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1966

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Neues Testament

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669

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 9

670

bens, „daß Jesus als der Christus und die urchristliche Gemeinde
die Erfüllung der at. Verheißungen darstellen" (W. G. Kümmel,
Art. „Weissagung u. Erfüllung im NT", RGG3 VI 1587). Meiner
Meinung nach ist es der entscheidende methodische Mangel
Suhls, daß er nirgendwo dieses besondere eschatologische Geschichtsbewußtsein
der Urgemeinde in Ansatz bringt. Dadurch
hängt die ganze Untersuchung in der Luft. Sie erweckt den Anschein
, als stünde Markus sozusagen am Nullpunkt möglicher
Verwendungsweisen des AT und als bilde er frei nach Gutdünken
die aus, die seiner theologischen Absicht am meisten
gemäß seien. Wie wenig dagegen Markus die heilsgeschichtliche
Verklammerung des Jesusgeschehens lösen konnte oder wollte
(Gott ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, 12,26; die
Basileia ist Davids, 11, 10; den „Anfang des Evangeliums" bildet
der Prophet Johannes, noch dazu als Elia redivivusl vgl.
9> 13), wird dabei einfach übersehen oder weginterpretiert.

Kurzum: Die Frage nach der Funktion der atl. Zitate im
Mk-Ev ist nicht überzeugend beantwortet. Man legt das Buch
darum trotz der notwendigen und verdienstlichen Differenzierung
im Schriftgebrauch enttäuscht aus der Hand.

Bodium EridiGräßer

Grundmann, Walter: Der Römerbrief des Apostels Paulus und
seine Auslegung durch Martin Luther. Weimar: Böhlaus Nachf. 1964.
XV, 172 S. 8°.

Über die vorliegende Studie kann man den Satz Walther
Köhlers (Dogmengesch. II. 1951. S. 207) schreiben: „Der angefochtene
Luther ist ein gänzlich anderer als der am Gesetz sich
quälende Paulus." W. Gr. führt diesen Gedanken in seiner umfassenden
historischen Studie aus. Er vergleicht die Gestalt der
Paulinischen Aussage mit der Luthers in seiner Römerbriefvorlesung
von 1515/16. Ein wesentlicher Unterschied sei, daß Luther
nicht wie Paulus den Römerbrief zu einem historischen Dokument
gemacht hat, sondern ihn theologisch sieht. Luther
sucht darum nicht den Gang der paulinischen Gedanken in ihrem
Zusammenhang zu erfassen, sondern ihn interessieren bestimmte
theologische Aussagen, die er dann entfaltet. Dabei ist Luther
weithin von Gedanken Augustins beeinflußt. Für den Vergleich
Paulus - Luther erscheint Gr. die verschiedene Herkunft beider
für das Verständnis des Römerbriefes wichtig. Bei Paulus ist es
sein Diaspora-Judentum, seine Gesetzestreue, die Verfolgung der
jungen christlichen Gemeinde, seine Erwählung und Berufung vor
Damaskus. Gegenüber dem Judentum, dem Gesetz, dem Heidentum
und den Göttern, d. h. dem Menschen in seiner Existenz,
sieht er sich als Sünder. Für Luther ist in jenen Jahren der
Römerbriefvorlesung sein Mönchtum und die mit ihm verbundene
Selbstbeobachtung, welche auf die Jahrhunderte alte Beichtführung
der mittelalterlichen Kirche zurückgeht, entscheidend.
So ist die Selbstbeobachtung in Luthers Römerbriefvorlesung
eine bestimmte Größe. Darüber hinaus führte ihn die Erkenntnis
des Gesetzes zu seiner radikalen Anschauung von der Macht
der Sünde und dem Zorngericht Gottes. Seine Selbstbeobachtung
macht ihn zum Seelsorger und zum Seelenführer. Sie führt ihn
zur humiliatio, zur Selbstdcmütigung. Wie stark von seiner
eignen Lebenserfahrung her die Auslegung des Römerbriefes
bestimmt ist, zeigt die berühmte Interpretation von Rom. 1,1.

Die Untersuchung Gr. mündet in die immer wieder erörterte
Frage ein, ob in Luthers Römerbriefvorlesung bereits
seine reformatorische Theologie sichtbar wird, oder ob in ihr
noch die theologische Tradition des späten Mittelalters zum
Ausdruck kommt. Gr. beantwortet die gestellte Frage mit der
Feststellung, daß es sich in der Auslegung des Römerbriefes um
den werdenden Reformator handelt.

Luthers Auslegung ist von zwei grundlegenden Gedanken
her bestimmt, einmal der Gottesliebe, Gottes Werk am Menschen
, zum anderen der Erkenntnis, daß alles menschliches Sein
Geschenk ist. Damit ist die Frage nach dem Geber und seinen
Gaben, dem Schöpfer und seinen Geschöpfen gestellt. Luther
Seht es um ein personales Verhältnis zwischen Gott und
Mensch. Dieses ist durch Jesus Christus vermittelt und von ihm
begründet worden. In der Rechtfertigung sieht Luther das Fundament
des neuen Verhältnisses. Die Rechtfertigung schaut er

in doppelter Sicht, einmal als die Rechtfertigung durch den
Menschen Jesus in seiner Erniedrigung unter das Kreuz, zum
anderen als Rechtfertigung des Menschen durch Gott, in der er
die fremde Gerechtigkeit Christi empfängt. Damit wird bereits
in der Römerbriefvorlesung die Theologie des Kreuzes deutlich,
die Luther dann in der Heidelberger Disputation entfaltet
hat. — Auch die reformatorische Unterscheidung von Gesetz und
Evangelium ist bereits in Luthers Auslegung des Römerbriefes
vorhanden. Das Evangelium versteht Luther wesentlich als Verheißung
. Vor allem findet sich in seiner Auslegung seine grundlegende
Aussage hinsichtlich der christlichen Existenz, das simul
peccator et justus (WA 56, 272, 17).

Die theologischen Erkenntnisse, welche Luther bei der
Römerbriefauslegung gewonnen hat, führen ihn zu kritischen
Bemerkungen über das kirchliche und politische Leben seiner
Zeit. Gr. läßt Luther in einer Fülle von Zitaten ausgiebig zu
Worte kommen. An manchen Stellen möchte man wünschen, daß
die Darstellung an Stelle des einen oder anderen Zitates stärker
zur Geltung kommt. Gr. benutzt die deutsche Übersetzung der
Münchener Lutherausgabe (Erg. Reihe Bd. II. 1957).

Der Vergleich mit Luthers Vorrede zum Römerbrief aus
den Jahren 1522/46 ergibt, daß die entscheidende Frage der
Römerbriefvorlesung von 1515/16 geblieben ist. Gr. gelangt zu
mancherlei neuen Erkenntnissen zum Verständnis der theologischen
Haltung des jungen Luther. Sie regen zur Auseinandersetzung
an. Allerdings verzichtet Gr. in seiner als historisch gekennzeichneten
Studie, Folgerungen aus den gewonnenen Ergebnissen
zu ziehen.

Das Literaturverzeichnis und Grundmanns eigne Veröffentlichungen
zeigen seine intensiven Studien zum NT und zu
Luther.

Berlin Walter Delim

Achtemeier, Paul J.: How Adequate is the New Hermeneutic?
(Theology Today 23, 1966 S. 101—119).

Bergmeier, Roland: Zum Verfasserproblem des II. und III. Jo-
hannesbriefcs (ZNW 57, 1966 S. 93—100).

Bishop, Eric F. F.: Men of God's Good Pleasure (AThR 48, S. 63
bis 69).

B u r k i 11 , T. A.: The Syrophoenician woman, the congruence of Mark
7,24-31 (ZNW 57, 1966 S. 23-37).

Dinkler, Erich: Die Petrus-Rom-Frage (ThR N. F. 31, 1966 S. 232
—253).

Flender, Helmut: Die Kirche in den Lukas-Schriften als Frage an
ihre heutige Gestalt (KidZ 21, 1966 S. 250—257).

Gutwenger, E.: Zur Geschichtlichkeit der Auferstehung Jesu
ZKTh 88, 1966 S. 257—282).

H o m m e 1 , Hildebrecht: Herrenworte im Lichte sokratischer Überlieferung
(ZNW 57, 1966 S. 1—23).

Keck, Leander E.: The Poor among the Saints in Jewish Christianity
and Qumran (ZNW 57, 1966 S. 54—78).

Koch, Klaus: Das Lamm, das Ägypten vernichtet, ein Fragment aus
Jannes und lambres und sein geschichtlicher Hintergrund (ZNW 57,
1966 S. 79—93).

Linnemann, Eta: Die Verleugnung des Petrus (ZThK 63, 1966
S. 1-32).

Marie, Rene, S. J.: Bultmann et l'Interpretation du Nouveau Testament
. Nouvelle edition revue et augmentee. Paris: Aubier [1966].
223 S. 8° = Theologie. Etudes publikes sous la direction de la Facult£
de Theologie S. J. de Lyon-Fourviere, 3 3.
(s. Bespr. in ThLZ 85, 1960, sp. 440).

Nevius, Richard C.: Kyrios and Jesous in St. Luke (AThR 48, 1966
S. 75-77).

Nikolaus, Walter: Tempelzerstörung und synoptische Apokalypse

(ZNW 57, 1966 S. 38—49).
V a n h o y e , Albert, S. J.: Der Brief an die Hebräer. Griechischer Text

mit Gliederung. 39 S. 500 Lir«.
Dasselbe. Deutsche Übersetzung mit Gliederung. 39 S. 500 Lire.

Dasselbe. Griechischer Text mit Gliederung und deutscher Übersetzung.
38 Doppelseiten. 900 Lire. — Fano: Typis Paulinis 1966 (zu beziehen
durch Istituto Biblico, Rom), gr. 8° = Polyglottenbibel „Berardi" für
das Studium der Heiligen Schrift.