollzogen als ein Ausdruck der
Anbetung der Kirche."

Daneben wird eine Klarstellung einiger oft falfch gebrauchter
Begriffe gegeben (S. 5): eigentlich sind alle, die am Gottesdienst
teilnehmen, „Liturgen", denn „Geistliche" und „Laien"
vollziehen ja gemeinsam den Gottesdienst. Für den Pfarrer, der
d»n Kommuniongottesdienst abhält, ist nach überlieferter Terminologie
die zutreffende Bezeichnung „Zelebrant", für den, der
einen Predigtgottesdienst, Mette oder Vesper hält, „Offiziant".
Alle Teilnehmer jedoch haben ihre je besonderen Aufgaben bei
der Durchführung der Gottesdienste.

Ein zwekes Kapitel ist den Begriffen „Ritual" und „Zeremoniell
" gewidmet. „Ritual" bezieht sich auf den Wortlaut des
Gottesdienstes, auf seinen Ritus, seine Ordnung. Ein „Rituale"
enthält die gedruckten Ordnungen der Goffesdienste. Dagegen ist
das „Zeremoniell" alles, was mit der praktischen Durchführung
der Ordnung zusammenhängt: nicht nur leibliche Ausdrucksweisen
wie Sprechen, Singen, Knien, Verneigen, der Vollzug des Kreuzeszeichens
oder die Befolgung des Kirchenjahres, sondern auch
Schmuck, Symbole, Gegenstände, die im Gottesdienst gebraucht
werden: das Kirchengebäude, Altar, Kruzifix, Kerzen,Gewänder.
„Zeremonien sind feierliche religiöse Gegenstände und Handlungen
" (S. 8). „Riten und Zeremonien sind im Gottesdienst
nötig, weil, wie Luther sagt, ,wir auf Erden ohne sie nicht leben
können'". „Öffentlicher Gottesdienst kann nicht unzeremoniell
sein, weil er einer gewissen Form der Mitteilung bedarf, und alle
Formen der Mitteilung sind Zeremonie." Selbst aus dem
Augenblick heraus geborene Gottesverehrung muß irgendeine
Art von Form oder Zeremoniell haben. Ein Lied,
eine Melodie, das Vaterunser — sie alle haben eine Form.
Und mit der Zeit wird auch die „formlose Form" zum