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Ausgabe: | 1966 |
Kategorie: | Christliche Kunst und Literatur |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10
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des Paradiesprogrammes, jedoch nicht ohne in Widerpruchzu früheren
Deutungen anderer Autoren zu geraten. Alle Behauptungen
werden aber mit einer Fülle von Vergleichen und Quellen gestützt,
die sie überzeugend und glaubwürdig erscheinen lassen. Die Arbeit
'st nicht nur für das Verständnis des Marburger Elisabethschreines
sondern kann ganz allgemein jeder ikonographischen Forschungsarbeit
äußerst wertvolle Hinweise geben.
Trotz der vielen Einzeluntersuchungen wird vonder Verfasserin
immer der Gesamtcharakter des Kunstwerkes im Auge behalten.
Grabeskunst und Heiligenkult verbinden sich im Elisabeth-
ichrein und zeigen deutlich den Zusammenhang zwischen Ikonographie
und liturgischer Form. Die Abbildungen, die alle vergleichbaren
Schreine, Miniaturen und Elfenbeintafeln mit einbeziehen
, geben dem ganzen Buch noch einen zusätzlichen Wert.
Wernigerode Helga N e u m a ä 0
o p c, Gilbert [Ed.J: Christianity and the Visual Ar«. London: Faith
Press [1964]. 107 S., 70 Abb. a. Taf. 4° = Studies in the art and
architecture of the Church. Pp. 42 s.
Der vorliegende Sammelband über „Christentum und die
bildenden Künste" erscheint in der Reihe „Studien zur Kunst und
Architektur der Kirche". Er enthält zehn Aufsätze, darunter drei
yon dem Herausgeber, Gilbert Cope, Theologe an der Universität
von Biimingham und Direktor des Instituts für Studien
2um Gottesdienst und zum Kirchbau, über „Das Problem der
sakralen Kunt", „Kunst, Architektur und Symbolismus", „Funk-
f|on und Symbol im Kirchenbau". Drei Artikel behandeln historische
Themen: „Byzantinische und romanische Kunst und Architektur
" (C. Russell), „Das Bild Christi in Gotik und Renaissance" (W.
Lockett), „Religiöse Bilder in der barocken Architektur und Kunst"
(K. Garlick). Weitere Artikel haben die Beziehungen zwischen
Kirche und moderner Kunst (W. Lockett) und sakraler Kunst und
Philosophie (F. W. Dillistone) zum Gegenstand. Schließlich wird
der Bereich der gottesdienstlichen Kunst in den Freikirchen (C.
Micklem) und in den nichteuropäischen Kirchen (John. F. Butler)
behandelt.
Die lose zusammengestellten Artikel versuchen das in unserem
Jahrhundert neugewonnene Verhältnis der reformatorischen
Kirchen zur bildenden Kunst zu umreißen und anstelle alter, traditioneller
Symbolvorstcllungen das Recht neuer Symbolgcstaltun-
gen zu begründen. Die beiden Begriffe „Funktion" und „Symbol",
der erste der technischen Welt, der zweite der ästhetischen Grundeinstellung
unserer Zeit entnommen, werden auf die Aufgaben des
gottesdienstlichen Raumes angewandt. Die Beiträge sind der Ertrag
zweier Konferenzen über gottesdienstliche Kunst und Kirchenbau
•0 Birmingham 1963 und in Oxford 1964 (23. Jahreskonferenz der
Gesellschaft für Gottesdienst und Kunst). Die Beiträge des Herausgebers
wurden eigens für diesen Sammelband geschrieben. Er
•nennt ihn eine Art Symposion.
Ein besonderer Anlaß hierzu war mit der Errichtung und der
Ausgestaltung der Kathedrale zu Coventry gegeben. Einige große
Kunstwerke, die im Zusammenhang mit diesem Bau entstanden
und ihren Platz dort gefunden haben, sind von bekannten englischen
Künstlern, unter anderem die Michaels-Statue von Epstein,
dasgroßeGIasschliff-Fenstcr mit Engeln,Heiligen und Bischöfen von
John Hutton und der thronende Christus Rex an der Altar-Stirnseite
nach einem Entwurf von Sutherland. Man findet diese Werke
in den 70 Abbildungen dieses Buches, die im übrigen Beispiele aus
allen Jahrhunderten zeigen. Die Bilder der besonders behandelten
Kunstwerke von Coventry spiegeln deutlich die Problematik, die
Jn den deutschen Arbeitskreisen für kirchliche Kunst und besonders
in der l'art sacre Frankreichs bereits seit über 40 Jahren
bewegt wird. Gegenüber den Versuchen auf dem Festlande fällt
der dramatische Realismus der englischen Sakralkunst auf, der in
äußerstem Gegensatz zu einer vereinfachenden, schlichten Symbo-
lisierung steht. Es ist daher kein Wunder, daß im Zusammenhang
mit diesen Kunstwerken die anstehenden Fragen der sakralen
Kunst besonders leidenschaftlich und lebhaft erörtert werden.
Dresden Christian R i e t s c h e 1
Bandmann, Günter: Der Kirchenbau der Gegenwart und die Vergangenheit
(Kunst und Kirche XXIX, 1966 S. 51—56).
Fuchs, Alois: Darf sakrale Kunst schön sein? (ThGl 56, 1966 S
422-425).
G 1 e i s s , Friedrich: Wandernde Interims- und Kleinkirchen in Skandinavien
und Deutschland seit 1900 (Kunst und Kirche XXIX, 1966 S
78—81).
G r u e n a g e 1, Friedrich: Weltanschauliche Hintergründe im Kunstwerk
van Goghs und Picassos (DtPfrBl 66, 1966 S. 92—94).
Kallmeyer, Lothar: Über die Lehre vom Kirchenbau (Kunst und
Kirche XXIX, 1966 S. 61-63).
Lehmann, Arno: Die andere Kunst der anderen. Zum Phänomen der
Afro-asiatischen Christlichen Kunst (WZ Halle XV, 1966 S. 261—283).
M a i , Hartmut: Der Kanzelaltar — wertvolles reformatorisches Erbe?
(DtPfrBl 66, 1966 S. 4 59—462).
Preuss, Gustav: Vom Sakralbau heute (Kunst und Kirche XXIX.
1966 S. 70—72).
Scharfe, Siegfried: Frans Masereel — ein christlidier Künstler (PB1
106, 1966 S. 404—412).
Schmitz, Karl-Josef: Das Konzil und die kirchliche Kunst (ThGl 56,
1966 S. 425-434).
Strauss, Heinrich: Jüdische Quellen frühchristlicher Kunst, optische
oder literarische Anregung? (ZNW 57, 1966 S. 114—136).
V a 11 i n , Pierre: Dominus legem dat. A propos du baptistere de Naplcs
(RediSR LIV, 1966 S. 265-271).
PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE
Hertel, Friedrich: Das theologische Denken Schleicrmachers untersucht
an der ersten Auflage seiner Reden „Über die Religion".
Zürich - Stuttgart: Zwingli Verlag 1965. 334 S. 8° = Studien zur
Dogmengeschichte und systematischen Theologie, hrsg. v. F. Blanke,
A. Rieh, O. Weber, 18.
Die Untersuchung Hertels, die der Theologischen Fakultät
der Universität Zürich als Dissertation vorgelegt wurde, ist bestimmt
von der Frage, ,,ob die Theologie Schleiermachers mit
Recht Theologie genannt werden kann oder ob der Vorwurf.
Schleiermachers Theologie sei im Grunde Philosophie oder
Anthropologie, zu Recht besteht" (12). Hertel beruft sich dabei
auf die durchaus zutreffende Formulierung seines Lehrers Ebe-
ling: „Die Struktur der Verbindung von Theologie und
Philosophie bei Schleiermacher . . . stellt das Kernproblem der
Schleicrmacherinterpretation dar" (146). Es ist der zweite Versuch
einer — m. E. lobenswerten — theologischen Ehrenrettung
Schleiermachers, nachdem vor einigen Jahren Seifert mit seiner
Arbeit „Die Theologie des jungen Schleiermacher" (1960) einen
analogen Versuch unternommen hatte.
Hertel legt seiner Untersuchung die 1. Aufl. der Reden
zu Grunde und stellt — mit Recht — die erste und zweite Rede
in den Mittelpunkt seiner Interpretation. Er interpretiert zunächst
die beiden Reden, um dann ihren theologischen Ansatz
herauszuarbeiten, den er besonders in der Erfahrung des Nichts
und der Fraglichkeit, in welcher der Mensch steht, sieht. Er weist
darauf hin, daß diese Fraglichkeit nicht vom Menschen her aufhebbar
ist, sondern ein Geschenk des Universums ist, daß die
Forderung Schleiermachers, die Individualität zu vernichten, soviel
bedeute wie „die Erfahrung des Unterwegsseins des Menschen
in der Fraglichkeit" (108), daß auch das Sprachgeschehen
den Menschen in seiner Fraglichkeit offenbar mache (116 ff.),
und daß Schleiermacher in vielerlei Hinsicht eine implizierte
Christologie in der ersten und zweiten Rede vorgelegt habe
(122 ff.). In der dritten, vierten und fünften Rede wird dann
dieser theologische Ansatz z. T. wieder aufgehoben: der Begriff
des Mittlers fehlt in der dritten und vierten Rede, und die Fraglichkeit
des Menschen wird in der fünften Rede selbst wieder in
Frage gestellt. Doch könnte niemand bestreiten, ,,daß die Reden
schon Schleiermachers Theologie enthalten und auf die spätere
reife theologische Position Schleiermachers gradlinig hinweisen"
(146). Als Theologe mußte er den Übergriff der Philosophie auf
die Theologie abwehren und kommt in diesem Bemühen in eine
Nähe des theologischen Denkens Martin Luthers (150).