Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1966

Spalte:

740-743

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Fohrer, Georg

Titel/Untertitel:

Überlieferung und Geschichte des Exodus 1966

Rezensent:

Hesse, Franz

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

739

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

740

Zimmeriis Koheletkommentar nimmt die Seiten 125—253
ein. Man wird es lebhaft begrüßen, daß von ihm, der schon 1936
sich mit dem Thema „Die Weisheit des Predigers Salomo" befaßt
hat, nun ein zusammenhängender Kommentar vorliegt, der
auch mit der nötigen Ausführlichkeit.zu Werke geht und außerdem
eine ausgezeichnete Übersetzung dieses Literaturwerkes gibt,
wobei nur wenige metrisch geformte Sprüche anerkannt werden,
die im Druck besonders gekennzeichnet sind, besonders in 10,
4—20 und 11, 1—8, da die Rede Kohelets die stark stilisierte,
von Sprüchen durchsetzte Prosa ist (S. 130). Das Buch wird um
die Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. entstanden gedacht.
Als Ort der Entstehung nimmt Zimmerli wie Hertzberg Palästina
an. Die bedeutendsten Abschnitte der Einleitung sind „Der
Gesprächspartner Kohelets" und „Die kritische Einrede Kohelets
" (S. 132—139). Im Gegensatz zu Hiob weiß Kohelet „von
diesem heimlichen Sich-Versprechen des Schöpfers an sein Geschöpf
nicht zu reden". Das ist „die Grenze seines Wortes, das
aber in seinem Hinweis auf die Unverfügbarkeit des Lebens als
kritische Einrede gegen alle menschliche .weise' Sicherheit immer
wieder ertragen sein will" (S. 141). 12, 9—14 werden mit
vielen Auslegern für spätere Zusätze gehalten.

Artur Weisers Bearbeitung der Klagelieder (S. 297—370)
setzt sich in Abschnitt 3 der Einleitung (Formen und Gattungen)
vor allem mit dem Kommentar von Kraus zu den Klageliedern
(Bibl. Kommentar zum AT XX 1956) auseinander mit dem Ergebnis
der Ablehnung von dessen Hypothese. Nach Weiser hat„eine
vorgeprägte Kultfeier um das zerstörte Heiligtum mit gattungsmäßig
genormter Liturgie als maßgebendes Urbild . . . nicht
existiert" (S. 300). Die Lieder entstammen nach seinem Urteil
einem viel weiteren Traditionskreis. Als Zeitraum für ihre Entstehung
werden die Jahre zwischen 597 und 586 angenommen
und dürfen als Ergänzung unserer Quellen über diese Zeit, wie
sie in den Büchern Jeremia, Ezechiel und 2. Kön enthalten
sind, angenommen werden. Alle Lieder werden von einem Verfasser
hergeleitet. Dabei ist Weiser doch der Auffassung, daß
jedes Lied aus sich selbst verstanden werden kann und muß. Die
Auslegung der einzelnen Kapitel befriedigt sehr und greift theologisch
tief. Lediglich gegen die Sicherheit des chronologischen
Ansatzes wird man bei dieser Art von Literatur den Einwand
erheben müssen, daß auf Grund der Aussagen eine derartige genaue
Abgrenzung des Entstehungszeitraums auf zwölf Jahre
unmöglich vollzogen werden kann. So wird man doch gut tun,
bei der Ansetzung in die frühexilische Zeit zu gehen.

Ringgrens Auslegung des Hohenliedes wägt knapp und klar
die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten ab. Die kultische
Deutung erhält den Vorzug, doch ist der Verfasser weit genug,
sogenannte zersungene bzw. bewußt umgearbeitete Lieder im
Buch anzunehmen, die deswegen Aufnahme in den jahwistisch-
alttestamentlichen Kanon finden konnten, weil die ursprüngliche
Bedeutung und Herkunft der Lieder aus heidnischem Kult nicht
mehr bekannt war. Die theologische Bedeutung des Hohen
Liedes sieht der Verfasser darin, daß es „ein Glied in der Vorgeschichte
des Braut- bzw. Ehebilds sowohl des Alten als des
Neuen Bundes ist (S. 260). Ideengeschichtlich liegt das Hohe
Lied vor Hosea und Jeremia als tastender Versuch, „das Leben
der Natur als Wirken göttlicher Kräfte — und göttlicher Liebe —
zu verdeutlichen". In der Auslegung bemüht sich der Verfasser
um die Einzelmotive und ihr Vorkommen im Alten Testament,
um das Hohe Lied in die Offenbarungsgeschichte einpassen zu
können. Man wird im Ganzen seiner Auffassung zustimmen
können, muß aber zugleich auch betonen, daß im Hohen Lied die
unbefangene Wertung erotischer Liebe einen kostbaren Schatz
innerhalb der Hl. Schrift darstellt, der auch für die praktische
Seelsorge von großer Bedeutung ist.

Der Kommentar Ringgrens zu den Sprüchen Salomos
(S. 3—122) stellt in der Einleitung zunächst ausführlich die altorientalische
Weisheitsliteratur dar, um dann speziell das Buch
der Sprüche zu behandeln, das sich nach seiner Meinung mit der
kanaanäischen Weisheit berührt, religiös neutral und z. T. vom
Jahweglauben her geprägt ist. Grundsätzlich wird nicht in Abrede
gestellt, daß ein Teil des heute vorliegenden Buches aus

salomonischer Zeit stammen könnte, da die außerbiblische Weisheitsliteratur
beträchtlich älter ist. Als jüngster Teil werden herkömmlich
Kapp 1—9 angesehen. Der Autor wählt für ihn als
Entstehungszeit die frühe nachexilische Zeit, weil nach 7, 5 ff. die
dort angenommenen Verhältnisse mit den bei Tritojesaja
vorausgesetzten in gewisser Weise ähnlich sind. Dabei wird die
Deutung der fremden Frau auf eine kultische Begehung im
Fruchtbarkeitsritus bezogen (S. 36), doch gesteht Ringgren zu,
daß das fremde Weib allgemein als Verkörperung des moralisch
bösen Wesens überhaupt gemeint sein kann. Leider gibt der Verfasser
keine Stellen aus Tritojesaja an, wie man eigentlich bei
Auslegung der Stelle hätte erwarten müssen, da S. 9 keine Belege
angeführt werden. In den Anmerkungen ist reiches Material
aus der Literatur verarbeitet.

Das Buch Esther (S. 373—404) wird in der gegenwärtigen
Form nicht als eine geschichtliche Tatsachen referierende Schrift
gehalten, doch kann ein historischer Kern, der sich auf eine
spätere als die angegebene Zeit bezieht, zugrunde liegen. Literarisch
bildet das Buch nach Ringgren eine Einheit. Die spätere
Hinzufügung der doppelten Purimverordnung wird als Möglichkeit
erwogen. Drei Motivkreise werden unterschieden, Vasthi,
Esther, Mardochai-Haman, wobei von den beiden letzten Motivkreisen
ausdrücklich gesagt wird, daß sie sich mechanisch nicht
voneinander trennen lassen. In einer neueren Arbeit eines
anderen Autors ist jetzt der Versuch unternommen worden,
wenigstens eine Doppelung innerhalb der Esthererzählung
herauszuarbeiten. Für den Ursprung des Purimfestes hat Ringgren
eine eigene Arbeit vorher veröffentlicht (Esther und Purim-
Svensk exegetisk arsbok 20,1955). In 9,25 übersetzt der Verfasser
das b''bö'ah mit „Als aber die Sache vor den König kam".
Das weibliche Suffix kann, wie er in einer Anmerkung S. 402
Anm. 2 sagt, auf Esther bezogen oder neutrisch mit „es" als die
Sache verstanden werden. Nach dem Zusammenhang wird man
es auf Esther beziehen müssen, wie auch Driver eine ähnliche
Übersetzung unter Annahme einer Abbreviatur vorgeschlagen
hat. Der Verfasser hat es verstanden, auf engstem Raum eine
Auslegung dieses schwierigen Buches zu geben, wobei alle
wesentlichen Gesichtspunkte, auch die religiöse Bedeutung, die
als gering angesehen wird, berücksichtigt werden. Rezensent
bekennt gern, von dieser Art dankbar gelernt zu haben.

So verschiedenartig die literarische Art der einzelnen
Bücher und auch die Art der vorliegenden Bearbeitungen ist,
ebensosehr wird man zugestehen müssen, daß die Reihe des
Alten Testaments Deutsch um einen sehr wertvollen Band bereichert
worden ist.

Leipzig Hans Bar dt ke

F o h r e r, Georg: Uberlieferung und Geschichte des Exodus. Eine Analyse
von Ex 1—15. Berlin: Topelmann 1964. V, 125 S. gr. 8° = Beihefte
zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft, hrsg. v-
G. Fohrer, 91. Lw. DM 24.—.

Der Titel dieser nicht umfangreichen, aber sehr konzentriert
geschriebenen Abhandlung läßt nicht vermuten, daß es sich
bei ihr um ein Buch handelt, das für den Kenner der heutigen
deutschen alttestamentlichen Forschungsarbeit und ihrer Ergebnisse
ungemein interessant, ja aufregend ist. F. ruft uns zu
Thesen zurück, von denen wir glaubten, sie seien durch neue
Forschungsmethoden und -resultate längst erledigt, ohne daß
der Autor dabei im mindesten restaurativ wirkte. Hier werden ZU
inzwischen nahezu selbstverständlich gewordenen Methoden und
vermeintlich sicheren Resultaten nicht nur Fragezeichen gesetzt:
F. sagt zu vielem ein klares und dezidiertes Nein. Er arbeitet dabei
mit einer Methode, der man Klarheit nicht absprechen kann;
diese Methode wäre allerdings überzeugungskräftiger, wenn F-
den Leser stärker an ihr teilhaben lassen würde, statt ihn lediglich
seinen Thesen und Ergebnissen zu konfrontieren.

Das meiste von dem, was heutzutage zum Examenswissen
eines deutschen Theologiestudenten gehört, wird hier in Frage
gestellt: daß der Literarkritik der Geruch von etwas leicht Abgestandenem
anhaftet, während derjenige, der sich ausschließlich