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Ausgabe:

1966

Spalte:

793-794

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Schering, Ernst

Titel/Untertitel:

Der Gemeindediakon 1966

Rezensent:

Appel, Helmut

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

794

Bedeutung abzwingen kann" (286). Das Geheimnis der Schrift
bleibt. Gott allein kann es lüften. Und in der Kraft des Heiligen
Geistes will er, was er kann. Das ist der „Schluß" (286—287), den
der Verfasser aus seinen Erörterungen zieht, die eine erstaunliche
Kenntnis der einschlägigen exegetischen und systematischen
Literatur und ihrer Probleme verraten. Die Erkenntnis
bleibt dem kritischen Leser selbst aufgegeben. Insofern eignet sich
aas Buch zurEinführung in die „hcrmcneutischen Probleme
der Schriftauslegung".

Züridl Eberhard J ü n g c 1

Achering, Ernst: Der Gemeindediakon. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
G. Mohn [1965|. 92 S. 8° = Handbücherei für Gemeindearbeit
, hrsg. v. A. Funke. W. Hahn. A. Nicbergall. H.-W. Surkau, 29/30.
Kart. DM 7.20.

Die Diskussion um die Diakonie der Kirche ist in den letzten
Jahren unter den verschiedensten Gesichtspunkten in Gang gekommen
. Neben grundsätzlichen theologischen Erwägungen zur
diakonischen Dimension kirchlicher Existenz stehen Abhandlungen
zur Frage des Selbstvcrständnisses eines diakonischen Arbeitszwei-
Ses, wie ihn z. B. die männliche Diakonie in den deutschen evangelischen
Brüderhäusern darstellt. Schering, als langjähriger Mitarbeiter
des Diakonenhauses Stephansstift in Hannover-Kleefeld mit
der konkreten Problemlagc im Bereich der brüderschaftlich gebundenen
männlichen Diakonie wohl vertraut, hat den Versuch unternommen
, für den Dienst des Gemeindediakons eine Handreichung
:u geben, die die biblische Grundlegung mit Betrachtungen zur geschichtlichen
Entwicklung des Diakonenamtes und Überlegungen
5ut heutigen Struktur verbindet. Auch die Fragen der Ausbildung
"1 Unterricht und Praktikum sowie die Rolle der brüderschaftlieben
Bindung werden eingehend und mit gründlicher Sachkenntnis
behandelt.

Obwohl Vf. keine Vollständigkeit der Darstellung für seine
Untersuchung postuliert, ist alles erwogen, was zur Sache gehört,
ohne, daß die Weitschichtigkeit der Fragestellung irgendwo zu
ermüdender Länge des Dargebotenen führt. Auf Schritt und Tritt
l*t die enge Vertrautheit mit der wirklichen Lage spürbar, die nur
dem zuteil wird, der in der Praxis des Lehrens und der Mitverantwortung
am Werk sich geübt hat.

Man ist in einer gewissen Verlegenheit, wenn man versucht,
besonders markante Aussagen, Fragestellungen oder Definitionen
herauszuheben, da solche fast auf jeder Seite begegnen. Ich greife
einiges heraus, das mich besonders „angesprungen" hat. In der
Einführung: „Zu den revolutionären Ereignissen der Kirchenge-
schichtc des 19. Jahrhunderts gehört es, daß neue Ämter, darunter
das Diakonenamt, geschaffen worden sind." (S. 3). Zur Ämter-
{rage im NT: „Das Verhältnis zwischen der Gemeinde und ihren
Amtern ist nicht im Sinne einer einseitigen Überordnung zu
sehen . . . Beide sind zum gegenseitigen Dienst in Knechtsgestalt
berufen" (S. 14). Zur Frage des Gestaltwandels der Diakonie:
•Jeder Generation ist es aufgegeben, von ihrem Schriftverständnis
aus eine Antwort auf die bedrängenden Fragen der Zeit zu geben
Un-d damit zugleich das Selbstvcrständnis der Diakonenbrüderschaften
neu zu bekunden" (S. 37).

Bei der Frage nach der Einübung in das brüderschaftliche Leben
im Brüderhaus verweist Schering nachdrücklich auf Dietrich
Bonhoeffers Wegweisung in seiner Schrift „Gemeinsames Leben".

Man kann m. E. dem hier vorgestellten Leitbild einer geistlichen
Erneuerung brüderschaftlicher Ordnungen nur zustimmen,
ebenso dem, was unter den Stichworten „Hören auf Gottes Wort",
Vergebung, helfende Tat, Streben nach Heiligung, echte Askese,
'echter Gehorsam über die vita Communis in der geistlichen Lebensordnung
der Brüderhäuser gesagt ist (S. 59 — 61). — In den
Überlegungen zu Unterrichtsfragen fordert Vf. die entschlossene
Abwendung von einer Nachahmung des LIniversitätsstudiums: „es
Füssen eigenständige Formen des Eindringens und Verarbeitens
^er biblisch-theologischen Unterrichtsgchalte gefunden werden"
(S. 64).

Dem wäre grundsätzlich zuzustimmen. Doch dürfte konkrete
Gestaltung solcher „eigenständiger Formen" schwieriger sein als

die Kritik am weithin üblichen Kopieren des akademischen Stils.
Die Front gegen den vorherrschenden Intellektualismus und der
Hinweis auf „Reflexion, Askese und Meditation" als ständigen
Begleitern geistiger Arbeit (S. 65) ist ebenso zu bejahen wie die
geforderte Zuordnung und Integration der Fächer, um
die unselige Autonomie der Fachgebiete und Zersplitterung des
Stoffs und damit die des Schülers zu vermeiden (S. 68). Gleich beachtlich
scheint der Hinweis auf exemplarisches Lehren und Lernen
(S. 72). — Zum Verhältnis von charismatischer Begabung
und Ausbildung stellt Schering fest: „es geht
nicht an, das Geistliche gegen das Unterrichtlichc, das Charisma
gegen die Ausbildung auszuspielen ... So sehr es letztlich in der
Kirche auf das Charisma ankommt, so wird damit noch keine einzige
Sachfragc tangiert, geschweige denn gelöst" (S. 74). Besser
kann man das, was hier ansteht, wohl kaum ausdrücken. —

Es bleiben bei aller Zustimmung zum Ganzen einige Sadifragen, über
die noch sehr zu diskutieren wäre. Kann man z. B. so ohne weiteres die
Forderung erheben, jeder Gemeindediakon müsse „kraft seines Amtes"
Mitglied des jeweiligen Kirchenvorstandes sein? Dieser ist doch anstellendes
Organ und damit vorgesetzte Behörde, auch wenn sie — wie die
Kirche auch sonst — „brüderlich" an den Mitarbeitern handeln soll. Und
ist für die Ausbildung die von Sch. S. 7? vorgeschlagene Verlängerung
des Unterrichts um ein Jahr in jedem Fall günstig — trotz der Konkurrenz
der außerdiakonischen Spezialausbildungen in der BRD? —

Zum Beitrag, den S p e n e r zur Diakonie geleistet hat (S. 23), wäre
zu ergänzen, daß er in Frankfurt an der Gründung des dortigen Armenhauses
und in Berlin an der des dortigen „Großen Fricdrichhospitals"
entscheidend mitwirkte (vgl. Willi Grün: Speners soziale Leistungen und
Gedanken, Würzburg 1934). —

Eine sachlich unrichtige Aussage steht S. 26, Z. 7: Einigen Brüderhäusern
fehlt die Verbindung mit größeren Einrichtungen der IM.
Dazu gehört Moritzburg, das seit 1942 diesen Zusammenhang entbehrt,
und Eisenach (Falkhaus), wo dieser Zusammenhang von der Gründung
an (19S4) nicht gegeben war. — Der Ortsname des Brüderhauses Lindenhof
in Neinstedt ist gleich an zwei Stellen verschrieben: S. 3 3 „Nein-
städt" und S. 90 „Nienstedt". Weitere Corrigcnda finden sich S. 15 im
Zitat v. Bo Reicke: „die" ist zu streichen: S. 27, Z. 15 v. u. lies: „einer
den Massen entfremdeten Kirchgemeinde": S. 29 unten lies: „im
innersten Gewissen" statt „genießen": endlich S. 84. Z. 17 v. u. lies:
„konzediert" statt „konzidiert".

Im ganzen kann die Kirche und ihre Diakonie für Scherings
Arbeit nur dankbar sein.

Morifzhurir Helmut Appel

Ahumada. Vicente: La predicacion (Teologia y Vida VI, 1966
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