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1965

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 11

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ausspruchsvolle Publikationen würdig zu feiern (vgl. a. ThLZ 81,
1956, Sp. 228-230). Zur Tausendjahrfeier des Athos im Jahre
1963 brachten sie zunächst den vorliegenden 1. Sammelband heraus
. Er vereinigt 19 Aufsätze aus der Feder hervorragender Forscher
aller Konfessionen: J. Decarreaux, Du monachisme primitif
au monachisme athonite (S. 19—54) mit einer historischen Übersicht
des orientalischen vorathonitischen Mönchtums. (Verf. setzt
eines der grundsätzlichen und sehr schwierigen Themen, die mehr
oder weniger betont auch die anderen Aufsätze beherrscht, in den
Mittelpunkt seiner Ausführungen: Wesen und Unterschied von
Koinobia und Idiorrhythmie), P. Lemerle, La vie ancienne de
Saint Athanase FAthonite composee au debut du Xle siecle par
Athanase de Lavra (S. 59—100); J. Leroy, La conversion de saint
Athanase 1'Athonite ä l'ideal cenobitique et l'influence studite
(S. 101—120); P. Dumont, L'higoumene dans la Regle de saint
Athanase lAthonite (S. 121—134); A. Kominis, Un canone
inedito in onore di Sant' Atanasio 1' Atouita (S. 135—143); F.
Dölger, Kaiser und Mönch auf dem Athos (S. 145—148); A.
Mundo Alphonse V d' Aragon et le Mont Athos (S. 149—159);
J. Leclercq, L'eremitisme en Occident jusqu'en l'an mil (S. 161—
180); J. M. NcNulty, „Orientale lumen" et „Magistra Latini-
tas": Greek influences on Western Monasticism (900—1100)
(S. 181—216); A. Pertusi, Monasteri e monaci italiani all Athos
nell'alto Medioevo (S. 217—251); J. Leclercq, ,,Sedere": A pro-
pos de l'hesychasme en Occident (S. 253—264); D. Dimitrievic,
L'importance du monachisme Serbe et ses origines au monastere
athonite de Chilandar (S. 265—277); I. Smolitsch, Le Mont Athos
et la Russie (S. 279—318); J. Kirchmeyer, Hesychius le Sinaite et
ses Centuries (S. 319—329); P. Evdokimov, Le monachisme inte-
riorise (S. 3 31—352); L. Zander, Le monachisme-realite et ideal-
dans l'oeuvre de Dostoievsky (S. 3 5 3—372); C. Konstantinopou-
los, Le message de la Sainte Montagne au monde d'aujourd'hui
(S. 373—380); N. Antonopoulos, La condition internationale du
Mont Athos (S. 381—405); J. Darrouzes, La liste des Prötes de
l'Athos (S. 407—445). Eine „Liste alphabetique" (S. 446—447)
schließt diesen wertvollen Band ab. Der Leser wird, wie der Überblick
der Themen zeigt, schon in diesem l.Band eine Fülle von
Darstellungen finden, die ihn in die monastische, politische und
Verwaltungsgeschichte des „heiligen Berges" der Ostkirche einführen
.

Halle/Saale Konrad O n a s ch

Alevisopoulos, Antonios: Die griechische Orthodoxie in Zentral
- und Westeuropa (LM 4, 1965 S. 277—288).

B e a, Augustinus, Kardinal: Eucharistie und die Einheit der Christen
(StZ 176, 90. Jg. 1964/65 S. 401—413).

Berg, Ludwig: Vorbemerkungen zur Enzyklika „Pacem in terris" des
Papstes Johannes XXIII. (TThZ 74, 1965 S. 238—243).

Bertetto, Domenico: Maria Mater Ecclesiae (Salesianum XXVII,
1965 S. 3—64).

Beyer, Jean: L'Avenir des Instituts Seculiers (Gregorianum XLVI,
1965 S. 545—594).

Conzemius, Victor: Zwischen Rom, Canterbury und Konstantinopel
: Der Altkatholizismus in römisch-katholischer Sicht (ThQ 145,
1965 S. 188—234).

Epagneul, M.-D.: La diaconat, demain. (Nouvelle Revue Theolo-
gique 97, 1965 S. 588—601).

Hornef, Josef: Der Diakon kommt wieder! Möglichkeiten der Verwirklichung
(ThGl 55, 1965 S. 96—106).

Kittel, Helmuth: Katholische Schulpolitik in der Gegenwart. Grundlagen
und Haupttendenzen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
[1965]. 40 S. 8° = Bensheimer Hefte, hrsg. v. Evang. Bund, 28.
DM 2.-

Küppers, Werner: Das II. Vatikanische Konzil und die Lehre von
der Kirche (IKZ 65, 1965 S. 69—101).

Lachenmann, Hans: Die innerkatholische Kontroverse um das
Werk Pierre Teilhard de Chardins (Materialdienst d. Konf. Inst. Bensheim
16, S. 21—29).

Menne, Agape: Vom geistlichen Leben im Kloster der heiligen Hildegard
zu St. Rupertsberg-Eibingen (Erbe und Auftrag 41, 1965 S. 305
—316).

R e u t e r.Theodor: Die freien lutherischen Kirchen in Deutschland
(Igreja Luterana XXV, 1964 S. 208—210).

LITERATURGESCHICHTE
UND CHRISTLICHE DICHTUNG

Krogmann, Willy: Absicht oder Willkür im Aufbau des Heliand.

Hamburg: Wittig [1964]. 94 S. 8° = Deutsches Bibel-Archiv, Abhandlungen
u. Vorträge, I. DM 16.—.

Die wissenschaftliche Literatur über die altsächsische Bibeldichtung
des 9. Jahrhunderts, insbesondere über den sogenannten
..Heliand", ist zu einem 6elbst für den Fachmann nur noch
schwer überschaubaren Umfang angeschwollen. Und doch scheinen
wir erst am Anfang wirklich tiefgründiger Erkenntnis zu stehen

Joh. Rathofer hat in seiner phil. Diss. (Münster) „Der Heliand.
Theologischer Sinn als tektonische Form. Vorbereitung und Grundlegung
der Interpretation", Köln 1962 ( = Niederdeutsche Studien,
hrsg. v. W. Foerste, Bd. 9) mit großer Gelehrsamkeit viele der bisherigen
Ergebnisse gesammelt und gewogen und im II. Teil seiner
627 -f- XVI Seiten umfassenden Arbeit unter anderem den Nachweis
zu führen versucht, daß dem Aufbau des Heliand bestimmte Zahlenverhältnisse
zugrunde liegen. Die Ermittlung solcher Zahlenverhältnisse
(samt symbolischer Zahlen und Zahlensymbolik) bei der Erforschung
von Form und Bau mittelalterlicher Dichtung ist modern und
aktuell und wurde bisher vor allem auf Epen des 12. und 13. Jahrhunderts
angewendet. Kernstück des Heliand sind nach Rathofer die
Fitten (Erzähleinheiten) 32 — 44 im symmetrischen Aufbau
6 (32—37)/l (38)/ 6 (39—44) und mit einem in diesem Kernstück in
unglaublicher Fülle enthalten, .geradezu faszinierenden Spiel der
Zahlen'.

Mit dieser Arbeit Rathofers setzt sich der Verf. in seiner
kleinen, hier anzuzeigenden Schrift auseinander. In ihr wiederholt
der Verf. u. a. einige Grundgedanken aus früheren eigenen
Forschungen.

So hatte er sich 6chon 195 5 im Niederdeutschen Jahrbuch
78, S. 1-27, um den Nachweis bemüht, daß Fitte 44 mit der
theologischen Auslegung der Geschichte von dem Blinden in
Jericho nicht vom Helianddichter stamme, sondern interpoliert
sei. Rathofer nahm jedoch die Argumente des Verf.s auf die
leichte Schulter. Das aber rief diesen auf den Plan. Hat nämlich
der Verf. mit seiner These recht, fällt Rathofers ganze Rechnung
und damit das ganze Zahlen- und Gedankengebäude hin, zumal
der Verf. jetzt auch noch die 42. Fitte (von den Arbeitern im
Weinberg) als spätere Zutat ansieht. Er sucht Rathofer Unge-
nauigkeiten bei der Zählung der Verse nachzuweisen (wo doch so
viel auf Genauigkeit ankommt), eigene, z. T. frühere Konjekrur-
versuche zu erhärten, besonders auch Rathofers (von älterer Forschung
abweichende) These, es lägen vor der 32. und nach der
44. Fitte inhaltliche Einschnitte, zu widerlegen. Fitte 38 bilde in
Wirklichkeit gar nicht den Mittelpunkt des Epos, weil — mit Ergänzung
des verlorenen Schlusses — die Gesamtzahl der Fitten
nicht 75, sondern — wegen der Aussonderung der 42. und 44.
Fitte — nur 73 betragen habe.

Nach alledem hält sich der Verf. „für berechtigt, die im
Titel gestellte Frage mit „Willkür" zu beantworten" (S. 94),
ohne dem Helianddichter jedoch das Bewußtsein! künstlerischer
Verantwortung bestreiten zu wollen. „Die Richtlinien gaben ihm
allein die epischen Gesetze" (ebd.).

Der Streit um Formprobleme des Mittelalters ist keine abwegige
Angelegenheit der Philologen und Kunsthistoriker, sondern
geht auch den Theologen an. Bekanntlich haben mittelalterliche
Denker selbst unzählige Male — von Zahlenproblemen ausgehend
— Sinndeutungen vorgenommen. Darum ist die Methode,
deren sich Rathofer bedient, durchaus legitim. Aber er überanstrengt
sie, und dadurch diskreditiert er sie (der Verf. hat das zu
einem Teil aufgezeigt). Die seit dem 11. und 12. Jahrhundert in
der epischen Reimdichtung beliebten Form- und Zahlenkünste,
die oft weit mehr waren als nur Spielereien, haben so gehäuft
in einer Stabreimdichtung vom Charakter des Heliand im frühen
9. Jahrhundert kaum Platz gehabt1.

') Hier darf man eben auch nicht die grundsätzlichen formalen
Unterschiede zu Otfrids Evangelienharmonie übersehen.