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Ausgabe:

1965

Spalte:

121-123

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Delius, Walter

Titel/Untertitel:

Geschichte der Marienverehrung 1965

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 2 122

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geschiente einzutragen, wird man erst beurteilen können, wenn
er uns darüber unterrichtet, welche Rolle die Passions- und Oster-
motive in der frühchristlichen Hymnodik einnehmen und wie er
sich die Entstehung des Osterfestes denkt.

So geht manche Frage an den Autor dieser anregenden und
problcmreichen Arbeit zurück, und man möchte hoffen, daß es
ihm möglich sein wird, in nicht zu ferner Zeit dieser Vorstudie
einen umfangreicheren, auf noch breiterer religionsgeschichtlicher
Basis ruhenden Entwurf folgen zu lassen.

Der hier mit eigenwilligen starken Strichen gezeichnete Ausschnitt
läßt uns nicht daran zweifeln, daß das dann entstehende
Bild farbenreich und nicht minder fesselnd sein wird.

Halle/Saale Wolfgang W i ■ fc 1

Schnackenburg. Rudolf: Ncutestamentliche Theologie. Der

Stand der Forschung. München: Kösel [1963]. 159 S. gr. 8° = Biblische
Handbibliothek, Bd. 1. Kart. DM 9.50; Lw. DM 11.80.

Vier Jahre nach der Ausarbeitung des Manuskriptes für die
französische Ausgabe (vgl. meine Besprechung in ThLZ 88, 1963,
Sp. 761) erschien nun die deutsche Version des Buches von Sehn.
Man ist dem Autor dankbar, daß er die Mühe auf sich genommen
hat, seine Erörterungen zu den einzelnen Sachgebieten neu-
testamentlicher Theologie auf den heutigen Stand der Forschung
zu bringen. Bei dieser Aufarbeitung ist nicht nur die wichtigste
neuere Literatur berücksichtigt worden, sondern hat die ganze
Anordnung des Stoffes erheblich an Übersichtlichkeit gewonnen
und folgt dem Gefälle der (besonders auch protestantischen) neu-
testamentlichen Forschung besser. So ist das Kapitel „Kerygma
und Theologie der Urkirche" von 6 auf 14 Seiten angeschwollen
und in 4 Unterabschnitte eingeteilt worden. Auch im Kapitel
über „Botschaft und Lehre Jesu nach den synoptischen Evangelien
" sind glückliche Änderungen vorgenommen worden: z.B.
wird jetzt die Frage nach Jesu messianischem Selbstbewußtsein
gleich im Anschluß an die Darstellung der Probleme seiner
eschatologischen Botschaft behandelt. Umgekehrt hat die unnötige
Aufsplitterung der Themen im Kapitel über johanneische
Theologie einer strafferen Zusammenfassung Platz gemacht.
Nicht vergessen sei, daß in der deutschen Ausgabe nun auch der
Jakobusbrief und der 2. Petrusbrief berücksichtigt werden. — Im
ganzen kann man sagen: das Büchlein erfüllt in seiner deutschen
Fassung dank seiner gut lesbaren Darstellung (trotz der auf
knappstem Raum gebotenen Stoffülle!) und dank der nach wie
vor behutsamen und weiterer Diskussion aufgeschlossenen Stellungnahme
des Verfassers seine Bestimmung noch besser als die
französische Originalausgabe, eine Einführung in die Probleme
neutestamentlicher Theologie und eine anregende Arbeitshilfe
für detaillierte Studien zu sein.

Gcuf Willy Rordorf

Fuchs, Ernst: Kritik an Jesus? (KidZ 19, 1964 S. 244—246).
Grant, Frederick C: On the Trial of Jesus: A Review Article (The

Journal of Theology 44, 1964 S. 230—237).
L u c k, Ulrich: Kirche und Synagoge im Gespräch. Ein Beitrag zu einem

gesellschaftlichen und theologischen Problem (KidZ 19, 1964 S. 367

—370).

M a r x s e n, Willi: Die Auferstehung Jesu als historisches und als theologisches
Problem. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn,
[1964]. 35 S. 8°. Kart. DM 4.80.

KIRCHEN GESCHICHTE: ALLGEMEINES
TEHBITORIALKIRCH EN GESCHICHTE

D e 1 i u s, Walter, D. Dr.: Geschichte der Marienverehrung. München-
Basel: E. Reinhardt 1963. 376 S. gr. 8°. Lw. DM 38.—.

Aus einer beträchtlichen Reihe von Vorarbeiten konnte
man wissen, daß Dclius an einer Geschichte des Marienproblems
arbeitete; besonders sei zweier Textbüchlein zur Marienverehrung
in der alten Kirche und im Mittelalter gedacht
(..Kleine Texte" 178, 184). Nun liegt das abschließende Werk
vor. Es ist selbstverständlich nach geschichtlichen Epochen
gegliedert: NT, Apokryphen (Transitusiegende), Zeit der
Logoschristologic, vor und nach dem Ephesinum, Abendland

4.-7. Jahrhundert, Mittelalter (speziell Scholastik), Renaissance
— Reformation — Gegenreformation, Neuzeit, marianisches
Zeitalter. Überwältigend ist die Materialfülle und Literaturbeherrschung
, von denen nur die eigene Lektüre die rechte
Vorstellung vermitteln kann. Neben den Lehrschriften und dogmatischen
Definitionen sind die liturgischen Bücher, Traktate,
Predigten, Lieder, Bilder in fast überreichem Umfang herangezogen
. Das wäre ohne die Vorarbeit der zahlreichen katholischen
Mariologien des In- und Auslandes nicht möglich gewesen;
sie sind im Anmerkungsapparat verarbeitet; wir nennen nur
zwei: P. Sträter, Katholische Marienkunde, 3 Bände; B. H.
Merkclbach, Mariologia, Paris 1939. Man kann des öfteren
fragen, ob der Materialfülle nicht eine schärfere Begrenzung gut
getan hätte. Aber in einem Handbuch wiegt das Zuviel schwerer
als das Zuwenig. Für ein einbändiges Werk dürfte ein gerade
noch tragbares Maximum im Detail erreicht sein. Das gilt besonders
für die Kapitel über das Mittelalter, die Zeit des
Tridentinum und das marianische Zeitalter unseres Jahrhunderts.
Ausdrücklich hervorgehoben sei, daß die Frage nach der Bedeutung
Marias für Glaube und Frömmigkeit des Protestanten
mitbehandelt ist: im Kreis um Luther, um Zwingli und Calvin,
im Protestantismus der Neuzeit und Gegenwart. Auch hier wird
viel Material geboten.

Worauf ein Rezensent im besonderen die Blicke lenkt,
wird fast immer von seinem eigenen Arbeitsgebiet abhängig
sein und darum nicht allseitig befriedigen. Uns war die Vorgeschichte
der Dogmatisierungen von 1854 und 1950 von besonderer
Wichtigkeit und damit zusammenhängend das Problem
der Visionen und Offenbarungen (Lourdes, Fatima, Heroldsbach
u. a.), darüber hinaus das ganze abschließende Kapitel über das
marianische Zeitalter und durchgehend durch das Werk die biblisch
-evangelische Kritik, in der gewiß viel schon Gesagtes zusammengetragen
, aber auch Neues hinzugefügt wird. Man kann
gar nicht ernst genug nehmen, daß ein moderner Domkapitular
erklärt, es sei rechtmäßige katholische Lehre, daß das kirchliche
Lehramt vor der Bibel .einen bestimmten Vorrang'
habe und daß darum die modernen Lehrbücher der Dogmatik
den Beweis aus dem Lehramt an die erste Stelle setzten. Delius
sieht u.E. mit Recht durch die Definition von 1950 die päpstliche
Unfehlbarkeit in Mitleidenschaft gezogen, unter Hinweis
auf einen Passus des Antimodernisteneides von 1910, in dem
der Sinnwandel eines Dogmas als häretisch verurteilt wird.
Aber der Katholik muß über Maria heute glauben, was gegen
früher seinen Sinn veränderte! Die apologetischen theologischen
Versuche, mit der neuen Situation fertig zu werden,
wird man mit besonderer Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen.
Sie richten unseren Blick auch auf die dritte Sitzungsperiode
des zweiten Vatikanischen Konzils. Wird man neue mariologische
Aussagen wagen? Wer sich einen nüchternen Blick bewahrt
hat, wird doch wohl wissen, daß die moderne Mariologie
neben der Lehre vom Meßopfer das größte Hindernis der
Wiedervereinigung ist. Möchte das Buch von Delius auch katholische
Leser finden, denen es neue Erkenntnisse vermitteln und
ein Führer zu kritischer Besinnung werden könnte!

Delius ist Historiker, darum wäre es unbillig, gleichzeitig
eine ausgereifte systematisch-theologische Leistung von
ihm zu verlangen. Aber an manchen Stellen war mehr zu
erwarten. Wer von L. Feuerbach eine „marienfreundliche Einstellung
" behauptet, hat die Stoßrichtung seines kritischen
Denkens außer acht gelassen. ,Wer die Mutter Gottes dem Verstände
aufopfert, der hat nicht mehr weit hin, auch das
Mysterium des Sohnes Gottes als einen Anthropomorphismus
aufzuopfern. Freilich hatte der Protestantismus auch kein Bedürfnis
nach einem himmlischen Weib, weil er das irdische
Weib mit offenen Armen in sein Herz aufnahm. Aber eben deswegen
hätte er auch konsequent und mutig sein sollen, mit
der Mutter auch den Sohn und den Vater dahinzugehen'. In
solchen giftgeschwängerten Worten werden doch nur taktisch
die Konfessionen gegeneinander ausgespielt! Im Zusammenhang
damit ein Stoßseufzer: mußte wirklich — Ernst Bergmann, einer
der führenden nazistischen ReIigion6vergifter, wieder auf der
Bildfläche erscheinen (305)? Hier wie auch sonst steht der