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1966

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 1

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Logos in der individuellen Psyche wird meist durch ein Verbum
an Stelle des somit anderweitig besetzten Substantivs bezeichnet-
Im NT wird jingovala für das Kommen Christi am Ende der
Zeiten verwandt; Erscheinungen von Engeln und des Auferstandenen
werden mit Ausdrücken bezeichnet, die die Idee des
Schauens einschließen. Paulus verwendet E. für die erste und
zweite Ankunft Christi. Der eschatologische Gebrauch von
Ttagovaia ist (von Deissmann und Mohrmann) mit den Ausdrücken
für das triumphale Auftreten hellenistischer Fürsten in
Verbindung gebracht worden, aber es ist unwahrscheinlich, daß
Paulus diesen wenig verbreiteten Gebrauch dem häufigeren des
hellenistischen Judentums vorgezogen haben soll (II. Thess. 2,
8—10 u. II. Tim. 1, 10, die einzigen E.-Stellen bei Paulus, welche
Origines zitierte). Von 200 an bes. bei Orig. u. Clem. Alex- wird
für ,.wunderbares Eingreifen" d(p§rjvai durch tTuyacveotiai
verdrängt. Ilagovata wird für das erste Erscheinen Christi, E. für
das Erscheinen Gottes und von Engeln im AT, später auch für
Erscheinungen Christi nach der Auferstehung, ja für Wunder
Christi, endlich für die Offenbarung des Logos in Welt und —
bei Orig. häufiger — im Individuum (hier der Einfluß des hellenistischen
Judentums besonders deutlich) gebraucht. E. heißt
weder die Geburt Christi noch sein Erscheinen überhaupt, sondern
die gesamte Selbstoffenbarung, ja Gnosis, insbes. die zum „tieferen
" Schriftverständnis verhelfende, d. h. die Offenbarung des
Logos an den vollkommenen Menschen (auch den des AT
— ein für den Pelagianismus wichtiger Punkt) dank der Erleuchtung
durch Gott, llagovoia und £mdt]jui'a meinen öfters als E.
etwas Konkretes, Historisches. Bei Athanasius gewinnt E. die Bedeutung
von menschlicher Geburt, Inkarnation (I.Tim. 3,16),
aber die Manifestation muß als Sieg über die Dunkelheit verstanden
werden, daher die Bedeutung, die die Geschichte von dem
Stern der Magier in diesem Zusammenhang erlangte. Gleichzeitig
dringt fteocpatia für Erscheinungen Gottes im AT, das Kommen
Christi am Ende, daneben allgemein für Erscheinungen der Kraft,
Eingreifen und Offenbarung Gottes, vor. Bei Chrysostomus bezeichnet
nnQovain die Geburt, E. die Taufe Christi (= das allen
offenbar Werden).

Das Fest erscheint Ende des 3. Jhdts. (Alexandria?), erstes
westliches Zeugnis 361 in Gallien. Ursprünglich feierte es die
Geburt Christi, aber weniger unter dem Gesichtspunkt der Inkarnation
als dem der Ankunft der göttlichen Weisheit, dann unter
astrologischer Vertiefung der bereits erwähnten Rolle des Sterns
auch die Erscheinung an die Magier, endlich die Taufe unter Berücksichtigung
der Offenbarung durch die Taube und die Stimme
vom Himmel (dazu das von einer gnostischen Sekte am 6. oder
10. 1-begangene spezielle Fest der Taufe Christi), am spätesten
das erste Wunder (Cana). „Gefeiert wurde nicht sosehr die Ankunft
des Erlösers als der Beginn der Verkündigung der Wahrheit
und des Wirkens des Geistes".

Rez. erlaubt sich, hierzu zu bemerken:

1. In Diskussionen über den durch E. bezeichneten Gegenstand
wird leicht vergessen, daß E. schlechthin der Grundbegriff
ist, der die dem Geistigen eigene Ambivalenz hat (wie bo£a
(11,26), Geschichte, Wunder, Glaube, Geruch, Geschmack u.a.),
deren Eigenart in der Unterscheidung „subjektiv-objektiv" verfehlt
wird. Was heißt in den oben zitierten Stellen verkable,
reel oder concrete; wie kann man von tangible sprechen, wo der
Realitätsunterschied zwischen Gehör und Gesicht zur Diskussion
steht? In der gnostischen Ausprägung des E.-Begriffs (auf den
„vollkommenen", d. h. aufnahmefähigen Menschen) wird der
Sachverhalt, den die Sprachen in ihren Ausdrücken für „es scheint
mir" zu erfassen suchen, theologisch gedeutet-

2. Die Begehung eines Sammelfestes der Ereignisse des
frühen Lebens Christi (Annuntiatio bis Hochzeit zu Cana), vergleichbar
dem am 25. 3. begangenen Sammelfest der Hauptereig-
nissc der Erlösung, erweist sich als Versuch, die gnostische Idee im
Sinne des Geschichtsbewußtseins des Westens umzudeuten. Was
mit dem E.-Fest in der römischen Liturgie in den letzten Jahren
geschehen ist, zeigt, daß die Bedeutung dieser Umdeutung für das
Geschieht«- und Zeitbewußtsein der Menschheit immer neuer
Entfaltung fähig ist

H. Hoppenbrouwers (S. 45—95) unterscheidet, ausgehend
von Thes. Ling. Lat. und den Diskussionen um conversatio
morum in der Regula Benedicti, die inchoative und durative Bedeutung
von C, bei letzterer die nicht-soziative und die soziative und
bei der soziativen die spezielle und die allgemeine. Drei Schichten in
den Bedeutungsentwicklungen werden betrachtet: die heidnische,
die christliche und die monastische. H. geht aus von der etymologischen
Ableitung, insbes. dem Zusammenhang mit conversio (immer
inchoativ). Rez. erlaubt sich, darauf hinzuweisen, daß sich gerade ihres
späteren Datums wegen interessante Texte zu letzterem Punkt in
derTradition der Gebete tempore terraemotus (zu derauch die Eigentexte
für das Fest des hl. Emigdius heranzuziehen wären) finden,
insbes. die Sekret: converte — de terra in terram revertantur —
saneta conversatione. Da H. die Entwicklung bis zum 8. Jhdt. (49)
in Betracht zieht, hätte überhaupt der frühe liturgische Sprachgebrauch
erwähnt werden sollen, etwa die beiden bereis in Vero-
nense zu findenden Gebete, Kollekte für Jakosbus d. Ä. (conversatione
tibi placent) u. Postcommunio pro omni gradu ecclesiae
(in saneta conversatione viventes), ferner auch die gregorianische
Kollekte v. Dienst, n- d. 4. Fast, (piae conversationis augmentum)
u. besonders die Secret v. 8. S. n. Pf. (praesentis vitae nos conversatione
sanetificient). Die liturgische Überlieferung schließt nicht
an die Bibelübersetzungen an, teilt mit der patristischen nur den
durativen, soziativen, allgemeinen Sinn (tres souvent dans des etats
de vie chretienne, 8 5) und meint wenigstens in den frühesten
Texten nicht speziell das klösterliche (Postcommunio der Äbte)
oder jungfräuliche Leben (Coli. d. hl. Agnes u. Cäcilia, Grg.); sie
ist heute noch lebendig (s. meine Bemerkungen z. Ch. Mohrmann,
Liturgical Latin in Z. f. KG 72 [1961] 13) und im Lichte von H.s
ausgezeichneter Untersuchung wichtig für die Würdigung der
Reduktion der Bedeutung von C. auf die sprachliche Sphäre, ein
im Hinblick auf den heutigen Gebrauch der Begriffe „Gespräch"
und „Dialog" im kirchlichen Bereich interessantes Thema. Wenigstens
aus historischen Gründen sei auf die Bemerkungen zu
convertere und conversatio, Geschichte des Kirchenlateins bei
Koffmane 103, 59 u. 74 f. verwiesen, sowie auf die Ausdrücke
conversari u. conversatio bei Manz, Ausdrucksformen.

L. E n g e 1 s (S. 97—141) geht aus von der von E. Peterson
gestellten Frage, wieweit der dogmengeschichtliche Begriff F. an
der eigentümlichen Dialektik des jtaQQfjala Begriffs teilhat. Bez.
des AT ist die Vulgata wegen ihres Rückgriffs auf den Urtext
interessanter als die Vetus Latina. Der Einfluß von jraogr]oin auf
den Gebrauch von F. in der Vulgata ist minimal. F. wird vorzugsweise
als Tat Gottes verstanden. Im NT übersetzt die Vulgata,
wenn naQQiqala die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen
bezeichnet, immer mit F. (Ausnahme Hebr. 10, 35). Im übrigen erscheinen
constantia, audere, manifeste, palam udgl. als Äquivalente
, wobei die ursprüngliche Bedeutung von rraQQrjoia („Civil-
courage") dahin akzentuiert wird, daß darunter das der—nunmehr
als feindlich erscheinenden — Welt gegenüber „offene Sprechen"
verstanden wird. Rez. bemerkt, daß in der Liturgie F. absolut nur in
derOratiodefidei propagatone vorkommt: cum omni fiducia loqui.
Der liturgische Gebrauch zeigt am deutlichsten, daß F. zu den an
sich neutralen, erst in ihrer Begründung positiv oder negativ bewerteten
Geisteshaltungen zählt, ein für das Verhältnis von
Christentum und Individualpsychologie wesentlicher Punkt (s.
meine Studie zur Textüberlieferung von II. Cor . 10, 12 in Cath.
ßiblical Quarterly 8 (1946) 332—343). Im NT herrscht die Bedeutung
„F. im Hinblick auf" gegenüber der „F. in" vor (13 5 f.,
nicht 60 in der Liturgie). E. weist am Ende darauf hin, daß die
Vulgata keine mechanische, sondern eine höchst nüancierte Übersetzung
ist.

Basel Joha Hennig

Barbour, Robert S.: Theologians of our Time: Ernst Käsemnnn and

Günther Bornkamm (The Expository Times 76, 1965 S. 379—383).
Bieder, Werner: Segnen und Bekennen. Der Basler Mission zum

Anlaß des 150jähr. Bestehens von ihrem Studienleiter gewidmet.

Basel: Basilcia Verlag [1965]. 123 S. 8°. DM 8.80.
Gottschalk, Ingeborg: In memoriam Professor Werner Schmauch

(Jk 26, 1965 S. 449—456).
Grässer. Erich: Bewährungsprobe der Theologie (DtPfrBl 65, 1965

S. 633—635).