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Ausgabe:

1966

Spalte:

431-432

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bultmann, Rudolf

Titel/Untertitel:

The History of the Synoptic Tradition 1966

Rezensent:

Conzelmann, Hans

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 6

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jüdische Gemeinde bildungsmächtig ist. Auch an der Nähe zum selben Seite äußert sich Bultmann über das einzige Motiv der

hellenistischen Judentum ist nicht zu zweifeln; allerdings sind die Geschichte vom Jüngling zu Nain, das aus dem AT stammen

persischen Einflüsse, wie G. selbst betont, nicht zu übersehen. k ö n n t e. In der Übersetzung stammt es dorther. Ein besonders

Indes, auf die Größe eines mystischen Judentums, die auch im Blick krasser Fall ist S. 258/276 (Bekenntnis des Petrus): Nach Bultmann

auf Philo keineswegs so gesichert ist, kann G. die Gcsamtkompo- kann der historische Petrus dieses Bekenntnis nicht gesprochen

sjrion nur durch oftmals sehr gezwungene und vage Deutungen haben, denn: „Der historische Petrus müßte (() ja auch Jesus als

("symbolic paintings, Symbols in general. . . always carry more den künftigen (!) Messias bezeichnet haben! man müßte denn

than one meaning" [IX p. 2 35 f]) hinführen, die weithin intuitiv „ach Reitzensteins Vorgang annehmen ..." Übersetzung: "The

und mit Hilfe Freudscher Psychologeme vorgenommen werden. Die historical Peter must indeed have designated Jesus the future

Monotonie, mit der G. in allen Bildern durchweg einen Grund- Messiah! and that means following Reitzensteins precedent and

gedanken, den Gedanken der Unsterblichkeit, des Einswerdens mit accepting the view . . ." Diese Wiedergabe zeigt, daß auch die

der himmlischen Welt, ausgedrückt sieht, wirkt nicht überzeugend. Sachkenntnis des Übersetzers ungenügend ist. Immer wieder be-

Mit diesem grundsätzlichen Einwand soll das Verdienst des obachtet man eine historisierende Verschiebung. Die Übersetzung

Werkes nicht geschmälert werden. Die Bände IX—XI sind ein be- vergröbert: Vermutungen werden zu apodiktischen Feststellungen

deutender und ebenso anregender wie belehrender Beitrag zur — S. 267/287: ein „wird von Mk selbst eingefügt sein" wird zu:

Deutung der Synagogenmalereien von Dura, mit dem der weiteren „has been introduced". Dieser Fall läßt sich beliebig oft belegen.

Forschung weithin Maßstäbe gesetzt sind. Die beiden Schlußbände An anderen Stellen ist der deutsche Wortsinn mißverstanden —

(XII—XIII) des monumentalen Gesamtwerkes, das eine Pionier- S. 2 n. 3/2 Anm. 3: „merkwürdig" als „bemerkenswert", usw.

arbeit darstellt, sind bereits erschienen, liegen aber dem Referenten Aus Jesus als dem „Träger" des Geistes wird der „Bringer"

noch nicht vor. (246/261; 251/267).

Anhangsweise sei auf eine Einzelheit des Bilderzyklus von Dura Gelegentlich ist der Text unsinnig geworden:

™Z°j£%ZtZ%%eAÜrÜen NeUt£f ™ntl"v™'"^f ist;I* S. 13 n. 3/10 Anm. 3 wird Bultmanns Referat über Kloster-

meine die latsache, daß die Manner in der Regel barhäuptig dargestellt . , , ., , „ ... ..

sind (nur Könige, der Hohepriester Aaron, Soldaten machen eine Aus- mann 50 wiedergegeben: Nach Klostermann sei Mt 9, 32-34 die

nähme), während bei den Frauen das Haar bedeckt ist, das Gesicht jedoch gemeinsame Quelle für Mk 3, 22-30 und par. S. 199/215 wird

frei bleibt (lediglich die nackte weibliche Gestalt, die das Moseskind aus aus der „methodischen Einsicht in die Tendenz der Uberliefe-

dem Nil holt, und die Frau, die sich zum Fluß beugt [pl. IX] sowie die rung": to see the method of the tendency. S. 246/262: Das Wort

Dienerin Esthers [pl. VI] sind barhäuptig). Die Bedeckung des Haares der vom Stärkeren stellt Mk vor das Wort von den Taufen; Q stellt

Frauen geschieht so, daß das eine Ende des Himation an der linken es mitten hinein. Daraus wird: Mk gibt dem Wort eine zentrale

Schulter befestigt, das andere dagegen über den Kopf geworfen wird (nur Stellung vor dem Wort von den Taufen in Q. S. 247/262- „Die

Dienerinnen tragen ein beiderseits bis auf die Schulter herabhängendes Tatsache, daß das Stück in Q Aufnahme fand, zeigt..." "The

Kopftuch). Dieser Tatbestand ist lehrreich für das Verständnis von /„.. i____ , ,i________ u j u i r « c

1 v „ tj. j i n i . a i v -j *v ■« ■ r „ racts show that the passage had been taken into Q. S. 291/316:

l.Kor. 11,2—16. Hier tadelt Paulus, daß in Konnth Frauen im Gottes- ~.. It . . ■ , , * ^ iT , ■■ i

„ u . „ , jl-j , .„ i „ , , ,. Die Unterscheidung zwischen (schriftlichen) Quellen und mund-

dienst beim Beten und bei der prophetischen Rede — entgegen dem bis .. > T . , . , 2

dahin üblichen Brauch (V. 2) auftreten (V. 5). I,cher Tradltl0n wlrd verw.scht.

Diese korinthischen Christinnen wehren sich offensichtlich gegen die Bei- Das A und O im Buche ist die Klassifikation. Z. B. wird die
behaltung (nicht etwa: die Einführung!) einer ungriechischen Tracht, die Klasse der Schul- und Streitgespräche beschrieben und dann im
aus den Anfangszeiten der korinthischen Gemeinde stammt, als diese sich Detail in der Reihenfolge Streitgespräche — Schulgespräche analy-
noch im wesentlichen aus Judenchristen zusammensetzte. Nun war aber sjert, Die Übersetzung erzielt farbige Abwechslung schon im
die Kopftracht der jüdischen Frauen in damaliger Zeit nicht, wie meist zu Inhaltsverzeichnis: Conflict and Didactic Sayings, dann Contro-
Ucnr,e*t angenommen wird, einheitlich. Am strengsten war sie in Nord- y Dialogues, Scholastic Dialogues (und S. 389 f/Erg. Heft 1°
arnka (Tertullian, De Corona 4; De oratione 22) und in Arabien (bchab. . ' " a. ,. r- r>u « t- c- • „„n
6, 6); hier verschleierten die Jüdinnen das Gesicht. In Palästina trug die Anm- 41 C°nfIlct discourses). Die „Bildworte , f.gures, figurieren
verheiratete jüdische Frau keinen Schleier, wohl aber, wenigstens in der im Index als metaphoncal sayings neben den Metaphern, metaStadt
, eine Haarfrisur mit Bändern, Schleifen und Tüchern, die das Ge- phors. An einer Stelle wird der an sich lobenswerte Versuch unter-
sicht praktisch verhüllte (Billerbeck III 427—434.436); analog dürfte das nommen, die Terminologie exakter zu machen. Bultmann unter-
emxnavov (Philo, Spec. leg. III 56: Kopfputz) der ägyptischen Jüdin vor- scheidet im Anschluß an Jülicher innerhalb der Gleichnisse:
zustellen sein. Im Osten des Reiches dagegen begnügte sich die jüdische Gleichnisse im engeren Sinn und Parabeln (dazu noch die Beispiel'
Frau, wie die Gemälde von Dura Europos zeigen, damit, das eine Ende crzählungen). In der Analyse markiert Bultmann diese Unterdes
Obergewandes (Himation) kopftucharrig über den Kopf zu schlagen, scheid gelegentlich ausdrücklich; gelegentlich verschwimmt sie-

wobei das Gesicht frei blieb. Um eine ähnliche Tracht durfte die Aus- p. A, ° " ... .°i -j____t,__„.„„.»„<. ,4,irch-

einandersetzung 1. Kor. 11, 2-16 gehen. Denn Paulus redet nicht von der Der Übersetzer will nun die Unterscheidung konsequent dureft

Verhüllung des Gesichtes (jioöocojiov) , sondern des Hauptes (xe<pa).rj), halten:

und die Gegenüberstellung mit dem barhäuptigen Mann (V. 4.7) ebenso Gleichnis = similitude, Parabel = parable. Dadurch er-

wie V. 6 (Scheren bzw. Abrasieren des Haares) zeigt, daß die Bedeckung geben sich aber wieder Verschiebungen des Sinnes. Wo Bultmann

des Haares, nicht etwa die Verhüllung des Gesichtes zur Debatte steht jjg g a n z e Gattung charakterisiert, entsteht jetzt der An'

(so richtig A. Schlatter z. St.). Wahrscheinlich illustrieren uns also die schejn ajs ]te das Ges te nur von jer Untergattung simih'

weiblichen Gestalten des Bilderzyklus von Dura Europos. was Paulus t ß » 194_199/210_216. Die „Gleichnisdeutung" Mk 4,

meint wenn er fordert: *™W«,0co (V. 6) Dgut similitUde (199/215). obwohl Bult'

Güttingen Joachim J e re m i a s

Bultmann, Rudolf: The History of the Synoptic Tradition. Transl.

mann das Sämannsgleichnis als Parabel bestimmt.

Es ist zu bedauern, daß man im englischen Sprachgebiet au

by J Marsh. Oxford: Blackwell 1963. VIII, 456 S. gr. 8°. Lw. 50 s. diese Übersetzung angewiesen ist.

Die Übersetzung zeigt leider erhebliche Mängel. Der Über- Ciötüngon' Hans Conpin..»»
setzer hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, Literaturangaben

auf etwaige englische Übersetzungen umzuschreiben (Dibelius, Blank, Josef: Krisis. Untersuchungen zur johanncischen Christolog1^

Formgeschichte, wird nach der 1. deutschen Auflage angeführt). und Eschatologie. Freiburg/Br.: Lambertus-Verlag 1964. 3 69 S. S-

Sprachliche Mängell: Durch Verwechslung der modi des Verbums 8°. Lw. DM 29.80.

wird der Sinn entstellt, so 229 f/245: Bultmann referiert eine Die anzuzeigende Darstellung der johanneischen Gericht5'

Hypothese, die er ablehnt: daß die frühe Kirche das AT in der theologie sowie ihrer christologischen Begründung hat Ursprung'

Art der Rabbinen bearbeitet habe. Durch Umsetzung in den ljdl im Jahre 1961 der katholisch-theologischen Fakultät in Wurz-

Indikativ entsteht die Behauptung, daß sie in der Tat so gear- burg a]s Tjissertation vorgelegen. Die Arbeit war im Sommer 19

beitet habe - das Gegenteil dessen, was Bultmann sagt. Auf der- abgeschlossen; daher ist im wesentlichen auch nur die bis danj^

«) Ich habe zur Kontrolle meine Einwände mit Kollegen aus dem erschienene Literatur zum Thema berücksichtigt. DjuBuAvon^

englischen Sprachgebiet durchgesprochen. Eine vernichtende Kritik übt van Hartingsveld über die Eschatologie des Johanncscvangc

Wm. C. Robinson, Interpretation 18, 1964. 220 ff. aus dem Jahre 1962 allerdings ist in einem Anhang IS. w