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Ausgabe: | 1966 |
Spalte: | 453-454 |
Kategorie: | Philosophie, Religionsphilosophie |
Autor/Hrsg.: | Meyer, Hans |
Titel/Untertitel: | Martin Heidegger und Thomas von Aquin 1966 |
Rezensent: | Fritzsche, Hans-Georg |
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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 6
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Blick auf das kirchliche Erbe, das hier und dort bewahrt wird, das matischen Ring der philosophia perennis nicht durchbricht, sondern
Wort geredet wäre. ihn nur verzieht und zerbricht.
Die dritte Session des 2. Vatikanischen Konzils hat inzwischen Kern des Buches sind Konfrontierungen: Die Grundgedanken
stattgefunden. Von daher gesehen scheint manches wieder in Frage und -thesen Heideggers werden vorgeführt (zugleich eine sehr zu
gestellt zu sein, was katholicherseits in diesem Band, der auf die bei- empfehlende Einführung in Heideggers Denken bzw. Reden), als-
den ersten Sessionen ausgerichtet ist, entwickelt wurde. Aber man dann auf Entsprechendes und Analoges bei Thomas aufmerksam
kann trotz aller Rückschläge der Zuversicht sein, daß die Grund- gemacht (hierbei allerdings etwas viel Abschweifungen und reines
linie, die in diesem sehr lesenswerten Buch erscheint, eingehalten Informieren, was mehr Belesenheit in der Scholastik demonstriert
weiden wird, selbst dann, wenn die Verlautbarungen des Konzils als Hilfestellung gewährt), und dann wird sehr genau gemessen,
nicht mit der aufgebrochenen Vitalität der Erneuerung Schritt wie weit Thomas zugestimmt und von wo ab er widersprochen
halten sollten, übrigens einer Erneuerung, die stets eine Heraus- hätte. — Daß beide Denker doch weiter auseinanderstehen, als M.
forderung an alle christlichen Kirchen der Welt bleibt, unter denen voraussetzen möchte (2), wird im Verlaufe der Konfrontierungen
Hingabe an die Erneuerung, die der Heilige Geist schenkt, sowohl daran deutlich, daß viele dieser Konfrontierungen viel zu grob
wie ein sich ihr Entziehen, ebensosehr zu bemerken sind. sind, um eine spezifische (nicht nur typische) Differenz,
Bossey-Celigny b.Genf Hans Heinrich Wolf d. h. den Gegensatz gerade dieser beiden Denker, zum Ausdruck zu
bringen. Oft erscheint Thomas nur als Repräsentant des gesunden
Achaval, H. M. de: La „Apologia" de Newman (Stromata 21, 1966 Menschen- bzw. normalen Philosophenverstandes, der die Ein-
S. 449—482). seitigkeiten in die rechten Proportionen rückt, das Verkehrte vom
Ali visa tos, Hamilcar: Orthodoxe Grundforderungen gegenüber Kopf auf die Füße stellt und Heideggers wunderlichen Formulie-
der katholischen Kirche? (Concilium 2, 1966 S. 259-262). rungen teils verstehend zunickt, teils - sie wörtlich nehmend -
Bea, Augustinus: Die Kirche und die Religionsfreiheit (StZ 177, ihnen die beanspruchte „Nennkraft des Sagens" bestreitet.
91 Jg. 1966 S. 241—252). Das beeinträchtigt aber keineswegs den sachlichen und philo-
tvdomikov .Paul: Welches sind die Hauptanliegen der orthodoxen sophisdlen Wert des Buchcs v011 Meyer) das eigentlich kein
Kirche gegenüber der katholischen Kirche? (Concilium 2, 1966 5. 263 D , . , , , , , , j
—268) lhomas-Bucn ist, sondern eine sehr belehrende Vorrechnung einer
v ■■ ' ... _ „,,.,. , „ i j j- i i langen Liste von Dingen, die man dem Freiburger Philosophen
Kippers, Werner: Das II. Vatikanische Konzil und die Lehre von " . , ,. , . £ j. „ i___r < i • i_ j
ri..rV- x. nv-r ** • c *a co nun wirklich nicht auf die Dauer .abnehmen kann, wie besonders:
Oer Kirche (IKZ 56, 1966 S. 48—58). , „ .. _ . , . , , , , , . .. ...
I : i . . _ „ . . , „, , .... daß die Zeit als solche und nicht das, was in ihr geschieht,
'-'Cntenbcrg.J.P.: Contenu et portee de la Declaration conciliaire ,. „, ,t , ,,,, joii-j m i i ^i. ■« ni
«in, i,- i c cm n d xu- i n-r c -i->c 1JO die Welt autspannt (54); daß Heideggers Wahrheitsbcgrift (Lln-
s"r les Juifs (Nouvelle Revue Thcologique 97, 1966 S>. 225—248). . i . i i . V j TT, »i , s . .
M. „ , r . , „« ,, . „.(1_, , Verborgenheit, a-letheia) den traditionellen (adaequatio rei et
,vl a s s o n , J.: ,,Fonction missionaire de I Eglisc . Rctlexions sur le . „ " . ,, . . ., . ,,
Decret „Ad Gentes" de Vatican II (Nouvelle Revue Thcologique 98, ersetzen solle, statt eine jeweils sinnvol c Me-
1966 S. 249—272). thode (Verdeckungstendenzen, Verstellungen abzubauen) oder
Bühlen, Heribert: Neuorientierung und Krise der Mariologie in den einen gewissen bleibenden Wert vorrationalen Erkennens wie in
Aussagen des Vaticanum II (Catholica 20, 1966 S. 19-53). .Stimmungen zu bezeichnen; daß überhaupt logisches Denken in
°'Hanlon, Daniel: Was können wir Katholiken von den freien der Philosophie durch eine Art Hautsehen aller Kontaktstellen zur
Kirchen lernen? (Concilium 2, 1966 S. 278-282). Umwelt zu überbieten sei; daß in der Sprache das Sein selber
Schauerte, Heinrich: Die katholische Kirche in den nordischen spricht, ja daß „kein Ding ist, wo das Wort, d. h. der Name fehlt",
Ländern (ThGl 1966 S. 169—179). mithin das Wort erst dem Ding das Sein erschafft (s. S. 140). Mit
SPuler, Berthold: Die orthodoxen Kirchen LH (IKZ 56, 1966 vjel benannten heutigen Kritikern an Heidegger kommt Meyer
S. 1—26). überein, daß „Sprachanalysen kein hinreichender Zugang zur Meta-
S > « k e m e i c r, Eduard: Bemerkungen zu Xavier Rynnes „Briefe aus Physik" (137) sind, da jedes Symbol vieldeutig ist, wie überhaupt
dem Vatikan" (Catholica 20, 1966 S. 79—82). das Seiende noch nicht das Sein s o 11 e n d e ist und die Dimcn-
Vi"n, Valdo: Die Rückwirkung des Konzils auf die Beziehungen s<°n des Soseins und Wesens (der Werte) nicht von der des Dazwischen
Protestanten und Katholiken in Italien unter besonderer seins und Existiercns verschlungen werden dürfe; ferner: daß bei
Berücksichtigung der Lage im Unterrichtswesen (Die evangelische Dia- der Analyse der Grundbefindlichkeiten des menschlichen Daseins
sPora 36, 1966 S. 155—163). nicht alles auf die „Angst" (die von konkreter Furcht doch kaum
zu unterscheiden sei) abgestellt werden kann, sondern auch die
PHILOSOPHIE VND REL1GI0NSPH1L0S0PHIE freudigen< gehobenen erfüllenden Stimmungen bedacht werden
müssen (Bollnow) und daß wirkliches Verstehen des beins von
M c v p r u .. ., jtu_______ un_ j__ dem existentialen Egozentrismus abkommen muß, Menschheits-
* ' er, Hans: Martin Heidegger und Thomas von Aquin. München- ... 6 _ ... .___. , „
Paderborn-Wien: Schöningh 1964. VII, 154 S. gr. 8°. Lw. DM 12.80. geschiente = Welt- bzw Seinsgeschichte zu setzen (153) lind alle
r _,, . _ . . , kategorialen Unterscheidungen nur aus dem engen Blickwinkel
uen umstrittenen, Dichten und Denken verwebenden. Philo- •«,., . J" ...r , , ff,. , c ,
sophor, ki i, u __ menschlicher Daseinsbewaltigung und wissenschaftliches Erkennen
^"ei Martin Heidceccr am nüchtern rationalen Argumen- i,,. D e , .,, . ,
tieren a -T-i "tIut«SY __• nur um menschlichen „Bcsorgens willen gelten zu lassen.
wen des Xhomai von Aquin zu messen, wird mancher als an . 6 6
Heldeggerj Intentionen und Intuitionen vorbeigehend von sich , Em Buch das - mit Thomas - vom Ganzen her alles Einzelne
we'sen, aber letztlich nur der, der von der Magic des Heidegger- (und hierbei den Menschen) begreifen will, statt von einem Verden
Kultes mit dem Seinsbegriff völlig gefangen ist und sich dem meintlichen archimedischen nov her sich das Recht zu erborgen,
Anspruch des .Weisen', von Plato bis Nietzsche liege die abend- das von einer weitreichenden Tradition wissenschaftlicher (— ob-
ar>dischc Philosophiegeschicht'e in Seinsvergessenheit, .hörig' jektiver und theoretischer) Weltbetrachtung zum Thema .Sein'
j'eugt. Dem gegenüber ist Meyers Buch eine heilsame Entmytho- Erarbeitete sich als belanglos und Verfehlung des Themas hinstellen
8'sierung. Es gibt sogar zu verstehen, daß man die Leistungen zu lassen,
j?? Scheler oder besonders Nicolai Hartmann über Heideggers Berlin Hans-GeorgFritz»ehe
'' " , a,T|cntalontoIogie", deren faktische Wirksamkeit man gewiß
"Paktieren muß, stellen sollte (15 3), und M. verhehlt nicht seine Dempf, Alois: Geistesgeschichte der altchristlichen Kultur. Stuttgart:
•*aTUuenmg darüber, „daß christliche Theologen an der Erb- W. Kohlhammer [1964]. 295 S. gr. 8». Lw. DM 24.-.
frei] *. Heideggers solchen Gefallen finden" (59). — Man kann Es ist eine große Freude, dieses bedeutende Buch an dieser
Hit Tl, einwcnclen, warum M. dann nicht gleich Nicolai Hartmann Stelle anzeigen zu dürfen. Zunächst sei kurz der Inhalt referiert.
Heur as vergleicht (die Überlegenheit der Tradition über das Der Verf. versteht unter Geistesgeschichte „die Wechselwirkung
Es ^ 'ge und Modische würde dann wohl fragwürdiger erscheinen). von Glaube, Wissen und Rechtsordnung", und in diesem — nur
versdv ajCr M<^' unc* vielleicht gerade, seinen Reiz, an so grund- in diesem — Sinne will er das erste Jahrtausend der Geschichte
wiesc 10 Denkertypen wie Thomas und Heidegger nachge- des Christentums zu erfassen suchen. Die Methode dazu liefert
hii 2U sehen, wie — über alle Ansprüche und Selbstverständnisse ihm eine systematische Philosophie, die die christlichen Symbole
eg — sich die Probleme gleichen und auch Heidegger den the- zum Ausgang und zur unverrückbaren Grundlage nimmt, sonst