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Ausgabe:

1966

Spalte:

205-207

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Bielfeldt, Johann

Titel/Untertitel:

Der Kirchenkampf in Schleswig-Holstein 1933 - 1945 1966

Rezensent:

Niemöller, Wilhelm

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 3 206

Wagistrat von Berlin beteiligt, bis sie dann einige Zeit nach dem drungen wäre. Ganz so war es nicht, obwohl lebendige Gemeinden

'ode Kottwitzs der kommunalen Armenpflege Platz machen nicht überall zu finden waren. Die Kirche in Schleswig-Holstein

mi'ßte. war weithin „Pastorenkirche", in der allerdings, auch im Vergleich

,„ Der Herausgeber macht dann auf die Ausstrahlungen der m/°de"n K»]*«»' die Pastoren theologisch stark bewegt sind

Wirksamkeit des Barons aufmerksam, wie sie sich in einer Reihe und taPter Pred'gen-

Biographien von Theologen jener Zeit finden. Wichtig ist der Zahlen sind kaum vorhanden. Das Bielefelder Archiv des
Hinweis, daß die Berliner Erweckungsbewegung sich in kirchlichen Kirchenkampfes, zumal die dort liegenden Akten des Präsidiums
Grenzen hielt. Kottwitz war so wenig ein Sektierer oder Separa- der Bekenntnissynode, hätten hier ein wenig helfen können,
tist wie die mit ihm verbundenen angesehenen Berliner Pfarrer. Jedenfalls befinden sich dort zwei Meldungen von Reinhard
dagegen war Kottwitz der Theologie, besonders der spekulativen Wester, dem Vorsitzenden des Landesbruderrates, aus der Zeit
und historisch-kritischen Theologie gegenüber mißtrauisch. Seinem nacn der zweiten (Dahlemer) Reichsbekenntnissynode. In der
Wirken kam die besondere Betonung des allgemeinen Priester- zweiten Meldung vom 23. Februar 1935 steht, daß die Bekenntnis-
tums in jenen Jahrzehnten entgegen. Predigt und Seelsorge durch gemeinschaft in Schleswig-Holstein 157 Pastoren (von 420),
Laien wurde gern gesehen und auch von manchem Pfarrer ge- 29 Emeriti, 25 Vikare und 5 500 Mitglieder umfasse. „Der Befördert
. Mit Recht weist Kantzenbach auf die Anregungen hin, die kenntnissynode der DEK haben sich 12 Gemeinden unterstellt mit
Kottwitz von dem Pfarrer an der Berliner Elisabethkirche, Otto einer Seelenzahl von insgesamt 26 006". Das sind nun allerdings
v- Gerlach, und von Wichern empfangen hat. Gegenüber der weit- verschwindende Zahlen, wenn man den rheinischen oder den
verbreiteten Behauptung, daß Kottwitz wesentlich Schuld an dem westfälischen Maßstab anlegt.

undnis zwischen Erweckungsbewegung und politischer Restaura- Mit dem Stichwort „Dahlem" ist die große Unsicherheit ge-

tion getragen habe, stellt der Herausgeber fest, daß Kottwitz nicht kennzeichnet, die bei den kirchlichen Entscheidungen in Schleswig-

nach politischen Gesichtspunkten urteilte. Holstein unablässig auftaucht. Sie macht es unmöglich, die da-

Dic Edition ist eine dankenswerte Ergänzung der Tagebücher ™B«« Kirchengeschichte in Schleswig-Holstein etwa mit der

und Briefe der Gebrüder Gerlach durch H.-J. Schöps. Beide warten uberschr'ft zu versehen: Um Barmen und Dahlem . Im allge-

a"f ihre geschichtliche und besonders kirchengcschichtliche Aus- me'nen k„T Sich der Bruderrat' der kompromißlos den Weg der

Wertung. großen Bekenntnissynoden gehen wollte, nicht durensetzen,

Berlin Walter De]im obwohl er im ganzen und obwohl einige Mitglieder für sich diesen

Einsatz versucht haben. Hierhin gehört es, daß der Vorsitzende,
Reinhard Wester, schon am 23. Mai 193 5 in das leitende Gremium

"Heidt, Johann: Der Kirchenkampf in Schleswig-Holstein 1933 der Konferenz der zerstörten Kirchen gewählt wurde und damit

—1945. Göttingen: Vandcnhoeck & Ruprecht 1964. 268 S. gr. 8°. engste Verbindung zu den im allgemeinen radikalen Brüdern in

art. DM 19.80. Altpreußen, Nassau-Hessen und anderswo aufnahm. Auf der

„ Nachdem schon vor geraumer Zeit Monographien über den ande/e" ,Se[te' w0 es mehj um die Forderung ging, daß die Kirche

Wchenkampf in Westfalen, in der Grenzmark und in Nassau- Kirdle ble,,b^n musSe' u"d^° m™ !™nte' den gebo,tencn KamPf

Hessen erschienen sind, scheint das Drängen der Kommission für »"wesentlichen gegen die Deutschk.rchler fuhren zu können ver-

d'e Erforschung des Kirchenkampfes nach weiteren Arbeiten fast su*te ma"vor a,lcm' »Lega .tat festzuhalten oder wiederherzu-

allenthalbcn Erfolg zu haben. Mehrere Landeskirchen haben !5ellen- ^nd/° /,n^n dieJa]]re dah,ln m elnem "»aufhorlichen

Kreits die baldige Vollendung begonnener Arbeiten angezeigt. Disput, der der S a c h e nicht d.enen konnte, der aber die Kräfte

Hier liegt ein ausführlicher Bericht über den Kirchenkampf in a mte'

Jdileswig-Holstein vor, verfaßt von einem Manne, der einige Man muß dem Verfasser dankbar bescheinigen, daß er
«hre Mitglied des Bruderrates gewesen ist, und der bis zum Ende (manchmal in bewegender Weise) an verschiedenen Stellen das
d« Krieges eine verantwortliche Rolle gespielt hat. Die Nähe zu Versagen der Beteiligten, die doch ihrer Kirche Bestes wollten,
den Ereignissen hat dem Berichterstatter offenbar seinen Bericht geschildert und eingestanden hat. Dadurch gewinnt seine Darerschwert
. Der Leser wird diese Nähe aber zweifellos positiv Stellung Echtheit und Wert. Er hätte allerdings dabei auch die
irrten, zumal man über einen Überfluß an Dokumenten aus jener Frage stellen dürfen, warum seine Landeskirche aus dem „Reich"
2eit wirklich nicht zu klagen hat. nicht kräftigere Unterstützung erhalten hat.

„ Um so mehr ist es anzuerkennen, daß der Verfasser den , Nun ware CSA vcrfchlt' ^nn man n"r die negat'™ ff1??

Kirchenkampf in seiner Landeskirche in den größtmöglichen »«*tcn „wo"tc- An.zwf St£c ,e" sc,nesLBu*es erwahnt

Rahmen eingespannt hat. Bei nur zu vielen Arbeiten kann man daß der Bruderrat ein Amt g* Gemeindeaufbau und ein Amt für

beobachten, daß man 1939 oder gar schon 1937 abschließt, Volksmission eingerichtet hatte. Wer in jener Zeit irgendwo

Während es dort wegen des zunehmend größer werdenden Mangels anders del-Bekennenden Kirche angehorte, dem waren diese beiden

a" Nachrichten eigentlich erst recht interessant wird. Amt« ^ unbekannt. Die Ratschlage, die für den Gemeinde-

aufbau in Schleswig-Holstein gelten sollten, haben weithin Gehör
Bielfeldt beginnt mit einem Abschnitt über das Altonaer Be- gefunden, und die Schriften des Amtes für Volksmission sind
Kenntnis und schließt mit dem Einigungswerk des Landesbischofs wejt verbreitet worden. Es lohnt sich noch heute, sie durchzulesen.
Wurm. Außerdem fügt er noch zwei Abschnitte hinzu, die einen Den Männern, die sie geschrieben haben (ich denke vor allem an
Uberblick über die Tätigkeit des Bruderrates und über die Ent- pjans Jreplin, den letzten Vorsitzenden des Bruderrates), war
w'cklung der Kieler Theologischen Fakultät geben. Auch fehlt durchgängig ein besonderes Maß von echter Volkstümlichkeit
nicht eine Deutung des Ganzen, eine Äußerung über den „Ertrag geschenkt, und der Ruf zum Evangelium konnte in der Steinwüste
~es Kirchenkampfes", der sich im wesentlichen an Schlink und von Berlin ebenso gut verstanden werden wie in den dörflichen Geeckmann
anschließt. meinden der Verfasser. Es ist ja nichts vergeblich, was im Glauben
Schleswig-Holstein hat während des ganzen Ringens nur eine getan wird, und auch die „schwache" Kirche Schleswig-Holsteins
"Unbedeutende" Rolle gespielt. Im Gesamtgeschehen innerhalb hat so ihren Beitrag geleistet.

der DEK begegnet man den Schlcswig-Holsteincrn eigentlich nie. Der vorgelegte Bericht ist flüssig und gut geschrieben. Der Druck

Kaum ein Wort der Bekennenden Kirche wird nach dem Altonaer ist schön und völlig frei von Fehlern. Nur einige Bezeichnungen und

Bekenntnis über die Grenzen der Nordmark hinaus vernehmbar. Namen sind mißglückt. Es muß heißen : statt „Mythos de..20. Jahr-

Ur.j ■ nr ki u j • . • <l± j hunderts — Mythus; statt Alberts — Albertz; statt Carl Heim — Karl,

si*T/'^i-Tf 0tbV"d öSt LCIgCntllCn g" "ldlt v,on"oten' da statt Knaak - Knak; statt Rengsdorf - Rengstorf; statt Wendlandt -

a'oi die Zahl der Gewaltmaßnahmen gegen Pfarrer und Gemeinde- Wendland

Weder beinahe an einer Hand abzählen läßt. Natürlich hängt das c^feji* ist 2U ändern: Seite 78 ist die Rede von der Freien refor-

"t der kirchlichen Beweglichkeit und dem kirchlichen Engagement mierten Synode. Sie fand nicht am 3. April 1934 statt, sondern am 3.

er Gemeinden zusammen. Im allgemeinen ist es so, daß Gustav un(j 4 januar 1934. Seite 156: die Verhaftung Martin Nicmöllers gc-

renssen weithin Glauben findet, wenn er behauptet, daß den schah am 1.7.1937. Seite 162: Die Freigabe der Eidesleistung auf der

Menschen der Nordmark das Evangelium nicht bis ans Herz ge- zweiten Tagung der 6. Preußischen Bekenntnissynode erfolgte am