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Ausgabe:

1965

Spalte:

106-107

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lubsczyk, Hans

Titel/Untertitel:

Der Auszug Israels aus Ägypten 1965

Rezensent:

Hempel, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 2

106

ihrem Fundort benannte. Diese Art von Krügen läßt sich aber
auch unter der Keramik zahlreicher Orte in Palästina-Syrien
nachweisen, und zwar schon in der Zeit von 1900—1750. Diese
Krüge sind auch in den Siedlungen von Bronze 2-III gefunden
worden. Bei der Übereinstimmung mit den in Teil el-Jahudije
gefundenen Krügen wird man sie schwerlich von den Hyksos
trennen können. Mit Recht sieht Jirku dies als einen Beweis
für die Hyksos-Herrschaft in Palästina-Syrien in der Zeit von
1900 v. Chr. bis zur Eroberung des Landes durch Thutmosis III.
(S. 63) an. Ein zweiter archäologischer Fund aus der mittleren
Bronzezeit wirft ein helles Licht auf die Stelle Spr. 9, 1:
„Die Weisheit hat gebaut ihr Haus,
hat aufgerichtet ihre Säulen, sieben an der Zahl".
Es hat sich nämlich herausgestellt, daß wenigstens in der mittleren
Bronzezeit bei größeren Bauten das Dach auf Säulen ruhte,
bei denen man mit Vorliebe die Siebenzahl gelten ließ (S. 66).

Die mittlere Bronzezeit ist übrigens als ein Wendepunkt
in der kulturellen Geschichte des einschlägigen Gebietes zu betrachten
, weil von nun an auch schriftliche Denkmäler das Bild
bestimmen. Als die ältesten literarischen Denkmäler, die auf
dem Boden Palästina-Syriens gefunden wurden, werden wohl
die rund zehn Inschriften von Byblos in gublitischer Schrift anzusehen
sein, die von M. Dunand seit 1929 bei den Grabungen
in Byblos gefunden und von Ed. Dhorme in überaus scharfsinniger
Weise entziffert wurden. Nach begleitenden archäologischen
Funden kann diese Schrift, die in der Regel von rechts
nach links geschrieben wurde, schon um 2000 v. Chr. erfunden
worden sein (S. 71).

Über keine Zeit der altorientalischen Geschichte Palästina-
Syriens sind wir so gut unterrichtet wie über das Jahrhundert
von 1450—1350 v. Chr. Es versteht sich also, daß sich über die
Zeit von Bronze 3-II mehr sagen läßt als über die vorangehenden
Perioden. Hier ist es vor allem der Tontafelfund von
El-Amarna, der unsere Kenntnis der politischen Verhältnisse
in ganz Vorderasien eingehend bestimmt hat. Dank der Ausgrabungen
, die seit 1929 bei dem heutigen Ras Schamra von
Cl. Schaeffer durchgeführt werden und die die schon aus den
Amarna-Tafeln bekannte Stadt Ugarit ans Tageslicht brachten,
hat unsere Kenntnis der Umwelt Palästinas sich noch erheblich
vermehrt. In diesem Kontext befaßt der Autor sich ausführlich
mit dem Sohn und Nachfolger Amischtamrus L, Niqmadu IL,
der ohne Zweifel die uns bekannte bedeutendste Herrschergestalt
von Ugarit ist. Die Texte schildern in lebhafter Weise,
wie dieser Kleinkönig sich den Verlockungen einer Koalition,
die sich gegen den Vasallherrn Schuppiluliuma I. empören will,
zu entziehen versucht. Aus einer anderen Urkunde erhellt aber,
daß dieser Niqmadu auch inneren Schwierigkeiten ausgesetzt
war, heißt es hier doch: „Gabanu bekommt die Güter des
Jatarnu, des Schreibers, da dieser ein Feind des Königs geworden
ist". Jirku bemerkt hierzu: Auf diese Weise scheint ein
Anhänger der Opposition gestraft worden zu sein. Dies scheint
aber jedem Zweifel enthoben zu sein. Eine genaue Parallele des
Benehmens Niqmadus bildet die Bibelstelle 2. Sam. 16,4, wo
David genau so mit seinem Gegner Ziba verfährt. Aus beiden
Daten ist zu entnehmen, daß untreues Verhalten dem König
gegenüber tatsächlich in dieser Weise geahndet wurde.

Selbstverständlich konnte Jirku nicht umhin, auch einige
Seiten dein Volk zu widmen, das in dieser Zeit in Palästina-
Syrien eingebrochen war, d. h. die Chabiru. Die Meinungen der
Forscher gehen vornehmlich in der Frage auseinander, ob den
Chabiru die Wesensart eines Volkes abzusprechen oder zuzusprechen
sei. Jirku schließt sich letzterer Auffassung an. Er fragt
sich, ob sich die Chabiru, ohne sich als Volk zu fühlen, durch
die Jahrtausende hätten erhalten können und nicht vielmehr
bald in ihrer Umwelt hätten untergehen müssen (S. 97). Dagegen
scheint zunächst nicht viel einzuwenden zu sein. Die Lage
ist aber bekanntlich recht verwickelt, und auch Jirku wird sich
wohl nicht der Hoffnung hingeben, zu diesem Problem das entscheidende
Wort gesprochen zu haben.

Das lebhaft geschriebene Buch, das leider von einigen
hinderlichen Druckfehlern verunziert worden ist, ist ein wertvoller
Beitrag zur Historiographie eines Gebietes, das durch die

Jahrtausende stets den Angriffen der jeweiligen Großmächte

ausgesetzt war, daneben aber immer wieder versucht hat, seine
Eigenart zu behaupten.

Utrecht H. A. Brongers

C a n a a n, T.: Der Mord in Sitten und Gebräuchen bei den Arabern
Jordaniens (ZDPV 80, 1964 S. 85—98).

Herrmann, Siegfried: Operationen Pharao Schosdienks 1. im östlichen
Ephraim (ZDPV 80, 1964 S. 55—79).

Lifshitz, B.: Einige Amulette aus Caesarea Palästinae (ZDPV 80,
1964 S. 80—84).

ALTES TESTAMENT

Lubsczyk, Hans: Der Auszug Israels aus Ägypten. Seine theologische
Bedeutung in prophetischer und priesterlicher Überlieferung.
Leipzig: St. Benno-Verlag 1963. XII, 190 S. gr. 8° = Erfurter Theologische
Studien, hrsg. v. E. Kleineidam u. H. Schürmann, Bd. 11.

„Die Philologie ist das Nadelöhr, durch das jedes theologische
Kamel in den Himmel der Gottseligkeit eingehen muß",
sagte mir einst N. Söderblom, als er mich in Halle über den
Vorarbeiten zu meinem Jesaja-Wörterbuch antraf, und ich habe
es mir hinter die Ohren geschrieben. Um so freudiger begrüße
ich das vorliegende Buch von H. Lubsczyk, dessen großer Vorzug
es ist, ein schwieriges theologisches Problem von der philologischen
Seite her, von den verwendeten Formeln aus, anzufassen
. Da im Deuteronomium bereits prophetische und priesterliche
Gedanken sich mannigfach durchkreuzen, setzt er mit einer
sorgsamen Exegese der vordeuteronomischen Prophetie und
ihren Aussagen über die Exodos ein. Sie ergibt, daß für die
ältere Prophetie die Herausführung aus Ägypten die Grundlage
des einzigartigen Gottesverhältnisses Israels ist, das an das
Volk bestimmte, aber nicht erfüllte Forderungen stellt, insbesondere
eine „kritische Haltung" gegen alle irdische Macht
(auch gegen das Königtum) erheischt. Um eben dieser Nichteinhaltung
willen wird das Gericht angekündigt und in dieser
Warnung noch einmal „die Möglichheit der Bekehrung und
Rettung (geboten), so daß das Prophetentum in eine Reihe mit
den Gnadentaten Gottes beim Auszug tritt", und insofern das
Werk des Moses fortsetzt (S. 76). Im Deuteronomium begegnet
die Exodos unter den beiden Formeln „mit starker Hand" und
„aus dem Knechtshaus". Eine Analyse von Deut 6, 10—15.
20—25 ergibt, daß die zweitgenannte, in 10—15 verwandte, in
ihrer Tendenz (bei L. kursiv) der Prophetie ähnlich ist, während
die erstgenannte, in 20—25 begegnende, priesterlicher Herkunft
ist, eine Analyse, die durch andere Stellen bestätigt wird
(für die priesterliche vgl. besonders auch 26, 1—9). Die Formel
„mit starker Hand" unterstreicht das „Moment der Offenbarung
", die Formel „aus dem Haus der Knechtschaft" „das
Moment der Erlösung" (S. 81), dessen Zusammenhang mit der
Prophetie die sehr lehrreichen Anordnungen in Parallelkolumnen
gerade in der sprachlichen Formulierung zwischen den entsprechenden
Stücken des Deut., vor allem mit Hosea, unterstreichen
. Auf der anderen Seite bestehen sprachliche (und sachliche
) Übereinstimmungen zwischen Deut. 4,32—40; 5,15;
7, 7 f., 16-24; 9,25-29; 11,1-9 und Ex 10-15 Num 16.
Hier begegnet „eine Partnerschaft, in der die Offenbarung der
Macht Gottes zu bleibenden Institutionen [bei L. kursiv] führt
(Deut 6, 24 f.), die das Leben Israels für alle Zeiten bestimmen
(4,40)" (S. 107). Auch der Heilige Krieg empfängt hier ..von
der machtvollen Offenbarung im Auszug sein inneres Gesetz"
(ebenda). Der einmal im Auszug erfahrene Beistand Gottes soll
zur Furchtlosigkeit auch vor mächtigeren Völkern führen
(7, 7 ff.). Als sprachliche Kennzeichen ergeben sich für die prophetische
Schicht die Verwendung der Verben jäda und 'ülah,
für die priesterliche die Verben bühar und jäsäh., Unterschiede,
die sich auch im deuteronomistischen Geschichtswerk fortsetzen,
wobei vor allem auf die Analyse von Jos 23 f. (S. 138 ff.) verwiesen
sei. Auch für die Analyse der Pentateuchquellen und der
späteren Prophetie, die kürzer abgehandelt werden, ergeben
sich von den gemachten Feststellungen aus ganz interessante
Beobachtungen, die hier nicht näher ausgeführt werden können.
Nur darauf sei kurz verwiesen, daß bei dem Propheten Jeremia,