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Ausgabe:

1966

Spalte:

337-339

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Brunner, Hellmut

Titel/Untertitel:

Die Geburt des Gottkoenigs 1966

Rezensent:

Oster, Herbert

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 5

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rischer Christologie sozusagen als genus majestaticum des sich
dem Worte Gottes verdankenden Textes zu verstehen sein.

Die das Ganze „bündelnde" kritische Frage, ob bei Fuchs
..nicht auf eine exegetisch schmale Basis systematisch (I). in Negation
und Position, zu viel gebaut ist" (S. 56), mit „Ja" zu beantworten
, dürfte dem nicht schwer fallen, der das als Vorzug gegenüber
jenen theologischen Entwürfen unserer Tage ansieht, die entweder
auf einer exegetisch breiten Basis systematisch zu wenig
oder aber ihr dogmatisches Haus gleich in die Luft bauen. Es darf
aber zum Schluß darauf hingewiesen werden, daß Fuchs in seinem
eben erschienenen, dem christologischen Problem im Neuen
Testament geltenden Aufsatzband (Glaube und Erfahrung. Ges.
Aufs. III) die „exegetisch schmale Basis" sogar mit der Trinitäts-
lehre belastet, wenn er die These wagt: „Die Wirklichkeit Jesu
Christi gehört gerade exegetisch gesehen in die Trinitätslehre" .

") Die Wirklichkeit Jesu Christi. Zu einer Disputation mit Prof.
W. Künneth. Ges. Aufs. III, Tübingen 1965, S. 456.

In der Tat: „an gemeinsamen Glaubensanliegen mit dem K. Barth
der Kirchlichen Dogmatik fehlt es . . . nicht" (S. 56). Die herme-
neutische Arbeit, wie sie Fuchs versteht, ist durchaus darum bemüht
, die sog. doctrina als Predigt und Lehre nicht nur zu
unterscheiden, sondern auch theologisch zu verantworten. Integriert
bei Barth die sog. materiale Dogmatik das hermeneutische
Problem, so impliziert für Fuchs das hermeneutische Problem die
ganze Dogmatik. Das hermeneutische Interesse an der Trinitätslehre
macht das hinreichend deutlich. Und daran wird doch wohl
auch deutlich, daß das Gespräch zwischen Marburg und Basel —
auf einer anderen Ebene — weiter geht. Undankbarkeit allein
könnte daraus einen Vorwurf gegen Rudolf Bultmann konstruieren
, ohne dessen Arbeit man sich vielleicht schneller geeinigt
hätte, aber sicherlich auf dem schmalen Weg einer Probleine
und Aporien nicht scheuenden Theologie nicht einmal langsam
vorangekommen wäre.

HF LIG l 0 N SXVl SSFN S C H AFT Bilderfolge durch Größe und Personenreichtum hervorgehoben:

Das Kind kommt unter den Segenswünschen zahlreicher Götter

Brunner. Hellmut: Die Gebart de, Gottkönigs. Studien zur Über- *» Welt, zugleich mit seinem Km. den der Schöpfergott Chnum

lieferung eines altägyptischen Mythos. Wiesbaden: Harrassowitz 1964. formidentisch m.t dem irdischen Leib geformt hat. Hierauf naht

VII, 226 S. 24Taf. gr. 8° = Ägyptologische Abhandlungen, hrsg. v. Amun, der himmlische Vater des Kindes, um es zum ersten Male

W. Helck u. E. Otto, 10. Kart. DM 36.—. zu sehen und es als seinen Sohn anzuerkennen. Die Göttin Hathor

Ausgangspunkt dieser Studien zur Überlieferung des Mythos hält das Neugeborene dem Vater hin, der es mit der Hand be-

von der göttlichen Zeugung und Geburt des ägyptischen Pharao rührt und es ausdrücklich all das mit ihm wesensgleiche anerkennt:

sind die Bilderzyklen, die sich - in unterschiedlicher Vollständig- »Mein Sohn von meinem Leibe, mein strahlendes Abbild, aus mir

keit - in einigen Tempelbauten des Neuen Reiches erhalten hervorgegangen I

haben. In der nächsten Szene wird das Kind von göttlichen Wesen

Zwar beschädigt, doch vollständig in 15 Einzelszenen erhalten gesäugt und gewartet, in der folgenden der Götter-Neunheit des

sind die Fassungen des Mythos in der Gcburtshalle des Terrassen- Landes dargebracht und vermutlich einer rituellen Reinigung

tempels der Königin Hatschcpsut zu Der cl-bahri und im Geburts- unterzogen^ Nach einer nicht sicher deutbaren Szene, in der das

Limmer des Tempels Amcnophis' III. in Luxor, beide aus der Zeit Kind zwischen Amun und Thot unter der Flugclsonne erscheint -

der 18 D nastie möglicherweise ein Bekleidungsakt —, schließt der Zyklus mit einer

, ' y „ . , ... , . n _^t„j_ figurenreichen Szene, auf der die Beschneidung des Kindes dar-

Wcitere Fassungen haben sich einmal aus der 19. Dynastie in »

Medinet Habu, und aus der 21.-22. Dynastie im Nord-Ost-Tcmpel Seste"1 • -i

im Bezirk der Mut zu Karnak nachweisen lassen, beide nur in Die 15 Szenen, die hier nur sehr zusammengedrängt und auf

Bruchstücken erhalten Wesentliche beschrankt beschrieben werden konnten, sind

,C ' ,. , . ,. ,. „.. . „„ i vom Verf. in Bild und Text mit aller Sorgfalt besprochen, die

sn Ä Luxor-Rchcfs werden hier erstmalig vo Istandig und nach kommentiert, und beide Versionen mitein-

^orgfalt ger Prüfung des Bild- und Textmatenah (in U^igA- worden ^ ^ ^ ^ ^ Vorwort

nungen) dargeboten, wahrend bei der Be prechung der Reliefs * religionsgeschichtliche Untersuchungen und

on VA SUf TCV,ZUgTgCn7™" ttH London 1^7 "ordnungsversuche8 für Rdigio'nshistoriker und Theologen einen

vonH. Navillc, The Temple of Deir el-Bahan, London 1894- tragfäh.gc* Grund zu in ausgezcichneter Weise erreicht.

Die beiden vollständig erhaltenen Versionen von Der el-bahri Über das Wesen des Zyklus, ob politische Propaganda. Ritual

und Luxor divergieren lediglich im Anfang der Erzählung, während oder Mythos sind innerhalb des engeren Fachkreises der Agypto-

£ im Bericht des eigentlichen Geschehens übereinstimmen. In log.e die widersprüchlichsten Meinungen geäußert worden. Die

Per el-bahri wird der Zyklus eröffnet durch eine Götterversamm- Ansicht daß die Darstellungen und Texte der Legitimation der

hng im Himmel, in deren Verlauf Amun, der Götterkönig, den fragwürdigen Thronanspruche einzelner Herrscher dienen sollten,

versammelten Göttern seinen Entschluß mitteilt, dem Land einen ist immer wiederw£h ™n

Thronfolger zu schenken. In Luxor stehen am Anfang der Erzäh- U Schweitzer in ihrer Arbeit über das Wesen de Ka: „Die E.n-

•«ng zwei Bilder, in denen die Göttin Hathor die Königin, Amun führung der Thcogam.e mit bildlichen Darstellungen und im

gelbst deren irdischen Gatten, den König, von dem bevorstehenden Rahmen eines feststehenden Zyklus erfolgte anscheinend erstmals

Ereignis in Kenntnis setzen. unter Hatschepsut. (S. 65)

. In der nun folgenden Erzählung des Geschehens stimmen Der Verf. weist jedoch die Annahme der Zyklus sei von

beide Versionen übercin: Thot, der Götterbote, führt Amun zur Hatschepsut zur Stärkung ihrer Thronanspruche erfunden worden,

Königin, die ihn sofort in seiner Identität erkennt und freudig mit einleuchtenden Gründen zurückD.c ^«^^ÄS

begrüßt. Amun wohnt der Königin bei, bestimmt den Namen des der Bilder und die philologische Prüfung der be.geschriebenen

^ndes, das die Königin gebären wird, und offenbart dieses Kind Texte macht über jeden Zweifel deutlich, daß eine- Abhängigkeit

* den künftigen König Ägyptens. Im folgenden Bild formt der der Darstellungen und Texte von Luxor oder Karnak von denen

S*öpfergott Chnum den Körper des Kindes auf Verlangen des der Hatschepsut in Der el-bahr. ausgeschlossen werden muß, da

Götterkönigs nach dem Bilde des Amun. Anschließend naht der Luxor in mehreren Fällen die altere Fassung gibt. Es ist sehr

Götterbote Thot der Königin und übermittelt ihr ihre Rang- wahrscheinlich daß die uns ,n Bruchstucken oder vollständig er-

"höhung zur Königsinutter und verleiht ihr jene Titel, die nur haltenen Zyklen in Bild- wie Textbestand auf heute ,uch mehr

e'»er solchen vorbehalten sind. Darauf führen die Götter, die das greifbare Vorlagen zurückgehen, die in alterer Zeit, vermutlich im

K'nd geformt haben, die Königin, die in dieser Szene bereits den Alten Reich, entstanden sind.

'■rel der Königsinutter trägt, zur Entbindung. Das nun folgende Auch die Anbringung der Reliefs im Wustentempel von Der

■JJd mit der Geburt des Gottkönigs steht in beiden Zyklen an el-bahri und im Tempel Amenophis' III. in Luxor verbietet die

■bevorzugter Stelle und wird als wichtigste Szene der gesamten Interpretation des Zyklus als politische Propaganda, da die ent-