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Ausgabe:

1966

Spalte:

758-759

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Möller, Hans-Herbert

Titel/Untertitel:

Dome, Kirchen und Klöster in Thüringen 1966

Rezensent:

Matthes, Helfried

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

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das kultisch-religiöse Leben durchgehend und in recht anschaulicher
Weise berücksichtigt. Auch theologisch schwierige Probleme
, wie z. B. die Anschauung des Johannes Brenz vom Zusammenhang
der Theologie des Wortes mit dem Abendmahl
oder die reformorthodox-universalistische Schau der Christenstadt
bei Johann Valentin Andrea, die sich der Form einer utopischen
Dichtung bedient, werden so verständlich gedeutet, daß auch
der Laie, der nicht zu dem weit ausführlicheren Hermelink
greifen will, auf seine Kosten kommen wird. In der Schilderung
der Spielarten des Pietismus wie der Aufklärung kann Schäfer
eng bei Hermelink anknüpfen (vgl. besonders den Abschnitt
über Oetinger). In dem die Gegenwart betreffenden Schlußabschnitt
hätte der Kirchenkampf und die Zeit unmittelbar nach
!945 eine breitere Schilderung verdient. Kartenbeilagcn und
Register erweisen sich als gutes Arbeitsinstrument.

Strasbourg Friedrich Wilhelm Ka n tz en ba ch

H o f m a n n, Gerhard: Das Hospital zum heiligen Geist und unser lieben
Frauen in Hof. Rcchtsgeschichte eines oberfränkischen Spitals vom
13. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nürnberg: Selbstverlag des Vereins
für bayer. Kirchengeschichte 1963. XI, 130 S. m. Abb., 1 Kte. gr.
8° = Einzclarbcitcn aus der Kirchcngcschichtc Bayerns, hrsg. v. M.
Simon, 40.

Sperl, Emst: Die Grundlagen der Kultusbaulast im Bereich des Bran-
denburg-Ansbachcr Rechts. Ein Beitrag zur Rechts- und Verwaltungsgeschichte
des Fürstentums Ansbach vor seinem Übergang an Bayern.
Nürnberg: Ebd. 1962. XXII, 276 S., 3 Falttaf. gr. 8° ■ Einzelarbeiten,
36. Kart. DM 16.-: Lw. DM 19.50.

Die beiden Arbeiten, die als Dissertationen aus der Schule des
Erlanger Kirchenjuristen Hans Liermann hervorgegangen sind,
schließen eine Lücke in der Erforschung der kirchlichen Rcchtsgeschichte
Frankens. Die Monographie des Hofer Hospitals ist auf
dem Boden der wohl unübertrefflichen Darstellung des deutschen
Spitals und seines Rechts im Mittelalter durch Siegfried Reicke
(Kirchenrechtl. Abhandlungen 111. und 112. Heft, Stuttgart 1932)
erwachsen; doch versteht es der Verf., in überzeugender Weise die
Besonderheiten der geschichtlichen und rechtlichen Entwicklung der
Hofer Spitalstiftung darzulegen.

Wenn es auch für sie keine Stiftungsurkunde gibt (es hat sie wohl
auch nie gegeben), so ist die Annahme einer landesherrlichen oder einer
von den Landesherrn, den „Vögten" von Weida, außerordentlich geförderten
Stiftung in Zusammenhang mit dem planmäßigen Ausbau des südlichsten
Bollwerks ihres Herrschaftsgebietes wohl begründet. Ursprüng-
lidi wurde das Spital von einer Laienbruderschaft unter einem ,,rector"
getragen. Im 14. Jh. geriet es in den allgemeinen Verbürgerlichungsprozeß
(Auflösung der Bruderschaft, Beteiligung des Rates der Stadt an Verwaltung
und Leitung des Spitals), aber der starke Einfluß der Herrschaft,
seit 1318 der Burggrafen von Nürnberg und späteren Markgrafen von
Kulmbach-Bayreuth, ließ es doch nicht zu einem rein bürgerlichen Spital
fmit dem Stadtrat als eigentlichem „Herrn" des Spitals) werden. Seit
Anfang des 16. Jh. bestand in der „Inspektion und Administration" die
•■gemischte, behördenähnlichc Vcrwaltungseinrichtung, die die genannten
Befugnisse (Aufsicht und Verwaltung' aufgeteilt wahrnahm". Erst das
Gemeindeedikt von 1818 machte die Stadt zur (ausschließlichen) Treuhänderin
des Stiftungsvermögens.

Besonders verdienstvoll ist die Untersuchung der kirchenrechtlichen
Situation des Spitals von seinen Anfängen bis zur Gegenwart
. Die im Mittelalter exemte Spitalpfarrei wurde bei der
Neuordnung des Hofer Kirchenwesens im Zuge der Reformation
in den Pfarrverband als „Spezialdiakonat" für Spital, Siechhausund
Lazarett und für bestimmte Predigten in der Stadt einbezogen. Sic
"ahm auch an der allgemeinen Besoldungsrcform teil (zweckgebundenes
Vermögen innerhalb des Stiftungsvermögens). Der in
die „Sphäre des mit staatlicher Gewalt geführten Kirchenregiments
" aufgestiegene Patron (Landesherr) verlieh 1610 das Präsentationsrecht
auf die Spitalpfarrei dem Rat der Stadt.

Wenn auch die Reformation die tragende Idee der mittelalterlichen
Caritas beseitigte, blieben die Spitäler ausnahmslos
■ bona ecclcsiastica" und nahmen als solche an der reichsrechtli-
^en Festlegung des konfessionellen Besitzstandes des Kirchengutes
teil (Augsburger Religionsfrieden, Frieden von Münster und
Osnabrück). Das Hofer Hospital war im Normaljahr 1624 eine
'ein evangelische Anstalt in einem nach dem.Willen des Landes-

herrn rein evangelischen Land. Nach dem Übergang des Fürstentums
Bayreuth an Bayern (1810) verloren die Spitäler zwar ihren
Gotteshauscharakter, blieben aber der jeweiligen „Religionspartei
" erhalten. Die wiederholten Versuche (am nachhaltigsten im
Dritten Reich), den evang.-luth. Charakter der Hofer Hospitalstiftung
und die Beschränkung des Stiftungsgenusses auf Protestanten
zu beseitigen, konnten bisher erfolgreich abgewehrt werden. Der
Verf. gibt zum Schluß dieses Kapitels seiner Arbeit der Hoffnung
Ausdruck, „daß auch in Zukunft die Hospitalstiftung weiterhin
zum Segen der alten evang. Bürger der Stadt bestehen wird".

In das Gebiet des Brandenburg-Ansbacher Rechts führt die
LIntersuchung und Darstellung der „wirklichen Grundsätze und
des Ursprungs" der Kultusbaulast im früheren Fürstentum Ansbach.
Der Verf. rollt die Frage nicht von der Reformationszeit her auf,
in der tatsächlich die Wurzeln der staatl. Verpflichtung zur Erhaltung
und Wiederherstellung öffentlicher Kultusbauten liegen, sondern
geht von jener kurzen Epoche zu Ende des 18. Jh. aus, in der
der Dirigierende Minister Frhr. von Hardenberg aus den fränkischen
Fürstentümern der Hohenzollern den modernsten Staat Süddeutschlands
machte. „In seiner geschichtlichen LImwelt" zu Ende
des 18. Jh. ergründet der Verf. das Baulastrecht und kommt dabei
zu höchst überraschenden Ergebnissen. Er kann überzeugend nachweisen
, daß die Kulmbacher Konsistorialordnung von 1594 mit
iherm Art. VIII über die Baupflicht an den Kultusbauten —
„Bayerns ältestes noch gültiges Gesetz" — während des 18. und
17. Jh. in der Markgrafschaft Ansbach überhaupt nicht geltendes
Recht war und daß sie dort bei Einführung des preuß. Landrechtes
(1796) ganz unbekannt war. Nicht genug damit: Die Baulastverpflichtungen
des Staates gingen ursprünglich viel weiter als
heute, wenn man sich auf die Kulmbacher Konsistorialordnung
von 1594 beruft. Bei den „Heiligengebäuden" mit primärer Baupflicht
der Kirchenstiftung oblag dem Staat völlig zu Recht nur die
Behelfsbaupflicht; aber neben den „Heiligengebäuden" gab es
auch noch die in die Kategorie der „herrschaftlichen Gebäude" fallenden
Kultusgebäude, und an ihnen war der Staat primär baupflichtig
. Für sie war das Baudepartement der Kammer zuständig,
während die Sorge für die ersteren dem Heiligendepartement
zukam. Die verschiedene Baulast hat verschiedene Wurzeln: Primär
baulastpflichtig wurde der Staat nach Sperls Auffassung durch
die Gesamtnachfolgc in die Rechte und Pflichten der eingezogenen
kirchlichen Institutionen (z. B. Klöster); die landesherrliche Behelfsbaupflicht
dagegen war der Ersatz dafür, „daß der Markgraf —
statt getrennter Verwaltung und fortdauernder kirchlicher Zweckbestimmung
— die volle Verfügungsgewalt über das frühere Kirchengut
und seine Einkünfte gewann" (S. 148).

Da Sperl unter der „geschichtlichen LImwelt" des Baulastrechtes
nicht nur das damalige Behördengefüge und die Funktionen
der einzelnen Behörden, sondern auch „das preußische Kirchenwesen
und das landesherrliche Patronat" versteht, beschert er uns
auch einen höchst wichtigen Beitrag zum Verständnis des landesherrlichen
Patronats im allgemeinen und des Patronats der Markgrafen
von Ansbach und in Ansbachs preußischer Zeit. Auch seine
Ausführungen über die Konsistorialordnung von 1594 dürften uns
endlich ihr richtiges Verständnis erschlossen haben. Wen schließlich
die Terminologie des Episcopal-, Patronats- und Pfarrstellenbeset-
zungsrechtes vom 16. — 18. Jh. beschäftigt, findet hier ein reichhaltiges
, klug interpretiertes archivalisches Material.

Nürnberg Karlheinridi Dumratli

Möller, Hans-Herbert: Dome, Kirchen und Klöster in Thüringen,

Nach alten Vorlagen. Frankfurt/M.: Weidlich 1964. 256 S., 96 Taf.,
1 Faltkte. 8° = Dome—Kirchen-Klöster, 15.

Als die Romantik am Anfang des vorigen Jahrhunderts den
Sinn für die Vergangenheit geweckt hatte, wurde man auf die
heimatliche Geschichte und ihre Denkmale aufmerksam. In
Thüringen gab Friedrich Ludwig Hesse 1815 seine heute noch
grundlegende Studie über das Kloster Paulinzella heraus, die er
Goethe übersandte, der sich seinerseits kritisch mit der Baugeschichte
der ehemaligen Benediktiner-Abtei befaßte. Lind es erschien
neben anderen Werken das von Friedrich v. Sydow herausgegebene
, für weitere Kreise bestimmte siebenbändige Sammel-