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1966

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 3

208

31. 7. 1938. Sie wurde zurückgenommen auf der 7. Bekenntnissynode am
31. 1. 1939, nachdem das Rundschreiben von Martin Bonnann bekannt
geworden war. Beschluß und Gegenbeschluß haben keinen Einfluß auf
die Vereidigung in Schleswig-Holstein oder gar auf die Vereidigung in
den intakten Landeskirchen gehabt.

Bielefeld Wilhelm Niemöller

Althaus, Paul: Die theologische Lage vor 50 Jahren (DtPfrBl 65,
1965 S. 742—746).

Kup i s ch , Karl: Schelling in Berlin (ZKG LXXVI, 1965 S. 258-281).

Maurer, Wilhelm: Reste des Kanonischen Rechtes im Frühprotestantismus
(ZSavRG 82, 1965 S. 190—253).

Schoeps, Hans-Joachim: Neues zur preußischen Geistesgeschichte im
19. Jahrhundert (ZKG LXXVI, 1965 S. 282—306).

Staehelin, Ernst: Professor Friedrich Lachenal 1772—1854. Basel:
Helbing & Lichtenhahn 1965. 154 S. gr. 8° = Studien zur Geschichte
d. Wissenschaften in Basel, hrsg. v. d. Universität Basel, XVI.
sfr. 18.—.

Tetz, Martin: Adolf Jülichers Briefwechsel mit Franz Overbeck

(ZKG LXXVI, 1965 S. 307-322).
Visscr't Hooft, Willem A.: Dietrich Bonhoeffer / 1945—1965

(ÖR 14, S. 237—243).
Volk, Ludwig: Kardinal Faulhabers Stellung zur Weimarer Republik

und zum NS-Staat (StZ 177, 91. Jg. 1966 S. 173—195).
Wolf, Ernst: Die Bedeutung des deutschen Kirchenkampfes für die

ökumenische Bewegung (ÖR 14, 1965 S. 222—236).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Pannenberg, Wolfhart: Grundzüge der Christologie. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1964. 431 S. gr. 8°. Lw. DM 36.—.

Eine Monographie über das zentrale Thema christlicher Dog-
matik erweckt große Erwartungen. Das Bedürfnis nach immer
neuen Belehrungen richtet sich weniger auf den dogmengeschicht-
lichen Stoff, so wertvoll dessen durchsichtige Interpretation auch
immer sein wird; man sucht vor allem Befreiung der Mitte unseres
Glaubens von historischen Hypothesen, von der Last der Hypothek
alter und neuer Schulmeinungen, mit denen immer neue Bedingungen
der Rechtgläubigkeit vor das unmittelbare Verständnis
der Sache gestellt werden. Die Theologie muß wissen, daß in
diesem Kernstück des Glaubens Herz und Verstand nach mehr
hungern als nach Lehrmeinungen und nach unerschwinglicher
Spekulation. Nur was auch Zugänge zur Welt des Nichttheologen
aufweist, was offen ist zu unserem modernen Bewußtsein, auch
wenn es sich in der herkömmlichen Sprache der theologischen
Zunft nicht mehr artikulieren läßt (wie die Zweifelsfrage nach der
Einzigartigkeit Jesu, seiner Heilsbedeutung in der Welt der Religionen
und — der Religionslosigkeit), nur das kann ja auch in die
Verkündigung der Kirche in ihrer heutigen Situation eingehen.

Die vorliegende Monographie Wolfhart Pannenbergs präsentiert
sich sofort durch erhebliche Vorzüge. Sie ist nicht nur übersichtlich
disponiert, sie ist auch mit leichter Hand geschrieben.
Die einleitenden Kapitel über Aufgabe und Methode der Christologie
lassen die Grundsätze deutlich hervortreten, mit denen dann
der Leser bis ans Ende des Buches zu rechnen hat. P. beherrscht das
dogmen- und theologiegeschichtliche Material und verleiht durch
dessen Einblendung (meist nach Lehrtypen geordnet) den fälligen
Sachfragen historisches Profil. Mitunter werden wohl auch schwierige
Themen in den Kammern des historischen Referats beiseitegebracht
, wie z. B. die Frage, ob das Kreuz Christi als Strafleiden
zu deuten sei (286 ff).

Eine Grenze des Buches ist darin bezeichnet, daß P. zwar der
soteriologischen Motivierung der Christologie in der Theologiegeschichte
alle Aufmerksamkeit zuwendet, aber grundsätzlich die
Soteriologie von der Christologie trennt und erklärt: „Das sote-
riologische Interesse kann nicht Prinzip christologischer Lehre
sein" (Leitsatz zu § 2, 32). So erklärt es sich, daß Versöhnung und
Erlösung in dieser Christologie keine eigene Thematik bedeuten.
Das Verhältnis Jesu zu seinem Jüngerkreis kommt nicht vor. Im
Zusammenhang mit dem regnum Christi wird zwar dessen Verhältnis
zur Kirche erörtert (385—393), aber die „katholische"
Frage nach einer „Stiftung" der Kirche durch Jesus kommt ebenso
wenig vor wie die verwandte Frage der „Einsetzung" der Sakramente
. Das ist deswegen verwunderlich, weil die Christologie P-5
sich erklärtermaßen in erster Linie dem „Damals" des „historischen
" bzw. des „vorösterlichen" Jesus zuwenden möchte.

Aber damit habe ich bereits die Grundsätze dieser Christologie
berührt. Es sind, wenn ich den Gehalt der einleitenden
Kapitel zusammenfasse, die folgenden: Die hier vorgelegte „Neubegründung
der Christologie" (9) will nicht bei den Bekenntnis-
aussagen der kirchlichen Überlieferung von Jesus einsetzen, sondern
den Glauben auf unser historisches Wissen von Jesus
gründen. Damit wird eine „Christologie von oben" abgelehnt, die
entweder beim Kerygma einsetzt (M. Kähler) oder von der Gottheit
des Logos ausgeht oder beim christlichen Bewußtsein. „Der
Rückgang hinter das apostolische Kerygma auf den historischen
Jesus ist möglich. Er ist aber auch nötig" (17). Der „damalige
Jesus", der „vorösterliche Jesus" ist Ausgangspunkt der Christologie
„von unten her". „Die Christologie hat es also nicht
nur mit der Entfaltung des Christusbekenntnisses der Gemeinde
zu tun, sondern vor allem mit seiner Begründung
aus dem Damals des Wirkens und Geschickes Jesu" (22).
„Die Aufgabe der Christologie ist es also, aus der Geschichte
Jesu die wahre Erkenntnis seiner Bedeutung zu begründen, die
sich zusammenfassend durch den Ausdruck umschreiben läßt, daß
in diesem Menschen Gott offenbar ist" (23). Diese Grundsätze
haben nun zur Folge, daß die christologischen Zentralfragen für P-
in eine deutliche Rangordnung treten. Die Auferstehung Jesu tritt
in die Mitte des christologischen Interesses, und zwar — um das
gleich hier ein für allemal vorwegzunehmen — als oberste Erkenntnisgrundlage
der Christologie. Immer wieder erweist sich für P-
die kognitive Bedeutung der Auferstehung (z. B. 241, 261 u. ö.)-
Sie ist für P. die entscheidende Stütze der christologischen Erkenntnislehre
. Demgegenüber lesen wir dann schon in der Einleitung
: „Die ,von unten', vom geschichtlichen Menschen Jesus
zur Erkenntnis seiner Gottheit aufsteigende Christologie hingegen
hält sich in erster Linie an die Botschaft und an das Geschick Jesu
und kommt erst ganz zuletzt auf den Inkarnationsgedanken" (26).
Nicht nur die Rangordnung der Glaubenssätze hängt mit diesen
Entscheidungen in den Grundsatzfragen zusammen. Impliziert ist
natürlich vor allem „die These einer Erkennbarkeit der Offenbarung
Gottes aus ihrer historischen Erscheinung in der Geschichte
Jesu" (9 f). Im Gegensatz zu aller Bemühung der Theologie darum,
daß Glaubensaussagen immer präsentische Aussagen sind, geht
hier also die Neigung zu einer Christologie im Perfekt, zu einer
Christologie, die alles daran setzen muß, ihre geschichtlichen
Grundlagen zu sichern. Daher erklärt sich auch die apologetische
Leidenschaft, welche dieses Buch in so ungewöhnlichem Ausmaß
färbt. Wichtig zur Kennzeichnung der Grundlagen scheint mir aber
in diesem Zusammenhang noch zweierlei zu sein. Einmal die —
wenn ich mich so ausdrücken darf — naiv ontologiche Voraussetzung
, die überall durchschlägt, wo die Sache und ihre Bedeutung
getrennt werden. So geht es P. hier immer zuerst um die
historische Tatsächlichkeit — P. spricht von „Begründung" — und
dann, anschließend und offenkundig in einem zweiten Schritt, um
die Entfaltung des Bekenntnisses; so geht es zuerst um die
Christologie, dann um die Soteriologie, zuerst um die Person Jesu
selbst, dann um ihre Wirkung, zuerst um den vorösterlichen, den
„historischen" Jesus, dann um den Christus des Glaubens bzw-
den Christus praesens. Jeder Kenner der Theologiegeschichte ermißt
sofort, in welchem Umfang damit allen Einsichten der neueren
Theologie, die hier von Schleiermacher bis Barth und Bultmann
gemeinsam sind, der Abschied erklärt wird. Das andere, was damit
zusammenhängt, ist eine theologische These. Es ist die „Voraus-
ereignung des Endes im Auftreten und Geschick Jesu" (9). Damit
ist gemeint, daß Dinge, die erst zu einem späteren Zeitpunkt offenkundig
, geoffenbart werden, schon früher gelten. Nur so ist es zu
verstehen, daß die Lehre von der Inkarnation auf die von der
Auferstehung Jesu folgt, und daß nach der so betont proklamierten
„Christologie von unten" dann am Schluß des Buches in den
ausgreifendsten Sätzen von der Königsherrschaft Christi und von
der Schöpfungsmittlerschaft Jesu, von der „Erschaffung der Welt
durch Jesus Christus" (406 ff) die Rede ist.

Aber ich habe mit dieser Darlegung der Grundlagen schon
vorgegriffen. Ich muß in gebotener Kürze einen Überblick über