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Ausgabe:

1966

Spalte:

532-537

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Dokumente des Kirchenkampfes 1966

Rezensent:

Niemöller, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 7

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einer Stelle in der Antwort des Erasmus auf Luthers De servo Reu (D. Martin Luthers Kleiner Katediismus. Die Geschichte seiner

arbitrio zu und zeigt, wie Erasmus Luthers Argumentation an Entstehung, seiner Verbreitung und seines Gebrauchs, München 1929,

dieser Stelle mißverstanden hat. ^ angeführten Ausgaben des Katechismus Krakau 1536 und Brest

. , T1 1554. Sollte es sich hier bei Reu um einen Irrtum handeln? — Gewiß

Den Beziehungen zwischen „Johannes a Lasco und Erasmus Iäßt sich darüber strdten, ob man einen Aufsatz über Pauius und

von Rotterdam geht Oskar B a r t e 1 zusammenfassend nach Luther (N. 212) unter der Rubrik „Luthers Umgebung. Mitarbeiter,

(48-66). Freunde und sonstige Zeitgenossen" suchen wird und nicht eher unter

Sie sind schlaglichtartig allein durch die Tatsache gekennzeichnet, „Luthers Beziehungen zu früheren Strömungen, Gruppen, Persönlich-

daß der polnische Reformator die Bibliothek des Erasmus noch zu dessen keiten und Ereignissen". Aber solche „Unscharfen" wird sicherlich jede

Lebzeiten aufgekauft hat. Durch Erasmus vermittelt ist der ethizistische systematisch geordnete Bibliographie leicht aufzuweisen haben. — Es

Zug in der Theologie a Lascos. Mit a Lascos Weggang aus Polen 1539 wird den Leser neugierig machen, auch einen Titel über die systema-

tritt ein gewisser Abstand zu Erasmus zugunsten eines engeren An- tischen Grundlagen des Nationalsozialismus in einer Luther-Biblio-

schlusses an Calvin ein. Damit ist seine Haltung aber noch nicht voll- graphie erwähnt zu finden (Nr. 322).

ständig beschrieben, zumal da noch Melanchthons Einfluß in Rechnung Als Versehen fiel auf: S. 174 Nr. 482 und 483: nicht „Bericht-

zu stellen ist. So kommt Bartel zu dem für alle Reformatoren der hausen", sondern „Berichthaus".

zweiten Generation in analoger Weise geltenden Schluß: „Es wäre eine K&rner/Thüi, Ernst Koch

dringende Aufgabe, sich mit Lascis Theologie ernsthaft zu befassen." -

„Armenbibel als ,Schmähgemälde' im Schmalkaldischen Elze, Martin: Züge spätmittelalterlicher Frömmigkeit in Luthers Theo-
Krieg" ist ein Aufsatz von Johannes Herrmann betitelt logie (ZThK 62, 1965 S. 381—402).

((,7—73). Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Luthers Konzilstheologic und

t- i i ..r ■ -i .i n i. . ^ , .., .,, die Gegenwart (LM 5, 1966 S. 167—172).

fcr beschattigt sich mit der Ikonographie eines Schmahgemaldes, ,

das sich im Landeshauptarchiv Dresden gefunden hat und das das typo- Kijs, Igor: Luther und Hus (Commumo Viatorum 8, 1965 S. 239

logische Schema der spätmittelalterlichen Armenbibel zur Deutung zeit- —2 50).

geschichtlicher Ereignisse verwendet. Kohls, Ernst-Wilhelm: Das Geburtsjahr des Erasmus (ThZ 22, 1966

Den umfangreichsten Beitrag stellt Robert Dollinger: S. 96—121).

„Sören Kierkegaard und der Protestantismus" (74-130). M ? c ■J e k ' F""2: Hus in Konstanz. Zu einer deutschen Ubersetzung

TI , , , , , „ der Kelatio de Magistro Johanne Hus des Peter von MIadonovic

Unter der Uberschritt „Kierkegaard contra Protestantismus wer- (ZfRGG 18 1966 S 163—170)

den anhand von 10 Thesen die Ursachen und der Inhalt der Kirchen- _ , _ , _, , ... , .,, , r . ,

kritik Kierkegaards untersucht, die sich auf den Nenner bringen ließe: Ku ■ *™st ,?eT}™*: D,e l™,st,Schen Vorbilder der Erziehungs-

Der Protestantismus hat die Diastase gegenüber der Welt verlernt. sdlrlft Zwinglw (ThZ 22, 1966 S. 122-147).
Darauf hat der Protestantismus geantwortet. Seine Antworten werden

von Dollinger in 7 Abschnitten dargestellt und kritisch untersucht unter U I ü C H 17 XIC 17 Q C TJ IC W T 17 XI T7 II 7 17 IT

der Überschrift „Protestantismus contra Sören Kierkegaard". Man hat AI II L< n ß nUßöLiniLin l ß.' i ß V L ß 1 1
im Protestantismus Kierkegaard vielfach als Vorläufer einer dialektischen

Existenztheologie gesehen. Dollinger macht auf eine gewisse Einseitig- Kuhn, Annette: Die Kirche im Ringen mit dem Sozialismus 1803—1848.

keit einer solchen Beurteilung aufmerksam. Einen dritten Abschnitt Eine historische Studie. München-Salzburg: Anton Pustet [1965].

überschreibt Dollinger „Der protestantische Kierkegaard" und stellt 150S. 8°. DM 14.80.

anhand von „Stichproben" Luther und Kierkegaard in ihren Berührungs- . ,. _ , . , , _ , , , ,

punkten gegenüber: Sünde und Schuld, Angst, Einbruch des Evan- _ ln dlesem ,Budl stc*f m<*r «J?.dcrJTlt^L ™

geliums, Glaube, Christus und die Versöhnung, der Heilige Geist als Untertitel, anzudeuten scheint. Die Vf., die ihr Buch Romano

der Tröster, Gnade und Gesetz, Gnade und Nachfolge, das Evangelium Guardini gewidmet hat, erzählt nicht historische Begebenheiten,

des Leidens, das Freiwillige. Den Dienst, den der Däne dem Protestan- sondern bietet eine ansprechende geistesgeschichtliche Unter-

tismus getan hat, faßt Dollinger wie folgt zusammen: „In einem Ge- suchung in der Form von Begriffswandlungen. Sie geht dabei aus

schlecht, dessen Bibelglaube zu einer allgemeinen Gläubigkeit an Gott, von dem Jahre 1803, der Auflösung der geistlichen Fürstentümer

Tugend und Unsterblichkeit verflüchtigt war, dessen Ethik sich in die Deutschlands, womit für sie der Prozeß der Säkularisierung des

Imperative zusammenfaßte: Tue recht und scheue niemand, dessen Staatsdenkens auf den Höhepunkt gelangte und mit dem Ende

Gleichschaltung mit der Welt überall mit Händen zu greifen war, hat des Reiches« seinen Abschluß fand. Das Ende einer alten Ord-

dieser einsame Kampfer die Kategorien des Neuen Testaments hervor- ,. , , , ,. _ . .

geholt und dem Geschlecht, das sich Gottes nach Art einer mathe- ™**> dle a,uch durch die Restaurationspolitik nach 1815 kerne

matischen Rechnung versichern zu können meinte, erklärt: Der höchste Wiedererstehung erfuhr, fiel zusammen mit dem Fragen naen

religiöse Akt ist: Vor Gott nichts werden" (129). Und unter den einer neuen Gesellschaft, wie sie mit dem Stichwort Sozialismus

Schlußfragen des Autors heißt es: „Müßte nicht auch der Protestantismus gekennzeichnet war. An sorgfältig ausgesuchten Beispielen aus

Buße tun beim Gedanken an diesen außerordentlichen Sturmvogel der der theologisch-kirchlichen Literatur wird die Auseinandersetzung

Kirchengeschichte?" (130). mit Begriffen wie christlich-sozial, aber auch der Deutung dessen,

Den in bewährter Weise gründlichen Buchbesprechungen was Kirche in der neuen Gesellschaft zu sein habe, aufgezeigt-

folgen knappe Literaturinformationen, für die der Herausgeber Die wesentlichen Sprecher beider Konfessionen kommen zu Wort.

zeichnet, und die wichtige und für die Arbeit an Luther inzwischen Obwohl die Darstellung mit dem Jahre 1848 abbricht, empfindet

schwer entbehrlich gewordene Luther-Bibliographie. Sie vereinigt der Leser doch, daß er an Gegenwartsfragen herangeführt wurde-

643 Nummern, hinzu kommen nachträgliche Rezensionen in den Denn wer möchte der Vf. nicht zustimmen, wenn sie meint, da»

verschiedensten Zeitschriften. die Beantwortung vieler Fragen für die Kirche noch in der Zu-

„Eine kleine Kostbarkeit" nennt der Herausgeber im Vor- kunft lieSe? Sie könnten nur von einer Theologie beantwortet

wort die Bibliographie der polnischen Luther-Literatur 1530- werden, welche die Forderungen der sozialen Revolution als

1962, bearbeitet von Janusz Narzynski. gerechte Anklage gegen die sich christlich nennende Gesellschaft

Sie umfaßt 325 Nummern. In ihr sind nicht nur in Polen erschie- anerkennt. Denn dann wäre es möglich, „auch in der Demokratie

nene oder in polnischer Sprache verfaßte Veröffentlichungen enthalten, eine Ordnung ,von Gottes Gnaden' zu sehen",

sondern audi Titel wie Th. Wotschkes Geschichte der Reformation in Berlin Karl Kupiscb
Polen, Leipzig 1911, und Karl Völkers Kirchengeschichte Polens, Berlin

1930. Aber auch die Gesamtausgabe der Werke von Stanislaw Hosius, Schmidt, Kurt Dietrich: Dokumente des Kirchenkampfes. D: D|e

Köln 1584, ist verzeichnet. Der Leser erfährt aus der Bibliographie von Zdt des Reichskirchenausschusses 1935-1937. I.Teil: 1935 b'5

mindestens 117 verschiedenen Ausgaben des Kleinen Katechismus in 28. Mai 1936. II. Teil: 29. Mai 1936 bis Ende Februar 1937. Unter

polnischer Sprache zwischen 1530/31 und 1962, wobei auch die Häufig- Mitarb. von C.-H. Fei Icke u. H.-J. Reese hrsg. Göttingen:

keitsstreuung der Erscheinungsjahre interessant ist. Bedenkt man, daß Vnndenhoeck & Ruprecht 1964/65 XL, 724 S. u. XVI, S. 725-13«3-

diese Zahl in 150 Nummern enthalten ist, die Ausgaben und Uber- grt go = Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, hrsg. v-

Setzungen der Werke Luthers sowie der biographischen Quellen bieten, jj ^m^ti j 3 u 14 pM 67.— u. DM 59.—.

so wird daraus einerseits die Bedeutung und Einschätzung des Kleinen _.. „ iiri ,r j der

Katechismus erkennbar, andererseits aber auch die Tatsache, welch Zu den letzten Freuden, die dem früheren Vorsitzenden u

geringer Bruchteil des Gesamtwerkes Luthers in polnischer Sprache zu- Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland für die vj

gänglich ist. Nicht erwähnt in dieser Bibliographie sind die von Michael schichte des Kirchenkampfes vor seinem Tode am 27. Juli *9