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Ausgabe:

1966

Spalte:

749-750

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Weil, Gérard E.

Titel/Untertitel:

Élie Lévita 1966

Rezensent:

Tannert, Werner

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749

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

750

IVDA1CA

Goodenough, Erwin R.: Jcwish Symbols in the Greco-Roman
Period. XII: Summary and Conclusions. New York: Pantheon Books
[1965]. XII, 217 S. m. 5 Abb. 4° = Bollingen Scries XXXVII.
$ 6.-.

Mit den Bänden 9—11 über die Synagoge von Dura (besprochen
in ThLZ 91, 1966, Sp. 429—431) war Goodenoughs
magnum opus über hellenistische Einflüsse auf das antike Judentum
zum Abschluß gebracht worden. Seltsamerweise hat sich
G. dann aber noch entschlossen, seinem Werk in einem 12. Band
eine Rekapitulation der elf Bände anzufügen. Auch wenn dieser
!2. Band einige Ergänzungen bringt, so fragt man sich doch bei
der Lektüre ständig: cui bono? — Ein 13. (und definitiv abschließender
) Band soll Karten und einen Generalindex bringen.

Göttingen Joachim J e rem ias

Weil, Gerard E.: Clie Levita. Humaniste et Massorete (1469—1549).
Leiden: Brill 1963. XXIII, 428 S. m. 38 Abb. gr. 8° = Studia Post-
Biblica, ed. P. A. H. de Bocr, Vol. VII. Lw. hfl. 44.-.

Zu den Forschern, die vor allem in Frankreich, Israel, Spanien
und Deutschland an Veröffentlichungen masoretischer Dokumente
arbeiten, gehört Gerard E. Weil, der sich seit 1956 mit 9
Publikationen zur Geschichte der masoretischen Überlieferung
bereits der Fachwelt vorgestellt hat. Im 7. Band der Reihe Studia
Post-Biblica — vom Verlag gediegen ausgestattet — legt Weil Biographie
und Werk von „Elie Levita" vor. Noch 1959 bemerkte C.
Roth'Philadelphia („The Jews in the Renaissance"): „There has
been as yet no adequate treatment of Elias Levita". Diese Lücke
'st mit dem vorliegenden Werk geschlossen. Es bedeutet viel,
wenn der Vf. in der Einleitung (S. XX) sagen kann: „Apres
avoir rassemble les documents et les renseignements nouveaux
que nos recherches nous avaient apportes, nous avons parle des nos
theses ä Monsieur le Professeur Paul Kahle qui a bien voulu les
admettre et reformer son premier jugement sur Levita". Der Ver.
hat eine Reihe alter Quellen neu erschlossen. Dies ermöglicht ihm
eine kritische Prüfung der bisherigen, meist einseitigen Darstellungen
. Während die Autoren des 19. Jahrh. in Levita nur den
Masoreten, die zwanziger Jahre des 20. Jahrh. hingegen den jiddischen
Dichter, den Letzten der „Spielleute", den Humanisten
oder den Verfasser von „Masoret ha-masoret" sahen, faßt Weil
dies alles zusammen zu einem an Details reichen Portrait Levitas
■■dans son temps" — auf dem Hintergrund und im Rahmen einer
Zeitgeschichte des Judentums der Renaissance.

Die Studie bietet zwei Teile. Der 1. Teil — eine Biographie —
folgt „scrupuleusement" einer chronologischen Ordnung. Bereits
Name, Geburtsort und -jähr geben Probleme auf. Unter verschiedenen
Selbstbezeichnungen — Elijahu ben-ascher halevi aschkhenasi
(Elia, Sohn des Ascher, der Levit, ein Deutscher), Elijahu bakhur,
Eli Bocher, Eli Tischbi — wählt Weil für seine Studie den dem
Manne von seinen christlichen Zeitgenossen zugelegten Namen
Elia Levita. Es wird wahrscheinlich gemacht, daß L. im Zeitraum
1469/70 in Ipsheim (Ansbach) geboren wurde und in Neustadt a.
d- Aisch aufwuchs. Der oftmals bewegte Lebensweg (Neustadt, Padua
, Venedig, Rom, Neues Ghetto in Venedig, Isny) wird dargestellt
unter dem Aspekt, die Motive, die Levita zu seinem literarischen
Werk bewegt haben, bereits an seinen Erfahrungen äußerer
Umstände zu erhellen. Die Verdienste des Humanisten Levita um
die Erneuerung der hebräischen Studien und sein wissenschaftlicher
Geist, mit dem er bereits in seinen philologischen Studien
diejenigen der Neuzeit vorzeichnet, werden vorgestellt und belegt.
Als Individualist reagiert L. heftig auf die Angriffe derer, „die
sich für die einzigen Garanten der Authentität traditioneller Thesen
in puncto biblischer Text hielten" (S. XX). Dabei richtet sich
sein Skeptizismus allenthalben gegen die Ideen seiner Zeit, berührt
aber niemals den Glauben, in dessen Bekenntnis er sich eins wußte
fit dem Judentum seiner Väter. Die Frage nach der möglichen
Konversion zum Christentum meint der Vf. auf Grund seiner
Untersuchung nicht stellen zu können. Daß der Untertitel der Studie
„Humanist und Masoret" sehr pauschal gefaßt ist, zeigt eine

Bemerkung am Ende des biographischen Teils: „Elia Levita, der
Deutsche, Pädagoge, Grammatiker, Masoret, Poet, Übersetzer und
ein wenig auch Minnesänger, .Aventurier'jüdischer Briefe, Magister
der Christen ist am Dienstag, den 5. Januar 1549 gestorben"
(S. 165).

Der 2. Teil bringt in systematischer Sachordnung eine Darstellung
der Bedeutung Levitas innerhalb der Geistesgeschichte des
16. Jahrhunderts. Die Hauptwerke kommen zur Sprache und werden
interpretiert. Über die „Belles-Lettres" (S. 169), „Huma-
nisme" (S. 197 — Hebraica veritas, Egidio da Viterbo, der jüdische
Humanist, Sebastian Münster, die Schule des Levita, Paul Fa-
gius, Briefwechsel), „Grammaire et Lexicographie" (S. 248) erreicht
die Darstellung in Kapitel XI ihren eigentlichen Zielpunkt:
„La Massorah" (S. 286). Die „Zikhronöt" (Erinnerungen), das
erste masoretische Werk Levitas, werden mit Sachkenntnis und Einfühlungsvermögen
für die Bedeutsamkeit in der damaligen Zeit
ebenso zur Geltung gebracht wie sein reifstes Werk, das unter
dem Titel „Die Überlieferung der Überlieferung" erschien. Weil
hat in biographisch-redlicher Weise Levita historische Gerechtigkeit
widerfahren lassen und damit der Wissenschaftsgeschichte
einen Dienst erwiesen. Der Aufbau der Studie bringt es mit sich,
daß zuweilen ein und dasselbe Problem zweifach behandelt wird.
Dem geradezu spannenden Duktus der biographischen Abschnitte
tut dabei die Auflösung in systematisierende Reflexionen freilich
einigen Abbruch in der Lektüre. Dies jedoch nimmt der Leser am
Schluß gern in Kauf, weil sich aus einem zweifachen Blickwinkel
immer neue Perspektiven zu überraschenden Erkenntnissen auftun.

Die Appendices und Indices (S. 344—428) sind umfangreich,
exakt und hilfreich. Das Literaturverzeichnis (15 Seiten!) ist eine
Fundgrube. Man kann lediglich bedauern, daß dieses erkenntnisreiche
Werk bisher nicht in deutscher Sprache zugänglich ist.

Lückendorf Werner Tan n e rt

S i I v e r, Daniel Jeremy: Maimonidean Criticism and the Maimonidcan
Controversy, 1180-1240. Leiden: Brill 1965. IX, 219 S. gr. 8°.
Lw. hfl. 28.—.

Among the controversies that have agitated Jewry is that
which arose in the Middle Ages about the writings of Maimonides,
culminating in the public burning of his theological works at
Montpellier in 12 32. This eventful episode was first described
by Heinrich Graetz (Geschichte der Juden, book 7, chapter 2),
and most Jewish historians have been content to aeeept his
verdict. However, many new writings have since come to light
and the old documents have been subjected to a more rigorous
scrutiny; so that now, after more than a Century, a new appraisal
is called for. This task has been undertaken, and very success-
fully, by the author.

Maimonides, „the great eagle," was the most brilliant
Jewish mind of his time. Keenly aware of the current religious
and intellectual needs, he feit that a simplified and all-inclusive
set of books would strengthen the knowledge of and the love
for Judaism. He wrote three books: the Book of the Command-
ments, listing what he considered to be the traditional 613
commandments given by Moses; the Mishneh Torah, a code of
all Jewish law, with a theological introduetion, the Sefer
Hamada; a theological work, Moreh Nebuchim, which attempted
to reconcile Aristotelian philosophy with the teachings of
Judaism.

Silver has ably described the events of some sixty years
during which these works, now universally aeeepted as authori-
tative, were subjected to a drumfire of criticism, condemnation
and invective. He has meticulously given what is available of
the biographies, writings and points of view of both the assai-
lants of the works of Maimonides and his defenders, He quotes
lavishly from the writings of attackers, apologists and peace-
makers, even including the poetry that was so prominent a
feautre of the Jewish literature of the time.

As a result of his careful survey of the controversy, the
author has come to some noteworthy conclusions. He describes
the controversy as „awkward," since everyone praised Maimo-