Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1966

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

19

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 1

20

H o I m e r , Paul: Language and Theology: Some Critical Notes (The
Harvard Theological Review 58, 1965 S. 241—261).

Müller, Eberhard: Die Kunst der Gesprächsführung. Ein Weg zum
gemeinsamen Denken. Hamburg: Furche-Verlag [1965]. 92 S. kl. 8° =
Stundenbücher, 57.

Stier, Gerhard: Nach dem Kölner Kirchentag (LM 5, 1965 S. 431 —
434).

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Drower, E. S.: A Pair of Nasoraean Commentaries (two priestly
Documents). I. Alma Risaia Rba (DC 41, Bodleian Library, Oxford).
The Great „First World". II. Alma Risaia Zuta (DC 48, Bodleian
Library, Oxford). The Lesser „First World" transl. Leiden: Brill 1963.
XIV, 90 S. gr. 8°. Beilagen: 2 Faks. Rollen. Lw. hlf. 36.-.

In ihrem Werk „The Secret Adam" (Clarendon Press, Oxford
1960) hat die Verfasserin eine wertvolle Einführung in die Gesamtproblematik
der näsöräischen Gedankenwelt gegeben, wobei
sie öfter aus zwei damals unveröffentlichten und daher sonst unbekannten
Priesterrollen ihrer mandäischen Handschriftensamm
lung, Alma risaia rba ( = ARR) „Der erste Makrokosmos"
und Alma risaia zuta (= ARZ) „Der erste Mikrokosmos",
zitierte. In meiner Besprechung des erwähnten Werkes (OLZ
1961, Sp. 385, Anm. 1) habe ich den Wunsch geäußert, daß
die Verfasserin auch diese zwei geheimen näsöräischen Schriften
durch Herausgabe und Übersetzung der mandäistischen Forschung
zur Verfügung stelle. Nach vielen durch mehrfach enigmatischen
Stil und langweiligen Charakter der Dokumente verursachten
Erwägungen ist sie trotzdem meinem Wunsch nachgekommen.

Beide Dokumente bestehen aus mehreren Mosaikstücken,
die z. T. durch typische mandäische Illustrationen unterbrochen
sind. Die Bilder sind eher dekorativen als inhaltlichen Charakters
; trotzdem werden sie aber durch Beischriften erklärt, ohne
die sie nur schwer zu identifizieren wären. Der Text dieser
priesterlichen Kommentare schildert besonders die urzeitliche
Einrichtung des Gottesdienstes (ARR) und gibt ihre symbolische,
dem Laien unbekannte und dem okzidentalischen Leser schwer
verständliche Deutung (ARZ).

Das Lirzeitliche und Zeitliche wird, wie sonst in mandäischen
Ritualen und priesterlichen Kommentaren, vermischt. Die
vom Erzähler gebrauchten Tempora variieren zwischen dem Perfekt
, Imperfekt, part. Präsens-Futur und Imperativ, wobei das
erste sich nur auf den urzeitlichen Akt, die letzteren aber auf
die heutigen und künftigen gottesdienstlichen Akte beziehen
können. Diese häufige plötzliche Variation von Tempora, die
für uns in einer zusammenhängenden Schilderung schwer zu begreifen
ist, setzt festen inneren Zusammenhang und vollkommene
Einheit der beiden Geschehen voraus: Was bei dem
ersten Gottesdienst geschah, ist genau dasselbe, wie das, was
bei dem heutigen geschieht und bei den künftigen geschehen
wird. Ein abendländischer Übersetzer muß sich bei solchen Texten
entscheiden, entweder vom üblichen Sprachgebrauch abzuweichen,
oder nur eine freie Übersetzung zu geben. Auch unsere Übersetzerin
stand wieder vor diesem Problem (vgl. S. 13 Anin. 5.
S. 14 Anm. 7), das sie schon bei ihren früheren Übersetzungen
ähnlicher priesterlicher Dokumente beschäftigt hatte. Die Bemerkungen
, die ich zu ihrer Übersetzung der Agenda der mandäischen
Priesterkonsekration gemacht habe (ThLZ 1964, Sp. 417),
gelten mutatis mutandis auch für dieses Werk. In der sonst
freien Übersetzung sind mehrere Imperative einfach als Perfekta
übersetzt, selbst wenn dem Imperativ ein Nomen mit dem Suff,
der 2. Person folgt (z. B. upalit pandamak uakul ustia,
ARR 263, ist nach dem Weglassen der ersten zwei Worte „und
nimm weg deinen Pandama" als „ate and drank" statt „und iß
und trink" übersetzt). Gleichzeitig muß ich aber bemerken, daß
diese Freiheiten, die sich die Übersetzerin wegen der Verworrenheit
der Tempora im mandäischen Text erlaubt hat, weder einen
Mandäisten noch einen Religionswissenschaftler wesentlich stören
dürfen. Der erstere wird mehr am veröffentlichten Text als
an seiner Übersetzung interessiert sein; dem letzteren wird es
mehr um den Inhalt als um grammatische Einzelheiten des mand.
Textes gehen. Doch wird auch der erstere gestehen müssen, daß

ihm Lady Drowers Übersetzung trotz ihrer erwähnten Freiheiten
und gelegentlichen kleineren Weglassungen (vgl. außer der oben
erwähnten noch S. 35, Z. 5, wo die Verfasserin ausdrücklich sagt:
,,[The seventh is omitted]", obwohl im Text ARR 463 f.
steht: subaia gitra d-risa d-sbita „der siebente ist das Gelenk
des Fingerendes") gute Dienste zum besseren Verständnis des
schweren und dunklen Textes leistet.

Die Schilderung der Riten wie auch die Erörterung ihrer
symbolischen Deutungen wird stets (wie in der Priesterkonsekrationsrolle
, vgl. ThLZ 1964, Sp. 413 ff., und ähnlichen Ritualen
) durch die zu rezitierenden Hymnen, von denen jeweils nur
ihr Anfang angeführt wird, unterbrochen, wobei nach dem dukta
d-amar „an der Stelle wo er sagt" sehr oft nur ein elliptischer
Nachsatz folgt. Zum Verständnis solcher durch Zitate unterbrochenen
, elliptischen Sätze wird umfassende Kenntnis der
mand. Liturgien wie auch angemessene auf gründlicher Bekanntschaft
mit den rituellen Bräuchen der Sekte beruhende Vorstellungskraft
vorausgesetzt. Man muß nämlich wissen, wo das
Zitat endet und der im Text stehende, bzw. zu ergänzende Nachsatz
anfängt Diesen schweren Voraussetzungen konnte nur die
Verfasserin selbst entsprechen. Ihre langjährige Beschäftigung mit
den mandäischen Liturgien (siehe „The Canonical Prayerbook of
Mandaeans, Leiden-Brill 1959, abgekürzt CP) und priesterlichen
Kommentaren (siehe bes. „The Thousand and Twelve Quest-
ions", Akademie-Verlag, Berlin 1960) wie auch ihre ganz einzigartige
Belesenheit in der mand. Literatur haben es ihr ermöglicht
, diese schwer verständlichen Dokumente wenigstens in einer
freien, aber vom wirklichen Fachverständnis zeugenden Übersetzung
den Forschern zugänglich zu machen. Ihre in Anmerkungen
gegebene Indentifizierung der im Text vorkommenden Zitate
aus den mand. Liturgiestücken nach ihrer früheren Übersetzung
(CP). nicht nach dem (ebenda im Faksimile veröffentlichten)
mand. Text, wird den meisten Lesern ausreichen; der Mandäist
wird sie nach dem Verweis auf die Nummern der einzelnen
Gebete ohne Schwierigkeiten im Originaltext finden können.

Zur Zeit der Abfassung dieser Kommentare galten die in
ihnen aufgezeichneten Hymnen und Gebete schon länger als
kanonisch (S. IX unt.), wobei eine ziemlich frühere Entstehungszeit
des liturgischen Corpus vorausgesetzt werden dürfte. Nun
sagen uns aber beide Kolophone, daß die Kommentare von demselben
Zäzai d-Gawazta stammen, der zum ersten Mal auch die
kanonische liturgische Sammlung niedergeschrieben hat. Falls
diese Angabe richtig ist, mußte der Redaktion der Liturgien eine
lange liturgische Praxis vorangegangen sein. Nach einem Kolo-
phon der Liturgien (Text CP 99:3—5, vgl. Übers. S. 71 unt.)
mußte der erwähnte Zäzai in der zweiten Hälfte des 3. Jh. gelebt
haben. Ein liturgischer Gebrauch der von ihm aufgezeichneten
kanonischen Hymnen und Gebete am Anfang unserer Ära wird
dadurch wenigstens postuliert.

Trotz der langweiligen, repetitiven Form dieser Dokumente
und vieler Schwierigkeiten, denen ihre Übersetzung und bes.
ihre Interpretation begegnet, stellen beide Kommentare als
Sammlungen alter geheimer priesterlicher Tradition der Mandäer
einen wichtigen Beitrag zu unserer Kenntnis alter näsöräischer
Gnosis dar. Man wird gern ihrer Herausgeberin und Übersetzerin
das Gefühl wünschen, daß sich diese Arbeit, ebenso wie ihre
zahlreichen früheren Werke, gelohnt hat, und daß sie von allen
Forschern auf dem Gebiet der Gnosis mit größter Freude begrüßt
wird.

Berlin Rudolf Macuch

') Vgl. R. Macuch, Handbook of Classical and Modern Mandaic
(Berlin: de Gruyter 1965), S. 462: 13—23.

Adriani, Maurilio: Note suH'anitsemitismo antico (SMSR XXXVI,
1965 S. 63—98).

Bisi, Anna Maria: La religione punica nelle rappresentazioni figurate

delle stele votive (SMSR XXXVI, 1965 S. 99-157).
Breiich, Angelo: Offerte e interdizioni alimentär! nel culto della

Magna Mater a Roma (SMSR XXXVI, 1965 S. 27-42).
Devereux, George: The abduetion of Hippodameia as „aition" of

a Greek animal husbandry rite. A strücturai analysis (SMSR XXXVI,

1965 S. 3—25).