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1966

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 5

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gegenüber den DC nicht nur, sondern auch gegen die bisher
so ruhig dahinlebende Kirche lutherischer, unierter oder reformierter
Gestalt sein. Das Problem der Kirchenregierung („Dahlem
") ist zeitlich und sachlich das sekundäre. Daß dies in Lübeck
überwog, ist kein Vorwurf; die Struktur der Kirche erforderte es.

Der durchweg entschlossene Widerstand des Bruderrates
stützte sich auf den Lutherrat und auf das Zusammengehen mit
der BK der angrenzenden Länder. Auch bedeutete die Kleinheit
Lübecks einen gewissen Schutz für die 9 Bekenntnispfarrer bei insgesamt
27 Pastoren: das Kirchenregiment drohte mit Absetzung
und Gehaltsentziehung, vermochte dies aber schließlich nicht
durchzuführen, weil damit ein großer Teil der kirchlichen Versorgung
lahm gelegt worden wäre, zumal da Ereignisse im Reich
Einhalt geboten.

Rückschauend erkennt man gerade am Beispiel Lübeck die
Unmöglichkeit einer Zwiesprache der Gegner: auf Seiten der BK
die auf dem Evangelium gegründeten geistlichen Belange; auf der
anderen Seite, wenn man von der Staatsgewalt absieht, die völlige
Substanzlosigkeit, repräsentiert durch den Bischof Balzer, dessen
kirchliches Prinzip nur lautete „Ruhe und Ordnung", und der das
Dictum von sich gegeben hat: „von unserer Existenz als Nationalsozialisten
aus theologisch denken" (S. 244).

Bremen Karl Stoeresandt

Ceyssens, L.: Chretien Lupus. Sa penode janseniste (1640—1660)
(Augustiniana 15, 1965 S. 629—660).

Diem, Hermann: Der „Fall Sdiempp" und die „Kirchlich-theologische
Sozietät in Württemberg" (KidZ 21, 1966 S. 51—55).

Ihlenfeld, Kurt: „Ich bin ein Bote und nichts mehr". Apostolisches
und lutherisches Christentum bei Matthias Claudius (Luther. Zeitschrift
der Luthergesellschaft 36, 1965 S. 122—136).

Kupisch, Karl: Aus der Personalakte eines Schwärmers [Eberhard
Arnold] (KidZ 20, 1965 S. 506—509).

N i c h o 11 s , David: Newman's Anglican Critics (Anglican Theological
Review 47, 1965 S. 377—395).

KIRCHEN- IWD KONFESSIONSKUNDE

Kirchliches Jahrbach für die Altkatholiken in Deutschland
1965 mit Jahrweiser und Kirchlichem Behördenverzeichnis. Im Auftrag
des Katholischen Bistums Bonn der Alt-Katholiken in Deutschland,
hrsg. von Benno S c h ö k e , 64. Jahrgang. Bonn, Gregor-Mendel-Str.
28: Verlag des Bistums Bonn 1965. 80 S. m. zahlr. Abb. gr. 8°.
DM 3.-.

Um das Thema „Gott im Alltag" ranken sich Beiträge meist
aus der Feder alt-katholischer Geistlicher. Sie sind weniger philosophisch
-theoretisch, als vielmehr praktisch ausgerichtet und gehen
weithin auf ganz konkrete Fragen ein: etwa auf die Haltung des
Christen einer vielfach entchristlichten Welt gegenüber (E. Nickel),
auf die Teilnahme der Christen, auch der Kinder, am Leben der
Gemeinde (P. F. Pfister), auf die Stellung der Frau in der Kirche
(E. Kraft) und Probleme der ehelichen Gemeinschaft in christlicher
Schau (Th. Dietz). Dazu tritt ein Aufsatz über das Konstanzer
Konzil mit seiner Gegenüberstellung konziliarer und papaler Ausdeutung
des christlichen Selbstverständnisses einschließlich gewisser
Folgerungen für das Verhältnis von kirchlichem und weltlichem
Regimente (W. Krahl). Eingeschoben ist eine Reihe
aphoristischer Bemerkungen, Zitate und dgl. — Leider ist der
interessanteste Beitrag des Heftes (aus evangelischer Feder) „Wie
modern soll die moderne Kirche sein?" (W. Leo) durch ein recht
verständnisloses Beiblatt gewissermaßen eliminiert worden (ein
an sich erstaunliches Verfahren, das für mangelnde Sorgfalt bei
der Redaktion spricht). Leos bohrende Fragen bei seiner Darlegung
weit verbreiteter Zweifel an gewissen dogmatischen Aussagen
der Kirche weisen in der Tat auf aktuelle Fragestellungen
hin und können nicht einfach durch eine Feststellung der alten
katholischen Dogmen abgetan werden. Damit wird man die Kreise,
die Leo anspricht, gewiß nicht überzeugen können. Hier kann nur
eine wirklich moderne Darlegung der in diesen Dogmen aufgeworfenen
Fragen und der Versuch einer weltoffenen Darlegung
weiterführen und zu einer neuen Sicht dogmatischer Tatbestände
verhelfen. Schade, daß diese Gelegenheit ungenutzt vertan wurde!

Hamburg Bertold Spuler

K o 1 p i n g, Adolf: Katholische Theologie gestern und heute. Thematik
und Entfaltung deutscher katholischer Theologie vom I. Vaticanum bis
zur Gegenwart. Bremen: Schünemann [1964]. 431 S. 8°. Lw. DM 19.80.

Der Verfasser, Professor der Fundamentaltheologie in Freiburg
i. Br., hat mit seinem Buch, das in gewissem Sinn eine Fortsetzung
von Martin Grabmanns „Geschichte der katholischen
Theologie seit dem Ausgang der Väterzeit" (193 3) darstellt, ein
Werk geschaffen, das vor allem auch dem evangelischen Theologen
, der sich über die Arbeit der gegenwärtigen katholischen
Theologie in Deutschland orientieren will, einen sehr nützlichen
Dienst erweisen kann. Der umfangreiche Stoff wird in 6 Kapiteln,
die vom Vaticanum I bis zur unmittelbaren Gegenwart führen,
entfaltet. Der Leser erfährt eine Menge von Namen, Daten und
Titeln von Büchern und Aufsätzen. Diesem informatorischen
Zweck dienen ferner die Kurzbiographien bedeutender katholischer
Theologen der Gegenwart mit Literaturangaben in alphabetischer
Reihenfolge (373—404), eine Zeittafel (405 ff), sowie ein Sach-
und Personenregister (417—431). Wertvoll ist in dieser Hinsicht
auch die Aufzählung der gegenwärtigen theologischen Ausbildungsstätten
, der Schwerpunkte theologischer Einzelforschung, der
wissenschaftlichen Vereinigungen von theologischer Bedeutung,
der lexikalischen Unternehmungen, der wichtigsten Zeitschriften,
der Bibelausgaben und Bibelübersetzungen, der wesentlichsten
Lehrbücher usw. (307—330). Absolute Vollständigkeit ist dabei
nicht angestrebt und läßt sich bei dem fluktuierenden Zustand
dieser Dinge auch schwer durchführen. Trotzdem ist das Auswahlprinzip
nicht ganz durchsichtig; auch dürften gelegentliche Versehen
(z. B. in der Bezifferung von Auflagen) unterlaufen sein.
Immerhin ist der informatorische Wert dieser Angaben hoch
anzuschlagen; er macht das Werk zu einem ausgesprochen nützlichen
Buch.

Der Verfasser hat sich aber über die bloße Information hinaus
das Ziel gesetzt, ein Gesamtbild von der Entwicklung und der
inneren Struktur der modernen katholischen Theologie zu geben.
Auch in dieser Hinsicht leistet das Buch einen vortrefflichen
Dienst, wiewohl man sich fragen kann, ob es nicht besser gewesen
wäre, die beiden Aufgaben stärker von einander zu trennen.
Tatsächlich wird die Konzentration auf das Problemgeschichtliche
durch die ständig eingefügten informatorischen Angaben von
Namen und Daten vielfach erschwert. Die beigegebenen Textproben
(331—370) sollen das Bild anschaulicher machen.

Was nun die innere Entwicklung der neueren katholischen
Theologie anlangt, so wird vor allem der Neuansatz in der Zeit
nach dem ersten und in verstärktem Maße nach dem zweiten
Weltkrieg deutlich. Das soll freilich nach der Meinung des Verfassers
keine Abwertung der Zeit um das I. Vaticanum bedeuten-
Die Abgrenzung gegen jede Art von „Modernismus" war notwendig
; nur so wurde im 20. Jahrhundert die „Wende zum dog'
matisch Echten" (62) ermöglicht. Innerlich gefestigt konnte nunmehr
die katholische Theologie aus der Defensive heraus in das
Zeitalter des Aufbruchs und der Bewegung eintreten, ohne erneut
in ein modernistisches Fahrwasser zu geraten. Nicht jeder wird
sich diese theologiegeschichtliche Schau vorbehaltlos zu eigen
machen können; aber in ihr dürfte jedenfalls eine Intention der
gegenwärtigen katholischen Theologie richtig wiedergegeben sein-
Es ist allerdings erregend, zu beobachten, was alles in Bewegung
geraten ist. Die katholische Theologie ist heute in erstaunlichem
Maße im Gespräch mit den geistigen Strömungen der Gegenwart»
nicht zuletzt mit der zeitgenössischen evangelischen Theologie E5
ist dankenswert, mit welcher Aufgeschlossenheit und Ausführlichkeit
der Verfasser auf die Fragen gegenwärtiger evangelischer
Theologie (Barth, Bultmann uw.) eingeht und nachweist, wieviele
Anregungen sie der katholischen Theologiae gegeben hat und noch
gibt. So ist sein theologiegeschichtlicher Überblick zugleich e,n
Zeugnis für die Möglichkeiten eines ökumenischen Willens im
heutigen Katholizismus. Wie hat sich z. B. die exegetische
Situation gegenüber früheren Entscheidungen der bibelkomniiss«"1
gewandeltl Wie bemerkenswert ist der Aufbruch in der EkklcsiC"
logiel Eine besondere Beachtung erfahren die Grundgedanken von
Karl Rahner, der offenbar vom Verfasser als Exponent eines nclic"
theologischen Willens in Deutschland betrachtet wird. Am kiren^
liehen Charakter der Theologie darf freilich keinen Moment ge