Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1966 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Neuzeit |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
685
Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 9
686
..Standardwerk" bezeichnet wird, liegt nunmehr in einer von
W. B. Strobel und C. E. Sommer besorgten deutschen Übersetzung
vor. Der Verf. durchleuchtet anhand eines reichen Quellenmaterials
in 6 Kapiteln die „Funktion und Bedeutung der Heiligung in W.s
Heilsbegriff": I. Die Heiligung und das Wesen des Menschen;
II. Versöhnung, Rechtfertigung, Heiligung; III. Die Heiligung und
die Heilsordnung; IV. Die christliche Vollkommenheit; V. Die
christliche Liebe; VI. Die Heiligung und das endgültige Heil.
Die Monographie Lindströms kann als bedeutsamer Beitrag
zur W.-Forschung angesprochen werden. Es gelingt dem Verf., die
Struktur der Theologie W.s von den beiden Fundamentallehren
der Rechtfertigung und Heiligung her einsichtig zu machen und
die Eigenart W.s im Vergleich mit Reformation, Orthodoxie und
Mystik herauszuarbeiten.
Über W.s Verhältnis zum reformatorisdien Ansatz: In der Auseinandersetzung
mit William Law, dem geistlichen Berater seiner Frühzeit
, stellt W. (in Übereinstimmung mit der orthodoxen Satisfaktionslehre
) das Versöhnungswerk Christi als den alleinigen Grund der
Rechtfertigung heraus und grenzt seine Position gegen den „Gesetzes-
weg" einer mystischen mortification ab. Die Heiligung ist ihm nicht
Ursache, sondern Folge der R.echtfertigung. Aber er setzt doch insofern
neue Akzente, als er (in Antithese gegen ein Vertrauen auf eine zugerechnete
Gerechtigkeit) die innewohnende Gerechtigkeit betont und
die Heiligung als eine wirkliche Umwandlung des Menschen faßt. Diese
Gedankenlinie tritt dann im Kampf gegen Quietismus und Antinomis-
mus noch stärker hervor; er scheut vor synergistischen Aussagen nicht
zurück, ohne doch prinzipiell die Rechtfertigung sola fide preiszugeben.
Die Tendenz einer „praktischen Mystik" (u. a. Law) wird in W.s Gedanken
von der christlichen Vollkommenheit sichtbar, die für ihn identisch
ist mit der völligen Heiligung: Hier sind grundsätzliche Differenzen
zur reformatorischen Auffassung; doch weiß Lindström auch hier
W.s Position sorgfältig zu nuancieren. W. wertet die Vollkommenheit
als eine erreichbare höhere Stufe des irdischen Christenlebens, zugleich
als eine Vorbedingung für die endgültige Gerechtsprechung im jüngsten
Gericht. Gegen W.s Vollkommenheitslehre erhob 1741 auch Zinzendorf
v°n seiner lutherischen Grundhaltung her Einspruch: „Ich erkenne
keine innewohnende Vollkommenheit an . . . Wir sind vollkommen in
Christo, in uns gelbst niemals."
Vielleicht hätte die Untersuchung an Eindringlichkeit gewonnen
, wenn der Verfasser dem der doctrina vorgängigen
existentiellen Charakter der theologischen Aussagen W.s auch in
der Form der Darstellung noch stärker Rechnung getragen hätte.
Jen« Eberhard H, Pältz
Pleijel, Hilding: Husandakt Husaga Husförhör och andra folklivs-
studier. Stockholm: Diakonistyrelses Bokförlag [1965]. 182 S. 8°.
SKr. 22.-.
— Smedmästaren K. J. Nilssons Minnen frän 1800-TaletsKyrkligaFolkliv.
Utgi. med Inledning och Kommentar. Mit einer Zusammenfassung
in deutscher Sprache. Stockholm: Svenska Kyrkans Diakonistyrelseä
Bokförlag [1966]. 132 S. gr. 8° = Samlingar och Studier tili Svenska
Kyrkans Historia, uitg. av H. Pleijel, 38. skr. 18.—.
Sanders, Paul S.: Wesley's Eucharistie Faith and Practice (AThR 48,
1966 S. 157—174).
KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE
P'zywara, Erich, S. J.: Dens Semper Maior. Theologie der Exerzitien
. Mit Beigabe Theologumcnon und Philosophumenon der Gesellschaft
Jesu. I. u. II. Wien-München: Herold [1964]. I: 526 S.,
H: 414 S. gr. 8°. Kpl. Lw. DM 140.-.
Das Werk ist in erster Auflage 1938/41 erschienen und zum
größten Teil in Rohbogen in den Bombenbränden Freiburgs
vernichtet. Wo in Literaturübersichten die erste Auflage erwähnt
W1rd, ist wohl im Regelfall ihre faktische Kenntnis nicht vorauszusetzen
. Die eigentliche Wirkung wird erst von der zweiten
•Auflage ausgehen können.
Den Leser erwartet nicht eine historisch-genetische Erklärung
. Welche vorbereitende Bedeutung Ludolf von Sachsen u. a.
zukommt, muß anderswo nachgelesen werden. Die Bemerkung,
daß das Eingangsgebet der Exerzitien ( „Anima Christi" ) nicht
von Ignatius stammt, steht isoliert. Selten findet man gelehrte
Anmerkungen (I 26, 152, II 332), die dem Verständnis der igna-
toanisdien Psychologie dienen wollen. Der Verfasser wird in
erster Linie für die Praxis des Exerzitienleiters heute geschrieben
haben, in zweiter Linie zur Privaterbauung. Vom Leser wird
schwere Mitarbeit verlangt. Zur Erklärung werden Seite für
Seite in reichem Maß Bibelaussagen herangezogen. Ein Blick auf
das Stellenverzeichnis des Anhangs zeigt, daß aus dem Alten
Testament das Hohelied am stärksten ausgeschöpft ist, weit
stärker als die Psalmen und Prophetenschriften. Neutestament-
liehe Schwergewichte liegen natürlich in den Evangelien — sie
sind ja der hauptsächliche Stoff der Meditationen —, daneben in
den Paulinischen Hauptbriefen, besonders im Römerbrief, im
Hebräerbrief und in der Offenbarung. Phil. 2, 5—11 ist besonders
reich herangezogen. Theologische Autoritäten werden auffallend
selten bemüht, am meisten Augustin, von dem auch der Buchtitel
entlehnt ist, im Abstand Thomas, einigemale Definitionen
aus Denzingers Enchiridion. Was die letztgenannte Gruppe betrifft
, so dient sie gern als Ausgangspunkt eines Abschnitts. So
beginnt ein Marienkapitel (I 189) mit dem entscheidenden Satz
aus „Ineffabilis Deus" vom 8. 12. 1854 = D1641; das Fundament
ist unverrückbar, darum wird auf ihm gebaut. Ignatius
selbst nennt bekanntlich als Hauptautoritäten Hieronymus,
Augustin, Gregor, Thomas, Bonaventura, Petrus Lombardus, die
Konzilsbeschlüsse und Kanones, dazu „die Anordnungen unserer
Heiligen Mutter Kirche (II 289 f.). Der Text des Exerzitienbüchleins
ist leider nicht im Zusammenhang abgedruckt, erscheint
aber fast ganz in der Erklärung, wo er durch Kursivdruck hervorgehoben
wird. Als Textvorlage diente die offizielle historischkritische
Ausgabe der Monumenta Ignatiana II, Madrid 1919.
Die beigefügten Nummern, welche die Orientierung erleichtern,
folgen der Turiner Ausgabe von 1928. Die Übersetzungen sind
in einem extremen Maß wörtlich, wodurch unwillkürlich eine
Art von archaisch-historischem Abstands- und Kontaktgefühl erzeugt
, aber das Verständnis für den modernen Menschen nicht
erleichtert wird. „In den Aussprachen sollen wir . . bitten gemäß
dem untergelegten Stoff, nämlich, gemäß dem ich mich finde
versucht oder getröstet, und gemäß dem ich verlange, die eine
Tugend zu haben oder die andere, gemäß dem ich wünsche, mich
einzurichten nach der einen Seite oder der andern, gemäß dem
ich wünsche, Weh zu haben oder Wonne über die Sache, die ich
anschaue, schließlich bittend etwas, was ich jeweils eindringlicher
in Bezug auf bestimmte besondere Dinge ersehne" (Nr. 199 =
I S. 157). Auch Bibeltexte müssen sich eine analoge Übersetzung
gefallen lassen: „Behütend die Kleinen der Herr: gedemütigt
ward ich, und Er machte mich frei" (I 82); damit soll anscheinend
Psalm 113, 6 f. wiedergegeben seinf Im Vorwort zur zweiten
Auflage wird programmatisch mitgeteilt, daß „Evangelium"
stets mit Reichsbotschaft, katallage mit Austausch oder Umtausch
wiedergegeben werde. Nicht nur in den Übersetzungen,
sondern auch sonst in der Sprache des Verfassers kommen viele
eigenwilligen Wortbildungen vor: Ausgewortetsein, das Erfolgen
, das Bös, Fehl-Gesicht, Über-Gesicht, Entsprang (für Herkunft
), vernachten usw. Manches davon wirkt affektiert, manches
als brauchbarer Denkanstoß.
Die Kommentierang folgt selbstverständlich dem Gang des
Exerzitienbuches, dessen inhaltliche Kenntnis wir voraussetzen.
Nur daran sei erinnert, daß Ignatius über die alten Wege der
Reinigung, Erleuchtung und Einung führt, auf denen sich die
Selbsterkenntnis des Menschen und seine Erkenntnis des ewigen
Evangeliums von der Vorgeschichte Jesu und des Täufers an
bis zur Himmelfahrt erschließt. Den Geist dieser Frömmigkeit erfaßt
man bereits in den einleitenden Ausführungen zum Anima-
Christi-Gebet, das am Anfang steht, und in den Annotationen,
in denen der Grandstil der Exerzitien, speziell das Verhältnis
von Geber und Empfänger der Übungen, im voraus geklärt wird.
Als Fundament ist der kurze Text Nr. 23 anzusehen (,Der
Mensch ist geschaffen dazu hin . . .'), aus dem durch den Verfasser
eine Anthropologie im Umfang von 63 Seiten entfaltet
wird. Eine vergleichbare Disproportion begegnet sonst nicht.
Erst nach der Anthropologie ist der Weg frei für die eigentlichen
Exezitien.
Auf den überreichen Inhalt kann im einzelnen hier nicht eingegangen
werden. Daß es sich um eine grandiose Apologie der Exerzitien
und der jesuitischen Theologie handelt, wird sich von selbst verstehen
. Die Kritik, die im Verlauf der Geschichte sowohl aus dem katho-