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Ausgabe:

1966

Spalte:

359-360

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Die Vollendung der menschlichen Gerechtigkeit 1966

Rezensent:

Lorenz, Rudolf

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 5

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geographischen Gegebenheiten schält sich in klarer und spannender Dar- keller. A. Fingerle hat eine Abhandlung über den Stil und die
Stellung das Bild einer frühen, von Ägypten aus schon im zeiten Jahr- rhetorischen Figuren der Traktate beigesteuert,
hundert begonnenen Missionstätigkeit in Südindien heraus die unter das Das Schwergewicht der Einführungen liegt auf der Darstellung
Zeichen der Bartholomaus-Tradition gestellt wurde, wahrend die Thomas- , r .. l j j j_ i • j <- i i j
Tradition mit der späteren Nordindienmission der parthisch-syrischen de,r Entstehungsgeschichte und des theologischen Gehalts der einKirche
zusammenhängt. Der Niedergang der ägyptischen Südindien- zelnen Schriften. Liest man sie zusammen so hat man eine kurz
Beziehungen führte dann die Vorherrschaft der persisch-syrischen Kirche und gut orientierende Ubersicht über die Geschichte und die Pro-
und der Thomas-Tradition in ganz Indien herbei. — Fesselnd und farbig bleme des pelagianischen Streites bis 418. Wenn A. Zumkeller in
ist auch Kirstens Beschreibung des alten Edessa (S. 144—172), ge- Wendung gegen T. Bohlin (Die Theologie des Pelagius und ihre
wissermaßen eine Ergänzung seines früheren Edessa-Artikels im RAC Genesis, Uppsala-Wiesbaden 1957 — ein Buch, dessen Verdienste
(1959). An Hand der allein maßgebenden und verhältnismäßig konti- der Rezensent höher bewerten möchte, als Zumkeller es tut),
nuierlich fließenden literarischen Quellen wird die Topographie und S. Prete (Pelagio e il Pelaginanesimo, Brescia 1961) u. a. die Ten-
besonders die allmähliche . Christianisierung des Stadtbildes beschrie- den2 bekä ft der orthodoxen Seite alles übel auszulegen und
ben, unter den Bauten vor allem die Hauptkirche der Sophia oder Maria. .L n . , , ,c . . , . °

ihre Gegner zu entschuldigen (S. 79), so ist ihm dann zuzustimmen.

Die im engeren Sinne philologischen Beiträge eröffnet Kl. T r a e - daß beiden Seitcn Gerechtigkeit widerfahren muß. Zur Entlastung

de s mit einer Fortsetzung seiner Untersuchungen zum Ursprung und zur des pe] iug ^ ^ ^ berücksichtjgen) daß er in einer Tradition
Geschichte der christlich-lateinischen Poesie (111): „Zwei Beispiele kon- ■■ j_- j_ tl i u,. j j i jt->i

ventioneller Selbstherabsetzung in der patristischen Literatur und Poesie" mondusdier Theologie steht zu der auch so hervorragende Doku-

(S. 101-111): „Schreiben mit Furcht und Zittern" und „Poeta loquax". ment/ *ie *<= Regula Basiln gehören. Die Neuerung liegt im

In beiden Fällen wird die verchristlichende Umdeutung der alten Wen- Gnadenbegnff Augustins, der neben dem biblisch-paulinischen

düngen besonders ins Auge gefaßt. Ilona O p el t weist ein — fälschlich Erbe noch allerlei anderes enthält

Epikur zugeschriebenes — Senecazitat bei Hieronymus als solches nach Da eine Übersicht über die Druckausgaben der einzelnen Schriften

(S. 175 f), und H. Bellen gibt eine problematische, aber interessante nach Urba — Zycha (CSEL 42) geboten wird, sei die Nützlichkeit dieses

neue Deutung des schwierigen fiäXXov xgijoat I. Kor. 7, 21: es soll be- Tuns anhand von De gestis Pelagii hervorgehoben. Die Editio prineeps

sagen, daß (das Streben nach Freilassung zwar gut, aber) der Verzicht von Welser erschien 1611 in Augsburg, wie übrigens auch sdion bei Pagi

darauf im Sinne einer „asketischen Leistung" noch „besser" wäre. Nicht (zu Baronius, ann. 417 n. III) und Schoenemann zu lesen war. Die Schrift

auf gleicher Höhe hält sich Wolfg. S p e ye r s Aufsatz „Zu den Vor- kann also nicht von Calvin benutzt worden sein, die von L. Smits, Saint

würfen der Heiden gegen die Christen". Schon die einleitende Behaup- Augustin dans l'oeuvre de Calvin, Bd. II (1958), S. 202—203 aufgestellte

tung, Minucius Felix habe „ziemlich vollständig" die Hauptvorwürfe Tabelle ist also zu streichen.

der Heiden zusammengestellt, trifft kaum zu. Ganz unglücklich ist es Der Einführungsbeitrag von Fingerle zeigt eindrucksvoll, wie

aber, wenn die bekannten Greuelmärchen (Verehrung eines Eselskopfes, Augustin auch in diesen polemischen Abhandlungen durchaus

Anbetung von Genitalien, kultischer Kindesmord u. dgl.) nun dadurch „Kunstprosa" schreibt. Die Beobachtung, daß die stilistischen

substanznert werden, daß sie auf Grund von Angaben des bpiphamos uz.U*~.„*.V*<, __cj.1 rtJ i_l ai. j. • i „

j ■ iui. j».* j„„ r~~*n,<.~. a„, ,„,„■>.,„ i«iA.,mA.rt. Höhepunkte jeweils am Schluß der einzelnen Abschnitte liegen,
aus dem vierten Jahrhundert den Onostikem des zweiten Jahrhunderts . i_ i c n • r> • . i # «l
als Wirklichkeit in die Schuhe geschoben werden. Das ist freilich eine kfln an, einzelnen Stellen eine Revision der überlieferten AbTaktik
, der schon die Kirchenväter gefolgt sind; aber sie verkennt nicht schnittsgliederung erforderlich machen. Der Vf. versagt es sich
nur den traditionellen Charakter dieser Wandermotive, sondern auch aber, daraus konkrete Vorschläge abzuleiten. Auch die sehr ver-
ihre psychologisohen Voraussetzungen. Wie stereotyp und haltlos die dienstliche Übersicht über die stilistisch-rhetorischen Figuren
Verleumdung der Gegner leider auch innerhalb der christlichen Kirche zu würde ihre eigentlichen Früchte erst erbringen, wenn man sie mit
sein pflegten, hat in anderem Zusammenhang Karlm. Beyschlag erst der Prosa vergleichbarer Schriften von Augustins Zeitgenossen
kürzlich wieder gezeigt („Kallist und Hippolyt", Theol. Zeitschr. 20, vergleichen würde, um so die Stimme Augustins, die in aller
1964, S. 103-124). Rhetorik unverkennbar bleibt, hörbar zu machen. Die hoch-

An „Nachträgen" zum RAC enthält der Band diesmal nur einen rhetorische Epistula ad Demetriadem des Pelagius reizt geradezu

Artikel von F. de Vi ss eher über „Ascia", ein Werkzeug der Bau- zu ejner solchen Gegenüberstellung. Eine Vorarbeit dazu bietet

arbeiter. das im sepulkralen Zusammenhang zu symbolischer Bedeutung das ßudl yon de plinval> Essaj suf je ^ e(. j , de pfl

gelangt ist. Unter den Buchbesprechungen sei Stuibers Kritik an u„;U,,,™/c^u„, mA-r j c i-j. j 1 i -j f n i m- .„1

W. heget, „Das frühe Christentum und die griechische Bildung" *«burg/Sdiw. das freilich darunter leidet daß de Plinval

hervorgehoben. ohne weiteres das Material der von ihm für pelagianisch gehal-

„ „,,»,,, . . , t ttt . tenen Schriften mitverwendet.

Der neue Band des Jahrbuchs zeigt in erfreuender Weise, wie n„ t . ._. i t i K i , , . .ric-r-o,*

stark das Franz-Joseph-Dölger-Institut heute schon Tradition ge- . „Per Iatilms* ^ tV ^llt^ 1°^^ V°?- "f* P^el

bildet hat. Die meisten Artikel setzen entweder schon früher am Zl u-^A^ ^ ' i 1 Ahel<hunS™ (m der RegC

i jj__l n^j t j u c unerheblich) sind durch Anmerkungen gekennzeichnet.

gleichen Ort begonnene Untersuchungen fort oder nehmen auf „. fv, ^ . .... & ■ , ,

j i. i_. , . r>n j • • j • r ±tri. j Ule Ubersetzung ist zuverlässig. Naturlich kann man an manchen

andere, die hier und im RAC erschienen sind, in Fortfuhrung oder ct.u„„ „„ j„„ u ;„ . r, 5 £ , ' ,~ ". c i

. ' . _ _ . . . . ' ... ,f stellen anderer Meinung sein. De perf. lust. hom. 6, 14 (S. 142): Sed hoc

Auseinandersetzung Bezug. Es ist ein Arbeitszentrum für die Ge- agitur gratia per fidem ut aIiquando dicatur _ >>Aber mit der Gnade

schichte von „Antike und Christentum" entstanden, das nicht wird durdl den Glauben dies bewirkt, daß einstens gesagt werden kann",

nur auf dem Papier steht und dessen stetig reifende Früchte wir würde ich vorziehen, den Akzent anders zu setzen: „Aber von der Gnade

alle empfangen dürfen. wird durdi den Glauben dies bewirkt". Ebenso 10,21 (S. 154): Qua*

Heidelberg H. t. Camponhausen tarnen Caritas ut habcatur etiam tanta quanta in „corpore huius mortis

(Rm 7, 24) haberi potest, parum est nostrae voluntatis arbitrium, rn^j
adiuvet „gratia Dei per Jes. Chri. usw.", wo ich statt „ist nur zum Telo

Augustinus, Aurelius: Schriften gegen die Pelagianer. Lateinisch- die Entscheidung unseres Willens, wenn ihn nicht unterstützt die Gnade

deutsch. Bd. II: Die Vollendung der menschlichen Gerechtigkeit, Heber sagen möchte „liegt nicht im Bereich unseres Willens, wenn in"

übertragen v. A. F i n g e r 1 e. Die Verhandlungen mit Pelagius, über- nicht unterstützt die Gnade". De gest. Pel. 14, 34 (S. 262): Quapropter

tragen v. B. A 11 a n e r. Die Gnade Christi und die Erbsünde, über- quamvis bene operandi gratiam fides impetret, „Mag darum der Glaube

tragen v. A. F i n g e r I e. Einführung von A. Zumkeller u. A. Fingerle, noch so viel Gnade.zum rechten Tun erflehen", sollte es heißen „erlan-

Erläuterungen von A. Zumkeller. Würzburg: Augustinus-Verlag 1964. gen". De grat. Christi et pecc. orig. 2,24,28 (S. 430): (Christus rette!e

550 S. gr. 8° — Sankt Augustinus, der Lehrer der Gnade. Lateinisch- uns) „on faciendo voluntatem suam, sed eius a quo missus est, ,.nj«*

deutsche Gesamtausgabe seiner antipelagianischen Schriften, hrsg. v. indem er seinen Willen tat, sondern dessen, von dem er gesdiarfe

A. Kunzelmann u. A. Zumkeller. wurde" — richtig: „gesandt wurde".

Fast ein Jahrzehnt nach dem Erscheinen von Bd. VII der latei- Der Band ist ein wertvolles und brauchbares Hilfsmittel zum

nisch-deutschen Gesamtausgabe der antipelagianischen Schriften Studium der antipelagianischen Polemik Augustins. Der ^e^"s

Augustins (vgl. ThLZ Jg. 1956) liegt jetzt Band II vor, welcher darf der Ausgabe ein baldiges weiteres Fortschreiten wünschen.
De perfectione iustitiae hominis (übersetzt von A. Fingerle), Maln' Rudolf Lor. n/

De gestis Pelagii (B. Altaner), De gratia Christi et peccato ori- ~ . . . . , „ , . Regula

. i • /« r-. ix i ..i A. r-i i.i t- i fl j ) Für den Nachweis der „pelagianisdicn Tendenzen der iw» .

ginali (A. Fingerle) enthalt. Die ausführlichen Einleitungen und darf ^ auf mejnen Aufsafz verweiscn: >iDle Anfinge des abend

die am Schluß des Bandes stehenden Erläuterungen (die, offen- ländischen Mönchtums im 4. Jahrhundert", der demnächst in ZKO ^

sichtlich um der Bequemlichkeit der Leser willen, manches in der scheinen wird. Zum Gnadenbegriff Augustins vgl. „Gnade und Erkenn

Einführung schon Gesagte wiederholen) stammen von A. Zum- nis bei Augustin", ZKG 75 (1964) 21—78.