Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1966 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
675
Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 9
676
anderen Titel wählen zu müssen. Er gewinnt ihn aus dem Schlußsatz des
Einleitungskapitels: za Se fiegrj zrji nao fipwv ävzü.oyia; {mnzhay.rai xai
ovxmi xatä zd^tv Sirforj^Fra (4, 17 f), im Verein mit einer Wendung
aus einem der Eutheriusbriefe (contradictionibus, quae a multis et quae a
nobis ipsis factae sunt). Daraufhin von „einer Antilogie des Eutherios"
zu sprechen, wäre aber doch nur dann erlaubt, wenn dieser Begriff anderweitig
als Bezeichnung für eine literarische Gattung nachzuweisen wäre.
Das ist, soweit ich sehe, nicht der Fall, und T. hat es sich versagt, Belege
dafür beizubringen. Die literarische Gattung der Schrift ergibt sich vielmehr
aus dem ersten Satz des zusammenfassenden Kap. 20: röc . . .
OTioxoineiQ zöjv oorpajv 7iQoßXr][iaxcov . . . 7iE7ioit]/iE^a (39, 2 f); dazu
jetzt H. Dörrie — H. Dörries, Art. Erotapokriseis, RAC Lief. 43, Sp. 342
—370. Daß der letzte Satz desselben Kapitels doch wohl nicht zufällig
in das Wort iutoxQlvio&ai ausläuft (41, 3), fällt dabei mit ins Gewicht.
Doch hinsichtlich des Titels sollte man sich wohl an die von den Testimonien
bezeugte Formulierung halten.
2) Die Handschriften enthalten übereinstimmend Kapitelüberschriften
, die auch von Photius bibl. 46 (vgl. XXXIV ff) mitgeteilt
werden. T. erklärt sie ohne durchschlagende Begründung für „augenscheinlich
sekundär" (XV). Die Sachlage ist nicht leicht kontrollierbar,
weil die verstreuten Auskünfte, die T. hierzu gibt (XV f, XXXV), und
die in den textkritischen Apparat aufgenommenen Angaben kein durchgängig
klares Bild des Überlieferungsbefundes gewähren. Vielleicht hilft
eine Beobachtung weiter: Der Schlußpassus des oben zitierten letzten
Satzes aus dem Einleitungskapitel hängt nach dem jetzigen Kontext
eigentümlich in der Luft. Nimmt man Eutherius beim Wort, also etwa:
„Die einzelnen Abschnitte unserer Widerrede sind unten angefügt, und
zwar folgendermaßen der Reihe nach eingeteilt", so ist das ja nur sinnvoll
unter der Voraussetzung, daß jetzt zunächst eine Capitulatio folgt.
Sie fehlt freilich im überlieferten Text, aber man könnte damit die Tatsache
vergleichen, daß später auch das durch seine Überschrift ausdrücklich
als Zusammenfassung deklarierte Kap. 20 nicht mehr weiter überliefert
wurde. Kann man demnach vermuten, daß der Text ursprünglich
eine Capitulatio enthielt (welche Photius dann einfach übernommen
hätte), so spricht das auch für die Ursprünglichkeit der überlieferten
Überschriften. Nur diejenige des Einleitungskapitels muß sekundär sein.
Sie mußte an die Stelle des gestrichenen Gesamttitels der Schrift treten,
auf den dieses Kapitel gewiß ohne eigene Überschrift gefolgt war, —
und Photius kennt sie nicht.
Schließlich noch eine Kleinigkeit: S. XXXIX erwähnt T. den
Namen „Irenaios". Es sollte entweder konsequent puristisch „Eirenaios"
oder wie üblich „Irenaus" heißen!
Der Einleitung, die sich auf die Erörterung der Überlieferung
, der Testimonien und der Verfasserfrage beschränkt, folgt
(S. 3—46) der Text der Eutheriusschrift, mit dessen Konstitution
man sich insgesamt einverstanden erklären kann. Besonders hervorzuheben
ist, daß T. bestrebt war, im Variantenapparat die
ganze Breite der Überlieferung zu Wort kommen zu lassen. Der
Leser soll die Veränderungen des Textes in den verschiedenen
Stadien seiner Geschichte verfolgen können, was ja bei einem
ursprünglich „häretischen" Text, der später unter die Patronage
eines Hauptes der Orthodoxie geriet, einigen Reiz verspricht.
Man kann freilich einen Ausdruck des Bedauerns kaum unterdrücken
angesichts der Tatsache, daß T. diesen ganzen Aufwand
an Gründlichkeit und Scharfsinn in den Dienst einer Schrift gestellt
hat, die ihn ihrem sachlichen Gehalt nach kaum zu rechtfertigen
vermag. Die christologischen Probleme, die Eutherius
behandelt, und die Art und Weise, wie er zu ihnen Stellung
nimmt, tragen keinerlei spezifische Züge, und die Lektüre gewährt
in dieser Hinsicht keinen Gewinn an theologiegeschichtlicher
Erkenntnis. Aber man sollte das auch noch von einer
anderen Seite her sehen. Man erliegt ja leicht der Versuchung,
sein Interesse nur den epochemachenden Gestalten der Geschichte
zuzuwenden und darüber die Frage zu vernachlässigen, in welchem
Maße ihre Gedanken von ihren eigenen Zeitgenossen verstanden,
aufgenommen und weiter verbreitet worden sind. Das hängt
natürlich oft mit der Auslese der Texte zusammen, die die Überlieferung
selbst schon getroffen hat. Im Fall des Eutherius haben
wir die Möglichkeit, den Charakter einer solchen Wiedergabe
einer ursprünglich sehr dezidierten theologischen Position aus
zweiter Hand zu studieren: Das Profil ist dabei so sehr abge-
schliffen, daß, was doch eigentlich Nestorius sein sollte, später
ohne große Umstände als Athanasius ausgegeben werden konnte!
T. hat die Edition dieses Textes dadurch vervollständigt,
daß er die in den Konzilsakten erhaltenen und von Ed. Schwartz
bereits edierten fünf Briefe von Eutherius noch einmal abdrucken
ließ (S. 49—70) und so die Interpretation des Autors durch den
Autor selbst erleichterte. Ausführliche Register erschließen den
Inhalt des Ganzen, dem hoffentlich weitere von so sorglicher
Hand betreute Ausgaben anderer Texte folgen werden.
Tübingen Martin Elze
Kirschbaum, Engelbert: Kontroversen um das Petrusgrab (StZ 178,
91. Jg. 1966 S. 1—11).
KIRCHEN GESCHICHTE: MITTELALTER
Girgensohn, Dieter: Peter von Pulkau und die Wiedereinführung
des Laienkelches. Leben und Wirken eines Wiener Theologen in der
Zeit des großen Schismas. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1964.
265 S. gr. 8° = Veröffentlichungen des Max-PIanck-Institutes für Geschichte
, 12.Brosch. DM 27.—.
Die vorliegende Arbeit, die Überarbeitung der philosophischen
Doktordissertation des Verfassers, umfaßt drei Kapitel:
1. das Leben Peters von Pulkau; 2. Laienkommunion im Mittelalter
und Wiedereinführung des Kelches; 3. die Werke Peters von
Pulkau.
Eingehend wird zunächst unter Heranziehung handschriftlicher
wie gedruckter Quellen und mündlicher Auskünfte Name und
Herkunft untersucht und zweierlei festgestellt: 1. Der Zuname
Czaech de Sancto Bernardo alias de Pulka, wie er in der Wiener
Universitätsmatrikel auftaucht, geht nicht, wie Ferdinand Tadra
in seinem tschechisch geschriebenen Buche „Kulturelle Berührungspunkte
der Böhmen mit den Ausländern bis zu den Hussitenkriegen
", Prag 1897, nachzuweisen sucht, auf „Öech" zurück, sondern
vielmehr auf das deutsche Wort „zädi" oder „zech" = zache.
2. Der Herkunfts- oder Schulort ist nicht das bei Steyregg im Bezirk
Urfahr in Oberösterreich gelegene Kloster des Heiligen Geist-
Ordens Pulgarn, sondern Pulkau in Niederösterreich. Mit St. Bernardo
dürfte das Zisterzienserinnen-Kloster St. Bernhard bei Horn
gemeint sein; dort mag Peter zur Schule gegangen sein, was allerdings
deshalb unwahrscheinlich ist, weil die Nonnen nur für die
Ausbildung des eigenen Nachwuchses sorgen durften.
Anhand ausführlichen Schrifttums im allgemeinen und über die
Wiener Universität im besonderen wird der Studiengang des Theologen
beschrieben, der als normal bezeichnet werden muß. Peter begann als
Student an der Artistenfakultät, wo er 1389 den Grad eines „baccalarius
in artibus" erlangte; 1391 wurde er Magister und gehörte somit dem
Lehrkörper der Universität an. Vom Jahre 1391 bis 1409 las er als
„magister actu regens". Wir kennen die Liste seiner Vorlesungen; dit
„Lectura circa summulas Petri Hispani" ist erhalten. Dreimal war er
Dekan, dreimal nach dieser Amtsperiode Schatzmeister der Fakultät, zu
deren Examinatoren er gehörte. Um die Mitte des letzten Jahrzehnts des
14. Jahrhunderts muß er das Studium der Theologie begonnen haben.
1402 wurde er Baccalarius, 1403 Baccalarius sententiarius, d. h. er konnte
über die Sentenzen des Petrus Lombardus lesen. 1409 erlangte er die
theologische Lizentiatenwürde. Die Promotion dürfte während des Dekanates
Bertholds von Regensburg erfolgt sein. Gleichzeitig gehörte er
immer noch der Artistenfakultät an. Erst nach der „vesperia" und „aula"
(1410) durfte er den Doktortitel führen. Damit war seine 23jährige
Studienzeit abgeschlossen. Bemerkenswert ist, daß er sich bei seiner
vesperia mit der Häresie um das Altarsakrament auseinandersetzte
(S. 36). Peter von Pulkau war von 1410—1425 Professor der Theologie
in Wien; von diesen 15 Jahren müssen die in Konstanz verbrachten vier
Jahre, 1414—1418, abgezogen werden. Zwei Jahre, 1410—1411, war er
Dekan und dreimal Rektor, im Sommersemester 1407 und die Wintersemester
1411/12, 1421/22. Der Verfasser verzichtet bewußt auf eine
kritische Beurteilung der Theologie Peters von Pulkau, da er nicht imstande
gewesen wäre, 6ie in den weiteren Rahmen der Vergleichung mit
den theologischen Anschauungen des 14. Jahrhunderts hineinzustellen;
eine solche Darstellung würde überdies den Rahmen einer Biographie
sprengen (S. 39). Hingewiesen wird nur im Zusammenhang des in der
vorliegenden Untersuchung behandelten Problems auf den Streit mit
einem Gefolgsmann des Johannes Hus, Hieronymus von Prag, gegen den,
als er nach Wien gekommen war, wegen seiner ketzerischen Lehren am
29. August 1410 vom Passauer Offizial Andreas Grillenberger ein Verfahren
eröffnet wurde, dem tich Hieronymus allerdings bald durch die
Flucht entzog. Peter von Pulkau iit als Zeuge in dem Prozeß nachweisbar
. Auch bei der Bekämpfung anderer Härciien war er beteiligt, so
auch des Irrglauben!, der in der Steiermark aufgekommen war, daß
der Herr mit den 24 Ältesten der Offenbarung des Johannes (4. 4
jeweils an den Quatembersonntagen berate.