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Ausgabe:

1966

Spalte:

652-653

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Bastiaensen, Antoon A. R.

Titel/Untertitel:

Le cérémonial épistolaire des chrétiens latins origine et premiers développements 1966

Rezensent:

Altendorf, Hans-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 9

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Entsprechend der Überlieferung ist auch die geschichtliche Bedeutung
des letzteren auf Kosten der ersteren vier angestiegen.

„Fragen zum Scheidungsrecht in Gen. 12, 10—20" (S. 186—
192) wendet sich L. R o s t als Kenner des islamischen und alt-
orientalischen Rechts zu. Er hilft, die Gefährdung der Ahnfrau aus
einer nach dem damaligen Recht möglichen „bedingten Ehescheidung
" verstehen, die Abra(ha)m bzw. Isaak mit ihrer Frau jeweils
mündlich vereinbaren. Der ursprüngliche Schwank beinhaltet wohl
die Überlistung eines dritten Ahnungslosen. Nach Aufnahme des
Stoffes durch die Pentateuch-Quellen ist diese Erzählung an verschiedenen
Stellen sachlich und theologisch eingeordnet und dementsprechend
gedeutet worden.

Eine ausführliche textkritisch-exegetische Einzelstudie steuert
W. Rudolph über „Hosea 4, 15—19" (S. 193—199) bei. Während
v. 15 nicht ursprünglich ist, zeigen die Wortspiel- und gedankenreichen
vv. 16 ff echtes prophetisches Gut.

Mit einer Studie über „p*nt und :np"!£ im Alten Testament"
(S. 78—89) bietet A. J e p s e n wieder eine ertragreiche Definition
zweier schwer übersetzbarer Begriffe an, deren erster die personal
begründete, durch Gottes Willen bestimmte „Richtigkeit" und
„Ordnung" bezeichnet, während der andere ein auf „Ordnung"
und „Heil" abzielendes Verhalten darstellt. Erst im späteren
Sprachgebrauch, als !"|pTS mehr die Bedeutung Almosen erhielt, hat
p"T}£ dessen ursprüngliche Funktion übernommen. Theologiegeschichtlich
ist zu bemerken, daß der Glaube an die menschliche
Möglichkeit einer Gerechtigkeit vor Gott im Schwinden ist.

C.-H. Hunzinger stellt die beiden Fragen: „Babylon als
Deckname für Rom und die Datierung des 1. Petrusbriefes" (S.
67—77). Die erste beantwortet er damit, daß die einstmalige Zerstörung
des Jerusalemer Tempels durch Babylon in der Tempelzerstörung
durch die römische Macht 70 n. Chr. ihre Parallele gefunden
und dieser den Namen des ersteren Zerstörers als Decknamen
eingetragen hat. Damit ist auch für die Entstehung des
1. Petr. (s. 5, 13) der terminus post quem gegeben.

Einen recht aufschlußreichen Vergleich stellt O. P 1 ö g e r in
„Wahre die richtige Mitte; solch Maß ist in allem das Beste!"
(S. 159—173) zwischen der alttestamentlichen Weisheit und
Hesiods „Erga" an, indem er Ähnlichkeiten und Unterschiede
herausstellt und zu klären versucht.

E. Pfeiffer behauptet in seinem recht Zitatenreichen Aufsatz
„Die Gottesfurcht im Buche Kohelet" (S. 13 3—15 8), die Verwendung
des Begriffs Furcht in dem genannten Buch ließe eine
negative, den alttestamentlichen Gottesglauben und das Gottvertrauen
auflösende Grundhaltung erkennen. Diese Ansicht — in
einer solchen Schärfe ausgesprochen — dürfte heute nicht mehr auf
große Gefolgschaft rechnen.

Eine Bindung und gegenseitige Beziehung von „Bund und
Gesetz" (S. 30—49) versucht W. Eichrodt zu zeigen. Das
Gebot schließt Gott und das Gottesvolk, Mensch und Mitmensch
zu einer Bundesgemeinschaft zusammen. Die Mißdeutung des Gebotes
als Gesetz und der Bruch des Bundes lösen die Gemeinschaft
mit Gott auf. Recht verstanden sind auch Gesetz und Evangelium
in dieser Weise einander zugeordnet. Ein Beitrag zur hermeneu-
tischen Diskussion! In einem verwandten Thema „Gottes Selbstbeherrschung
als Problem des Monotheismus und der Eschatologie"
(S. 56—66) zeigt J. H e m p e 1, daß der alleinige Gott in seinem
Zorn nicht völlig zu Grunde richtet und vernichtet, aber auch
nicht total bekehrt. Erst das Neue Testament hat mit seiner Botschaft
die totale Liebe Gottes in Christus offenbar gemacht.

Schließlich bietet H.-J. S t o e b e in seiner Skizze „Überlegungen
zur Theologie des Alten Testaments" (S. 200—220), mit
denen er die von G. v. Rad angezweifelte Einheit der alttestamentlichen
Theologie in einer sachgegebenen Systematik wiederherstellen
möchte, indem er 1. Anfang, 2. Weg und 3. Ziel des göttlichen
Handelns als die Dreiteilung der geschlossenen Darstellung
der Theologie vorschlägt.

Eine Fülle von Themen — deren Einzelzüge in einem kurzen
Abriß verständlicherweise nicht berücksichtigt werden konnten —,
entsprechend dem Werk und Wesen des Geehrten von der Landeskunde
bis zur alttestamentlichen Theologie reichend, von der
topographischen Arbeit über Begriffsbestimmung, Textkritik und

Traditionsgeschichte zur Geschichte und zur Theologie. In dieser
Weise mag der Band seiner Aufgabe als Festgabe und als Gedenk-
schrift in gleicher Weise pietätvoll gerecht werden, als Würdigung
für einen Mann, der in seinem Schaffen ein auf dem weiten Gebiet
der alttestamentlichen Wissenschaft Forschender und Lehrender
gewesen ist.

Halle/Saale Gerhard W a 11 i s

Bastiacnscn, A. A. R., C. M.: Le ccrcmonial cpistolairc des ehre-

tiens Latins; originc et premiers developpements.
Hoppenbrouwers, H. A. M.: Commodicn. Poete chretien.

Nijmegen: Dekker & van de Vegt 1964. II, 97 S. gr. 8° = Graecitas
et latinitas Christianorum Primaeva, ed. Chr. Mohrmann, J. G. A. Ros,
H. H. Janssen, Supplementa, Fase. II. Hfl. 13.50.

Beide LIntersuchungen, Christine Mohrmann zum 60. Geburtstag
gewidmet, befassen sich mit Themen aus dem Gebiete
der altchristlichen Latinität, deren Verständnis durch Chr. Mohrmann
und ihre Schüler fruchtbar und anregend gefördert wird .

Bastiaensen verfolgt die Entwicklung des Briefformulars bis
ins 4. Jh. hinein; Hauptquellen sind Cyprian und die Briefe, die
im historischen Werk des Hilarius v. Poitiers enthalten sind. Erörtert
werden die Gruß- und Anredeformeln, vor allem die Titulaturen
. Die übersichtlichen Zusammenstellungen der verwendeten
Formulierungen und die Betrachtung des Wortschatzes der Titulaturen
lassen die Tendenzen der Entwicklung erkennen und ge'
statten mehrfach lehrreiche Beobachtungen. So ergibt sich, daß das
von Bevenot 1944 edierte Briefchen kaum von Cyprian stammen
kann, wie die Handschrift will, sondern einem Anonymus des
3. Jh.s zuzuweisen sein wird. Das öfter behandelte „gloriosissime
papa" im Brief des Konzils von Arles an Bischof Sylvester und die
Formel „Domino fratri gloriosissimo ac beatissimo" im Brief des
Potamius von Lissabon an Athanasius sind als Konfessorenbe-
zeichnung zu verstehen, gegen Th. Klauser, der im gloriosissimus
den staatlichen Rang ausgedrückt fand, den Konstantin dem römischen
und anderen Bischöfen zugebilligt habe. Überhaupt ist den
Epitheta in der Anrede besondere Aufmerksamkeit gewidmet; die
geordnete Darbietung des Materials, reichliche Anführung der
vorhandenen Literatur und eigene fördernde Hinweise machen die
Abhandlung zu einer knappen, aber gehaltvollen Einführung in
den lateinischen Zweig der altchristlichen Epistolographie, der sich
durchaus der Schemata der Umwelt bediente und den wechselnden
Moden unterworfen war. Auf die Eigenart der einzelnen

Briefschreiber
weist B. aufmerksam hin; vor allem Cyprians Stil ge'
währt manchen Einblick in sein Wesen.

Gleichfalls eine semantische Untersuchung ist die Analyse
der Sprache Commodians, die Hoppenbrouwers vornimmt. Er
untersucht vornehmlich die „direkten Christianismen" und den
Einfluß der Bibelsprache, eine weitere Untersuchung ist in Aussicht
gestellt, die sich den nichtbiblischen „indirekten Christianismen
" widmen wird. Das Verhör wird unter ständigem Blick auf
die übrigen lateinischen christlichen Dichter durchgeführt. H. trägt
dabei zu mehreren Stellen in den Werken Commodians Beobachtungen
vor, die das Verständnis der Texte fördern, auch zur Gesamtwürdigung
des Dichters findet er treffende Worte. Als Ergebnis
der Arbeit tritt wieder die Eigenständigkeit Commodians entgegen
, die sich in Sprache und Gedankenwelt kundgibt. Obwohl
es nicht die unmittelbare Absicht der Abhandlung ist, die Frage
nach der Datierung Commodians zu erörtern, kommt H. unvermeidlich
auf das dornige Thema zu sprechen, das in letzter Zeit
öfter besprochen wurde. Von der Sprache her gesehen, steht die
Zeit vom 3. bis zum 5. Jh. offen; H. selbst neigt zur Datierung in
das 3. Jh., wie sie jüngst von Thraede und Gage vorgeschlagen
wurde "'. Vor allem Thraede hat sich an Hand sprachlicher Indizien
für diese Ansetzung ausgesprochen. Einige seiner Argumente hat

') Das gleichfalls Chr. Mohrmann gewidmete erste Supplementheft
der Reihe wurde von J. Hennig angezeigt (ThLZ 91, 1966,
Sp. 16 ff).

-) Kl. Thraede, Beiträge zur Datierung Commodians. Jahrbuch «•
Antike u. Christentum 2 (1959) 90—114 und passim in den folgenden
Bänden im Rahmen seiner Untersuchungen zur altchristlichen lateinischen
Dichtung. — J. Gage, Commodien et le moment millenariste du III'' s"
Revue d'histoire et de philosophie religieuses 41 (1961) 3 5 5—378.