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Ausgabe:

1966

Spalte:

277-278

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hermann, Ingo

Titel/Untertitel:

Kyrios und Pneuma 1966

Rezensent:

Michel, Otto

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 4

278

Literaturformen des Urchristentums besprochen. Original ist besonders allerdings noch nicht begnügen; vgl. D. Georgi, Die Gegner des

die der Evangelien; selbst die Synoptiker sind nicht etwa gleichartig Paulus im 2. Korintherbrief, 1964). Methodisch geht der Verfasser

(37 f). Die Briefform wurde durch das Urchristentum schöpferisch um- so vor> daß er den Zusammenhang von 2. Kor. 3 zu analysieren

gestaltet (im Zusammenhang wird über die naive Anonymität' im ur- versudlt und dann in einem zweiten Tdl der Untersuchung die
chmthchen Schrifttum gehandelt, 39-42). Die «>stotehschen Begriffe Konzeption entwirft; „Die theologische Durchführung der

sind nicht geeignet zur Kennzeichnung der urchnstlichen Literatur (43 0- u v ■ j t> « o iV j .i t „

Identität von Kynos und Pneuma . Sympathisch wirkt der Ver-

In Kap. III-VI werden vier Grundformen urchristlicher Redeweise sucn> methodisch unsere Fragestellung von sachfremden Kriterien
behandelt, zuerst der Dialog Er ist auch in der schriftlichen Form dem zu reini ( , sdl0n Einleitung S. 13), aucn die Gewissenhaftig-
besprochenen sehr nahe (48). W. zeigt, wie schon im Alten Testament >... . " . , ^ , . P T. . _ ,
c~*. ■ r -j. • - j m j. u i> . .. , u.. keit einer exegetischen Feststellung (wie s. 73: „Kein Reglement,
vjott im Gesprach ist mit den Menschen bzw. seine Boten mit den Hörern , . * - . . , 1. X n 1 ,
(59 0. - Der besondere Charakter der neutestamentlichen Geschichten "st recht keine Institution soll nach dieser Stelle das Leben der
ist darin gegeben, daß sie nicht um ihrer selbst willen erzählt werden, Gemeinde ordnend fordern, sondern ein Charisma"). Zu den Re-
sondern den Hörer einbeziehen (65.67 ß. Bezüglich der Heilungsberichte sultaten der LIntersuchung gehört: Das in 2. Kor. 3 gemeinte
betont W., daß sie im großen Zusammenhang des heilsamen Handelns Jesu Pneuma ist der Kyrios selbst, insofern er — in dieser Weise seit
zu sehen sind (71—74). Kurze Erzählungen über Jesus liefen bereits am der Erhöhung — sich dem Menschen gewahrt und von ihm erAnfang
der Verkündigung von Jesus um, ja schon bei seinen Lebzeiten fahren werden kann (s. 57). Pneuma ist als Funktionsbegriff zu
(74 f). Die frühesten Geschichten waren solche, die das ganze Evan- verstehen und bezeichnet das Mittel, durch das Christus in
gelium in sich schließen, indem sie von dem rettenden Handeln Gottes ist ($ 3Q) In der religionsgesAiditlidien
reden (76 0- In der ersten, prophctisdicn Periode des Urchristentums, n . j n l -cc l-L ^ t ti i-i i-j j- t->
meint W., wurden die Taten (und die Worte) Jesu insbesondere weiter- Deutu"g des Pneumabegriffes fuhrt I. H. ausführlich die Deutungesagt
im Zusammenhang der hohen eschatologischen Erwartung (75. 77). fen von h- Kasemann und E. Schweizer an (s. 125), lehnt aber
Die Erzählungen über Jesus bildeten die erste Brücke zwischen dem letztlich doch eine hellenistische bzw. gnostische Deutung ab und
Jesus der Geschichte und dem Christus des Glaubens (76). Mit ihnen entschließt sich im Anschluß an E. Sjöberg Th. Wb. VI für eine
stand oder fiel die christliche Bewegung (78). — Für die Gleichnisse Herleitung aus dem alttestamentlich-rabbinischen Raum. Hier geht
Jesu wird zumal ihre Natürlichkeit, ihr Offenbarungsdiarakter und die cs nicht um eine himmlische Wesenheit, sondern um eine objektiv
Unmittelbarkeit ihrer Anrede herausgestellt. In ihnen verbinden sich erfahrbare Realität (s. 130). Als Rezensent fragt man sich, ob der
Elemente der apokalyptischen (prophetischen) und der Weisheitsrede Verfasser mcht doch die Analyse der paulinischen Struktur ver-
(86-so) Genauer besprochen werden die C cichmsse von der Gottes- fcHt und verfehien mußi wenn er statt des dogmatischen Begriffsherrschaft
in Mark. 4 (über Mcrkma c der Ursprunglichkcit äußert sich ,_/__.__,___ D , . "

W. co-92). Sie sind, will man ihr Eigentliches fassen, von dem, der sie V^emm» derartig festgelegte Reahtatsdeutung einführt, die

spricht, und von ihrer Stunde nicht zu lösen (94). der Vielfalt der paulinischen Aussagen kaum gerecht werden kann.

, ,,„,.., , ,. , , 11 1 • 1 1 -t 2. Kor. 3 gehört doch wohl in eine zugespitzte Diskussion, aus

Am eingehendsten handelt W. über das Lied der Urchnstenheit . • _ 11 i<. j.
(97-125). Die Liedgattungen werden besprochen, sodann das Lied im der 2. Kor. 3, 17a nicht herausgenommen werden kann. Mit dieser
zeitgenössischen Judentum, zumal die Lieder von Qumran, die im Ver- zugespitzten Diskussion hängt auch die religionsgeschichtliche
gleich zu denen des Neuen Testaments recht kritisch beurteilt werden, Eigenart des paulinischen Pneumabegriffes zusammen. Der Verbind
die Lieder (ausführlicher Eph. 5, 14) sowie rhythmische Stücke des fasscr sieht die Wichtigkeit der Diskussion ein (s. 20 Anm. 4),
Neuen Testaments, diese speziell in l.Joh. wertet sie aber für die religionsgeschichtliche Bestimmung des

Angefügt ist den Vorlesungen ein Kap. VII: Bild, Symbol paulinischen Pneumabegriffes in 2. Kor. 3 nicht genügend aus.

und Mythus sind für die Fassung gerade auch der zentralen ur- Aber in den Negationen s. 140 möchte ich ihm gern zustimmen:

christlichen Aussagen unentbehrlich (so betont W. gegenüber er entscheidet sich dafür, systematisch-trinitarische Interpreta-

Bultmann); das Neue Testament gibt auch ein neues Weltver- tionen als historisch unrichtig abzuwehren wie auch das religions-

ständnis. geschichtliche Verständnis von Pneuma als unpersonaler, ding-

In den wenigen Sätzen eines Referats kann das Besondere bafter "nTd selbständiger Kraft oder als Fluidum einzuschränken
der Vorlesungen höchstens angedeutet werden. Sie enthalten <S-Innder hermeneutischen religionsgeschichtlichen und beeine
Fülle von Einzelurteilen über die Bedeutung von Sprache und S"'0'*'11 Bestimmung blelbt 1 Hermann zu früh stecken Aber
Ausdrucksformen des Neuen Testaments für die Aussagen selbst, die Wichtigkeit von 2. Kor. 3, 17a für die paulinische Exegese
Sätze, die weithin auch in der Formulierung ihren eigenen Glanz bleibt unbestritten.

bekommen. Mehrfach werden die neutestamentlichen Befunde TubingeD Otto Michel

vergleichsweise abgehoben von solchen in der modernen Literatur _ , _ _ ■ _ ... ,

(W. ist nach dem Umschlag Bruder des Dramatikers Thornton W.). B « c * • Wi.] !am ..Ther Ncw J"'"^"'.*he U?guagf °J, TodT

Sti-,.. j. j d a itj_i 1 j -tl 1 j a j St. Louis Miss. USA: Concordia Publishing House 1963 . XI, 459 b.

K? die das Beteiligtse.n des Theologen an den Aussagen des g„ _ Concordia Paperbacks Edition 1964. Kart. $ l.4f.
1N|cuen lestaments bekunden, fugen sich m den Rahmen der Vor-

'esungen durchaus ein. Auch in der Gestalt des Buches stellen diese, J«« neue Ubersetzung sucht in einer ganz bestimmten Richte
die Beziehung von Sprache und Sache im Neuen Testament in ,tun2 und Intention dem modernen Menschen zu helfen, die Bibel
besonderer Weise lebendig werden lassen, in Form und Inhalt eine besser zu verstehen, als es bisher möglich war. Man wird also von
köstliche Gabe dar. der Frage auszugehen haben, was an den noch keine 20 Jahre alten
Htlle/Sule G»rh*M D«lHn| Neufassungen der englischen Bibel bzw. des NT in diesem Sinne

als verbesserungsbedürftig angesehen wurde, so daß sich die

H,»„ 1 . , „ ... „. . , , amerikanischen Lutheraner entschlossen, ihrerseits diese Privat-

'errnann, Ingo: Kyrios und Pneuma. Studien zur Chnstologie der ~ru<>n- l,„r,.,c,>,V,r,«r,»„
Paulinischen Hauptbriefe. München: Kösel-Verlag 1961. 155 S. gr. 8° nerauszuDnngen.

|" Studien zum Alten und Neuen Testament, hrsg. v. V. Hamp u. Dazu sincl ciniKe Vorbemerkungen zweckmäßig. Die romfreie, eng-

L Schmid, Bd. II. Kart. DM 19.80. 'iscn sprechende Welt besaß bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts

n. , . ganz ähnlich wie wir in der Lutherbibel mit ihrer King James Version

in u'fv g° Verhältnis von Kyrios und Pneuma tritt von 1611 eine nicht hoch genug einzuschätzende gemeinsame Grundlage

"»erhalb der katholischen Exegese in eine eigenartige Diskussion über alle denominationellen Spaltungen hinweg. Ende des vergangenen

die dem protestantischen Forscher leicht entgehen kann (vgl. Jahrhunderts wurde (ähnlich wie bei uns, jedoch konsequenter) eine

as Gespräch der vorliegenden Arbeit mit H. Bertrams, Das Wesen Revision sowohl in sprachlicher wie vor allem auch in textkritischcr Hin-

{*■ Geistes nach der Anschauung des Apostels Paulus 1913; J. B. sidlt durchgeführt, die jedoch nicht recht beim Kirchenvolk Eingang fand,

^'sius, Zur Erklärung von 2 Kor 3 16 f in ZkTh 40 (1916) sondern in den Studierstuben der Pfarrer hängen blieb. Die King James

ll7~67* und vor allem K. Prümm, Die katholische Auslegung von Bib,^ erfreut,sidl audlLheutc "odl ciner ""vor,fe,lbaren Beliebtheit, sie

2- Knr 1 n • J l » • t 1 1 t>.ii. Z, /?_._» stellt trotz der inzwischen erschienenen offiziellen Revisionen und zahl-

Und /; AI«.^ u, L u ViCr 3 c 9l0) Privatübersetzungen immer noch den textus ab omnibus reeeptus

aurb m l ''' S Berichterstattung offenbar dar audl wenn sie sprachlich weitgehend un- oder mißverständlich wirkt

W Mißverständnisse eingeschlichen (vgl. I. Hermann s. 18 untj zahlreiche Übersetzungsfehler enthält.

6). Unser Verfasser zählt zunächst 6 verschiedene, aber teil- Die letzte offizielle Neuausgabe des Bibeltextes ist in den USA die

au( **.gruppenweise verwandte Auslegungen von 2. Kor. 3,17 i946 mit dem NT erschienene Revised Standard Version, die von der

(die jüngste Entwicklung der Fragestellung würde sich damit alten King James Version einiges zu bewahren versuchte. In England er-