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1966

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Systematische Theologie: Allgemeines

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 8

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ist das Sein des Seienden, das, wodurch ein Ding trotz allem
Wechsel ist, was es ist. „Der Akt hebt die Substanz nicht auf,
sondern setzt sie voraus" (S. 125). Der Gegensatz zwischen Akt
und Substanz ist nicht kontradiktorisch, sondern komplementär.
Substanz ist zwar Selbständigkeit, aber nicht Verselbständigung,
Wesenskonstitution, aber nicht Selbstbehauptung. Das Sein ist
somit als eine statodynamische Zweieinheit definiert. Wie ein
Bestand ohne Bewegung tot ist, so ist eine Bewegung ohne
Bestand ein Phantom.

Das, was aber den Menschen von Gott unterscheidet, ist nicht
das Sein, sondern die Sünde. Darin liegt u. a. der Unterschied
zwischen Barthscher Theologie auf der einen Seite und
lutherischer und katholischer Ontologie auf der anderen. „Sünde
ist nicht so sehr Abstand von Gott, sondern Widerstand gegen
Gott" (S. 129). „Sünde ist nicht A-Theismus, sondern AntiTheismus
" (ib). Für lutherische sowohl als auch katholische Auffassung
ist es, in Anschluß an Paulus, selbstvertändlich, daß Gott
im „liber naturae aeternus et internus" spricht. Dieses Gottesgespräch
setzt die Annahme voraus, daß der Mensch vor der
Christusoffenbarung etwas i s t. Der Mensch hat eine Formal-
imago, eine Ansprechbarkeit, die zwar kein Wissen um Gottes
Erlösung schafft, aber doch solches Wissen, daß er sein Leben auf
der Erde rationell gestalten kann. Erst wenn der Mensch die
Materialimago durch das Wort Christi wiederbekommt, weiß er
um die erlösende Gnade Gottes. In der katholischen Ontologie
ist es charakteristisch, daß von vornherein die Möglichkeit
zum Synergismus von Natur und Gnade gegeben ist. Die imago
formalis ist selbst schon secundum quid eine imago materialis
und somit als Stütze der Gnade aufgefaßt (S. 137). Die
römisch-katholische analogia-entis-Lehre ist aber nicht als solche
kirchentrennend. Die Grundunterscheidungslehre ist anderswo zu
suchen, nämlich in den „Nebenzentra" (die Kirche, die Tradition,
der Papst, das Lehramt, Maria, die Heiligen usw) (S. 13 8).

Barths Auseinandersetzung mit Rom, vom aktualistischen
Seinsbegriff her, zeigt sich also typisch reformiert in der Betonung
der Distanz zwischen Gott und Mensch. Barths Theologie
kann deshalb nicht als Ausgangspunkt einer evangelischen Auseinandersetzung
mit Rom genommen werden. Sie gibt etwas auf,
was für lutherisches sowohl als auch katholisches, ja sogar biblisches
Denken überhaupt unentbehrlich ist: die Vorstellung nämlich
, die Gott und die Schöpfung als eine Substanz voraussetzt,
die auch vor der Christusoffenbarung und unabhängig von ihr
existiert. Pöhlmann trifft damit den Nerv des gegnerischen theologischen
Ansatzes, den Christomonismus, das Ableiten des Gesetzes
aus dem Evangelium und die christologische Staatsethik.
Durch Pöhlmanns Buch wird Barths theologischer Einsatz nicht
bestritten, aber doch auf angemessene Proportionen reduziert.
Pöhlmanns Auseinandersetzung mit Barth wird sicher für manchen
schmerzhaft, aber nichtsdestoweniger ist sie nützlich und notwendig
, wenn die ökumenische Theologie nicht Halt machen soll
bei Fragen, die in den zwanziger- und dreißiger Jahren in der
kontinentalen Theologie aktuell waren.

Die Arbeit Pöhlmanns ist ein reifes Werk, mit Eleganz und
systematischer Kraft geschrieben, die viel für die Zukunft verspricht
. Er ist abhängig von Joest, und außerdem baut er auf Erfahrungen
, die schon andere früher gemacht haben, z. B. der Barthkritik
Gustaf Wingrens. Schwedische Sekundärliteratur fehlt leider
teilweise in der Darstellung, u. a. B.-E. Benktssons Dissertation
von 1948. Aber der Verfasser hat doch die wichtigste Literatur
erwähnt. Außerdem vermag er, durch Entwickeln einer eigentümlichen
Formelsprache, den Problemen Prägnanz zu verleihen, so
daß Barths Stärke und Schwächen hervortreten.

Die These Pöhlmanns, von der Vereinbarkeit einer analogia
entis mit einer analogia fientis, wird sehr schwer zu widerlegen
sein.

Lund Darid Löfgren

Richardson, Alan, Prof., D.D., Hon. D.D.: History Sacred and
Profane. London: SCM Press [1964]. 328 S. 8° = Bampton Lectures
for 1962. Lw. 35 s.

In einer der Bampton-Lectures in Oxford trug Prof. Richardson
als Bibeltheologe 1962 über das unerschöpfliche Thema der
Geschichte vor. Seine Vorlesungen behandeln im einzelnen

folgende Themen: 1. Die Krisis des 18. Jahrhunderts; 2. Die
beiden Weltsysteme [nb. griechische und hebräisch-biblische
Sicht]; 3. Die Frage nach der historischen Verifikation; 4. Disengagement
von der Historie [Tillich, Brunner, Barth, Bultmann,
„Existentialist Hermeneutics"]; 5. Einbeziehung des Historischen
; 6. Historie und die Wunderfrage; 7. Glaube und Historie;
8. Das Zeugnis der Historie. — Es wurde versucht, die wichtigste
Literatur, die vielfach auch zur Quelle wurde, zu berücksichtigen.
Aber das ist eine für einen einzelnen unlösbare Aufgabe. Die
Darstellung bleibt allgemeinverständlich und will auch keine Spe-
zialforschung bieten. Das Wesentliche ist die Beurteilung der
geistesgeschichtlichen Entwicklung seit Newton bis zur Gegenwart
und die persönliche Meinung des Autors dazu. Eine gewisse
Schematisierung unter dem Gesichtspunkt der beiden gegenübergestellten
Systeme von zeitlos-philosophischer Idee und historisch
-exakter Forschung, wie sie uns ja im Gegenüber von
Alexandria und Antiochia bekannt sind, wird angewendet bei der
Beurteilung der Gegenwart. Darin werden sich nicht alle wiedererkennen
, die hier benannt sind. Auch ist die Quellenbasis, jedenfalls
nach der Bibliographie (S. 296—316), dafür zu selektiv: selbst
wichtige Spezialtitel werden vermißt, z. B. A. Weiser, Glaube und
Geschichte im AT, und an Teilhard de Chardins Evolutionsdenken
sollte man auch nicht vorbeigehen. Für die „existentialistischen"
Hermeneutiker der „nachBultmannschen" Ära ist der Bericht von
James M. Robinson Gewährsmann, nur kurz G. Bornkamm und
E. Fuchs. Da sie Ablehnung erfahren, wäre eine direkte Quelleninterpretation
überzeugender.

Das Buch, mit dem infolge beigegebener Namens- und Sachregister
gut gearbeitet werden kann, wird als Darstellung der
Probleme zum Thema Glaube und Geschichte, Heilsgeschichte
und Profangeschichte, historische Faktizität und Wunder (speziell
in der Auferweckungsfrage) sich selbst gut empfehlen. Die Urteile
des Autors in den Sachen selbst kommen klar und scharf heraus
und dürften die Diskussion voranbringen, selbst wenn die Meinung
des Autors nach Überprüfung der Quellen noch weiter differenziert
werden muß.

Jena Horst Beintker

[Abendmahlsgespräch:] Die Arbeit der Zweiten Kommission
für das Abendmahlsgespräch der EKD (KidZ 21, 1966 S. 184
—187).

The Confession of 1967 (Theology Today 23, 1966 S. 19—30).
Curtis, C. J.: God and the World in Process (dialog 5, 1966 S. 112
—117).

Ford, Lewis S.: The Three Strands of Tillich's Theory of Religious
Symbols (The Journal of Theology 46, 1966 S. 104—130).

Hammelsbeck, Oskar: Krisis des Glaubens als Frage der Philosophie
an die Theologie (KidZ 21, 1966 S. 265—271).

Horn ans, Peter: Transference and Transcendence: Freud and Tillich
on the Nature of Personal Relatedness (The Journal of Religion 46,
1966 S. 148—164).

J ü n g e 1, Eberhard: Das Sakrament — was ist das? (EvTh 26, 1966
S. 320-336).

Lapsley, James N.: Reconciliation, Forgiveness, Lost Contracts (Theology
Today 23, 1966 S. 44— 59).

Oden, Thomas C: Theology and Therapy: A New Look at Bon-
hoeffer (dialog 5, 1966 S. 98—Iii).

bcharlemann, Robert P.: Tillich's Method of Correlation: Two
proposed Revisions (The Journal of Religion 46, 1966 S. 92—103).

Smart, James D.: Scripture and the Confession of 1967 (Theology
Today 23, 1966 S. 31—43).

Smith jr., D. Moody: The Historical Jesus in Paul Tillich's Christo-
logy (The Journal of Theology 46, 1966 S. 131—147).

Smith, Ronald Gregor: Christlicher Glaube und Säkularismus

(ZThK

63, 1966 S. 33—48).

ETHIK

Studia Moralia. I und II. Roma: Editrice Ancora; Roma-Paris^
Tournai-New York: Desclee & Co. [1962/64]. 449 S. u. 336 S. gr. 8° *
Academia Alfonsiana. Institutum Theologiae Moralis. Pontificia Un>'
versitas Lateranensis.

1957 wurde in Rom die Academia Alfonsiana als Institut
für das höhere Studium der Moral- und Pastoraltheologie ge'
gründet und 1960 als Teil der Päpstlichen Lateran-Universität