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Ausgabe:

1966

Spalte:

618-619

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Marcel, Gabriel

Titel/Untertitel:

Die Menschenwürde und ihr existentieller Grund 1966

Rezensent:

Fritzsche, Hans-Georg

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617 Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 8

LITERATURGESCHICHTE
UND CHRISTLICHE DICHTUNG

Christliche Themen in der Literatur der Welt. I: 129 Inhaltsbeschreibungen
deutscher Romane und Novellen der Gegenwart von Ina
Seidel bis Heinrich Boll. II: 103 Inhaltsbeschreibungen ausländischer
Romane und Novellen der Gegenwart von Georges Bernanos bis
Graham Greene. Hamburg: Furche-Verlag [1964/65]. 226 u. 210 S.
kl. 8° = Stundenbücher, 46 u. 49 (Sonderbände). Kart, je DM 4.80.

Der Gedanke, aus dem monumentalen „Romanführer" (hrsg.
von W. Olbrich u. J. Beer unter Mitwirkung v. K. Weitzel im Verlag
A. Hiersemann, Stuttgart, 1952—1964), der bisher 13 starke
Bände umfaßt, „für die Praxis der Bibliothekare, Buchhändler,
Pfarrer und Pädagogen" (so das Vorwort, Bd. I, S. 5) eine handliche
Auswahl herzustellen, ist unbedingt zu begrüßen. Es gibt,
gerade auch für den Theologen, mancherlei Anlässe, die den
Wunsch nach einer leicht greifbaren Orientierungsmöglichkeit in
literarischen Fragen entstehen lassen. Einen Auszug aus einem
umfangreichen Standardwerk unter bestimmter thematischer und
chronologischer Begrenzung zu bieten, ist einer der Wege, die
sich zur Befriedigung eines solchen Bedürfnisses anbieten.

Es ist selbstverständlich, daß eine derartige Taschenbuch-
Ausgabe an den Vorzügen des Originalwerkes — abgesehen von
dem der Vollständigkeit — teil hat, aber auch an seinen Grenzen,
und daß sie darüber hinaus mit der Verlegenheit aller Anthologien
belastet ist, es in keinem Fall allen Leserwünschen recht
machen zu können. Die Vorzüge liegen in dem Bemühen um
konzentrierte, aber doch hinreichend ausführliche Berichterstattung
, in die sich etwa 50 sachkundige Mitarbeiter — meist Bibliothekare
oder Pädagogen — geteilt haben. Es ist eine möglichst
objektive Darstellung angestrebt, die ganz bewußt auf persönliche
Wertungen verzichtet und sich auf die Inhaltsangabe beschränkt
(Bd. I, S. 5). Dabei wird aber „der Versuch gemacht, die
Lebenswelt, die Grundanschauung, von der der Autor sich
tragen läßt, durchscheinen zu lassen" (Bd. I, S. 6). Hinter dieser
so einfach scheinenden Konzeption sind freilich, das ist nicht zu
übersehen, ganze Bündel von Problemen verborgen: Jeder Bericht
über ein literarisches Werk ist zugleich ein Stück Interpretation
und als solches, wenn auch mit noch so viel Zurückhaltung,
Persönlich gefärbt, und daher auch stets Ausdruck einer bestimmten
Wertung. Aber auch davon abgesehen: Schon die Voraussetzung
, daß der nacherzählbare „Inhalt" das Wesentliche am
literarischen Werk darstellt, dürfte heute, in einer Periode formaler
und formalistischer Experimente, nicht unbestritten sein.
Dazu kommt die Schwierigkeit, die im Begriff und der Abgrenzung
der „christlichen Themen" und der Frage liegt, ob sich das für
christliches Denken Interessante nicht gerade abseits jeder im
herkömmlichen Sinn „christlichen" Thematik findet. Wenn man all
dies bedenkt, kann man den Herausgebern und Mitarbeitern und
dem Verlag nur dankbar sein, daß sie sich durch all diese Fragen
und Fragwürdigkeiten, die ihnen gewiß nicht verborgen waren,
nicht abhalten ließen, dieses Werk dem informationsbedürftigen
Leser zur Verfügung zu stellen, der, wenn er alle Vorbelastungen
eines solchen Unternehmens in Anschlag bringt und keine unbilligen
Erwartungen mitbringt, gewiß auf seine Kosten kommen
kann.

Unbillig wäre auch die Forderung einer umfassenderen Auswahl
, so sehr sie sich von der Sache her aufdrängt; hier sind, das
muß eingesehen werden, durch die Publikation in einer Taschenbuchreihe
unüberschreitbare Schranken gesetzt. So ist es durchaus
vertretbar, ja notwendig, daß der Leser Titel, die er in einer
solchen Zusammenstellung zu finden hoffte, vermissen wird. Zu
fragen ist allerdings, ob die Wahl immer ganz sachgerecht ausgefallen
ist; in manchen Fällen lassen sich die Motive schwer erkennen
.

Nur je ein Beispiel aus den beiden Bänden sei herausgegriffen:
Von Kurt Ihlenfeld sind (Bd. I, S. 84—87) die beiden Romane
■.Wintergewitter" (1951) und „Der Kandidat" (1958) aufgenommen; es
fehlt der zweite große Roman „Kommt wieder, Menschenkinder" (1953),
der, wenn schon eine Entscheidung nötig war, noch weniger unerwähnt
bleiben durfte als „Der Kandidat". Ungünstig macht sich hier auch die
Ungleichmäßige Behandlung der Autoren hinsichtlich ergänzender biblio-

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graphischer Notizen bemerkbar, die eine Möglichkeit böte, nicht behandelte
Werke wenigstens zu erwähnen: Bei manchen Autoren fehlen sie
ganz; im Falle Ihlenfelds ist es geradezu irreführend, daß nur ein kleiner
Band aus dem Jahre 1949, aber weder der erwähnte Berlin-Roman noch
das neueste größere erzählerische Werk „Gregors vergebliche Reise"
(1962) zusätzlich genannt ist.

Von den Büchern Thornton Wilders wird nur „Die Brücke
von San Luis Rey" (deutsch 1929) behandelt (Bd. II, S. 206—209). Von
der Thematik her ebenso wichtig ist „Dem Himmel bin ich auserkoren"
(deutsch 193 5), das ebenfalls nicht einmal erwähnt wird.

Es wäre sicher möglich, in diesen und ähnlichen Fällen bei
einer künftigen Auflage ohne großen Aufwand manches auszugleichen
und wenigstens an einzelnen Stellen, u. U. unter Verzicht
auf Entbehrlicheres, gewisse Lücken zu füllen. Wünschenswert
wäre es darum, weil es dazu führen würde, diese beiden Bände,
die schon in der vorliegenden Fassung recht hilfreich sein können,
noch uneingeschränkter benutzbar zu machen.

Leipzig Norbert Müller

Thurneysen, Eduard : Dostojewski. Zürich - Stuttgart: Zwingli-
Verlag [1963]. 104 S. kl. 8°. Kart. sfr. 6.80.

Die erste Auflage (München: Christian Kaiser 1921) war
s. Z. in dieser Zeitschrift von E. Hirsch besprochen worden (THLZ
47, 1922, Sp. 89 f.). Wenn die Dostojevskij-Forschung inzwischen
auch eine Fülle neuer Einsiditen in das Werk des großen Dichters
hat bringen können, so bleibt die Skizze Th. immer noch
interessant, — selbst wenn Dostojevskij bei ihm wie ein genialer
„Links-" (oder Rechts-?) „Außen" einer Barthschen Theologenmannschaft
erscheint.

Halle/Saale Konrad O n a s c h

Baden, Hans Jürgen: Der Mensch ohne Partner. Das Menschenbild in
den Romanen von Max Frisch (Wege zum Menschen 18, 1966 S. 73
—86).

Beckmann, Heinz: Godot oder Hiob. Glaubensfragen in der modernen
Literatur. Hamburg: Furche-Verlag [1965]. 93 S. kl. 8° =
Stundenbuch, 56.

Bohren, Rudolf: „Von dem Blitze eines Gebetes..". Zu Versen von
Nclly Sachs (MPTh 54, 1965 S. 475—480).

Englhardt, Georg: Die lateinische lyrische Mariendichtung im deutschen
Sprachraum von den Anfängen bis zum Barock (MThZ 16,

1965 S. 58—87).

Graf, Olaf: Mönchtum und Mönche in Dantes Divina Commedia

(Erbe und Auftrag 41, 1965 S. 359—373).
H a n s s 1 e r, Bernhard: Dante bleibt aktuell. Freiburg/ßr.: Herder

[1965]. 123 S. kl. 8° = Herder-Bücherei, 235.
Hempel, Johannes: Das Versprechen (ZdZ 19, 1965 S. 313—319).
Jentsch, Werner: Konflikte. Theologische Grundfragen im Werke

von Siegfried Lenz (I) (ZW 37, 1966 S. 174—185).
Lüthi, Max, Röhrich, Lutz, u. Georg Fohrer: Sagen und ihre

Deutung. Mit einem Geleitwort v. W. E. Peuckert. Göttingen: Van-

denhoeck & Ruprecht [1965]. 80 S. 8° = Evangelisches Forum. DM

5.80.

Metz, lohann Baptist: Das religiöse Buch (StZ 176, 90. Jg. 1964/65
S. 713-718).

Schädlich, Michael: Gcschichtslosigkeit als Schicksal? Zu den Romanen
von Max Frisch (ZdZ 20, 1966 S. 98—105).

S c h r ö e r, Henning: Theologische Momente moderner deutscher Literatur
. Ein Bettrag zur Hermeneutik applikativer Theologie (KuD 12,

1966 S. 83—106).

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Marcel, Gabriel: Die Menschenwürde und ihr existentieller Grund.

Übers, v. R. Prinz zur Lippe u. H. Fischer-Barnicol. Frankfurt/M.:
Knecht [1965]. 203 S. 8°. DM 9.80.

Dieser Band enthält eine Reihe von 9 Vorlesungen, die
Marcel im Jahre 1961 an der Harvard-Universität gehalten hat.
Er will in diesen Vorlesungen nicht ein bestimmtes Sachgebiet
erörtern, sondern in den Werdegang seines eigenen Philosophierens
einführen. Mag es manchen zunächst überraschen, wie hier
jemand Literaturgeschichte gewissermaßen über sich selbst liest,
so wird man doch mehr und mehr davon überzeugt, daß es
einfach in der Konsequenz sog. Existenzphilosophie liegt (bei