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Ausgabe:

1965

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 11

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mit den anderen luth. Missionskräften in Neuguinea mit dem
Ziel, zu einer einzigen luth. Kirche auf dieser Insel zu kommen
(S. 75/6).

Ein anderer Grundzug dieses Buches ist es, daß die jüngeren
Kirchen in ihrer Existenz und Eigen-Verantwortung gesehen
werden. Danker ist ein guter Beobachter. Als früherer Japan-
Missionar hat er ein Auge für manches unter der Oberfläche,
was ein flüchtig Reisender kaum sehen würde. So sieht er viel,
auch bedenkliche Züge im Leben der jüngeren Kirdie, und verschweigt
sie nicht. Das oft beliebt gewesene Rosarot ist nicht auf
seiner Palette.

Ein weiteres Characteristicum der vorliegenden Arbeit ist
die Betonung der Leibsorge neben und mit der Seelsorge, das
Ernstnehmen des 1. Glaubensartikels (S. 249). Mit einer Spiritua-
lisierung der Arbeit ist es heute noch weniger getan als früher.
Denn die Kirche hat es stets mit dem ganzen Menschen zu tun,
darum reicht auch eine Kultivierung einer Individualethik heute
nicht aus. Aus der Lage ergeben sich auch Konsequenzen für die
Pastorenausbildung. Auch bei Danker ist viel zu lesen über die
Lutheran Hour, den größten Radiodienst der Kirche.

Das Buch sollte gelesen werden, auch in Missionshäusern.
Und in Seminaren und in Gemeindegruppen. Das Buch ist ein
schönes Beispiel dafür, daß ruhige und sachliche Darlegungen
über die wirkliche Lage einen starken Anreiz zu größerer Aktivität
bieten. „Jetzt ist keine Zeit für statistical-hysterical church-
men" (S. 220). ,,Die Zeit für Wagnis und Risiko ist da. Die vielleicht
größte Verweltlichung zeigt sich bei auf Sicherheit bedachten
Pastoren und Missionaren, die ihre Existenz nicht aufs Spiel
setzen wollen, zu der kaum ein Risiko gehört" (S. 307). Marschall
Joffre erhielt von Marschall Foch das Telegramm: „Mein
linker Flügel gibt nach; der rechte ist durchbrochen. Situation
ausgezeichnet: ich greife an" (S. 4). Die Verheißung liegt bei
denen, die „den nötigen Glauben und die nötige Geduld
haben" (S. 220).

Halle/Saale Arno Lehmann

N o t h, Gottfried: Ökumenische Einheit als Gabe und Aufgabe (ZdZ
19, 1965 S. 5-12).

Referate über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Holtz, Traugott: Untersudiungen über die alttestamentlichen Zitate
bei Lukas. Habil-Schr. Halle 1964. IV, 171, 117 S.

Die Arbeit hat sich die Aufgabe gestellt, den Schriftgebrauch eines
einzelnen neutestamentlichen Autors genauer zu untersuchen, und zwar
in der Art, daß gefragt wurde, woher die einzelnen Zitate stammen,
die sich in seinem Werk finden, nämlich ob und in welchem Umfang
ihr Text direkt einer der Fassungen des Alten Testaments entnommen
ist, oder ob er dem behandelten Schriftsteller durch die Tradition zugekommen
ist und wie diese Tradition beschaffen war. Die Schriften
des Lukas eignen sich für eine solche Untersuchung auf Grund ihres
literarischen Charakters gut. Ausgenommen wurden die alttestamentlichen
Wendungen und Anklänge in den hymnischen Stücken der Vorgeschichten
Lc 1 und 2.

Für den Textvergleich zwischen den Zitaten des Lukas und ihrem
alttestamentlichen Wortlaut war zunächst jeweils der Text des Lukas
kritisch zu sichern. Da fast durchweg die LXX die Grundlage der
Zitate ist, mußte weiterhin versucht werden, aus ihrem Überlieferungsbestand
die Form zu rekonstruieren, die mit einiger Sicherheit als die
Vorlage der Zitate angesehen werden kann.

Durch den Vergleich selbst sollten zwei Ergebnisse gewonnen
werden. Erstens sollte festgestellt werden, für welche Schriften des
Alten Testaments die Zitate zeigen, daß ihr Text wahrscheinlich von
Lukas der LXX direkt entnommen oder, sofern ihm ein Zitat an sich
mit der Tradition vorgegeben war, der Text dieses Zitats nach der
LXX umgestaltet worden ist. Zweitens wurde versucht, bei den erkennbar
nach der LXX gebotenen Zitaten die Textform des griechischen
Alten Testaments zu ermitteln, die Lukas vorgelegen hat.

Als Ergebnis fand sich für den ersten Punkt: Alle Zitate, bei
denen sich nachweisen oder doch mit hinlänglichen Gründen wahrscheinlich
machen läßt, daß Lukas ihren Wortlaut unmittelbar nach der
LXX bietet, stammen aus den Büchern Kleine Propheten, Jesaja und
Psalmen. Keine durch eigene Benutzung erworbene Kenntnis zeigt er
hingegen von den Büchern des Pentateuch, mit Sicherheit hat er keine
von seinen gesetzlichen Partien. Ebensowenig verrät er ein eigenes
Wissen um die geschichtlichen Texte des Alten Testaments; alle Wahrscheinlichkeit
spricht dafür, daß er es nicht gehabt hat. Ob er die
übrigen Propheten und die „Schriften" mit Ausnahme der bereits genannten
gekannt hat und in welchem Umfang, läßt sich nicht mit voller
Sicherheit sagen.

Bezüglich des zweiten Punktes ergab sich: Der von Lukas benutzte
Text der Bücher Kleine Propheten und Jesaja zeigt eine deutliche
Verwandtschaft mit einer Textform, wie sie im Cod. A innerhalb
der LXX-Überlieferung am besten bewahrt auf uns gekommen ist. Von
daher ließ sich für diese Bücher das Vorhandensein eines Textes, der
dem A-Typ nahesteht, in geschlossenem Umfang in der Hand eines
Einzelnen im letzten Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr. erschließen.
Über den von Lukas benutzten Text des Psalters ließ sich ein sicheres
Urteil nicht gewinnen. Bei einigen Zitaten aus dem Pentateuch, die
aber von Lukas übernommen sind und nicht aus „seiner" LXX
stammen, fanden sich ebenfalls Sonderlesarten von A oder doch ein
Fehlen der Sonderlesarten von B, eine wichtige Stütze für das Alter

der A-Lesarten und ein nicht unwichtiges Kriterium für den gesamten
A-Text.

Die Untersuchung der Pentateuch-Zitate im lukanischen Werk ergab
eine durchgehende Abhängigkeit dieser Zitate von sekundären
Quellen. Neben der synoptischen Tradition steht dabei die Überlieferung
wichtiger, christologisch interpretierter Schriftstellen der frühen
Gemeinde (die z. T. bereits aus dem Judentum übernommen sind). Bei anderen
Pentateuch-Zitaten ließ sich der Wortlaut bei Lukas erklären als
Aufnahme des Wortes aus der katechetisch-liturgischen oder rechtlichen
Tradition des Judentums oder Urchristentums in einer Form, die von
der LXX abweicht.

Die zahlreichen Anspielungen auf die biblische Tradition von der
Geschichte Israels — vornehmlich von der Periode der Frühgeschichte
bis zum Auszug aus Ägypten und der Landnahme — in der Stephanus-
rede Act 7 sind von Lukas übernommen zusammen mit dem jüdischen
Traditionsstück, das er in den Vv. 2—50 in überarbeiteter Form in sein
Werk einfügt. Ehe Prophetenzitate in den Vv. 42 f. und 49 f. der gleichen
Rede sind, ebenso wie die Charakterisierung des Mose in den
Vv. 35 und 37, interpretierende Einschübe in den jüdischen Geschichtsabriß
, der im übrigen weitestgehend wörtlich übernommen ist. Die
literarische Form solcher Geschichtserinncrung steht vermutlich durch
ihre Entstehung aus dem Bundesformular in engem Zusammenhang mit
der jüdischen Bundestheologie. Das von Lukas uminterpretierte Stück
hat ursprünglich den Kult im Tempel zu Jerusalem als das Ziel des
Weges Gottes mit seinem Volk Israel durch die Geschichte dargestellt.

Für das Exoduszitat in Act 23, 5 ließ sich freilich keine sekundäre
Quelle direkt nachweisen. Doch läßt sich die Vermutung begründen,
daß zu der Tradition von dem Verhör des Paulus vor dem Hohenrat,
die in literarischer Abhängigkeit von dem Bericht Joh 18, 19 ff. gestaltet
ist, das Schriftwort schon vor der Aufnahme durch Lukas in
seiner jetzigen Form hinzugehört hat.

Die Psalmenzitate in der Petrus-Rede Act 2,29—31 sowie die
Zitate in der Paulus-Rede Act 13, 33—3 5, die mit dem Geschichtsabriß
der gleichen Rede und dem ihn abschließenden „Zitat" (Vv.
17—22) zusammengehören, werden Lukas aus judenchristlichen Kreisen,
in denen die Erfüllung der messianischen David-Hoffnung des Judentums
in Christus geglaubt wurde, bekannt geworden sein. Der in
Act 13 verarbeitete Komplex war in seiner Urform ein in sich geschlossenes
messianisches David-Testimonium jüdischer Herkunft, während
die Zitaten-Zusammenstellung Act 2,29—31 bereits von ihrem
Ursprung her christlich und von Lukas in unveränderter Gestalt übernommen
ist.

Die Herkunft einiger Zitate ist nicht sicher zu erkennen. Da diese
aber alle aus den Büchern des Alten Testaments stammen, die Lukas
bestimmt bekannt waren, stellt die Unsicherheit des Urteils über ihre
Herkunft die sicheren Ergebnisse der Arbeit nicht in Frage. Sie zeigen
allenfalls, daß Lukas auch mit den Büchern, die er kannte, nicht so vertraut
war, daß er in jedem Falle vorgegebene kleinere und der LXX
gegenüber stärker im Wortlaut veränderte Zitate aus ihnen richtig erkannt
hat und ihre Gestalt an seine Bibel angleichen konnte.