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1965

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 11

840

Festugiere, Andre-Jean, O. P. : Ursprünge christlicher Frömmigkeit
. Bildung oder Heiligkeit im Mönchtum des altchristlichen Orients.
Übers, v. E. F e i c h t i n g e r. Freiburg-Basel-Wien: Herder [1963].
V, 152 S. 8°. Lw. DM 14.80.

Die französische Originalausgabe erschien unter dem Titel
„Les Moines d'Orient", Culture ou Saintete. Introduction au
monachisme oriental. Paris 1961. Der deutsche Titel „Ursprünge
christlicher Frömmigkeit" will dem Zweck des Buches besser
gerecht werden, verfehlt indes wie der französische Titel die
pointierte Fragestellung des Verf.s. Festugiere, der Mitarbeiter
von Nock bei dem Corpus Hermeticum und Neuherausgeber der
Historia Monachorum, setzt mit der Frage ein, ob Augustin recht
geurteilt, als er am Ende seines Lebens den Umgang mit der antiken
Bildung bedauert und die Alternative der Heiligkeit, besser:
Heiligung, gestellt habe. In den vier nun folgenden, fast als
Monographien anzusprechenden Kapiteln „Der Mönch und die
Dämonen", „Der Anachoret", „Der Mönch und das Fasten",
„Der Mönch und das Studium" zeigt er den bewussten Verzicht
der syrischen und koptischen Mönche auf die Güter der antiken
Bildung. Die Fehlwege mönchischer Frömmigkeit des Ostens
haben nach dem Verf. hier ihren Anfang eenommen und wiesen
zur Häresie. Sie stellten vor allem den Zweck asketischen Lebens,
die Einung mit Gott, infrage. Deshalb warnt der Verf. davor,
Bildung und Heiligung zu trennen und das Urteil des alten Augu-
etin als gültig anzusehen. Der Verf. ordnet Bildung und Heiligung
normativ zueinander.

Der Verf. will dem Augenschein nach in eine in den eigenen
Reihen laufende Debatte eingreifen und mit seinen, unter Beschränkung
auf gezielt gesichtetes Material gearbeiteten Monographien
keine Auseinandersetzung über dieses selbst beginnen.
Anders ist es nicht denkbar, daß er die Apophthegmata Patrum
und die Beiträge der protestantischen Forschung zur Geschichte
der Askese fast völlig beiseite läßt. Historische und systematische
Sachfragen bleiben unerörtert. Das Anliegen, Bildung und
Heiligung zusammenzuordnen, bedarf auch heute vor den Augen
der abendländischen, christlichen Gelehrten keiner Begründung.
Freilich wird der Protestant seine Argumente weniger im 5. und
6. Jhdt. suchen und dieses dem gelehrten Dominikaner Festugiere
mit allen Weiterungen überlassen. Er sucht seine Begründung
in dem vom Verf. sorgfältig ausgeklammerten 2.Jhdt., bei Ire-
näus und bei Tertullian. Schwieriger wird jedodi sein, das Anliegen
des Buches im Zeitalter ökumenischer Entfaltung aller
theologischen Desideria auch vor Angehörigen monophysitischer
und Junger Kirchen als normativ zu vertreten, wobei nochmals
zu unterstreichen ist, daß Bildung stets antike Philosophie heißt.
Die Verallgemeinerung des Anliegens des Verf.s wird deshalb
Widerspruch finden, erst recht, wenn die Begründung seines Anliegens
schon normativ sein soll.

Die Zitierung des patriotischen und hagiographischen Materials
erfolgte gewissenhaft. Ein Register fehlt. Die Übersetzung
aus der französischen Vorlage ist besonders bei geprägten
Termini nicht immer glücklich. Monophysitisten (S. 127)? Das
einzige ausführliche griechische NT-Zitat (S. 91 Anm. 1) ist
fehlerhaft.

Nied e rs t r i c g i s WalterNagel

Tidner, Erik: Didascaliae Apostolorum Canonum Ecclcsiasticorum
Traditionis Apostolicae versiones Latinae recensuit. Berlin: Akademie
-Verlag 1963. XXVI, 183 S. gr. 8° = Texte und Untersuchungen
z. Geschichte d. altchristlichen Literatur, hrsg. v. W.
Eltester u. E. Klostermann, 75. Bd. = V.Reihe, Bd. 19. MDN 52.—.

Im Jahre 1900 hat Edmund Hauler die editio prineeps jener
durch die VeToneser Palimpsesthandschrift Bibl. Capitular. LV
(53) fragmentarisch erhaltenen alten Sammlung von lateinischen
Übersetzungen griechischer Kirchenordnungsliteratur gegeben,
durch die uns große Bruchstücke der lateinischen Versionen der
Didaskalie, der sogenannten Apostolischen Kirchenordnung und
der Kirchenordnung Hippolyts erhalten sind. Neubearbeitet worden
sind seitdem die Fragmente der beiden Schriften, deren griechischer
Text verloren ist, nämlich diejenigen der Didaskalie von

R. H. Connolly (1929) und diejenigen der Kirchenordnung Hippolyts
von R. H. Connolly (1916), G. Dix (1937) und B. Botte
(1946). Eine Neuausgabe des ganzen Komplexes, die wie diejenige
Haulers ausschließlich an den lateinischen Texten als solchen
, nicht an Rückschlüssen auf die verlorenen Originale interessiert
ist, hat nun Erik Tidner vorgelegt. Wie Hauler bietet er
ergänzend neben dem Text des Palimpsestes den griechischen
Text der Apostolischen Kirchenordnung, soweit er als Parallele
zu dem lateinichen Fragment in Frage kommt, aus dem Cod.
Vindob. hist. gr. 7 (S. 106 ff.), über Hauler hinaus ein von J. V.
Bartlet in Journ. of. Theol. Stud. 1916/17 veröffentlichtes griechisches
Fragment der Didaskalie (S. 50 ff.; die Entsprechung im
lateinischen Text ist übrigens pag. 31, 1—4, nicht — wie S. 50
angegeben — pag. 30, 1-4) sowie drei griechische Bruchstücke der
Kirchenordnung Hippolyts (S. 135; 140/42; 145).

In Anbetracht dessen, daß der Veroneser Palimpsest nach
wie vor der einzige Zeuge dieser lateinischen Versionen ist, daß
die Wiedergabe Haulers als äußerst zuverlässig und genau gelten
darf (vgl. Tidner, S. XI), daß eine eventuelle genauere Auswertung
der Handschrift mit Hilfe einer Ultraviolettlampe infolge
früherer chemischer Behandlung nicht möglich ist (s. B. Botte,
La Tradition Apostolique de S. Hippolyte. Liturgiewissenschaftl.
Quellen und Forschungen 39, Münster 1963, S. XVII) und daß
T. eine vollständige Durchsicht der Handschrift nicht möglich
war (S. XI), könnte man nach dem Sinn einer solchen Neuausgabe
fragen, hätte sie nicht durch T., der schon 1938 einen sprachlichen
Kommentar zur lateinischen Didaskalieversion veröffentlicht
hat1, eine wesentliche Bereicherung um die Früchte einer intensiven
philologichen Durchdringung der Texte erfahren. Das
macht den eigentlichen Wert dieser Neuausgabe aus, der nun
allerdings von größerem Interesse für den philologischen Erforscher
der späten Latinität als für den Theologen und
Kirchenhistoriker ist. Ihren äußerlich bescheiden anmutenden
Niederschlag findet T.'s Leistung einmal in einem zweiten,
den Text begleitenden philologischen Apparat neben dem
ersten, sich an denjenigen Haulers anlehnenden textkritischen
sowie ferner in einem detailierten und sehr ausführlichen
grammatischen „Index rerum" (S. 152 ff.). Erschlossen wird der
Text darüber hinaus noch durch drei weitere Indices, nämlich
einen „Index vocabulorum" (S. 162 ff.), der gegebenenfalls auch
Eigentümlichkeiten der Übersetzung notiert, einen „Index no-
minum" (S. 177 f.) und ein Bibelstellenregister (S. 178 ff.). Für
die Bibelstellen der Didaskalie sei noch hingewiesen auf den Vergleich
mit den altlateinischen Bibeltextformen, den T. im Rahmen
seiner Prolegomena angestellt hat (S. XIV ff.) und der zeigt,
wie wenig eine sichere Einordnung möglich ist.

Siegburg Knut Sch ä f e c d iek

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