Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1965

Spalte:

933-934

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schütz, Paul

Titel/Untertitel:

Freiheit, Hoffnung, Prophetie 1965

Rezensent:

Dilschneider, Otto Alexander

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

933

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 12

934

Köhler, Rudolf: Die Methode der Simultaneität. Zweihundert
Quellentexte zur Identität der Differenz. Kassel: Schneider & Weber
1963. 64 S. 8°.

Kortzfleisch, Siegfried v.: Gerhard Szczesny und die Humanistische
Union (LM 4, 1965 S. 11—120).

Mayr, Franz K.: Philosophie im Wandel der Sprache. Zur Frage der
„Hermeneutik" (ZThK 61, 1964 S. 439—491).

Ogiermann, Helmut: Existentiell, existenzial, personal. Information

und Diskussion (Schol XL, 1965 S. 321—351).
Pannenberg, Wolfhart: Nikolaus von Kues (DtPfrBl 64, 1964

S. 577—579).

Rauch, Winthir: Machterlebnis und Religion (Wissensdiaft und Weisheit
28, 1965 S. 81—91).

R e d i n g, Marcel: Politischer Atheismus (Der Gottesgedanke im
Abendland, hrsg. von Albert Schaefer, Stuttgart: Kohlhammer 1964).

Schmitz, Joseph: Darstellung und Kritik des Offenbarungsglaubens
bei Karl Jaspers (TThZ 74, 1965 S. 83—99).

Schneider, Marius: Die bekannte thomistisdie Realdistinktion im
Verständnis der modernen Seinsphilosophie (Wissensdiaft und Weisheit
28, 1965 S. 113—122).

Schomerus, Hans: Der Säkularismus und die Wirklichkeit der
Welt (Quatember 29, 1964 S. 6—10).

S c h r e y, Heinz-Horst: Idee und Wirklichkeit des Fortschritts in der
geistigen Situation unserer Zeit (Universitas 18, 1963 S. 183—194).

S c h r ö e r, Henning: Kierkegaard — immer noch der Kronzeuge unserer
Probleme (DtPfrBl 65, 1965 S. 642—644).

S c h u I e r , Bertram: Zum transzendentalen Verfahren als Methode der
Metaphysik (Wissensdiaft und Weisheit 28, 1965 S. 136—139).

Schulz, Walter: Der Gott der modernen Metaphysik (Der Gottesgedanke
im Abendland, hrsg. von Albert Schaefer, Stuttgart: Kohl-
hammer 1964).

Schweitzer, Wolfgang: Toleranz und Freiheit der Weltanschauungen

in unserer Zeit (ZEE 9, 1965 S. 257-284).
V r i e s, Josef de: Zum thomistischen Beweis der Immaterialität der

Geistseele (Sdiol. 40, 1965 S. 1-22).
— Fragen zur transzendentalen Methode (Sdiol. XL, 1965 S. 389—397).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Schütz, Paul: Freiheit — Hoffnung — Prophetie. Von der Gegenwärtigkeit
des Zukünftigen. Hamburg: Furche-Verlag [1963]. 722 S.
8° = Gesammelte Werke, III. Band. Lw. DM 54.—.

Dieser dritte Band der gesammelten Werke von Paul Schütz
legt uns die 1960 erschienene Arbeit „PaTusia, Hoffnung und
Prophetie" im Neudruck vor. Insofern könnte also auf meine Besprechung
der „Parusia" verwiesen werden, die bereits 1963 in
der ThLZ Sp. 62—67 erschienen ist. Dennoch gewinnt dieser
dritte Band darüber hinaus eine ganz besondere Bedeutung. Er
bringt nämlich zum Eingang den Abdruck jener Denkschrift, mit
der sich Paul Schütz gegen das konfessionelle Luthertum gewandt
hat, und die dann zum Anlaß dafür wurde, daß er aus seinen
Ämtern ausschied. Der Titel lautet jetzt: Zur Kritik der reformatorischen
Grundlagen, Entwurf einer Denkschrift (1951). Es ist
eigentlich schade, daß wir erst jetzt mit dieser so bedeutsamen
Denkschrift bekannt werden. Gehörte sie doch eigentlich an
den Anfang und also in den ersten Band der gesammelten Werke.
In einer ungewöhnlich mutigen Weise formuliert Schütz in dieser
Denkschrift seine Thesen, indem er das dreifache „Sola" der
Reformation in Frage stellt. Zum „Sola scriptura" sagt Schütz,
daß es unmöglich ist, sich auf die Schrift als alleinige Norm des
Glaubens zu berufen (S. 14), denn die Schrift ist niemals „allein"
gewesen, sondern immer nur als Schrift und Tradition. Und das
bedeutet: verstandene Schrift, vernommenes Wort Gottes (S. 15).
„Die ganze Wahrheit ist in der Schrift als Geheimnis enthalten.
Zur Auffaltung und Auswicklung kommt sie erst in der Zeit"
(S. 15). So sind also Schrift, Tradition und Kirche voneinander
untrennbar. Gewiß wirft Schütz hier ein äußerst vielschichtiges
Problem auf, das allerdings in dieser knappen, provozierenden
Weise keinesfalls hinreichend durchleuchtet ist. Es sei hier nur
an Gerhard Gloeges Beitrag zu dieser Thematik in ThLZ 1954
Spalte 213—236 erinnert. Ganz abgesehen davon, daß diese
These von Schütz heute erneut diskutiert werden müßte, kann
man fragen, inwiefern es sich bei diesem „Sola scriptura" um ein
hermeneutisches Prinzip handelt. — Dann greift Schütz das

„Sola gratia" auf und verweist auf die Tatsache, daß mit diesem
sola gratia aus Theologie Christologie wurde und daß am Ende
dieser Entwicklung heute nur noch der „Einzelne" weltlos und
geschichtslos, das heißt im „Nichts" — „vor Gott steht" (S.16/17).
Und als Letztes wird das „Sola fide" in Frage gestellt, und auch
hier wird auf die Entwicklung zu einem Heilsindividualismus
hingewiesen. Daß das Heil ein universales ist, daß der
Schöpfer liebt, das alles kommt in dieser reformatorischen Konzeption
zu kurz, ganz abgesehen davon, daß mit diesem scharfen
Schwert des „Sola fide" auch die Erkenntnis abgewertet und
schließlich aus der christlichen Existenz als etwas Fragwürdiges
herausgenommen wurde (S. 21/22). — Wie gesagt, man wird über
alle diese Fragen und Thesen mit Schütz diskutieren können.
Dann aber auf einer weit breiteren Basis als das hier in dieser
Denkschrift geschieht. Vielleicht darf schon jetzt bei diesem
dritten Band der gesammelten Werke, der ja mit der „Parusia"
wohl die reifste Frucht des Denkweges von Schütz bringt, eine
grundsätzliche Frage aufgeworfen werden, die auch schon von
vielen Seiten gestellt wurde. Wie ist es zu deuten, daß ein so
durch und durch pneumatischer Denker mit so grundsätzlichen
Einsichten und Erkenntnissen nicht in gleicher Weise zu Gehör
und zur Wirkung gelangt, wie das heute allerortens mit der
Existentialtheologie geschieht? — Es wird gewiß niemandem zugemutet
, alles zu unterschreiben, was Schütz vertritt. Hat er aber
unsere theologische Situation nicht sehr zutreffend erkannt und
formuliert, wenn er sagt: „Eine Theologie, die sich in der
Existenz einmauert, die wird in diesem Verlies verhungern"?
(S. 322).

Berlin OKoA.Dilschneider

Bilkner, Hans-Joachim: Schleiermadiers christliche Sittenlehre im Zusammenhang
seines philosophisch-theologisdien Systems. Berlin: Tö-
pelmann 1964. 159 S. gr. 8° = Theologische Bibliothek Töpelmann,
hrsg. v. K. Aland, K. G. Kuhn, C. H. Ratschow u. E. Schlink, 8.
DM 22.-.

Verf. stellt sich in dieser Arbeit, die im WS 1961'62 von der
Theologischen Fakultät in Göttingen als Habilitationsschrift angenommen
worden ist, die „Aufgabe, Wesen und Eigenart von
Schleiermachers Christlicher Sittenlehre sowie ihre Eigenbedeutung
im Ganzen seiner Theologie herauszuarbeiten" (28). Nach einer
Einleitung über Werden und Gestalt der Christlichen Sittenlehre
und ihre Wirkungs- und Interpretationsgeschichte untersucht Verf.
in drei Kapiteln: „erstens den Gesamtrahmen des von Schleiermacher
konzipierten philosophisch-theologischen Systems" und
„die Grundzüge seiner philosophischen Ethik" (28 f), zweitens die
Prinzipien und drittens die Entfaltung der Christlichen Sittenlehre.
In einem „Abschluß und Ausblick" wird das grundlegend Neue in
Schleiermachers Bestimmung der theologischen Ethik zusammenfassend
gewürdigt.

Verf. vertritt die These, daß nicht nur „die Glaubenslehre
ohne die Christliche Sittenlehre nur ein unvollständiges Bild der
Schleiermacherschen Theologie darbietet" (was bereits Wobbermin
betont hatte), sondern auch „daß Glaubenslehre wie Sittenlehre
ihren deutlichen Sinn erst empfangen, wenn man sie hineinstellt
in den Gesamtzusammenhang des von Schleiermacher intendierten
philosophisch-theologischen Systems" (28). Dabei kommt der philosophischen
Ethik eine grundlegende Bedeutung zu; denn sie
stellt „die Verstehenskategorien für das menschlich-geschichtliche
Leben bereit" (37).

Die christliche Glaubens- und Sittenlehre bedienen sich dieser
Kategorien zur Interpretation des christlichen Glaubens, dessen
Wahrheit sie voraussetzen. Damit werden sowohl die Eigenständigkeit
der Theologie wie auch ihre Zuordnung zur Wissenschaft
kräftig unterstrichen. „Schleiermacher führt hier einen
Kampf nach zwei Seiten, der in seinem gespannten Verhältnis zu
Hegel einerseits, zu der . . . Neuorthodoxie andererseits einen
exemplarischen Ausdruck gefunden hat. Indem seine Glaubenslehre
und seine Christliche Sittenlehre sich gründen in einer philosophischen
Interpretation der menschlich-geschichtlichen Wirklichkeit,
die für das Christentum offen ist, wahren sie doch zugleich die
Nichtdemonstrierbarkeit des Glaubens und wehren seine Verwandlung
in Wissen ab" (64). Die Christliche Sittenlehre ist „die
umfassende Beschreibung der Durchdringung und Aneignung des