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1966

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

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der Rechtfertigung durch den Glauben sei nicht apriori ausgeschlossen
, eigentlich würde sich dem nur das „factum dogmaticum"
der Verurteilung der Reformation durch das Tridentinum widersetzen
(s. 49—52). Wie steht es nun um „Unveränderlichkeit und
Veränderlichkeit des Dogmas" (3. Kap.). Wo liegt das Kriterium
in der Unterscheidung zwischen Form und Inhalt, Repräsentation
und Affirmation (s. 73)? Hier befindet sich der Kern der Probleme
, welche die katholische Theologie jetzt beschäftigen: das
Verhältnis von Kontinuität und Veränderung. Und obgleich die
Art und Weise, in der die kath. Theologie dieses Problem zu
bewältigen sucht, eine andere ist als die der ev. Theologie, betont
der Verf., daß ihre Fragen auch unsere Fragen sind. Dieses Suchen
von Kontinuität und Veränderung verfolgt Verf. in den Diskussionen
der katholischen Theologie über Schrift und Tradition
(4. Kap.), Exegese und Magisterium (5. Kap.), Primat und Episkopat
(6. Kap.). Auch wo das „Mysterium der Kirche" zur Sprache
kommt (7. Kap.) macht sich die Spannung zwischen altem und
neuem Gedankengut fühlbar. Die Geschichtlichkeit der Kirche
empfängt durch den Kirchenbegriff des „wandernden Gottesvolkes
" eine viel stärkere Betonung als vorher. Das „extra ecclesiam
nulla salus" wird beibehalten, aber das „extra" wird mit Reserven
umgeben.

Die „notae ecclesiae" verlieren ihren beweisend-apologeti-
schen Charakter. Die Garantie des Geistes soll keine Automatisierung
der Kontinuität ergeben. — Das achte Kap. stellt die Frage, ob
auch für die Mariologie gelte, daß die Unterscheidung zwischen
Form und Inhalt, Repräsentation und Affirmation eine neue ökumenische
Perspektive eröffnen kann, oder ob das hier ausgeschlossen
sei?

Der Verfasser zeigt, daß allein mit der Betonung der ekkle-
siotypischen Perspektive in der Mariologie nicht die Probleme gelöst
sind. Er hofft aber — das Buch erschien vordemEnde der 3. Session
— auf eine Entscheidung des Konzils, die den Weg nach einem
neuen Mariadogma auf immer verschließen soll. — Aus dem Nachwort
sind schon einige Sätze angeführt worden.

Das Buch fußt auf sehr gediegener Kenntnis der neuesten
Literatur, besonders aus dem deutschen Sprachgebiet. Man spürt
es, wie sehr diese neue katholische Theologie in ihrer Verbindung
von Vorsicht und Mut, von Traditionsgebundenheit und Offenheit
für die Zeitfragen den Verf. gefesselt hat. Das Buch wurde
dadurchzu einem schönen Beispiel einer liebevollen Darstellung der
katholischen Theologie in ihrem Suchen nach einem Ausweg aus
den Problemen, vor die das „aggiornamento" sie stellt. Die kritischen
Fragezeichen, die vor einem voreiligen Optimismus warnen
können, fehlen nicht ganz, bes. nicht im 4. und 8. Kap., aber die
Grundstimmung ist die einer dankbaren Überraschung. Mit Bedauern
vermißt man eine Besprechung der Konstitution über die
Liturgie: die Liturgiereform hat, wie die Diskussion in Holland
zeigt, schwere dogmatische Konsequenzen. Man darf aber hoffen,
daß dieses Buch nicht das letzte sein wird, das der Verf. über die
neuere kath. Theologie veröffentlicht hat, und daß er die Zeit
finden wird, nach dem Konzil abermals einen Bericht über die
zurückgelegte Fahrt zu geben. Dann darf unseres Erachtens eine
Besprechung der dogmatischen Konsequenzen der liturgischen Erneuerung
nicht fehlen.

Utrecht C. A. de R i d d e r

Baum, Gregory: Die Konstitution De Divina Revelatione (Catholica
20, 1966 S. 85—107).

Becker, Werner: Die Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den
nichtchristlichen Religionen (Catholica 20, 1966 S. 108—13 5).

Gerhartz, Johannes Günter: Letztes Wort oder erster Schritt? Zum
neuen Mischehenrecht (StZ 177, 91. Jg. 1966 S. 379—383).

Hallgren, Bengt: Die Schwedische Kirche. Organisation und gegenwärtige
Problematik (LM 5, 1966 S. 71—73).

Hirschmann, Johannes B.: Dienst am Frieden. Ein Wort des Zweiten
Vatikanischen Konzils (StZ 187,91. Jg. 1966 S. 113—122).

Leclercq,J.: La vie contemplative et le monachisme d'apres Vatican
II (Gregorianum XLVII, 1966 S. 495—516).

Nitzschke, K.: „Matrimonii sacramentum". Die neue Mischehenbestimmung
der römischen Kirche (MDKI 17, 1966 S. 26—31).

R ahn er, Karl, Cullmann, Oscar, u. Heinrich Fries: Sind die
Erwartungen erfüllt? Überlegungen nach dem Konzil. München:
Hueber [1966]. 132 S. kl. 8° = Theologische Fragen heute, hrsg. v. M.
Schmaus u. E. Gössmann, 7. Kart. DM 5.80.

Schamoni, Wilhelm: Die Charismen in der Geschichte der katholischen
Kirche (ThGl 56, 1966 S. 206—225).

Schauerte, Heinrich: Kirche und religiöses Brauchtum. Dokumentation
des II. Vaticanums (ThGl 56, 1966 S. 401—421).

S c h 1 i n k , Edmund: Die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils
in evangelischer Sicht (DtPfrBl 66, 1966 S. 89—92).

S c h u 1 z e , Michael: Bibliographie zur Mischehenfrage (MDKI 17, 1966
S. 31-39).

Semmelroth, Otto: Nach dem Konzil — erneuerte Kirche? (StZ
177, 91. Ig. 1966 S. 321—330).

Stakemeier, Eduard: Lorenz Kardinal laeger im zweiten Vatikanischen
Konzil (ThGl 56, 1966 S. 287—303).

— Wiederherstellung der Einheit, Zur Interpretation des Dekretes „Über
den Ökumenismus" (Catholica 20, 1966 S. 136—151).

Vinay, Valdo: Compiti necessari per Ie Chiesc Evangeliche dopo i'
Concilio della Chiesa Romana (Protestantesimo XXI, 1966 S. 21—34).

Vi scher, Lukas: Le Concile du Vatican II (Verbum Caro 78, 1966
S. 1—46).

Wacker, Paulus G.: Hat das II. Vatikanische Konzil unsere Erwartungen
und Hoffnungen erfüllt? (ThGl 56, 1966 S. 3 84—401).

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Dinkler- von Schubert, Erika: Der Schrein der hl. Elisabeth zu
Marburg. Studien zur Schrein-Ikonographie. Marburg: Verlag d. kunst-
geschichtl. Seminars d. Univ. 1964. XI, 194 S., 67 Taf. 4° = Veröffentl.
d. Forschungsinst. f. Kunstgeschichte Marburg'Lahn, hrsg. v. K.H-
Usener u. F. Dcttweiler. DM 90.—.

Auf den ersten Blick erscheint es etwas verwunderlich, wenn
die Verfasserin einem Werk wie dem Elisabeth-Schrein in Marburg
, über den es schon Monographien von Kohlhaussen und
Hamann gibt, ein so umfangreiches Buch widmet. Doch schon bei
flüchtigem Durchblättern wird deutlich, auf welch breiter Basis die
detaillierten Einzeluntersuchungen Fragen beantworten, die alle
früheren Autoren gar nicht stellten.

Als eigentliches Ziel vorliegender Arbeit wird angegeben:
Sinnerhellung des Kunstwerkes auf dem Grunde zeitgeschichtlicher
Quellen. Damit liegt der Akzent eindeutig auf den ikonogra-
phisch-ikonologischen Problemen.

In dem zweiten Abschnitt, der das Kreuzigungsfeld des Elisabeth
-Schreines untersucht, hat die Verfasserin eine besondere
Schwierigkeit zu überwinden. Der Hauptteil dieses Feldes, das
Kreuz selbst, fehlt. Nach einer Zeichnung, die noch vor der Zerstörung
der Kreuzigung entstanden ist, ebenso aus früheren Beschreibungen
und schließlich nach dem schwach wahrnehmbaren
Schattenriß auf dem Untergrund des Schreines, läßt sich jedoch
die Form eines Baumkreuzes mit großer Wahrscheinlichkeit rekonstruieren
.

Mit dem Baumkreuz ist der Lebensbaum als Mittelpunkt
eines Bildprogramms gegeben, in dem Lebensmacht und Todüberwindung
, bzw. der Paradiesgedanke, vorherrschend sind. In diesen
Ideenkreis lassen sich nun mühelos alle anderen Figuren des
Schreins einordnen. Christus auf der gegenüberliegenden Seite des
Kreuzigungfeldes ist nicht in seiner Eigenschaft als Weltenrichter,
sondern als Offenbarung der ewigen Herrlichkeit dargestellt. Mit
den Aposteln an seiner Seite bildet er das Haupt des paradiesischen
Hofstaates.

Maria an der einen Schmalseite erscheint als Gefährtin Christi
im Paradiese und wird von der Verfasserin mit der Ecclesia identifiziert
.

Auf der anderen Schmalseite tritt Elisabeth, mit verhüllter
Hand ihre Vita tragend, in die civitas eclestis. Die Dachschrägen
des Schreins füllen Szenen aus dem Leben der heiligen Elisabeth.

Neben den großfigurigen Darstellungen werden auch alle kleineren
Ritzzeichnungen an den Knäufen und den restlichen Feldern
des Schreins erklärt. Meist fügen sich alle Details in die Thematik