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Ausgabe:

1966

Spalte:

229-230

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Bertinetti, Ilse

Titel/Untertitel:

Frauen im geistlichen Amt 1966

Rezensent:

Bertinetti, Ilse

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229

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 3

230

er tinetti, Ilse: Frauen im geistlichen Amt. Die theologische Pro- In ausdrücklicher Ablehnung metaphysischer Spekulationen über eine

wematik in evangelisch-lutherischer Sicht. Diss. Berlin 1963. V, 276 S.1 heilsökonomische Funktion der Frau als solcher oder der Möglichkeit

Die Arbeit beginnt einleitend mit einem historischen Teil, der den einer evangelischen Sonderlehre von der Frau wird das Recht der Frau

jeweiligen Anteil der Frau am geistlichen Amt in den Entwicklungsphasen zur Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung als ausschließlich auf

v°n Kirche und Theologie zum Gegenstand hat. Nach der Frau als Träge- der ihr durch Christus zugesprochenen Gleichbegnadung basierend

r'n geistlicher Funktionen wird dabei nicht nur im zeitlichen Rahmen determiniert.

er sich von der frühchristlichen Kirche bis zur Gegenwart erstreckenden In einem die Frage der Ordination von Frauen erörternden Abschnitt
G«Tu r,3gS° T inl Rückgriff auf das antike Heidentum und die steht das Bemünen um cine Darlegung des genuin lutherischen Amtsgerichte
Israels werden die religiöse und rechtliche Situation der Frau Verständnisses, nach dem das ministerium ecclesiasticum niemals iure
behandel " Stellung der Jüdin im Jahwckult divino an den Mann aIs Amtsträger gebunden sein kann, im Vorder-
' grund. Die Berufung von Theologinnen zum geistlichen Amt wird einmal
Eingehender werden das Verhältnis Jesu zu den Frauen und die als Mittel, einen akuten Mangel an Predigern des Wortes auszugleichen,
Amtsträgerinnen in der Urgemeinde dargestellt. Ausgehend von einer zum andern aber als die hie et nunc von der Gemeinde zu fordernde
Würdigung der ursprünglichen Hochschätzung der Wirksamkeit von Frauen Resonanz auf die immer erneut Ereignis werdende Gleichbegnadung von
in der frühchristlichen Kirche wird der bei der Herausbildung eines kleri- Mann und Frau verstanden.

kalen Beamtenapparates einsetzende allmähliche Rückgang kirchlicher , ... r , . . , . . . _.. .,

Fraii»n„.i. -j. • t i. •» j *i__t. ■ j. ln einem längeren Exkurs wird zum theologischen Disput um weib-

rauenarbeit im engen Zusammenhang mit der Abwehr schwärmerischer ... „ . . j , . , ». . . . , , K- „

unrl ..■ ■ j n- i. j j. j- • l. i i j- j n • * llcne Pastoren in der lutherischen Staatskirche Schwedens Stellung ge-

"na gnostisierender Richtungen durch die sich konsolidierende Priester- nornmen

Kirche gesehen. Über eine Darstellung der Rolle und des Einflusses der
yau im religiösen Leben des Mittelalters, der Reformation, der Orthodoxie
und des Pietismus führt die Untersuchung schließlich zu der sich im Jung, Friedrich: Henrik Steffens und das Problem der Einheit von Ver-
y- Jahrhundert neu formierenden karitativen und missionierenden Arbeit nunft und Offenbarung. Diss. Marburg 196t. 350 S.
"Jer Frau und zu der im 20. Jahrhundert aufbrechenden Vikarinnen- bzw. ~ . , jl _ ■,
"astorinnenfraee ' £ es um Frage, ob der christliche Glaube fähig ist, zum
T. ',' ., ., „ _. . .. Erkennen zu gelangen und somit Gültigkeit für die Welt des Sichtin
dem dogmatisch-exegetischen Haupttcil der Dissertation wird , . r . „ , ,. _ , , _, , ,
"»nächst das theologische Verständnis der Geschlechterfrage im Zu- Wn ™ ^Winnen. Speziell geht es um die Frage, ob der GJauhe d«
»mmenhang mit der Schöpfungslehre und der Lehre vom Urfall unter- evanachseben PeVenntn.ss« hefnWt ist, sich m-fd-v, wirtschaftlichen
sucht Forschen zu verbinden und hierüber ms wissenschaftliche Stadium einzu-
. . , .... i . „ , n ii treten. Diese Fraee wird, aufs Ganze eeseben, entschieden beiaht. Aller-
In Auseinandersetzung mit der Anthropologie Karl B a r t h s, der ^ wWi die Antw(Wt nJAt ,„ der Weise eesuAti daß von eincr

e Aussage von Gen. 1, 27 C (,,. . . einen männlichen Menschen und vcrmeimlich neutralen Wissenschaft her die Brücke zur Religion gesAI.-

W*B weiblichen Menschen schuf er sie ) als analogia relation.s zu ecn wjrd Es wjr(J ^ätt versucht, eine angeblich objektive wissensebaft-

'nem innergöttlichen „Wir und damit zugleich als konstitutiv für die Mc Forschune mit ciner beStirnmtcn Religiosität zu vereinigen. Dagegen
>*en, 1, 27 a, b konstatierte imago-Dci-Eigcnschaft des Menschen deutet, ... , . ,., ~, , , , fli . „ t . , . ,.

Vom„, j. i i i „ i* . . ».! i r- Li i 'L soll der christliche Glaube — auftrefaßt in Bedineiingslosigkeit — hineinkommt
die Arbeit zu dem Resultat, daß Mann und Frau sowohl in ihrem * . . , „ . , , .. . , * . , . ...

schK„f„ ■■!>■ e ■ i i i . , * ., , ., ,.,.,.1 getragen werden in den Bereich der sinnesertahrunfr. Die christliche

»cnoptungsmaßigen Sein als auch hinsichtlich ihrer hcilsgeschichtlichcn f, , * .. .. , _ . , . .. ,.: , „

Perc«! iT i uj__r r ^ v. -ja I 11 Verkundieune. die als Zeugnis des Glaubens ihrem Wesen nach aulier-

'"spektive in gleicher Weise auf Gott bezogen sind. Aus ihrer sexuellen . — . . . . , . . .. KT, . „ .,. . , . ,„

VercA- j 1 •: 1 j 1. 1 ■ j 1 j-cc • ^ Tir 4. „1___ halb des Subiekt-Obiekt-Schemas liegen soll, ist in ihrer Gültigkeit rur

/erschiedcnhcit kann daher keine gradual differenzierte Wertung abge- ,. „. , , _ , . , „ . ,, ,

leit<.i- j (ii 1 ,1 i n ui j.j.Ai •,. j m jl die Welt der Erscheinung zu erfassen. Die Behandlung des so umnssenen

'"tet werden. Liberhaupt kann die Geschlechthchkeit des Menschen nur _ , ' ' , . * , . . ,.10

n-„„, .. - , 1 , . , „ n • • 1 •___ Themas beeinnt in der voreelegten Arbeit damit, dalt zunächst das

insoweit Gegenstand theologischer Reflexion sein, als sie mit zu jenen ... , . * , . , „ .. " , , , .. ' . , .

Leh»—v. -1 1 .. . j . 1 _ t___1___. t ____1 philosophische Werk Henrik Steffens, des geburtigen Norwegers, der in

^•enensbereichen gehört, in denen er in seinem konkreten Inn und • tI..,Ci , ,„.11 .__'. ~* . , . ,t , . ,1^

La«„„ i~ . r~ t.. . -j.^ j r _ ~-___ der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland wirkte, dargestellt

nassen von Gottes Gebieten erreicht und zur Verantwortung gezogen Ii/« - c- • j c-u j t j.

W|r<j wird (S. 8—239). Sie wird weitergeführt dadurch, daß dann der Versuch

unternommen wird, Steffens' Werk zu beurteilen und auszuwerten

Zur Beantwortung der Frage nach eincr legitimen Möglichkeit uncin- (241—339)
beschränkter kirchlicher Amtsausübung durch die volltheologisch ausgebildete
Frau erfolgt eine vergleichende exegetische Analyse der Henrik Steffens war Naturwissenschaftler, speziell GeoWe und

einschlägigen neutestamentlichen Textstellen, insbesondere im Hinblick Mineraloge, und lehrte an den Universitäten Halle, Breslau und Berlin.

die von der Frau auf Grund des kephale-Status des Mannes gefor- Er verfaßte ein umfangreiches philosophisches Werk, in dem anfänglich

derte Unterordnung (hypotage) und das (pseudopaulinische) „Schweige- naturphilosophische Themen vorherrschten, später geschichtsphilosophische

gebot". und schließlich religionsphilosophische Gesichtspunkte in den Vordergrund

n„l • 1 t j. rv j c 1 1 ■ 1 1.1 -ir 1 1 traten. Im darstellenden Teil der zu referierenden Arbeit wird Steffens'

uabci ergibt sich: Die der trau als schickliches Verhalten ... , .. .. , , , .. . .. .

jb.„ , . , , „ 1. 1 „. ~ . Anliegen autgenommen. Als Naturforscher hatte er Einblick in die Ent-

""emptohlcne Unterordnung dient inhaltlich einer die eheliche Gemein- • 11 j c j j 1 j n j fi_

srfnfi n-l..- w 1 ... t.» • . 7» , . - j Wicklung der Erde gewonnen und als erster ausgewertet, daß das Uber-

V^att (Eph. 5. 22; Kol. 3, 18; Tit. 2, 5: 1. Petr. 3, 15) resp. das gottes- ,B , 1 • j. Cx- u j. ■ u> j. ml- j

#,„ ,1,1 . , . ~r- . .. m 1, 3 . . n einander der geologischen schichten auch ein zeitliches Nacheinander

dienstliche Leben (1. Kor. 14, 34; 1. Tim. 2. 11 ff) fordernden „taxis ... . f.. & r_».*.l. rm t- j ka j.

Un. , , ' , , _ „ . . . bedeutet und für die Entstehung von Pflanze, Tier und Mensch eine

na st formal orientiert an der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur; bestimmte Abfo]gc einschließt. Er sah sich zu einer philosophischen Er-

hlW relativiert durch die der Frau gleichermaßen wie dem Mann ver- fassung des Dasdns gedrangt, bei der der_ Gott dcr christlichen Offen-

— —------------— f.--------------- ■ - — — -- rassung aes uaseins gearangr, oei aer aer oorr aer cnnsnicnen v^/rren-

"eißene „Gnade des Lebens" (1. Petr. 3,7) und die für die mitmensch- barung derjenige ist, der über dem Menschen steht und die Geschichte

■ehen Beziehungen in ihrer Gesamtheit richtungweisende Wirklichkeit wje die Natur erlöst. Beginnend mit seinem ersten wichtigen Buch

es neuen Menschen in Christus (Gal. 3, 28). Die bleibende Bedeutung „Beiträge zur inneren Naturgeschichte der Erde", 1801, bis hin zu seinem

?er Paränese in Eph. 5,21—33 wird daher auch nicht im Nachweis onto- reifsten Werk „Christliche Religionsphilosophie", 1839, suchte er in

°?ischer Strukturen gesehen, sondern in einer am Verhalten Jesu zu immer neuen Schriften die Bedeutung, die der göttliche Wille für das

Seiner ecclesia ausgerichteten Ethik. Universum und dessen wahre Geschichte besitze, herauszustellen. Dabei

Für sämtliche in der neutestamentlichen Briefliteratur enthaltenen trat er nicht weniger kühn und eindrucksvoll als in jüngster Vergangen-

einschränkenden Weisungen über das Auftreten der Frauen in der Ge- helt P- Teilhard de Chardin hervor.

feinde (1. Kor. 11, 5 f; i. Kor. 14, 34 f; 1. Tim. 2, 11 f) wird festgeteilt, Die Besonderheit seines Denkens wird in der vorgelegten Arbeit

paß sie sich vornehmlich an die mit der Briefadresse angesprochenen darin erfaßt, daß er eine ganz bestimmte philosophische Entwicklung

ersonenkreise in ihrer geschichtlichen Situation wenden, ohne in späteren durchlaufen hat. Auf Grund seiner empirischen Feststellungen kannte er

e'tläuften notwendig werdende Entscheidungen antizipieren zu wollen. d;e menschliche Bedingtheit. Infolge des existentiellen Charakters seiner

Bezüglich der heute aktuellen Problematik will die Arbeit die Ein- Erfassung, von dem sogar Kierkegaard begeistert war, wußte er sich als

sieht vermitteln, daß die im säkularen Bereich bereits realisierte bzw. Mensch in Frage gestellt, ja in strengster Weise gefordert. Von hier aus

teilweise noch anzustrebende juristische Gleichberechtigung von Mann ergab es sich, daß er den Glauben zunehmend an eine Preisgabe der

Ufld Frau zwar nich» schlechthin mit der als Glaubensaussage zu be- menschlichen Selbstherrlichkeit band und nach langen inneren Kämpfen

Reifenden „Gleichbegnadung" identifizierbar ist, daß aber ein vorsätz- aus der Haltung konfessioneller Indifferenz bewußt zum Standpunkt des

l!*es Unterlassen der Ausgleichung der Rechte der Frau im kirchlichen lutherischen Glaubens gelangte. Es wird gezeigt, daß hieraus eine ent-

"'enst an die ihres männlichen Partners sowohl ein Hemmnis für die scheidende Umstrukturierung seines philosophischen Ansatzes folgte.

Ausbreitung des Evangeliums als auch eine unethische Handlungsweise Hatte er anfänglich ein Erkennen geübt, das zur Wahrheit gewissermaßen

edeuten kann. hinführen sollte, so suchte er später ein Erkennen auszubilden, das eine

---- neue Ausrichtung besitzt, insofern es die in Christus geoffenbarte Wahr-

, ) Inzwischen erschienen als Band XXI der „Theologischen heit als Ursprung und Ausgangspunkt begreift. Er erstrebte für das Er-

rbeiten", Berlin: Evang. Verlagsanstalt. kennen einen neuen Grundtypus, bei dem nicht mehr der Mensch als