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1966

Kategorie:

Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeftung 91. Jahrgang 1966 Nr. 6 436

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dem johanneischen Text der Hiatus klafft (so B. S. 322), sondern
Umfang und Bedeutung dieses Hiatus — eines der entscheidenden
Sachprobleme des Textes — werden erst dann sichtbar, wenn man
seine beiden Ränder wenigstens versucht hat zu bestimmen.

Es ist bedauerlich, daß dieser interessante katholische Versuch
, die Ergebnisse der Bultmannschen Interpretation des Joh
positiv aufzunehmen und auf dem Gebiet der eschatologischen
Aussagen durch eine christologische Begründung weiterzuführen
(„Vielleicht ist die Erwartung nicht ganz unberechtigt, daß manche
Anliegen Bultmanns sich durch die hier vorgetragene Auffassung
besser begründen lassen, als es bei ihm selbst der Fall ist", S. 7),
sowohl formal als auch inhaltlich nicht klar genug angelegt ist. Die
zahlreichen wertvollen Anregungen für die Exegese der behandelten
Textabschnitte und auch das wichtige Grundanliegen des Verf.,
der Christologie gegenüber ihrer Zurückdrängung bei Bultmann
wieder Bedeutung für das Verständnis des Joh zu geben, werden
dadurch um einen Teil ihrer Wirkung gebracht.

Greifswald Traugott H o 11 z

Bihler, Johannes: Die Stephanusgeschichte im Zusammenhang der
Apostelgeschichte. München: Hueber 1963. XV, 260 S. gr. 8° =
Münchener Theologische Studien, hrsg. v. J. Pascher, K. Mörsdorf,
H. Tüchle, I. Historische Abt., 16. Bd. Kart. DM 26.—.

Der Verf., so ausgezeichneten Forschern wie R. Schnacken-
burg und Josef Schmid als Lehrern verpflichtet, legt hier seine
überarbeitete Dissertation vor. Sie bietet im Grunde zweierlei:
eine sehr genaue Analyse der Stephanusgeschichte und -rede, mit
guter Kenntnis der Spezialliteratur, und den Versuch, hinter der
lukanischen Bearbeitung der Tradition die tatsächliche Geschichte
der Sieben und des Stephanus zu erkennen und in die Geschichte
des Urchristentums einzuordnen.

Zunächst (A) spricht der Vf. über den Stephanusbericht (Stephanus
im Folgenden abgekürzt: St.) Apg 6, 8—15 und 7, 54—8, 2 und bemüht
sich dabei, den Anteil der lukanisdien (= luk.) Komposition von dem
der benutzten Tradition zu sondern (10—30). Mehr Raum erfordert die
St.rede (B) mit ihrem Überblick über die Geschichte Israels (31—80). Sie
wird in der „Schlußfolgerung" (81—86) als lukanische Komposition erkannt
. Der Abschnitt C (87—186) handelt von Lukas und der Überlieferung
. Besonders interessant sind die Ausführungen über die Ablehnung
von Tempel und Opfer, die nirgends in der jüdischen Literatur
(auch nicht in Qumran) solche Radikalität erreichen. Der Unterabschnitt
„Die St.geschichte im Zusammenhang der Apg" (178—185), der Conzel-
manns Konzeption Rechnung trägt, stellt die St.rede als Auseinandersetzung
mit den Juden neben die Areopagrede als Auseinandersetzung
mit den Heiden.

Am selbständigsten zeigt sich der Vf. im Abschnitt D (Druckfehler:
C): „Die St.geschichte und die Geschichte des Urchristentums" (187—
241). Freilich wandelt er hier — wie er selbst weiß — auf unsicheren
Pfaden. Er trennt die Zwölf völlig von den „Aposteln in lerusalem",
bezweifelt, daß Petrus ein Apostel war (230), vermutet, daß die Sieben
ursprünglich Apostel = Wanderprediger waren, hält es für möglich, daß die
Hellenisten von Apg 6 mit jenen hellenistischen Juden zusammengehören,
gegen die sich Paulus im 2. Kor wehren mußte.

Zu diesen Vermutungen (die der Vf. ausdrücklich als solche bezeichnet
) einige Fragen! Läßt sich die radikale Trennung von Aposteln
und den Zwölf durchführen? Kann man angesichts von Gal. 2, 8, wo dem
Petrus die anönxoX-f) der Juden zugesprochen wird, bezweifeln, daß Petrus
Apostel war? Wenn Paulus nach seiner Bekehrung nicht zu den „vor ihm
Aposteln" nach Jerusalem ging, müssen dann diese nicht die dort maßgebenden
Autoritäten gewesen sein? Wenn Paulus nach Gal. 1, 18 bei
seinem ersten Besuch in lerusalem nur den Petrus sah, aber keinen anderen
der Apostel (abgesehen vom Herrenbruder Jakobus), kann man dann
daraus schließen, daß die Apostel eine von den Zwölf verschiedene Gruppe
waren? Daß Paulus — wenn ein solcher Sinn nicht beabsichtigt war —
„einen anderen Apostel hätte schreiben müssen", ist u. E. irrig; der vom
Vf. geforderte Sinn hätte erfordert: „einen Apostel". Wären die Apostel
(ohne Petrus, Johannes und den Herrenbruder) die maßgebenden Männer
in Jerusalem gewesen, müßte ein völliger Führungswechsel stattgefunden
haben, der jene drei an die Spitze brachte. Viel leichter verständlich ist
es, daß sich in den drei „Säulen" ein engerer Führungskreis herausgebildet
hat. Daß Gal 2, 6 mit den Worten ohoToitioxe xxX. das Manko
dieser „Säulen" meine, daß sie keine Apostel waren, ist eine ziemlich
wilde Vermutung. Übrigens sind nach Gal 1,17 die Apostel keine
Wanderprediger. Wenn der Vf. die Sieben zu Aposteln = Wanderpredigern
macht, trägt er dem nicht Rechnung. Daß er den Hellenisten Visionen

und Entrückungen zuschreibt und sie damit Paulus zu nähern meint,
berücksichtigt zweierlei nicht: die Vision des sterbenden Stephanus darf
(ob luk. Stilmittel oder nicht) nicht auf „die Hellenisten" verallgemeinert
werden; die Entrückung des Paulus in den 3. Himmel = das Paradies ist
etwas ganz anderes als die — nach 2. Kön 2,16—18 geschilderte — Versetzung
des Philippus von Gaza nach Asdod. Auch hier darf nicht verallgemeinert
werden.

Diese Fragen wollen dem klugen, kenntnisreichen und selbständigen
Erstlingswerk des Vf.s keineswegs den Wert absprechen,
der mit einem besonders dornigen Actaproblem seine wissenschaftliche
Arbeit eröffnet hat. Sie wird von der Actatorschung nicht
übergangen werden dürfen.

Münster, Westf. Ernst Hae n c h e n

Neilessen, Ernst: Untersuchungen zur al(lateinischen Uberlieferung
des ersten Thessalonicherbriefes. Bonn: Hanstein 1965. 307 S. gr. 8°
= Bonner Biblische Beiträge, hrsg. v. G. J. Botterwedc u. K. Th. Schäfer,
22. DM 40.—.

Eine hochspezialisierte Dissertation arbeitet hier in einem
sehr eng begrenzten Textgebiet. Die Voraussetzung der Arbeit ist,
daß die altlateinische Überlieferung zum Teil ein Jahrhundert
älter ist als die älteste griechische Überlieferung (23). So scheidet
also die Vulgata als Gegenstand der Studie an sich aus (19). Schon
der Voraussetzung vom Alter der altlateinischen bzw. griechischen
Überlieferung wird man nachdenken können. Erfreulicherweise
ist die Studie aber meist darauf ausgerichtet, nach dem
hinter der altlateinischen Überlieferung liegenden griechischen
Text zu fragen. Vielleicht ist die Bezeichnung a 1 t lateinische
Überlieferung großzügiger aufgefaßt, als man es sonst gewohnt
ist. Es handelt sich nicht nur um die Itala. Einen großen Raum
nehmen die bilinguen Handschriften DFG ein. Es folgen die
Freisinger Fragmente (134); „Liber de divinis scripturis" (13 8);
Ambrosiaster (150); Theodor von Mopsuestia (18 5); Pelagius
(206). Mindestens für den liber Ardmachanus (262) und Sedulius
Scottus' Collectaneum (287) ist die Frage berechtigt, ob wir hier
noch altlateinische Überlieferung vor uns haben. Aber es entspricht
dem Ansatz der Untersuchungen, daß auch die Vg Beachtung
erheischt, denn in ihr sind altlateinische Lesungen enthalten;
sie zeigt einen Kontrast zur vetus latina; und schließlich hat sie
auf die Überlieferung der vetus latina einen nicht zu unterschätzenden
Einfluß ausgeübt (19).

Dem Rezensenten will es nicht unbedingt einsichtig erscheinen
, daß die griechische Überlieferung nicht älter sein soll
als die griechischen Handschriften, während die altlateinische
Überlieferung älter ist als die vetus-Iatina-Handschriften.

Das Buch ist gefüllt mit minutiösen Handschriftenvergleichen
, wie sie in solcher Intensität auch nur an so eng begrenztem
Textvolumen vorgelegt werden können. Erstaunlich ist, trotz der
durchaus sinnvollen Begrenzung, daß nirgends im Buche der Name
Adolf Jülicher zu lesen ist.

Berlin Karl-Gottfried Eckart

Blank, Josef: Das Johannesevangelium. Der Prolog: Jo 1, 1—19 (Bibel
und Leben 7, 1966 S. 28—39).

C a m b i e r , J.: Le grand mystere concernant le Christ et son figlise-
Ephesiens 5, 22—33 (ä suivre) (Bibl 47, 1966 S. 43—90).

Dillon, Richard J.: Towards a Tradition-History of the Parables oi
the True Israel. Matthew 21, 33—22,14 (Bibl 47, 1966 S. 1—42).

Goppelt, Leonhard: Die apostolische und nachapostolische Zeit-
Berlin: Evangelische Verlagsanstalt [1965]. (Lizenzausgabe d. Verlages
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen). IV, 158 S. gr. 8°.
(s. Bespr. in ThLZ 89, 1964, Sp. 922).

Pesch , Rudolf: Umkehr, Glaube und Taufe (Bibel und Leben 7, l^66
S. 1-14).

Quecke, Hans: Zur Auslegungsgeschichte von Lk 1,34 (Bibl 47,
1966 S. 113—114).

Schelkle, Karl Hermann: Ehe und Ehelosigkeit im Neuen Testament
(Wissenschaft und Weisheit 29, 1966 S. 1—15).

Schille, Gottfried: Ist Seelsorge im Neuen Testament begründet?
(ZdZ 20, 1966 S. 127—13 5). ^

Schiwy, Günther: Die Osterberichte zwischen Rationalismus un
Irrationalismus (StZ 177, 91. Jg. 1966 S. 288—296).

Swetnam, James: "The Greater and More Perfect Tent". A Contri-
bution to the Discussion of Hebrews 9, 11 (Bibl 47, 1966 S. 91—10£-;-