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Ausgabe:

1966

Spalte:

16-18

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Vermeulen, Antonius J.

Titel/Untertitel:

Le développement sémasiologique d'Epiphaneia, et la fête de l'Épiphanie 1966

Rezensent:

Hennig, John

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 1

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Vorstellungen noch nicht geschrieben ist" und hält seine Bemerkungen
deshalb für „ganz vorläufig" (S. 86, Anm. 72). Die Auferwedcung Jesu
ist „bereits ereignetes esdiatologisches Geschehen" (S. 89), sie sprengt
den Vorstellungszusammenhang der Tradition, wird aber mit ihren
Mitteln zur Sprache gebracht (S. 89). Die allgemeine Totenauferstehung
muß dann ausgesagt werden, weil Jesu Auferstehung ihm nicht nur —
wie aus der Tradition verständlich — eigenes Heil brachte, sondern ihn
„in die Funktion des eschatologischen Heilsmittlers der zu ihm gehörigen
Christen" (S. 90) erhöhte. Zur Erklärung dieser Umsetzung
wird vor allem die palästinensische Menschensohn-Christologie herangezogen
. Alle diese Aussagen haften an den Thesen über die Theologie
der frühjüdischen Apokalyptik, wie Rössler sie entwarf. Es würde wohl
hilfreich sein, wenn der Panneberg-Kreis Rösslers Gedanken ausdrücklich
und umfassend verifizierte, bevor er weiter so schwerwiegende Folgerungen
aus ihm zieht. Wilckens schließt mit der Feststellung, daß sein
Beitrag die „Wandelbarkeit aller theologischen Aussagen" beleuchte, in
der jedoch „der bezeugte Inhalt des Evangeliums" ein und derselbe
bleibe: „Jesus Christus und seine alle Menschen, Juden und Heiden,
umfassende und einbeschließende Geschichte" (S. 95). Mit Dank für die

klare Formulierung wird man fragen: Ist das ,____und seine Geschichte"

nun wirklich und mit dieser Vorrangstellung „der bezeugte Inhalt des
Evangeliums" (S. 95)?

An diesen Beitrag schließt sich derjenige von Wolfhart Pannen-
b e r g über „Analogie und Doxologie" an. Er ist neben der von ganz
anderen Positionen herkommenden Abhandlung von Eberhard Jüngel
(Die Möglichkeit theologischer Anthropologie auf dem Grunde der
Analogie, EvTh 22, 1962, 53 5—557) gewiß der beachtenswerteste
Beitrag gegenwärtiger evangelischer Theologie zum Analogieproblem.
Pannenberg formuliert sein Problem als „die Fage nach der rechten
Weise, von Gott zu reden", und zwar in Hinsicht auf den „Ort, wo die
Wirklichkeit Gottes anzutreffen" (S. 96) und von dem her dann auch
von Gott zu reden ist. An jedem möglichen Ort ist Gott nur indirekt
kundgegeben. Daher muß die Rede von ihm analog sein. Pannenberg
setzt sich durch den ganzen Aufsatz hindurch mit der scholastischen
Analogielehre auseinander. Sie beruhe auf der Voraussetzung eines gemeinsamen
Logos zwischen Gott und Welt und schließe vom Bekannten
auf das Unbekannte. Jedoch habe sich die Ansicht, daß Analogie ein
Mittleres zwischen Univokation und Äquivokation sei, als Irrtum erwiesen
. Ein univokes Element sei vorausgesetzt, und damit die panthei-
stische Konsequenz der Analogie nicht abgewiesen. Demgegenüber will
Pannenberg die Analogie einbetten in die Doxologie. In ihr wird das Ich
des Lobpreisenden und damit auch die begriffliche Eindeutigkeit seine6
Redens Gott zum Opfer gebracht. Unsere Worte werden „der erhabenen
Unendlichkeit Gottes übereignet" (S. 100). Auch hier ist „durch analoge
Übertragung Gottes ewige Wirklichkeit" intendiert, aber „nicht als
analog" (S. 101). Zusammenhänge bestehen nur in folgendem: erstens
darin, daß auch das andächtige Denken die Analogie noch „als untergeordnetes
Element" enthält, „aber nicht als Analogie intendiert"
(S. 106). Zweitens darin, daß die Wahl eines alltäglichen Wortes zur
doxologischen Verwendung nicht völlig beliebig ist. Sie wird veranlaßt
durch „bestimmte Erfahrungen eines göttlichen Handelns" (S. 107), und
zwar dann, wenn uns „durch ein einzelnes Ereignis das Ganze der
Wirklichkeit, in der wir leben und um die es in unserem Leben geht,
ergreift" (S. 108). Paradigma: „Der Gott der Geschidite ist wesentlich
Person, weil die Ereignisse von ihm her in unvorhersehbarer Weise geschehen
" (S. 111). So wäre „alles Reden von Gott als analoge Übertragung
im Sinne anbetender Verherrlichung seiner heiligen Erhabenheit"
vorläufig, wenn Gott es nicht „in der Geschichte Jesu" angenommen
hätte, vor allem, „indem er Jesus auferweckte und so sich zu ihm" und
damit zu der von ihm beanspruchten Vollmacht „bekannte" (S. 113).
Aber hier ist die Zukunft nur vorwegereignet. Alles metaphorischanbetende
Reden greift vor auf Gottes endgültige Offenbarung. Pannenberg
hat in einer Anmerkung beiläufig gesagt, die Bildung des Gottesgedankens
selbst sei kein metaphorischer Akt (S. 97, Anm. l). Er sei
nicht metaphorisch, „insofern es sich dabei um die unendliche Angewiesenheit
des Menschen, um sein letztes Anlegen, oder um mit
Luther zu reden, um das Ziel seines (letzten) Vertrauens handelt".
Ob das tatsächlich keine Metaphorik ist? Ob es sich da nicht trotz aller
Verweise auf die Geschichtsoffenbarung um einen zutiefst anthropologischen
Ansatz handelt? Ob hier nicht eher mit Schleiermacher als mit
Luther gesprochen wird? Doch es ist Pannenberg sehr zu danken, daß er
die Dinge von seinem Ansatz her so deutlich und so tief bis in die
vorhandenen Aporien hinein expliziert hat.

In höchst belehrender Weise äußert sich dann Wilfried J o e s t
„zur Frage des Paradoxon in der Theologie". Und zwar geht es ihm um
solche Paradoxien, „die in der dogmatischen Reflexion auf den logischen
Zusammenhang verschiedener im biblischen Offenbarungszeugnis begründeter
Aussagen möglicherweise sich ergeben" (S. 116). Joest unterscheidet
zwischen synthetisierbaren und nicht-synthetisierbaren Paradoxien
. Die ersteren verstoßen nicht gegen den Satz vom Widerspruch,
sie enthalten eine „heterorelative Antithese" und sind letzlich auflösbar,
also keine echten Paradoxien. Die letzteren lassen sich mit dem Satz

vom Widerspruch nicht vereinen, sie enthalten eine Antinomie. Die
Frage ist, ob die Theologie Aussagen im Sinne nicht-synthetisierbarer
Paradoxien zu machen hat. Nach dieser Klärung durchmustert Joest
zunächst eine Reihe von theologischen Stellungnahmen zum Problem
des Paradoxes (Barth, Scholz, Schilder, Kiesow, Schröer, Vogel). Bei
Heinrich Vogel findet er Hinweise, „die m. E. sowohl über die undifferenzierte
Behauptung des antinomischen Charakters der Theologie als
über die ebenso summarische Ablehnung dieser Behauptung" (S. 127)
hinausführen. Noch nicht die Metarationalität theologischer Aussagen
sei echte Paradoxalität, sondern erst diejenige Antinomik, in der zugleich
von Gott und dem Gottwidrig-Menschlichen, also der Sünde, gesprochen
werden müsse. Joest findet in solchen Zusammenhängen keine unmittelbar
antinomischen Sätze von der Form S = A und S = non A. Aber er
entdeckt eine Redefigur, die die Form hat: S = A, S = B, S = C, jedoch
wenn S = A und B, dann S = non C. Solche Satzgefüge gibt es dort,
wo von der Sünde innerhalb der Schöpfung Gottes geredet werden muß,
und dort, wo von der aus der Sünde errettenden Gnade Gottes gesprochen
wird. Joest erwartet sie auch an anderen Stellen, so in der
Christologie, den Aussagen über Gesetz und Evangelium und beim simul
iustus et peccator des Menschen. Die sorgfältige Durchführung, die Joest
gibt, kann hier nicht besprochen werden. Er schließt, „daß die Theologie
das Paradoxon im Sinne eines nicht synthetisierbaren logischen Widerspruchs
ihrer Sätze nicht schlechthin vermeiden kann" (S. 148). Soweit
wir sehen, gibt es gegen die Richtigkeit seiner Nachweise keinen Einwand
. Doch müßten die Sätze Joests eigentlich einem Fachlogiker zur
Formalisierung vorgelegt werden, ein Unternehmen, das nicht als
abwegig bezeichnet werden kann, solange der logische Charakter der
Sätze behauptet wird. Erst dann würde sich zeigen, ob der gedankliche
Bereich, in dem Joest mit seinen Sätzen operiert, diesen angemessen ist
und ob sich darunter wirklich keine synthetisierbaren Aussagen mehr
finden. Man käme dann aber wohl auch noch einmal zur Frage nach den
Paradoxien auf jenem Feld, in dem Joest, sehr vorsichtig, nur Metarationales
und Inkommensurables vermutet, das sich „im Rahmen der
Glaubenserkenntnis des Verhältnisses von Schöpfer und Kreatur logisch
durchaus begreifen" (S. 150) läßt. Denn das logische Begreifen ist doch
auch da wohl schon transzendiert, selbst wenn es richtig ist, daß die
Theologie kaum zugestehen kann, das Verhältnis von Schöpfer und
Schöpfung als solches mache Aussagen nötig, die gegen den Satz vom
Widersprudi verstoßen. Aber damit stehen wir in wohl verschärfter
Weise vor dem Problem, das Pannenberg soeben behandelte.

Abgeschlossen wird die Festschrift mit einem Aufsatz von Reinhard
Mumm, der unter dem Thema „Wir erwarten ein Leben der zukünftigen
Welt" einige „Beobachtungen an eschatologischen Aussagen" aus
Kirchenordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts und bei Philipp Nicolai
sammelt. Wir bezweifeln, daß Nicolai von der Unsterblichkeit der
Seele nur spricht, „um für seine Leser verständlich zu bleiben" (S. 168).
Trotz solcher etwas unkritischen Begradigung stellt die Studie des
intimen Kenners vor allem der Werke Nicolais aber einen interessanten
Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte des Lutherrums dar.

Das von Schlink für die Gegenwart neu aufgeworfene Problem
des Verhältnisses von Dogma und Denkstrukturen bewährt
in diesen Aufsätzen seines Schüler- und Freundeskreises
seine große theologische Bedeutung und Fruchtbarkeit. Es ist
dabei manchmal an Grenzen geführt worden, die sich als Aporien
erweisen könnten. Aber auch darin läge ja, wie im Ganzen dieses
Aufsatzbandes, ein höchst förderliches Weiterdenken.

Naumburg/Saale Martin Seils

Vermeulen, A. J.: Le developpement semasiologique Enup&veta,
et la fite de I'Epiphanie.

Hoppenbrouwers, H.: Conversatio. Une etude semasiologique.

Engels, L.: Fiducia dans la Vulgate. Le probleme de traduetion

naogrioia — fiducia. Nijmegen: Dekker & van de Vegt 1964.
144 S. gr. 8° = Graecitas et Latinitas Christianorum Primaeva, ed.
Chr. Mohrmann, J. G. A. Ros, H.H.Janssen, Supplementa, Fase. 1.
Kart. hfl. 15.-.

(Erster Teil der Festschrift Christine Mohrmann zum 60. Geburtstag
von ihren Nymwegener Schülern dargebracht).

A. J. Vermeulen (S. 7—44) führt die Verwendung des
altgriechischen Begriffs E. in der LXX auf die Ersetzung der
Idee der apparition veritable durch die der illumination au
dedans, des Sehens durch das Hören, des Räumlichen durch das
Zeitliche (insbes. das linear irreversible) zurück; nur die
eschatologische E. behält den caractere reel et tangible. Eine
Hellenisierung der jüdischen Tradition zeigt sich in II. Makk.,
Aristobul und Philo, wo E. vom menschlichen Willen
unabhängige, vor allem plötzliche (beides Merkmale von „Wirklichkeit
") Lichterscheinungen bedeutet; die Manifestation des