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Ausgabe:

1966

Spalte:

457-459

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Echternach, Helmut

Titel/Untertitel:

Theozentrische Existenz 1966

Rezensent:

Hummel, Gert

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 6

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bringt viel Aussprache eines frommen Herzens mit Gott und führt menides), läßt damit eine Wirklichkeit oberhalb des Erkennens

zur ausreifenden „Action" hin. Dem Leser aber fällt die Arbeit bestehen und bleibt offen für die Offenbarung aus der Transzen-

nicht leicht, denn er muß zu viele Quälerei mit Seelen- und Be- denz. Erkennen ist hier werthaftes Geschehen, das über den

rufshcmmung verkraften, bevor er den Autor zu vorläufigen und Menschen verfügt, nicht umgekehrt.

gelegentlich auch endgültigen Zielen begleiten kann. Ein Bericht, Dem Aufriß dieser beiden Grundrichtungen läßt der Ver-
der einen zutreffenden Eindruck vom Charakter dieses Textes fasser eine kurze Geschichte der abendländischen Philosophie
gibt, dürfte kaum möglich sein. Wie viele Aphorismen, oft ohne folgen, die er aus der „Polarität des jonischen und des eleatischen
erkennbaren übergreifenden Zusammenhang, nicht selten ohne Seins- und Erkenntnisbegriffs, ihrer wechselseitigen Durchdrin-
Auftrieb zur Höhe! Vergleiche, die Balthasar mit Augustin und gung und Verdrängung" (S. 17) versteht. Dabei mündet die
Kierkegaard ziehen möchte, überzeugen ihn selbst nicht. Das Buch jonische Konzeption in den Humanismus ein. Jonisch-humanisti-
ist natürlich für den Biographen von Wert, darüber hinaus kann sdaes Denken ist somit gekennzeichnet durch die Blindheit gegenes
vielleicht als Andachts- und Meditationshilfe genutzt werden, über der Objektivität und Gegenständlichkeit des Transzendenten,
soweit ein Leser festeren Kontakt mit dem Seelenleben Blondels gegenüber der Geschichte und gegenüber den Werten und Tradi-
gewinnen sollte. Das aber wird Ausnahme bleiben, während das tionen. Es läßt darum nur „bürgerliches" Dasein des Menschen zu,
bestens ausgestattete Buch gewiß die Erwartung einer großen keine „Ek-sistenz" als das Hinausstehen ins Transzendente (S.
Lesergemeinde enttäuschen wird. Denn die „Action" ist aus sich 40 ff). Nach dem „apokalyptischen Gesetz des Geschichtsverlaufs"
heraus so verständlich, daß sie durch das Tagebuch mehr ver- führt dieses Denken über den Rationalismus, Idealismus und Posi-
dunkelt als erhellt werden könnte. Der Vorwurf des Modernismus tivismus zum Nihilismus als seiner letzten apokalyptischen Stufe
'st seit fünfzig Jahren verstummt. Das Spätwerk aber dürfte in (g 49). Demgegenüber verbindet sich die eleatische Philosophie
diesen frühen Tagebuchblättern überhaupt nicht vorbereitet sein. mjt der platonischen Ideenlehre zur Bejahung der Objektivität des
Von allgemeinem und bleibendem Wert ist der Anhang, nämlich Transzendenten, zum Bekenntnis der Selbstcrschließung des Seins
eine autobiographische Skizze aus dem Jahre 1893. Hier begegnet im Denken und damit zum Tatsachenglauben. Auch diese Linie be-
man in scharfformulierten Sätzen dem Programm des Denkers, sjtzt jm Mittelalter ihre Vertreter (Augustin, Anselm) und bricht
wofür wir ein Beispiel bieten: „Ich möchte im Namen der Ver- vor aiiem in der idealistischen Philososphie bei Fichte wieder
"unft selbst und im übernatürlichen Interesse der Seelen auf durch, um über Hegel und Kierkegaard ins 20. Jahrhundert zu
Menschen einwirken, die denken und sich selbst nach ihren Ideen führen. Ihr Endpunkt ist nach dem apokalyptischen Gesetz der
2" lenken trachten. Mein Ehrgeiz ist, zu erweisen, daß der Mensch, Radikalisierung freilich die absolute, existentielle Forderung, die
der seinem Wunsch nach Unabhängigkeit bis zum Ende treu bleibt, den Wertcharakter des Seins aufhebt, weil sie letztlich „ebenso
sich Gott unterwerfen muß, daß die höchste Anstrengung seiner radikal wie leer" ist (S. 5 5).

Natur im Geständnis besteht, etwas, das ihn übersteigt, zu brau- ßei(je Denkübungen haben nach Meinung des Verfassers ihre

*en, und daß sein Eigenwille ihn hindert, zu seinem wahren Wahrheitsmomente. Sie zu verwirklichen ist aber nicht das philo-

Willen zu gelangen" (5 80). Daneben ein Zitat aus „Lexikon für sophische Denken, sondern nur die Theologie in der Lage, welche

Theologie und Kirche"2, II 5 34: „Wie kein anderer hat Blondel dje beiden entgegengesetzten Ontologien und Gnoseologien zur

die wechselseitige Durchdringung von Religion und Philosophie Synthese" verbindet (S. 69), wobei sie mehr verborgen-automa-

auf der Ebene der Geschichte und der menschlichen Freiheit durch- ^ ;m S{me ejnes regulierenden Prinzips, denn als tätiges

dacht. Darin ist er ein bahnbrechender Religionsphilosoph unserer untcrnehmen wirkt. Das heißt: Theologie verwirklicht zugleich

Zeit." Das könnte durch manches Tagebuchblatt verdunkelt er- ^ ^m Menschen gegenüberstehende „Objektivität" des Seins

scheinen, aber dann täte es einen unliebsamen Dienst. und dessen werthaft-fordernden Charakter. Der Verfasser zeigt

Rostock Gottfried Holt» nun zuerstj wie in der Gegenwart die Objektivität des Seins von

D .. , , der „Existentialphilosophie" (S. 72) und ihren theologischen Ab-

Bergenthal, Ferdinand: Der dialektische Materialismus und der ^ idealistischen Element in der Theologie (dem

Ruf nach der Wahrheit (Wissenschaft und Wc,she,t 29, 1966 J^^^^ g 7g) und y0„ der kritischen Bestreitung der

u ' 41)- „ , % - ,., . . , _ ,, ,., , .... Heilstatsachen in Frage gestellt und negiert wird. Demgegenüber

enwmu u,n ' °ie Ph,1?°Ph,'ä? Problematlk der rellgl°' fordert er, daß die Kirche als die „gegenwärtige Vollendung", als

H I I ,Wl,rk,lc,lke,t 'VT S- 7 j L w.- « n das „himmlische Jerusalem" auf Erden erkannt werde und „objek-

" u b b e 1 i n g , H. G., Dr.: Inleiding tot het denken van Wittgenstein. ^ Lehra en mit dem Anspruch voller Richtigkeit" ausspreche

Assen Amsterdam-Rotterdam: Born [19651. 96 S. kl. 8 - Denkers. (g Erkenntnis> Apologetik und Didaktik seien das Wesen

H°ofdflguren van het Mensdijk Denken, 8. dieser lehramtlichen Objektivität. Sachlich gehe es dabei um die

F- ' V 1 e ' R R': Der Nominalismus als Stimulans der Philosophie. £ f j des Gottesw0rts der Bibel, das inspiriert und inkarniert

*™ Betrag zur Rehabilitierung des nominahst.schen Denkansntzes ^ ^ ^ ^ antwortende Bekenntnis auf dieses Wort

Sch„k ,T n ■ j r o r. c ■( , ka" u (S. 110 ff) und letztlich in dem allen um Interpretation (S. 151).

Ü [lY«l^ ÄS' Theologie ist für den Verfasser also „kirchliche Wissenschaft', sie

Sri,,/ , , 7 30nae" hat ungescheut mit einem „sacnficium intellectus ans Werk zu

EvaJ ' v ^3'ter: ?Cr, Ncu,P,atc,nlcsm,U,S' a0usgcWAMt„U- UACrS' gehen (S. 153), denn sie redet, wie die Kirche selbst, am eigent-

P Sf* ÄS fixten im Hymnus (S 160). Nur wenn die Theo^^n W?

w- Schultz, 9 geht, wird sie — mit der Kirche — aus der „Krise der humanistischen
Wissenschaft" herausfinden, in die sie geraten ist.

S V S T F M A T l S C H F THEOLOGIE Worauf der Verfasser mit dieser Studie hinzielt, bleibt dem

J Leser nicht verborgen. Gegenüber den nach seiner Ansicht ins

Ec hernach, Helmut- Theozentrische Existenz. Theologie in der Leere (des Nihilismus oder Existentialismus) abgeglittenen theo-

Krise der humanistischen Wissenschaft. Witten: Luther-Verlag 1065. logischen Richtungen der Gegenwart mochte er wieder konkreten,

166 S. 8° = Glaube und Lehre, 6. festen Boden unter den Füßen gewinnen. Und dieser besteht für

n Die vorliegende Studie nimmt einen weiten Anmarschweg. ihn in der anbetenden Kirche, in einer kirchlichen Theologie, ja,

D" Verfasser setzt bei den beiS nach seiner Ansicht grundlegen- in einem kirchlichen Lehramt Hier auf diesem Boden ist „theo-

d!" griechische, Denk tagender „jonischen" und der „eleati- zentrische Existenz" möglich. So einfach dies klingt diese Konzep-

£«T Philosophie ci, Dabei zdchne er die jonische Philosophie tion enthält eine Fülle ungeklärter Fragen. Sie setzen schon be.

(H"aklit) drinwdLa«TteSi gegenüber dem Mythos. der Kennzeichnung der beiden grafischen Grundrichtungen des

Wel*e das Erkenn* ve .äbsolutiert und selbst im Skeptizismus Denkens ein. die so woh kaum durchzuhalten sind Kann eine

end«. indem sie d Kausa it t zu Erklärung des Seins heran- Interpretation von Herakht einerseits und Parmenides anderer-

J** und den Seü ere gn n damit keine letzte Wirklichkeit seits nicht auch entgegengesetzt ausfallen? Und ob Plato so em-

mch/ ^"gesteht. A d andern Seite beginnt die eleatiscbe Philo- seitig mit den Eleaten verbunden ist, erscheint dodi unwahrscW

S°Phie mit einer Besilung üb r den Vorgang des Denkens (Par- lieh. Vielleicht hängt manches auch am M,ßverständn,s der hier