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Ausgabe:

1966

Spalte:

221-222

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Jetter, Werner

Titel/Untertitel:

Wem predigen wir? 1966

Rezensent:

Krusche, Werner

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Seite 1

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221

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 3

222

nis fehlen. Ein Autorenverzeichnis allein genügt nicht. Ein Bibelstellenregister
ist wünschenswert. l.Kor. 7, 32 ff steht kein „Wort über die
erzieherische Fürsorge der Mutter" (35 Anm. 84) und 1. Kor. 9, 20—22
sagt Paulus nicht von sich selbst, daß er den ,,Griechen ein Grieche" geworden
sei (174). Im Autorenverzeichnis fehlt nicht nur der Vf selbst
(obwohl er sich öfters zitiert), sondern auch Buckle, Lebewici und
Groeger (vgl. 378 Anm. 599).

Naumburg/Saale Johannes Haincl

Jetter, Werner: Wem predigen wir? Notwendige Fragen an Prediger
und Hörer. Stuttgart: Calwer Verlag [1964]. 89 S. 8° Kart. DM6.80.

Wer in diesem mit Weisheit und Leidenschaft geschriebenen
Buch eine Analyse des Zeitgenossen als Predigthörer zu finden
hoffte, würde enttäuscht. Nicht der, der die Predigt hört, bildet
)a das eigentliche Problem der Predigt, sondern der, der sie nicht
"Ort und sie doch hören müßte, so wahr das Evangelium „alle"
meint. Man spürt in diesem Buch etwas von der Glut dieses
•■Alle". Daß das Wort nicht für den binnenkirchlichen Konsum
gestimmt ist, sondern zur Welt kommen will, ist der geheime
lenor der beiden den Inhalt dieses Buches ausmachenden Vorläge
.

Im ersten geht es um die auf die Welt ausgerichtete
Predigt; in ihm wird daher der „Standort des Predigers
" nicht in dem innerkirchlichen Spannungsfeld zwischen überkommener
Gemeindefrömmigkeit und moderner Bibelwissenschaft
anvisiert, sondern es wird sein Standort „zwischen moderner
Bibelwisscnschaft und moderner Welt" gesucht. Der Prediger
«eht als Theologe auf dem „exponierten Späherposten im Grenzend
zwischen Kirche und Welt", da, wo das Herz des Evangeliums
schlägt. Das Predigtgeschehen von diesem Standort aus wird hinsichtlich
seines prophetischen Formates („Der Prediger muß sich
ms Zcirgeschick wagen"), seines apostolischen Formates (Der
Prediger muß sich seinen Text durch die moderne Bibelwissenschaft
in seiner Abständigkeit und damit in seiner Widcrständig-
keit deutlich machen lassen, um ihn neu wiederzugewinnen) und
seines menschlichen Ranges (..Der Prediger muß seinen Hörer als
einen erwachsenen Weltmenschen behandeln", also ihm redlicher
Partner werden) untersucht. Bei dieser entschlossenen Ausrichtung
der Predigt auf die Welt, dergemäß „die Predigt ihre Kraft und
Verständlichkeit immer nur am Unglauben der von draußen
Kommenden messen wollen" kann (S. 34), bricht natürlich die
Präge auf, ob die Predigt Missions- oder Gemeindepredigt ist und
°b sie wirklich — wie der Verf. doch offensichtlich meint — beides
2ugleich sein kann und ob also das Getauftsein der Hörer für sie
außer Betracht bleiben müsse („In Wirklichkeit ist die Taufe weder
die Voraussetzung noch das Ziel der Predigt" S. 54; der Prediger
kann „das unterschiedslose Getauftsein seiner Hörer . .. schwerlich
als positive Vorgabe für seine Predigt ansehen" S. 56). Bildet
der Unglaube der von draußen Kommenden den Maßstab für die
Verständlichkeit der Predigt, so wird sie die Zurüstung der Getauften
zum Zeugnis in der Welt schwerlich zu leisten vermögen.

In dem zweiten Aufsatz geht es um die Gestalt der
auf die Welt ausgerichteten Gemeinde. Aus
einer sehr erhellenden Analyse der Leisniger Kastenordnung gewinnt
der Verf. einige beachtliche Gesichtspunkte für eine evangelische
Ordnung der Gemeinde, die ihre Gestalt ja nicht einfach
in der Welt vorgegeben vorfindet, sondern sie an der Welt immer
neu zu gewinnen hat (sie ist nicht bloße Wiederholung biblischer
Ordnungsmustcr; sie ist weltlicher Art und überläßt nicht dem
Geist, was die Vernunft ordnen kann; sie leitet die Glieder der
Gemeinde nicht zu einem gesetzlichen, wohl aber zu einem verbindlichen
Handeln in Gemeinde und Welt an; sie ist geschieden
v°n pastoralem Dirigismus und enthält das Mitspracherecht und
die Mitarbeitspflicht aller). Der Verf. ist der Überzeugung, daß
die traditionelle Gestalt der Gemeinde als Parochie heute nicht
mehr zulangt, die Welt mit dem Evangelium zu erreichen.
••Kommt das lebendige Wort noch zur Welt, wenn die Parochie
der Flaschenhals der Predigtsprachc bleibt?" (S. 80 f.). Es wird also
Gemeinden neben den Parochien geben müssen; „Parochia-
"sten und Parachutisten" sind beide vom Zeitgeschick der Gemeinde
herausgefordert. Freilich hat die übergemeindliche Arbeit
nicht die Aufgabe. Zutreiberdienste für die Parochie zu leisten.
••Die ganze Strahlkraft der außcrgemcindlichen kirchlichen Arbeit

hängt daran, daß sie nicht programmatisch mit den traditionellen
Gemeinden verzahnt wird. Das Nebeneinander kann und soll ein
Füreinander werden" (S. 86). Die außergemeindliche Arbeit kann
für die traditionelle Gemeindearbeit hilfreich werden, indem sie
zur Team-Arbeit mit Nicht-Theologen anleitet — auch in der
Predigtvorbereitung — und indem sie der Parochie von ihrer
herkömmlichen organisatorischen Unterentwicklung weghilft. Für
die auch weiterhin als Leitbild kirchlichen Lebens bestimmend
bleiben werdende parochiale Arbeit wird alles darauf ankommen,
daß sie umdenken lernt: von der raumgebundenen zur dienstbezogenen
Parochie. Ob es dazu kommt, wird entscheidend davon
abhängen, daß ihr die Predigt „die Kehrtwendung zur Welt" vormacht
. Bleibt als einzige Frage, ob sie das vermag, wenn sie die
Hörer der Predfgt nicht auf ihre Taufe hin anspricht und von ihr
her in Dienst nimmt.

Leipzig Werner Kruscbe

Locher, Albrecht: Umdenken in der Glaubensverkündigung (SrZ 177.
91. Jg. 1966 S. 219—227).

Ruf, Ambrosius Karl, O. P.: Briefe an Studenten. Frankfurt/M.: Knecht
[1966]. 190 S. 8°. DM 7.80.

Schlösser, Felix: Mission der Gemeinden. Pastoraltheologische
Überlegungen zur Volksmission (TThZ 75, 1966 S. 1—10).

Schönherr, Albrccht: Kirchenzucht. Verlegenheit und Auftrag.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G.Mohn [1966]. 48 S. 8° =
Handbücherei für Gemeindearbeit, hrsg. v. A. Funke, W. Hahn, A.
Niebergall, H.-W. Surkau, H. Timme, 37. Kart. DM 4.20.

Stählin, Wilhelm: Keiner kann sich vertreten lassen. Stuttgart: Evangelisches
Verlagswerk [1965]. 46 S. 8°. DM 3.50.

Schweitzer, Wolfgang: Christen im raschen sozialen Umbruch
heute. Eine theologische Skizze. Stuttgart: Evang. Missionsvcrlag 1966.
64 S. 8° = Beihefte z. Ökumenischen Rundschau, 2. DM 5.80.

LITVRGIEWISSENSCHAFT
UND KIRCHENMUSIK

Archiv für Liturgiewissenschaft. In Verb. m. A. L. Mayer u. O. Helming
hrsg. v. E.V.Severus. Bd. VII, 2. Halbbd. S. 345—639. Bd. VIII.
1. Halbbd. VIII, 323 S. Regensburg: Pustet 1962/63. gr. 8°.

Der 2. Band des VII. Jahrgangs wird durch einen Vortrag des
Herausgebers eröffnet, den er unter dem Titel „Die Grundlegung
der Spiritualität in der Liturgie" in Maria Laach gehalten hatte.
Sein Thema lautet jetzt: „Die Kultmysterien der Kirche als Mitte
der Christusspiritualität". Das umfassende Thema wird unter drei
Gesichtspunkten behandelt: 1. Kultmysterien und Spiritualität in
ihrem Verhältnis zum Wort, 2. Kultmysterien und das Element
der Abtötung in der Spiritualität, 3. Eschatologie und Anbetung
in den Kultmystcrien und in der Spiritualität. Nach diesen verschiedenen
Richtungen zeigt der Verfasser, wie das geistliche
Leben des Christen nicht nur mit den Sakramenten in Verbindung
steht, sondern aus den Sakramenten erwächst.

Der Hauptaufsatz des Bandes ist die liturgiewissenschaftliche
LIntersuchung von H. Frank: „Der älteste erhaltene Ordo Defunc-
torum der römischen Liturgie und sein Fortleben in Totenagenden
des frühen Mittelalters". Diese Darstellung steht im Zusammenhang
der früheren Forschungen des Verfassers über die Bestattungsordnung
(vgl. ALW 4, 2 1956). Frank versucht aus der
vergleichenden Bearbeitung von vier Quellen den ursprünglichen
römischen Ordo defunetorum zu gewinnen, d. h. den ältesten erreichbaren
aufzudecken. Es handelt sich um die Handschriften aus
Köln (123), Rheinau (30), Berlin und Rom (Vat. Ottob. lat 312).
Das Ergebnis seiner Erörterungen ist dies: Die Kölner Handschrift
123 ist die ursprüngliche, d. h. spätantike Rezension des
römischen Ordo defunetorum. Der zweite Teil der Arbeit erörtert
das Fortleben des römischen Ordo in den Totenagenden des 9.
und 10. Jahrhunderts, z. B. im Lorscher Sakramentar, der karolin-
gischen Totenagende (Vat. Palat. 48 5) u.a. Die ausführlichste
Betrachtung wird den Totenagenden in Rom, Vat. Palat. 550 und
Vallicell. B 141 gewidmet (unter Wiedergabe der vollen Texte).
In sorgfältiger Prüfung wird der Nachweis geführt, wie der ursprüngliche
römische Ordo im frühen Mittelalter fortlebt, ohne
irgendwo allerdings in ursprünglicher Reinheit erhalten geblieben