Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1965

Spalte:

895-898

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Relations among religions today 1965

Rezensent:

Lehmann, Arno

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

895

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 12

89<i

schlägigen strengen Bestimmungen des Codex Theodosianus
(XVI, 5: De haereticis) zurückgeht. Wir haben bereits an anderer
Stelle darauf hingewiesen8, daß es um die Durchführung dieser
Verfolgungsdekrete allerdings sehr unterschiedlich bestellt gewesen
sein muß, und wollen hier die maßgeblichsten Quellen in
dieser Hinsicht befragen.

Die Vita Fulgentii, die allerdings erst um 530 geschrieben
wurde und deren Verfasser (offenbar doch Ferrandus von Karthago
") keine unmittelbare Berührung mit diesen Ereignissen gehabt
haben kann, weiß nur von einer Verfolgung Hunerichs
gegenüber den sacerdotes zu berichten (Vita Fulg. 3). Die Zivilbevölkerung
ist der Vita zufolge nicht betroffen, und der junge
Fulgentius, damals schon Prokurator von Thelepte und als Sproß
einer vornehmen katholischen Familie bekannt, ist in keiner Hinsicht
ein Opfer der Verfolgung geworden (Vita Fulg. 1 ff.).
Immerhin scheint der Gesamttenor der Kapitel zwei bis vier der
Vita auf eine Krisensituation der besitzenden katholischen
Schichten hinzuweisen, so daß ein loser Zusammenhang mit den
Verfolgungsmaßnahmen Hunerichs gegeben sein mag. Da Fulgentius
selbst in seinen Schriften auf die Verfolgungsmaßnahmen
jedoch auch nicht direkt anspielt, können sich diese zumindest in
der mittleren und südlichen Byzacena nicht allzu stark bemerkbar
gemacht haben. Anders vielleicht im Grenzgebiet gegen
Tripolitanien10 und im Gebiet von Hadrumetum, das damals in
Huniricopolis umbenannt wurde11. Kennzeichnenderweise läßt
sich außer Ferrandus und Fulgentius auch der fanatische Hunerich-
gegner Victor von Vita, der oft Augenzeuge der Katholiken-
Verfolgung gewesen ist und auch über gute Gewährsleute verfügt12
, manche Möglichkeit entgehen, um eine gewissermaßen
lückenlose Verfolgung zu beweisen. So markiert er zwar an zwei
Stellen Hunerichs drastische Maßnahmen gegen die Mönche und
Nonnen (II 24 f. III 41), sagt aber auffälligerweise nichts davon,
daß die ihm wohlbekannte, während der Abfassung seines
Werkes noch lebende mater multarum virginum dei Maxima
(I 35), die unter Geiserich wegen ihrer Flucht ins Kloster gefoltert
worden war, von der Verfolgung Hunerichs in irgendeiner
Weise getroffen worden sei13. Dieses Schweigen ist sehr beredt
und beweist gemeinsam mit der Aussage der Vita Fulgentii und
des Fulgentius selbst, daß die Verfolgung Hunerichs vor manchen
kirchlichen Einrichtungen — so zumindest einzelnen Klöstern —
Halt gemacht hat. Eine lückenlose Verfolgung, wie sie uns Victor
von Vita durch Wiedergabe des Dekrettextes (III 3—14) und anschließende
Schilderung vieler einzelner Verfahren vorspiegeln

8) S. Artikel „Vandalen" Via, Pauly-Wissowa, Suppl.-Bd. X.

°) B. S. Altaner, a.a.O., 453. Die Vita ist jetzt außer in den
Bänden der Patrologia Latina 65 und 67, die Fulgentius' und Ferrandus'
Werke enthalten, in der Ausgabe von G.-G. Lapeyre (Paris 1929) zu
benutzen.

10) S. Victor Vitensis, III, 42 ff.

") Beleg dafür ist der Bischof Servitius Unuricopolitanus, der in
der Notitia prov. et civ. Africae als 107. Bischof der Byzacena vermerkt
ist.

12) Hierzu grundsätzlich: Chr. Courtois, a. a. O., 23 ff.

**) S. Chr. Courtois, a. a. O., 56, und H.-J. Diesner, Kirche und
Staat im spätrömischen Reich, Berlin 19642, Nr. 10. Eine Auslassung
kann hier nicht vorliegen, da Victor (so III, 33) auch bei weniger
wichtigen Persönlichkeiten anmerkt, wenn sie mehrmals von der Verfolgung
getroffen worden sind.

möchte, läßt sich mithin aus seiner eigenen Darlegung unter Zuhilfenahme
anderer Quellenstellen widerlegen. Es ging dem
König ohnehin nicht um die physische Vernichtung der katho-
lichen Geistlichen und Laien, sonden um ihre Bekehrung zum
Arianismus. Diesem Ziel dienten offenbar verschiedene Methoden
, die der Text des Dekretes, der nur eine allgemeine, schroff
formulierte Richtlinie zeichnet, nicht enthüllen kann. Neben
Victor geben die Passio Septem monachorum14 und — freilich für
die Periode Thrasamunds — Procop15 sowie die Vita Fulgentii"
zu, daß man auch bei dem Versuch einer .Zwangsbekehrung'
lieber mit den Mitteln der Überredung und der Bestechung arbeitete
als mit harten Strafen. Die Praxis sah freilich recht unterschiedlich
aus, und die königlichen Dekrete wurden von manchen
Gerichtsorganen — auch von den in die Exekutive einbezogenen
arianischen Klerikern — oft mit drakonischer Strenge befolgt17.
Immerhin gestaltete sich sogar das Schicksal der verbannten
Bischöfe nicht immer allzu hart. Manche von ihnen konnten als
Kolonen friedlich leben18, andere fanden sogar die Möglichkeit,
an ihrem Verbannungsort Klöster zu begründen10. Bekannte
katholische Laien, wie Fulgentius' Familie, wurden gar nicht behelligt
, wenn sie sich nur ruhig verhielten.

Wir meinen freilich, daß die Durchführung der Verfolgung
nach Provinzen und Städten recht unterschiedlich gewesen ist;
es bietet sich jedoch nicht genügend Quellenmaterial an, um
diese These zu untermauern. Wenn es sich beweisen ließe, daß
Maxima zur Zeit Hunerichs Oberin des Thabracenser
Nonnenklosters gewesen ist*6, das ihr nach ihrer Flucht
das erste Asyl geboten hatte (Victor Vit. I 32), so wäre dies ein
Schritt weiter: Liegt Thabraca doch in der Proconsularis, die von
den Vandalen ungefähr mit dem Gebiet der Sortes Vandalorum
gleichgesetzt worden sein dürfte. Da Hunerich nun das Gebiet
der Sortes Vandalorum katholikenfrei machen wollte"1, wäre die
unbehelligte Zulassung eines oder mehrerer Klöster in Thabraca
im Verfolgungsjahr 484 der Beweis für eine besondere Inkonsequenz
der Religionspolitik Hunerichs, die überhaupt noch manches
Rätsel zu lösen gibt.

") S. Passio .... 8. 12. Der Behauptung der Passio: „universa
namque monasteria virorum vel puellarum sanetarum gentilibus, id est
Mauris, cum habitatoribus donare praeeepit" (5. Gemeint ist natürlich
Hunerich) steht nicht nur Victor Vitensis, I, 35, sondern auch die Vita
Fulgentii entgegen. An den Realitäten geht diese Stelle ohnehin vorbei
, da man sich nicht denken kann, auf welche Weise Hunerich die oft
in zentralen Gebieten des Vandalenreiches gelegenen Klöster den
Mauren hätte übergeben können.

15) Bellum Vandalicum, I, 8, 9 f.

le) 20.

17) S. Victor Vitensis, III, 22 ff. 25 ff. 33 ff. 42 ff. 49 ff. Die
Arianer begnügten sich allerdings meist damit, wenn die Gegner auf
irgendeine Weise die (Wieder-) Taufe empfangen hatten, s. Victor
Vitensis, III, 47 ff.

ls) S. Victor Vitensis, III, 20.

lc) Wie der Vita Fulgentii, 3, genannte Faustus (wohl mit dem
als 76. der byzacenischen Bischöfe genannten Faustus Praesidicnsis der
Not. prov. et civ. Afr. identisch); vgl. Chr. Courtois, Les Vandales
et l'Afrique (1955), 297 f. 300.

!0) Chr. Courtois sprach sich (Victor de Vita et son oeuvre, 56)
ohne eigentlichen Beleg dafür aus.

21) S. Victor Vitensis, II, 39. III, 4.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Jung, Moses, Nikhilananda, Swami, u. Herbert W. Schneider
: Rclations among Religions Today. A Handbook of Policies
and Principles. Leiden: Brill 1963. XII, 178 S. gr. 8°. hlf. 15.—.

Dieses Handbuch will keine Wertungen von Religionen
bieten, sondern Information über das Verhältnis der Religionen
zueinander, wie es ist bzw. sein sollte. Das Buch ging hervor aus
einem an der Columbia Universität in den Jahren 1948—1958
gehaltenen Seminar. An dem gewonnenen Material sollen ungefähr
hundert Personen und zwölf Institute beteiligt gewesen

sein. Unter Beiseitelassung aller moralischen, politischen und
ästhetischen Probleme geht es den Bearbeitern um die Herausstellung
der Probleme der zentralen Glaubensinhalte und des
Kultus in den verschiedenen Religionen und um die Darlegung
der Gründe, worin sie ihre Sympathie bzw. NichtSympathie zu
anderen Artungen der religiösen Feiern und Glaubcnshaltungen
sehen.

Das aktuelle Interesse an einem solchen Unternehmen bedarf
kaum einer Begründung. Die Sclbstdarstellungen der Religionen
müssen allen Theologen umso willkommener sein, als
die sehr intensive Begegnung der Religionen in unseren Tagen