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Ausgabe:

1965

Spalte:

109-111

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Renaud, Bernard

Titel/Untertitel:

Je suis un Dieu jaloux 1965

Rezensent:

Fohrer, Georg

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 2

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Esra und Nehemia schließt sich Rowley der besonders durch
van Hoonacker vertretenen These an, daß Nehemia vor Esra
anzusetzen ist, und daß Nehemia in die Zeit Artaxerxes I,
Esra in die Zeit Artaxerxes II gehört, obwohl er betont, daß
dies nur eine wahrscheinliche, keine sichere Lösung ist (S. 232).
Dabei steht die Auffassung im Hintergrund, die allein Ordnung
in das sonst heillos widersprüchliche Kapitel Esr 4
bringen kann, daß 4, 6—23 vom Chronisten irrtümlich an diese
Stelle gerückt worden ist und in Wirklichkeit Vorgänge betrifft,
die kurz vor die Mission Nehemias fallen und den eigentlichen
Anlaß seiner Petition an den König bildeten. Obwohl auch hier
keine Sicherheit zu erreichen ist, muß gesagt werden, daß diese
Lösung angetan ist, das Verständnis dieses schwierigen Komplexes
zu erleichtern.

Im ganzen scheidet man also mit reichen Anregungen von
diesen Aufsätzen und wird die angerührten Probleme weiter
überdenken.

Kiel Henning Graf It c v en 11 o w

Renaud, Bernard: Je suis un dieu jaloux. Evolution semantique et
signification theologique de qine 'ah. Paris: Les Editions du Cerf
1963. 158 S. 8° = Lectio Divina, 36. NF 9.60.

Obwohl infolge des Vorkommens in der Letztform des
Dekologs (Ex 20, 5) die Bezeichnung Gottes als N3p TN ein gewisses
Gewicht besitzt und sich für die praktische Verwendung
des Dekalogs in den christlichen Kirchen die Frage nach Sinn
und Übersetzung des Ausdrucks erhebt, ist er selten eingehend
untersucht worden. Meist verweist man nur auf F. Küchler in
ZAW 28 (1908), S. 42—52, außer dem die Ausführungen von
G. D. Richardson in AThR 10 (1927), S. 47-50; von J. Danielou
in Dieu vivant Nr. 16, S. 61—74, und neuerdings von H. A.
Brongers in VT 13 (1963). S. 269—284 (diese für Renaud noch
nicht zugänglich), zu nennen sind. Ferner gehen die Meinungen
über die Bedeutung der Wurzel N:p auseinander. Gewiß scheidet
in bezug auf Gott das Verständnis als Neid oder Mißgunst aus.
Hatte aber Küchler den Begriff ursprünglich mit der Geschlechtsliebe
und Ehe aufs engste verbunden gesehen („eifersüchtig"),
so scheinen andere ihn aus der Rechtssphäre herleiten zu
wollen (z. B. Th. C. Vriezen, Theologie des Alten Testaments in
Grundzügen, o.)., S. 128: „seine Rechte unter Ausschluß anderer
behaupten") und betont Brongers den Affekt, der 6ich
angesichts des verletzten — nicht des durchzusetzenden —
Rechts einstellt („Ausbruch von Grimm und Wut über Rechte,
die verletzt werden"). So ist die neue Untersuchung Renauds in
jedem Falle begrüßenswert.

Einleitend (S. 17—26) sucht Renaud — doch wohl etwa6
vorschnell — menschliches und göttliches N:p möglichst grundsätzlich
voneinander zu trennen und letzteres sogleich als eine
tiefreichende Umwandlung des ersteren zu begreifen. Gewiß
wirft die etymologische Untersuchung, wie schon früher erkannt
, für beide nur wenig ab. Und es ist sehr beachtenswert,
daß x:p als Ausdruck zwischenmenschlichen Verhaltens vor
allem in der Weisheitsliteratur gebraucht wird (Eifersucht,
Eifer, Wetteifer, Neid, Aufregung), wobei der Weise ja derartigen
Affekten gänzlich abgeneigt ist, und «Is Ausdruck
menschlichen Eiferns für Gott abgesehen von II Kön 10, 16 nur
in der nachexilischen Literatur, vorkommt, während von der
.-Eiferc-jcnt" Gottes fast ausschließlich „in den geschichtlichen
Traditionen ühd den prophetischen Büchern" die Rede ist,
„also in einem änderen ItJöm als die Mehrheit der Texte, die
von der profanen Eifersucht handeln". Doch berechtigt dies
ebensowenig wie eine Vorliebe für gewisse, auch sonst vorkommende
grammatische Eigenarten zu einer radikalen Tren-.
ZRmg, Renaud ist von Anfang an zu sehr auf „theologische'1 Erlgebnisse
erpicht und berücksichtigt zu wenig, daß der normale
Wortsinn auf Jahwe übertragen und auf diese Weis« von ihm
ein affektvolles Eifern ausgesagt worden sc-in ka»ri (Brongers:
„Ausbruch von Grimm und Wut"). Wenn dies in der weiteren
Einzeluntersuchung dann freilich doch mehrfach zutage tritt, ist
es ein gutes Zeichen für Renauds exegetische Sorgfalt.

Das 1. Kapitel (S. 27—46) behandelt die Vorkommen in

den „alten Traditionen" Ex 34, 14; 20, 5; Jos 24, 19, die
Renaud für vordeuteronomisch hält, wenn auch der Dekalog
und Jos 24 deuteronomisch überarbeitet sind. Daher handelt
es sich nach ihm um einen sehr alten Ausdruck für die zürnende
„Eifersucht" Jahwes, die mit dem Bundesschluß am Sinai zusammenhängt
. Eng mit dem Monotheismus verknüpft, drückt
das göttliche N:p dessen exklusiven Charakter und die Unduldsamkeit
Jahwes gegenüber anderen Kulten aus. Der „eifersüchtige
" Gott ist zunächst der Gott, der die Sünde bestraft.
Freilich steht diese Auffassung m. E. insofern auf schwachen
Füßen, als es sich in Ex 20,5—6; 34,14 b um junge Erweiterungen
der ursprünglichen Verbote handelt, die teilweise sogar
nachdeuteronomisch sind (vgl. meinen demnächst in „Kerygma
und Dogma" erscheinenden Aufsatz: „Das sog. apodiktisch
formulierte Recht und der Dekalog"). Ebenso ist das Vorkommen
in Jos 24 jung. Daher liegt auch keine ursprüngliche Beziehung
zum „Bund" vor, der — wie entgegen der augenblicklichen
Tendenz festzuhalten ist — nach einem kurzen Präludium
in der (halb)nomadischen Zeit der Frühisraeliten erst von der
deuteronomischen Theologie an bedeutsam wird, so daß sich
erst auf dieser Grundlage die Verwendung von N:p an den
3 Stellen erklärt. Richtig ist dagegen, daß der Ausdruck das
zürnende und strafende Eifern Jahwes meint.

Das 2. Kapitel (S. 47—71) wendet sich folgerichtig dem
Gebrauch des Ausdrucks im Deuteronomium (unterteilt nach
erster und zweiter Ausgabe) und verwandten Stellen zu, der in
Wirklichkeit der älteste ist: Dtn 4, 24; 5, 9; 6, 15; 29, 19;
32, 16. 21; I Kön 14, 22; Ps 78, 58. Tatsächlich bezieht er
sich wie in den vorher genannten (davon abhängigen) Stellen
auf die zürnende und strafende „Eifersucht" Jahwes, die erregt
wird, wenn Israel oder Iraeliten durch Übertreten seines Verbots
(Dtn 5, 9) oder Abfall zu anderen Göttern (Dtn 6, 15;
29,19; 32,16. 21) den Bund brechen (Dtn 4, 23 f.). Das ist
die typisch deuteronomische Auffassung, für die Renaud mit
Recht darauf hinweist, daß der göttliche Zorn aus der verratenen
und enttäuschten Liebe erwächst.

Das 3. Kapitel (S. 73—95) befaßt sich mit der exilischen
Literatur, aus der neben Num 25, 11—13; Ps 79, 5 vor allem die
Vorkommen im Ezechielbuch heranzuziehen sind, die Renaud
mit Ausnahme von 38, 19; 39,25 für ezechielisch hält, während
mir dies nur für 8,5; 23,25; 36,5, dagegen keineswegs für
5,13; 8,3; 16,38-42; 3 5,11; 36,6 sicher scheint. Doch die
wenigen m. A. n. echten Stellen reichen aus, um wenigstens die
Grundzüge dessen zu bekräftigen, was Renaud darlegt: Bis zur
Zerstörung Jerusalems folgt Ezechiel der deuteronomischen Auffassung
der „Eifersucht" als Zornesausbruch über Israels Sünde
(parallel mit Ü7;n „Grimm"), entstanden aus der verratenen
Liebe, aber eingegliedert in die prophetische Auffassung des
Verhältnisses Jahwe-Israel als Ehe (nicht als Bund); nach der
Zerstörung Jerusalems sieht Ezechiel solche zornige „Eifersucht"
nicht mehr gegen Israel, sondern gegen die ihm feindlichen
Völker entflammt, wobei der Aspekt der Gewaltsamkeit und
Heftigkeit weiterhin vorherrscht.

Dem 4. Kapitel (S. 97—135) sind die spät- und nachexilischen
Vorkommen zugewiesen: Jes 42,13; 59,17; 26,11;
63,15; Zeph 1,19; 3,18; Nah 1,2; Jes 9,6; 37,32 Sach
1, 14 f.; 8, 2; Joel 2, 18; Gant 8, 6; Sap 1, 10; 5, 17. Es würde
zu weit führen, die mannigfachen Einzelzüge der Exegese
Renauds im einzelnen nachzuzeichnen, zumal das Gesamtbild einheitlich
ist. Es schließt sich an die jüngere Verwendung bei
Ezechiel, an: Die „Eifersucht" Jahwes dient — im Gegensatz zur
früneren Zeit — immer dem Heil Israels, weil sie sich — entsprechend
der oekannten Tendenz der eschatologischen Pro-
phetie - gegen die Feinde Israels oder die Völker überhaupt
wendet. Die Verfasset der genannten Worte oder Zusätze entwickeln
dies, indem sie die „Eifersucht" mit dem Begriff bNS
verbinden (DeuteTojesaja), in das Schema des eschatologischen
Gerichts einfügen und allmählich mit der göttlichen Liebe (für
Israel) identifizieren.

Im abschließenden 5. Kapitel (S. 137-151) sucht Renaud
die theologische Bedeutung des Ausdrucks r;N:p (von Gott ge-