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Ausgabe:

1966

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 9

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m. E. aus zwei Gründen wertvoll: Sie stellt 1. Leben und Wirken
eines spätscholastischen Theologen an der Wiener Universität dar,
der allerdings kein origineller Denker war, dessen Bedeutung aber
aus seinen wissenschaftlichen Arbeiten, seinen polemischen Schriften
und seiner Berichterstattung vom Konzil aus Konstanz hervorgeht
; 2. behandelt der zweite Teil, das Kernstück der Arbeit, eine
zentrale theologische Fr,age, die im 15. Jahrhundert in massivem
Angriff gegen die katholische Kirche aufgerollt, später durch
Luthers, Zwingiis und Calvins Reformation aufgegriffen wurde
und ihre Bedeutung bis zum heutigen Tage nicht verloren hat.

Wien Grete Mecenseffy

Haendler, Gert: Altkirchliche Konfessionskämpfe und Germanenmission
(EMZ 23, 1966 S. 15-24).

Hufnagel, Alfons: Zur Echtheitsfrage der Summa Theologiae Al-
berts d. Gr. (ThQ 146, 1966 S. 8—39).

Roos, Heinrich: Neue Handschriftenfunde zu den Modi significandi
des Martinus Dacia (ThPh 41, 1966 S. 243-246).

KIRCHEN GESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Luther, Martin: Der Kampf um die reine Lehre. 2., erweit. u.
neubearb. Aufl. Stuttgart: Klotz; Göttingen: Vandenhoedc &
Ruprecht 1964. 388 S. 8° = Luther Deutsch. Die Werke Martin
Luthers in neuer Auswahl für die Gegenwart hrsg. v. K. Aland,
Bd. 4. Lw. DM 19.40.

Die vorliegende 2., „erweiterte und neubearbeitete" Auflage
(die Besprechung der 1. Auflage s. diese Zeitschrift 1951, Nr. 1
Sp. 49) zeigt ein nicht unerheblich verändertes Gesicht. Am Anfang
des Bandes sind die Schriften anders angeordnet. Die Vorrede
zu der Schrift des Justus Menius, Von dem Geist der Wiedertäufer
, 1544, ist als neben der entsprechenden Vorrede zuMenius'
Wiedertäufer-Schrift von 1530 entbehrlich fortgefallen. Ebenso
kehren die Schmalkaldischen Artikel nicht wieder; sie werden in
den Band 3 der Ausgabe („Der neue Glaube") aufgenommen werden
, wo sie besser hinpassen. Stattdessen ist unser Band vermehrt
um das Sendschreiben an die Christen in Livland, 1525, die
Schrift von 1528: Von der Wiedertaufe, an zwei Pfarrherrn, den
Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi, wider
die Schwarmgeister, 1526; und schließlich stellt Aland in diesen
Band fünf Thesen-Reihen zu Promotions-Thesen über Rom. 3, 28
aus den Jahren 153 5—1537. Das Letztere ist für eine Ausgabe von
der Eigenart der Aland'schen ungewöhnlich. Aber es hat sein
gutes Rechte der Leser bekommt so einen Eindruck auch von dieser
wichtigen und besonders reizvollen Seite der Bemühung Luthers
um die reine Lehre. Leider hat der Herausgeber aus Raumgründen
auf eine Kommentierung der Thesen verzichten müssen. Dafür
gibt aber die sorgsame Übersetzung schon viel Hilfe zum Verständnis
. Bedeutet die Wiedergabe einiger Thesenreihen Luthers
eine wesentliche Bereicherung des Bandes, so ist nicht minder die
Aufnahme der Schriften über die Wiedertaufe und das Abendmahl
eine dringend erwünschte Ergänzung des Bandes. Die — nur um
die Einleitung gekürzte — Schrift über die Wiedertaufe ist von
grundlegender Wichtigkeit für die heutige Verhandlung über die
Säuglingstaufe. Und daß jetzt auch der Sermon von dem Sakrament
des Leibes und Blutes Christi gebracht wird, füllt eine sachliche
Lücke der 1. Auflage aus: ohne eine der Auseinandersetzungen
Luthers im eigentlichen Abendmahlsstreit fehlte seinem
„Kampf um die reine Lehre" ein unentbehrliches Stück.

Im übrigen ist auch dieser Band für die neue Auflage „durchgreifend
neu bearbeitet worden". Davon zeugt fast jede Seite.
Die Wiedergabe des Textes ist fortgehend überholt, die Anmerkungen
sind vermehrt.

Paul Althaus,-f-

O b e r m a n , Heiko A., et William J. Courtenay: Gabrielis Biel
Canonis Misse Expositio. II. Wiesbaden: Steiner 1965. XIII, 462 S.
gr. 8° = Veröffentlichungen d. Instituts f. Europäische Geschichte
Mainz, Abt. f. Abendländische Religionsgeschichte, hrsg. v. J. Lortz,
32. Lw. DM 60.—.

Wir weisen zu Beginn auf unsere Rezension zum ersten Teil
dieses Werkes ThLZ 1965, Sp. 525 f hin. Dort wurden grundsätzliche
Fragen angerührt; heute müssen wir den Leser darüber

informieren, was er in dem zweiten Teil dieses Werkes finden
darf. Man könnte diesem Teil die Überschrift geben „Die Abendmahlslehre
des Gabriel Biel".

Gleich zu Beginn der Ausführungen wird der geschichtliche
Streit der lateinischen und der griechischen Kirche um den
Abendmahlstermin mit der sich daraus ergebenden Frage
behandelt: Muß man das Abendmahl mit gesäuertem oder ungesäuertem
Brote essen (Lee. 34 B-P)? Darf man die Brotart spezifizieren
? Muß es vielleicht nur Weizenbrot sein? Muß der
Wein für die Eucharistie mit Wasser gemischt sein? Die schon bei
Skotus festgestellte Unsicherheit über die rechte Form der Weihe
des Blutes sucht unser Verfasser mit Kongruenzgründen und mit
dem Rat, die Konsekration des Blutes nach der Intention der
Kirche durchzuführen, möglichst auszuschalten (Lee. 35 A—Z).
Interessant ist für uns die Darstellung Biels über die verschiedenen
Arten, mit denen Christi Leib und Blut genossen werden, die
Verbindung zum Kirchenbegriff und die Ausdeutung von 1. Kor.
X, 3-4 (Lee. 36Hff).

Nach der Ausdeutung des Pronomens „hoc"
in signifikativer Art — die Häresie einer bloß figurativen Auffassung
wird weitschichtig erwähnt und zurückgewiesen — stellt
Biel die in der scholastischen Theologie üblichen Schulfragen: Hat
Judas den Leib Christi sakramental gegessen? Gab Christus seinen
Jüngern den sterblichen oder unsterblichen Leib? Hat Christus
zusammen mit seinen Jüngern Leib und Blut genossen? (Lee.
37 Äff).

Mit der Frage nach der Form der Eucharistie eröffnet
Biel an Hand der aristotelischen Kategorienlchre seine
Quaestionen nach der Substanz, Quantität, Relation, Handeln
und Leiden, nach dem „Wo" und dem „Wann" des eucharistischen
Christus (Lee. 38 Äff). Sind Änderungen der Form der Eucharistie
möglich (Lee. 38 L ff)? Lee. 39 der Meßkanonauslegung ist
von den Problemen beherrscht, die die Realpräsenz Christi
in der Eucharistie stellt. Dort wird von unserem Magister
gegen die Häresie Stellung genommen, die die Abendmahlsworte
nur figurativ verstehen will (in signo); der Glaube an die Realpräsenz
wird mit den Worten des 2. Glaubensartikels nach Occatn
formuliert. Die große Zahl der von Biel angeführten Autoritätsstellen
aus dem Decretum Gratiani beweisen die Dringlichkeit,
die Eucharistie als Glaubenssakrament herausstellen zu müssen,
während unser Autor die nur signifikative Deutung der Einsetzungsworte
mit allen ihren Folgen zurückweist (Lee. 39).

In welchem Wandlungsvorgang tritt die Realpräsenz
Christi ein? Nach der Überprüfung der Begriffe der
„mutatio", „conversio" wird der Begriff der „transsubstantiatio"
für diesen wundererfüllten Vorgang befürwortet, den nur die
göttliche Kraft möglich machen kann (Lee. 40, A—G). Biel gesteht
zu, daß für diese Wandlung nach dem Verständnis der Kirche
kein rationaler Beweis möglich ist. Könnte nicht durch die Anerkenntnis
einer möglichen Koexistenz von Brot und Wein mit
dem Leibe Christi im Abendmahl ein großer Teil der rationalen
Unmöglichkeiten beseitigt werden, die dieses kirchliche Lehrstück
der Transsubstantiation dem denkenden Menschen, vor
allem dem Philosophen, aufgibt? Diese mögliche Koexistenz wird
zwar positiv bewertet, trotzdem hat die Mutter Kirche für unseren
gut mittelalterlich denkenden Magister recht (— Lee. 40. S).
Die gestellte Quaestio, ob die Wandlung in die Gottheit Christi
möglich sei, wird durch die Lehre von der Konkomitanz gelöst
(Lee. 40, T—Y). Getreu dem ökonomischen Prinzip — mit möglichst
wenigen Wundern auszukommen! — hatte Occam die anni-
hilatio der Brotsubstanz für besser erachtet; das nimmt Biel auf.
um sich doch für die Mutter Kirche zu entscheiden, die die anni-
hilatio abgelehnt hatte. Die Kirche ist für Biel eben von dem
Heiligen Geiste geleitet und kann deshalb nicht irren. Der Intellekt
einer Glaubenswahrheit müsse eben aus dem Glauben entstehen
(Lee. 41, A—N).

Die Frage, welchen Leib Christus in der Eucharistie habe,
wird von unserem Autor mit dem zweiten Glaubensartikel beantwortet
. Nun stellt sich gleich das Problem nach der Form, durch
die der Leib Christi bestimmt wird. Nach der Darstellung der einzelnen
theologischen Ansichten zu dieser Frage entscheidet sich
Biel gegen Skotus und Occam, die die vegetative, sensitive und