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Ausgabe: | 1966 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Allgemeines |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 7
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KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE
Leder, Klaus: Universität Altdorf. Zur Theologie der Aufklärung in
Franken. Die theologische Fakultät in Altdorf 1750—1809. Nürnberg:
Spindler 1965. XII, 396 S. 34 Abb., 1 Taf. 8° = Schriftenreihe d.
Altnürnberger Landschaft, hrsg. v. F. Schnelbögl, XIV.
Klaus Leders aus einer theologischen Promotionsarbeit entstandenes
Buch bietet eine gewinnreiche Führung durch die Geschichte
der Theologischen Fakultät der reichsstädtisch nürnbergischen
Universität Altdorf von 1750 bis zur Mediatisierung der
Reichsstadt 1806 und zur Auflösung der Universität 1809 mit
umfassenden Ausblicken auf die Theologiegeschichte und die allgemeine
Geistesgeschichte Deutschlands und auf die politische
Geschichte Nürnbergs in diesem Zeitraum. Auf 366 Seiten legt
der Verfasser das beachtliche Ergebnis eines (beneidenswert
langen) Studienurlaubs vor, den er zu gründlicher und weitausholender
Quellenforschung und zu kritischer Musterung reicher
Literaturbestände benützt hat. Was sich ihm an Fakten bot, hat
er in besonnener Beurteilung und einfühlender Kombination
ausgewertet und in lebendiger, mitunter fast zu bildhafter Sprache
klar dargelegt. Nicht unwesentlich erleichtert wird die Lektüre
durch einen gut gewählten Satzspiegel und durch eingestreute
Bildbeigaben, wofür auch dem Herausgeber und dem Verlag Dank
gebührt.
Freilich muß, ehe auf den Inhalt eingegangen wird, noch ein
Wort über den Buchtitel gesagt werden. Das eigentliche Thema
erscheint erst als zweiter Untertitel, während der Kopf etwas gar
zu anspruchsvoll wirkt. — Eingangs bietet Leder als Grundlage
für das Verständnis der biographischen und der eingestreuten
monographischen Abschnitte einen Überblick über die Geschichte
der Universität A. von 1575 bis 1750 und Hinweise auf die
Organisation und Struktur der theologischen Fakultät. Hier und
weiterhin bleibt stets die Philosophische Fak. mit im Blickfeld,
weil sie für die Theologen besonders bedeutsam war, wurde doch
z. B. die Exegese des Alten Testaments in ihrem Rahmen geboten.
Die Geschichte der Theologischen Fakultät findet der Leser geschickterweise
nicht nur chronologisch nach den Daten der Professorenberufungen
behandelt, sondern theologie- und geistesgeschichtlich
verankert. In allen Abschnitten schwingt das Sichhineinleben
des Berichterstatters und das Bemühen um Mitlesen
und Mithören mit den Augen und Ohren der Zeitgenossen wohltuend
mit. Doch wahrt Leder den nötigen Abstand, um aus der
Fülle des durchgearbeiteten Materials, das in einem reichen Anmerkungsapparat
vorgestellt wird, unaufdringlich den Stoff auszuwählen
, dessen Relevanz für die Gegenwart jeweils besonders
deutlich ist. So geht es fast durchweg zugleich um Geschichte und
um Anregungen für Theologie, kirchliches Leben (und Finanz-
und Kulturpolitik) unserer Zeit. So kann der Leser sich etwa besinnen
, welche segensreiche Bedeutung die Altdorfer (und nicht
nur Altdorfer) Koppelung von Lehrstuhl und Gemeindepfarramt
für Forschung und Lehrtätigkeit hatte, oder was Einzelbeichte,
Gesangbuch, Gottesdienstordnung für das kirchliche Leben bedeuten
.
Aus der langen Reihe der zur Verhandlung kommenden
Professoren seien wenigstens die besonders ins Licht gerückten
Gestalten herausgegriffen. Beim Studium der Abhandlungen
Leders über diese Persönlichkeiten wird einen allenfalls die mitunter
gar zu apodiktische Beurteilung befremden. Auch der gründlichste
und allen Hinweisen folgende Forscher kann ja doch nie
alle entscheidenden Einflüsse und Motive erhellen. Johann
Bartholomäus Riede rer (Altdorf 1752—1771) bringt als
erster Altdorfer Professor seine Werke deutsch heraus, da er, der
Aufklärung nahestehend, die Forschungsergebnisse auch den
Nichtakademikern zugutekommen lassen will. Seine historisch-
kritische Arbeit am Alten Testament und sein Interesse an geschichtlichem
Zusammenhang und an der Entwicklung werden
herausgestellt. Leder ordnet ihn als „vernünftigen Orthodoxen"
ein, der schon nahe an die Neologie heran kommt, und meint,
Riederers Anregungen führten, durch die Romantik vertieft, zur
Geschichtsschreibung des 19. Jahrhdts. Johann August D i e t e 1 -
maier (Altdorf 1746-1785) wird vor allem für seine Verdienste
um das exegetische Seminar und um die Pastoraltheologie
gewürdigt. Leider ist in diesem Referat kein Raum, um Dietel-
maier und Leders Forschung über D. genügend herauszuarbeiten,
z. B. die Stellung zu Liturgie und Einzelbeichte. Nur die Klage
des Professors und Pfarrers über die Ausklammerung der Christo-
logie aus der landläufigen Theologie seiner Zeit (S. 115) sei mit
einem eigenen Dank erwähnt. Etwa achtzig Seiten sind J. Chr.
Döderlein (Altd. 1773-1782) gewidmet. Er gibt Leder
Gelegenheit zu einer tiefschürfenden Besprechung der Neologie,
die (in der L. auch sonst naheliegenden Weise in drei Stufen
gegliedert) in ihrer Gesamtentwicklung entfaltet wird. Ausgezeichnet
klare Information bietet das Resümee über die Anti-
fragmente (S. 201-203). Bei Chr. G. J u n g e (A. 1782-1793)
kommt vor allem dessen Gesangbuch- und Agendenreform und
die Schulbucharbeit zur Sprache. Dann folgt J. Philipp Gabler
(A. 1787—1804), der nicht, wie üblich, für den Rationalismus,
sondern für die Neologie in Anspruch genommen wird. Soviel
Interessantes dieser Abschnitt enthält, so möchte man doch die
Auslegung der Verklärung Jesu nicht nur erwähnt, sondern auch
dargestellt sehen, zumal sie auf den ersten Blick nicht ganz zu
Leders Konzeption zu stimmen scheint. (Vergl. D. G. Thomasius,
Das Wiedererwachen des evangelischen Lebens in der luth. Kirche
Bayerns, Erlangen 1867, S. 28—30.) Ob man sagen darf, Gabler
habe für die Erweckungsbewegung den Boden bereitet, erscheint
doch wohl wenigstens in dieser Formulierung als fragwürdig.
Auch an anderen Stellen (S. 160, 318) sind Wesen und Geschichte
der Erweckungsbewegung zu sehr vereinfacht. Doch ändert das
nichts an dem Gesamturteil über die Arbeit, die den Leser bereichert
entläßt und manchen Ansatz und etliche Anregung für
weitere Forschung bietet.
Einige Anfragen: S. 15 wird von der Tradierung der
„Theologie der Reformation" durch die reichsstädtische Theologische
Fakultät Altdorf gesprochen. In diesem Zusammenhang sollte dringend
auf die von 1585—1806 für Pfarrer und Lehrer gültige Bekenntnisverpflichtung
eingegangen werden (Decretum Norimbergense vom
19.4.1577 als abschließende Formulierung). Wenn weiter S. 18 und
wiederholt der Verf. meint, die Promotion der Professoren sei wegen
des Dekanats so dringlich gefordert worden, so wäre dies dahin zu ergänzen
, daß die Forderung der Promotionsrechte und die Würde der
Universität als solcher überhaupt Doctores als Lehrer erforderlich
machte. — Der bloße Hinweis auf die vom Verf. eingesehenen Handschriften
stört häufig die Arbeit an dem so gründlich ausgearbeiteten
Buch. Eine Inhaltsangabe oder der Verweis auf Stellen der Literatur, wo
die entsprechenden Passagen abgedruckt sind, wäre (besonders in Teil D
mehr als eine bloße Freundlichkeit gegenüber dem Leser. — Auch mrt
der Bemerkung, eine Quelle sei verloren, wird man nicht ohne weiteres
einverstanden sein. Wie oft finden sich überraschend doch einmal verschollene
Schriftstücke (zu S. 1, Anm. 3, und S. 14, Anm. 22). — Warum
finden wir auf S. 47 ganzseitig ein Stück aus dem Universitätsprivileg
von 1697, das verhältnismäßig wenig besagt, statt des Passus über die
Promotion? (ordinationes facere ist ja etwas anderes.) — S. 134 ff und
S. 159 wurde jeweils der Verweis auf die Ergänzung übersehen. Wünschenswert
wäre der Hinweis auf die Annahme des Kerns der Schrift als
Dissertation. Denn daraus ergibt sich der Gesamtcharakter des Buches.
Auch für die wissenschaftliche Einordnung hat diese Tatsache ihre Bc
deutung.
Altenfurt Siegfried Frh. t. Scheu rl
Kohlstedt, Georg: Die Benediktinerpropstei und das später*
Kollegiatstift Großburschla an der Werra (9. lahrhundert bis 1650/-
Leipzig: St. Benno-Verlag [1965]. 139 S., 4 Taf. 8° = Studien *
katholischen Bistums- und Klosterge3chichte, hrsg. v. H. Hoffmann *
F. P. Sonntag, 9.
Müller, Gerhard: Eine dogmengeschichtliche Quellenedition (TnK
N. F. 31, 1966 S. 156—160).
Wittram, Reinhard: Möglichkeiten und Grenzen der Geschieht^'
Wissenschaft in der Gegenwart (ZThK 62, 1965 S. 430—457).
KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE
Hornschuh, Manfred: Studien zur Epistula Apostolorum. Berlinde
Gruyter 1965. VII, 136 S. gr. 8° = Patristische Texte und Studien,
hrsg. v. K.Aland u. W. Schncemelcher, 5. Lw. DM 38.—.
Der an der Neubearbeitung des Hennecke beteiligte Ver'
fasser hat die Epistula Apostolorum, die schon in seiner ^sse[
tation eine wichtige Rolle gespielt hat, zum Gegenstand gründ'