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Ausgabe:

1965

Spalte:

865-866

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Jedamski, Frieda

Titel/Untertitel:

Die Christologie Hegels nach ihrer biographischen Entwicklung und ihrer Bedeutung dürs Gesamtwerk 1965

Rezensent:

Jedamski, Frieda

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865

Theologisdie Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 11

866

Jedamski, Frieda: Die Christologie Hegels nach ihrer biographischen
Entwicklung und ihrer Bedeutung fürs Gesamtwerk. Theol.
Diss. Göttingen 1964. 176 S.

Die Arbeit gliedert sich in drei Haupttcile. Zunächst folgt sie der
biographischen Linie. Der junge Hegel müht sich in verschlungenen,
zuweilen auch von ihm selbst sogleich widerrufenen Lösungsversuchen,
der Christusverkündigung eine neue Fassung zu geben. Sie soll ebenso
im mündigen „Reich freier Geister" als dem neuen, von Hegel und
seinen Studien- wie Gesinnungsgenossen heraufzuführenden „Reiche
Gottes" Geltung beanspruchen wie andererseits die Grundlage einer
echten Volksreligion hergeben können. Die vorliegende Arbeit versucht
nun — teilweise in kritischer Auseinanderstzung mit der Sekundärliteratur
— aufzuzeigen, daß Hegels Interesse dabei von Anfang an ein
spekulatives im Sinne der idealistischen Philosophie ist, trotz zunächst
recht häufiger Anleihe bei aufklärerischer oder mystischer Terminologie
und trotz der konservativen äußeren Form eines „Leben Jesu".

Die erstaunliche Denkkraft Hegels sowie der Ernst in seinen Bemühungen
um die Christusaussage führen nun im Laufe der Lebensarbeit
von anfänglich sehr unausgeglichenen, weil sich letztlich gegen
philosophische Aufarbeitung sperrenden christologischen Gedankensplittern
zu einer konsequent geschlossenen, Metaphysik und historische
Realität tragenden und einenden Christologie, die Grundlage und
Klammer des universal gespannten hegelschen Systembaus ist.

Inwiefern letzteres möglich, nach Hegels Überzeugung sogar notwendig
ist, zeigt Teil II der Arbeit. Hier ergibt sich darum für die
Darstellung der Christologie die Form des Herausschälens und
Herauspräparierens aus dem Systemzusammenhang, zumal Hegel sein
ganzes Denken als intellektuellen Gottesdienst anlegt, in dem er den
dreieinigen Gott des Christentums erfassen will. Dabei ist die Untersuchung
der dialektischen Explikation des absoluten Geistes durch
die verschiedenen Stadien die Vorbedingung für das Verständnis dessen,
inwieweit der spekulative Sohn Gottes systemgestaltende Kraft hat:
Er ist das Andere des absoluten Geistes als Medium seines durchgängigen
Zu-sich-scIbst-Kommens. Seine christologische Bedeutsamkeit liegt
darin, die „Vermittlung" Gottes zu dessen dreifältiger Wesensexplikation
zu sein; damit ist er nichts Geringeres als das Gestaltungsprinzip
und die Umklammerung einer dialektischen Metaphysik.

Gegenüber solcher transzendent spekulativen „Filiologie" gilt Teil
III mehr der historisch angesetzten „Christologie" Hegels, wiewohl
diese nur auf dem Hintergund jener recht im Hegelschen Sinne verstanden
werden kann. In den pneumatologisch (!) betonten Jugendarbeiten
, die der Verkündigung des Einheit setzenden Geistes aus dem
Johannisevangelium den Vorzug gaben, wurde die Historie weithin
idealistisch eliminiert. Dort übersprungene, unbequeme Fakten wie
Inkarnation, Passion, Auferstehung und Himmelfahrt werden nun gar
inter dem Nachweis ihrer Notwendigkeit im Duktus der universalen
Geistexplikation zentral akzentuiert. Alle diese Momente schlüsselt das
Interpretament „Gottmensch" auf, eine in den Jugendschriften gemiedene
„Ungeheuerlichkeit", die Hegel in seiner Lebensarbeit denken und
begreifen gelernt hat: Die Inkarnation des Gottmenschen gilt als
die empirisch dargestellte Synthese, als die prototypisch alle Gegensätze
zwischen Gottheit und Menschheit einende Vermittlung.
Im spekulativen Karfreitag findet die Gottmenschheit sogar
eine prozeßhafte Entfaltung: Die äußerste Erniedrigung Gottes in sein
Anderes — der Tod am Kreuz meint die Steigerung der Menschwerdung
— schlägt auf dem Tiefpunkt der Entäußerung in die Herausstellung
der Göttlichkeit des Gekreuzigten um. Ostern und Himmelfahrt
verlängern diese Linie. Sic bringen die Ehre menschlicher
Natur durch identifizierende Aufnahme in die Göttlichkeit nur noch
deutlicher vor die Anschauung. Das nach dem Gesetz der geistmeta-
phvsischen Geschichte und in Parallele zur dialektischen Begriffsexplikation
entworfene Gottmenschcreignis in Christus verkündet das
anthropologisch interessierte Evangelium des deutschen Idealismus.

Setzt Hegel vollends in seiner Geschichtsphilosophie Christus als
die Mitte der Zeit, auf den zu und von dem her der Prozeß der

Weltgeschichte orientiert ist, so wird noch deutlicher, daß wir hier eine
als Denk leistung unübertroffene Christologie vor uns haben.

Mälzer, Gottfried: Bengel und Zinzendorf. Ein Beitrag zur Biographie
und Theologie des württembergischen Theologen Johann
Albrecht Bengel. Diss. Tübingen 1963. 151 S., Beilagen u. Anmerkungen
.

Karl Hermann hat den bisher einzigen Versuch unternommen,
eine auf ausführlichem und sorgfältigem Quellenstudium aufgebaute
Gesamtdarstellung Bengels zu verfassen, die über die Biographien des
19. Jahrhunderts (Burk u. Wächter) hinausführt. Sein Buch ist unvollendet
geblieben. Der erste und einzige Band von 1937 reicht nur bis
zum Jahre 1742. Er erfasst die Kontroverse zwischen Bengel und Zinzendorf
nur in einigen Präliminarien.

Die vorliegende Arbeit gründet sich in erster Linie auf den in der
Württembergischen Landesbibliothek aufbewahrten umfangreichen
handschriftlichen Bengel-Nachlaß.

Im ersten Kapitel wird versucht, den Verlauf und die Bedeutung
des Besuches zu umreißen, den Zinzendorf Bengel 1733 in Denkendorf
abstattete. Im Anschluß daran werden die gegenseitigen Beziehungen
bis zum Jahre 1743 untersucht.

Der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, daß bereits bei der von
Oettinger vermittelten Denkendorfer Begegnung sowohl Bengel als auch
Zinzendorf jene Positionen beziehen, die sie — nur in nebensächlichen
Fragen zu Meinungsänderungen geneigt — beinahe unverändert in der
Folgezeit beibehalten.

Standesunterschiede, Verschiedenheit der Temperamente, der Lebensauffassung
und -führung scheinen trennend gewirkt und die
Scheidung vertieft zu haben, die sich angesichts theologischer Meinungsverschiedenheiten
vollzog. Bengels heilsgeschichtliche (apokalyp-
tisch-cschatologische) Theologie, in der sich Spuren der Foederal-
theologie, einer eigenständig geformten, mit mathematischen und
astronomischen Berechnungen durchsetzten theologia naturalis und eines
stark spekulativ gerichteten Geschichtsbildes finden, stieß beim
Grafen auf entschiedene Ablehnung.

Drei weitere Kapitel behandeln jeweils eine der zwei Phasen und
das Ergebnis der Auseinandersetzung, die 1743 damit einsetzt, daß
Bengel schriftlich fixierte Gutachten über Zinzendorf und die Brüder-
gemeine an Privatpersonen erteilt. Daraus entwickelt sich ein Briefwechsel
und die Begegnung mit Angehörigen der Brüdergemeine.

Etwa im Jahre 1746 gibt Bengel seine bis dahin zurückhaltende
und abwartende Stellung gegenüber den zu jener Zeit außerordentlich
umstrittenen Herrnhutern auf. Er beschließt, ein Buch über Zinzendorf
und seine Anhänger zu schreiben. Bevor dieses erscheint, wird er u. a.
noch als Gutachter seiner Kirchenbehörde, als inzwischen anerkannter
Spezialist für Brüdergemeine-Fragen in Württemberg tätig. Das Ergebnis
der jahrelangen Auseinandersetzung liegt im „Abriß der so genannten
Brüdergemeine" (Stuttgart 1751) vor. Es ist die erste Äußerung
Bengels zu dieser Frage, die er in den Druck gibt.

Bcngels beinahe lediglich negativ gerichtetes Urteil umfaßt von
Anfang an Zinzendorfs Person und das Werk des Grafen, wobei nach
dem Selbstverständnis der Brüdergemeine und ihrer Lehre ebenso
intensiv gefragt wird wie nach Gemeindeleben und -Verfassung und der
jeweiligen, durch die Herrnhuter bedingten kirchenpolitischen Situation.

1752 ist Bengel gestorben. Seine Urteile über Zinzendorf und die
Brüdergemeine vermögen zugleich als Zeugnisse einer ausgereiften
Theologie zu dienen. Sie ist weithin vom Schema der altlutherischen
Orthodoxie bestimmt. Neben diesem steht — nicht beziehungslos und
doch eigenartig unverbunden — jenes vorzugsweise als eigene Gedankenleistung
zu werdende hcilsgeschichtliche, besonders aus der Exegese
der Johannesoffenbarung gewonnene Denken.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legen eine Überprüfung
von Bengels Verhältnis zum Pietismus und seiner Einschätzung als
Pietist nahe.

VON PEIiSONEN

Bibliographie Gustav Stählin

zum 65. Geburtstag am 28. Februar 1965

(Zusammengestellt von Otto Böcher, Main/)

1925 meindeblatt für München 35, Nr. 21 vom 23. 5. 1926; Nr. 24
„, . ... _ ., , v ., ., vom 13. 6. 1926; Nr. 25 vom 20. 6. 1926; Nr. 26 vom 27. 6 1926;
Was hat uns Shakespeares „Troilus und Kressida zu sagen?: Nr 2J yom 4. 7. 1926. München 1926, S. 250-254; 294 f.;
Evangelisches Gemeindeblatt für München 34, Nr. 27 vom ,„_3Qg. j19f. 329—332

5. 7. 1925. München 1925, S. 336—338. . _ ' ,. " , '. . , ,„ • . n 1

3. Selbstbiographie und Christentum: Literarische Beilage zum

1926 Evangelischen Gemcindeblatt für München, Nr. 12 vom Dezem-
Friedrich der Weise, der erste Schirmherr der evangelischen Kir- ber 1926. München 1926, S. 49. Nr. 1 vom Januar 1927.
che. Zu seinem 401. Todestag am 5. Mai 1926: Evangelisches Ge- München 1927, S. 1 f.