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Ausgabe:

1966

Spalte:

729-734

Autor/Hrsg.:

Osswald, Eva

Titel/Untertitel:

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften 1966

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 10

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Wittenberg am 27. September lagen bereits über 2000 Anmeldungen
vor. Präses Koch (Westfalen) konnte in ihrem Namen
eine von Niemöller und Pfarrer Fritz Müller (Berlin-Dahlem)
entworfene und von'22 Berliner Pfarrern unterzeichnete Protesterklärung
dem Reichsbischof Ludwig Müller vorlegen19. Da sie
Keine Beachtung fand, wurde sie von Niemöller und seinen
Freunden in Wittenberg an Bäumen und Tclegraphenmasten angeschlagen
. Die Folge war ein weiteres Ansteigen von Anmeldungen
zum „Notbund". Schon am 30. September waren es 2300,
ein Erfolg, der Niemöller nur bestätigte, daß man auf dem richtigen
Wege sei. Er schob damit die Konzeption der Niederlausitzer
nicht beiseite, aber nach dem, was er aus Westfalen, Hessen und
Süddeutschland vernahm, was ihm auch aus dem Rheinland (von
Pfarrer Lic. Dr. Beckmann, Düsseldorf) bekannt wurde, kam
es jetzt vornehmlich darauf an, die ausgelaufene Jungreformierte
Bewegung durch eine in wenigen Zielsetzungen kompromißlose
A k t i o n zu ersetzen, die auf den Gegner ihres Eindrucks nicht
verfehle. Da es in den einzelnen Provinzen und Ländern, was die
Leitungsfragc betraf, noch sehr durcheinander ging, wie er
Weschke am 4. Oktober schrieb, käme es jetzt darauf an, die
einzelnen Vertrauensleute zu sammeln, d. h. eine leistungsfähige
Spitze zu schaffen. Was also in den kommenden, drängenden Wochen
notwendig war, war ein tragfähiger Kompromiß, in
dem der geistliche Beweggrund nicht verloren ging und doch zugleich
dem Gegner, der allen geistlichen Argumenten auswich,
e'ne zum Widerstand entschlossene „Front" entgegengestellt
wurde. Man darf auch nicht vergessen, daß diejenigen, die sich
durch Übernahme der Verpflichtungserklärung zum „Notbund"
anmeldeten, keineswegs eine theologisch homogene Truppe waren
. Deshalb durfte man sie über die Verpflichtung hinaus nicht
unnötig mit Fragen der inneren Organisation beschweren. Martin
Niemöller, der durch die Entwicklung der Dinge, besonders
nach der Absage Bodelschwinghs, mehr in eine Aufgabe hineingeschoben
wurde, als daß er sie von Anfang an bewußt ergriffen
hätte, spürte durch den Widerhall, den die Aktion fand, den
Zwang zur Initiative. Daß er sie mit der seiner Natur entsprechenden
Entschlossenheit anpackte, war für die Sache, um die es
,n diesen Wochen ging, nur ein Gewinn.

An der von Jacob aufgesetzten Verpflichtung war inhaltlich
kaum etwas zu ändern20. Die entscheidende Ablehnung des
Arierparagraphen fand nirgendwo bei den sich Anmeldenden einen
Widerspruch21. In den kommenden Wochen schritt man lang-

1B) ebd. 24.

20) s. Anm. 14.

21) Das Problem „Juden und Christen" ist dennoch von der BK
nur erst sehr am Rande begriffen worden, vgl. Kupisch, Durch den
^a"n . . . a.a.O.; ferner auch Niemöllers Sätze -ur Arierfrage (K. D.
Sdimidt, Die Bekenntnisse . . . a. a. O. 96 ff.

sam zur Konsolidierung des „Pfarrernotbundes", wie
nun nach Niemöllers Vorschlag der Zusammenschluß lautete.
Dieser wurde von den Niederlausitzern bestürmt, endlich den
Bruderrat zu bilden. Es gab hier auch einmal Meinungsverschiedenheiten
über den Charakter dieses Gremiums. Auch Jacob neigte
jetzt stärker zu den Konzeptionen Niemöllers. Am 20. Oktober
kam es dann in Berlin zur ersten festen Bildung eines Bruderrats
. Am 2. November ging das erste, von Niemöller verfaßte
Rundschreiben hinaus22.

In den kommenden Wochen gab es noch Aufregungen genug
. Karl Barth, der am 30. Oktober und am 15. November
in Berlin war, stieß mit seinen pointierten Bemerkungen zur politischen
Lage bei manchen auf harten Widerspruch"'1. Mit Niemöller
kam es zu einem leidenschaftlichen Zusammenstoß, als Barth
darauf hinwies, daß die Opposition sich keineswegs nur mit der
Ablehnung des unseligen Arierparagraphen begnügen dürfe, den
das DC-Regime nach dem Sportpalastskandal unter Umständen
in der Versenkung verschwinden lassen könne. In einem den in
Jacobis Wohnung Anwesenden vorgelegten Memorandum hieß
es, daß der Protest sich grundsätzlich dagegen zu richten habe,
daß die DC „nebe n der hl. Schrift als Offenbarungsquclle das
deutsche Volkstum, seine Geschichte und seine politische Gegenwart
als eine zweite Offenbarungsquelle behaupten und sich damit
als die Gläubigen eines .anderen Gottes' zu erkennen geben
"24. Die heftige Reaktion Niemöllers zeigte, wie die theologische
Erkenntnis dessen, um was es im Grunde ging, in jenen Wochen
noch ganz in den Anfängen stand, weshalb man auch verstehen
wird, daß die Forderung der Niederlausitzer nach einer einheitlichen
geistlichen Linie sich nur sehr schrittweise und auf
einen längeren Zeitraum ausgedehnt erfüllen konnte.

Der Pfarrernotbund war auch in der kommenden Zeit keine
Idylle. Es lag schlechthin in der Natur der Dinge, daß immer wieder
heftige Auseinandersetzungen, auch Abfallsbewegungen, seinen
Bestand erschütterten. Aber es ist nun auch keineswegs zu leugnen
, daß er die eigentliche Geburtsstätte der Bekennenden Kirche
wurde, daß er die Laien mit in die Opposition rief und sich in den
Krisenzeiten der BK als ein Orientierungszentrum bewährte.
Martin Niemöller hat es seinen Brüdern und Freunden gewiß
nicht immer leicht gemacht. Aber der Pfarrernotbund ist dennoch
mit seinem Vorsitzenden eine Bruderschaft geworden und geblieben
, freilich: „eine Verbindung von nicht unerheblichen Gegensätzen
, eine Verbindung von Gegensätzen, deren starke Spannung
ihr stärkstes Band war""'.

**) W. Niemöller, a. a. O. 27.

**) Vgl. Kupisch, a. a. O. 493 ff.

'-'') K. Barth, ThExh, H. 4.

25) K. Scharf, a. a. O. 136.

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen

hebräischen Handschriften

50. Die Psalmenrolle aus Höhle 11 (llQPs»)

Von Eva O ß w a 1 d , Jena

Nachdem in den vorangehenden Bänden der Reihe Disco-
verics in the Judaean Desert of Jordan das Material aus Höhle I,
den vier Höhlen von Muraba'ät und den kleinen Höhlen von
Qumran in vorzüglichen Editionen vorgelegt wurde1, enthält der
jetzt erschienene vierte Band den Text der Psalmenrolle aus

■) Barthelemy, D., and Milik, J. T.: Discoveries in the Judaean Desert
'• Qumran Cave I. Oxford 1955; Benoit, P„ O. P., Milik, J. P. et de
'*ux, R., O. P.: Discoveries in the Judaean Desert II: Les Grottes de
Muraba' ät. Avec des contributions de f Mrs. G. M. Crowfoot et Miss
E- Crowfoot, A. Grohmann. Oxford 1961; Baillet, M., Milik, J. T. et
Vaux, R., O. P.: Discoveries in the Judaean Desert of Jordan III: Les

Höhle 11, dessen Bearbeitung im Gegensatz zu den früheren Veröffentlichungen
, an denen entsprechend der Fülle von verschiedenartigen
Fragmenten und den zu erörternden archäologischen
Problemen jeweils mehrere Forscher beteiligt waren, in den Händen
eines Gelehrten lag. Die American Schools of Oriental
Research haben, nachdem sie im Herbst 1961 das Publikations-

.Petites Grottes' de Qumran. Exploration de la falaise. Les Grottes 2 Q,
3 Q, 5 Q, 7 Q ä 10 Q. Le rouleau de cuivre. Avec une contribution de
H. W. Baker, l. Textes, 2. Planches. Oxford 1962. Vgl. die Berichte von
R. Meyer in ThLZ 82, 1957, Sp. 21—26; 88, 1963, Sp. 19-28; 90, 1965,
Sp. 331-342.