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Ausgabe:

1965

Spalte:

842-843

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Thomas de Aquino, Compendium theologiae 1965

Rezensent:

Kühn, Ulrich

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841

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 11

842

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Grivec, Franciscus, et Franciscus Tomäic: Constantinus et
Methodius Thcssalonicenses. Fontes. Zagreb: Institutum Palaeo-
slavicum 1960. 276 S. gr. 8° = Radovi Staroslavenskog Instituta,
Knjiga 4.

In dem L Teil (S. 13—58) fuhren die Herausgeber in die
Quellen, ihre Handschriften, ihre Verfasser sowie die älteren und
jüngeren Ausgaben ein. Der Leser erhält einen knappen, aber
wissensch ifdich bestens fundierten Überblick der Forschungen
und ihrer Diskussionen. Es werden nicht nur die Vitae der
Slavenlehrer behandelt, sondern auch „Sermones panegyrici", die
„Breviores Vitae", die „Officia Liturgica (Sluzby)", die „Historia
Chilandarica" und die „Slavici Fontes Minores". Es folgen die
„Fontes Graeci", d. h. die Vita Clementis Bulg., und die Vita
Naums. Bei den „Fontes Latini" wird in erster Linie die in neuester
Zeit wieder die Forschung intensiver beschäftigende „Legenda
Italica" besprochen. Es schließen sich an das Referat über die
„Testimonia Anastasii Bibliothecarii", die „Epistolae Romanorum
Pontificum (Epp. Hadriani II, Ioannis VIII. und Stephan V),
Ausführungen über die „Conversio Bagoariorum et Caranta-
norum", die ebenfalls in jüngster Zeit wieder mit Recht mehr in
den Mittelpunkt der Forschung gerückt wurde, weil sie uns über
die Missionsarbeit der fränkischen Kirche vor den Slavenlehrern
verläßlich unterrichtet, wie Ausgrabungen in der ungarischen
Tiefebene und auf dem Territorium des alten Großmähren gezeigt
haben, und die „Legendae Bohemicae et Moravica"
(Legenda Christiani, Legenda Bohemica, Legenda Moravica). Der
II. Teil (S. 59—82) bringt zunächst den Text der lateinischen
Quellen (LI, Test. An. Bibl., Briefe der Päpste) und in einem
Anhang ausgewählte Stellen der VC1., leider nur in lateinischer
Sprache, nicht im griechischen Urtext. Die auf die Slavenlehrer
Bezug nehmenden Stellen aus der „Conversio" findet man auf
S. 55. Daß auch die Texte der böhmischen Legenden und die
Legenda Moravica nicht aufgenommen wurden, wird mancher
bedauern. Im III. Teil (S. 8 3—167) erscheinen, nach Einführungen
in die Textfragen und einzelne philologische Probleme,
die altkirchenslavischen Texte der VC und VM. Jedem Kap. folgt
ein textkritischcr Apparat, dessen Siglen in den soeben erwähnten
Einführungen zu erschließen sind. Der IV. Teil (S. 169—
238) bietet die lateinischen Übersetzungen der VC und VM,
wobei in den Fußnoten Sacherklärungen gegeben werden. Beim
Studium der altkirchenslavischen Texte empfiehlt es sich, diese
Sacherklärungen laufend mitzulesen. Auf die Handschriften wird
dabei vor allem hinsichtlich der Realien Bezug genommen. Es
folgt ein Appendix zum IV. Teil (S. 240—252). Hier
findet man nähere Erläuterungen zu einigen Begriffen (Amor
Sophiae-Philosophia; Honores Praeaviti; Unynije Lenost',
Podvig-Acedia, Segnities, Certamen). Ein „Index Personarum"
(S. 257—262), ein „Index Analyticus" (S. 262—273) und ein
„Index Biblicus" (S. 274—275) beschließen diese Ausgabe. Ein
allgemeines Abkürzungsverzeichnis sowie eines der Codices und
ein Verzeichnis der wichtigsten Sekundärliteratur sind den Ausführungen
und den Texten vorangestellt (S. 8—12).

Für Lehre und Forschung der Cyrillomethodiana bedeutet
diese Edition ein wichtiges Hilfsmittel, das der besonders zu
schätzen wissen wird, der nicht zuletzt für Seminare mit Studenten
oft mühsam nach Textausgaben sucht, die in den meisten
Fällen auch nur Auszüge bieten. Die bekannten Ausgaben von
Miklosich oder Lavrov befinden sich in den meisten Universitätsbibliotheken
nur einmal, Lavrov zudem nicht in allen. Es sei noch
darauf hingewiesen, daß die vorliegende Edition ausgezeichnet
ergänzt werden kann durch Franz Grivec, Konstantin und
Method. Lehrer der Slaven, Wiesbaden 1960 (hierzu und zum
Ganzen der Cyrillomethodiana s. a. meinen Aufsatz „Denkwürdigkeit
und Problematik der byzantinischen Slavenmission",
in: ThLZ 88, 1963, Sp. 641—656). Angesichts der von Grivec
und Tomscic vorbildlich herausgegebenen „Fontes" entsteht der
Wunsch, eine ähnliche Edition von ihnen veranstaltet zu sehen,
die auch andere, wenn auch sekundäre, so doch oft nicht weniger

wichtige Quellen böte. Zu diesen würden die oben erwähnten
Komplexe außer den VC und VM gehören. Auch die Historia
Chilandarica, der man heute, im Gegensatz noch zu Jagic, mehr
Aufmerksamkeit schenkt und die böhmisch-mährischen Legenden
gehörten in eine solche Ausgabe. Daß die Editoren der vorliegenden
„Fontes" freundlicherweise die Ausgaben dieser
Quellen vermerkt haben, ist nur ein geringer Trost. Ein Blick
zeigt, wie abgelegen die meisten von ihnen sind. Der Besitz
einer solchen Edition wäre nicht nur für Lehre und Forschung
eine große technische Erleichterung, er würde vor allem die
Kenntnis dieses immer noch mehr am Rande des geschichtlichen
Bewußtseins der Zeitgenossen liegende, aber gerade für die
historische Analyse der Moderne ungemein wichtigen Gebiets
verbreiten helfen.

Halle/Saale Konrad Onasch

Thomas von Aquin: Compendium Thcologiae. Grundriß der
Glaubenslehre. Deutsch-Lateinisch. Übers, v. H. L. F ä h. Hrsg. v.
R. Tannhof. Heidelberg: Kerle [1963]. 598 S. 8°. Lw. DM 25.80.
Es ist aufs höchste zu begrüßen, daß das Compendium theo-
logiae des Thomas in einer neuen, deutsch-lateinischen Ausgabe
vorliegt. Neben dem Sentenzenkommentar, der Summa contra
Gentiles und der Summa theologiae ist es die kürzeste Gesamtdarstellung
der Theologie durch Thomas. Er hat sie als „compen-
diosa doctrina de christiana religione quam semper prae oculis
possis habere" (Kap. 1) für seinen Sekretär und Beichtvater
Reginald von Piperno wahrscheinlich um 1260, möglicherweise
aber auch erst gegen Ende seines Lebens geschrieben. Leider ist
von drei geplanten Teilen nur der erste vollendet, der „Über den
Glauben" handelt und in losem Anschluß an das Apostolikum
und das Nicänokonstantinopolitanum in 246 Kapiteln wesentliche
Stücke der Dogmatik darbietet. Eingeteilt ist dieser erste
Teil in die zwei Abschnitte „Über den einen und dreifaltigen
Gott sowie 6eine Wirkungen" (Kapitel 1—184: Gottes- und
Trinitätslehre, der Ordo des von Gott geschaffenen Seienden, das
Ziel aller Dinge, ihre Vollendung in der Ewigkeit) und „Über
die Menschheit Christi" (Kapitel 18 5—246: Person, Werk und
eschatologisdi-richterliche Funktion). Es fehlt u. a. die ganze
Sakramentenlehre. Der zweite Teil „Über die Hoffnung" liegt
nur bis Kapitel 10 vor und stellt den Beginn einer Vaterunser-
Auslegung dar, während der geplante dritte Teil „Über die
Liebe" das Doppelgebot der Liebe und möglicherweise auch die
Zehn Gebote behandelt hätte. Das Vorbild des Gesamtaufbaus
ist Augustins „Enchiridion ad Laurentium", im übrigen bietet der
Vergleich des Aufbaus des Compendium mit dem der anderen
großen Werke des Thomas interessante Aspekte, und der flüssige
Stil der Abhandlung, der sich nicht an die scholastische Form der
Quaestio hält, läßt das Compendium als geeignet für eine erste
Bekanntschaft mit Thomas erscheinen — wenn auch die Schärfe
der gedanklichen Gliederung und die in vielen Kapiteln durchgeführte
Auseinandersetzung mit anderen Meinungen das Compendium
keinesfalls zu einer „leichten" Lektüre macht.

Der vorliegende Band hat die bewährte Gestalt der „Deutschen
Thomas-Ausgabe" der Summa theologiae. Die Übersetzung
von Hans Louis Fäh „bemüht sich vor allem um Genauigkeit
und verzichtet, wo diese es erfordert, auf sprachliche
Glätte. Dabei soll sie aber durchweg lesbar bleiben." (Vorwort,
S. 5) Diese Absicht hat der Übersetzer in guter Weise erreicht.

Eine Kleinigkeit: Die Obersetzung des Satzes S. 476 Z. 11 ff. ist
in bezug auf die Stellung des Relativsatzes „um etwas von Gott zu
erlangen" nicht ganz unmißverständlich.

Von besonderem Wert sind die reichlichen Angaben der
Paralleltexte in anderen Thomas-Werken zu Beginn der einzelnen
Kapitel, ebenso der von H. L. Fäh, D. Halcour, D. Eickelschulte
und P. Engelhardt besorgte außerordentlich instruktive
Anmerkungsteil, der sich an manchen Stellen zu kleinen eigenen
Abhandlungen ausweitet so z. B. Anm. 46 über „Hypostase",
Anm. 86 über den Averroismus, Anm. 203 über die Christologie
des Mittelalters) und der auch dem Nichtfachmann die Möglichkeit
gibt, dem Gedankengang des Thomas weitgehend zu folgen

Audi hier eine Kleinigkeit: Die Anm. 37 paßt nicht zu der für sie
angegebenen Stelle S. 58; ob sie vielleicht auf S. 59 ihren Platz hat»