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Ausgabe:

1965

Spalte:

784-785

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Liturgisches Jahrbuch. Vierteljahreshefte für Fragen des Gottesdienstes. Jg. 11 und 12 1965

Rezensent:

Beckmann, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

784

unlösliche Ineinander von beidem darin gegeben, daß die Liturgie
„nicht nur die Autgabe hat, Gott die ihm geschuldete Verehrung
zu erweisen, sondern auch sein Heilsmy Stenum unter den
Menschen gegenwartig zu setzen und wirksam werden zu
lassen" (S. 215). Uber ihren Charakter als Tun, das die Kirche
begründet und darstellt, hinaus ist sie der vornehmste Urt der
Gegenwart des Hohenpriesters Christus; in dieser Hinsicht wird
das Evangelium gemäß der gesamten christlichen UberLeierung
„auf eine analoge tbene mit der eucharistischen Gegenwart" gestellt
. Bemerkenswert ist, daß im blick aut letztere die Lehre
Odo Casels vom „christlichen Kultmysterium" nur mit einer
gewissen Einschränkung gegenüber dessen organischer Beziehung
zu den Kultmysterien des antiken hellenistischen Mittelmeerraumes
übernommen wird. Ebenfalls sieht man die Notwendigkeit
, in der trage, auf weiche Weise das Heilsgeheimnis in den
liturgischen Mysterien gegenwärtig wird, über Casel hinaus
weiterzukommen. Als die z. Z. wohl selbständigste und kraftvollste
Leistung zu diesen Fragen wird die von H. Schiilebeeckx
beurteilt. Weil es sich in den Erlösungstaten Christi um eine
von Gott ausgehende Bewegung handele, verleihe dies dem
zeit- und ortsgebundenen Akt eine instrumentale Wirkkraft, die
den gesamten Zeitablauf und den Raum in seiner ganzen Ausdehnung
durchdringt. Im 3. Kap. „Liturgie und Glaubensgut"
stellt derselbe Verf. die Liturgie als Ort der Didascalia der
Kirche und als Zeugnis ihrer Tradition dar. Es ruft auch uns
zum Nachdenken, wenn aus der Tatsache, daß das Wort Gottes
in der Kirche lebendig bleibt und dies Leben in der Liturgie zu
seinem stärksten Ausdruck kommt, die erstrangige theologische
Bedeutung 4er Ausdeutung von Schrifttexten durch die Liturgie
gefolgert wird. Schließlich arbeitet dann ein 4. Kap. „Liturgie
und Seelorge" (A.-M. Roguet) die Aufgabe und das Wesen einer
vom Gottesdienst her bestimmten Seelsorge heraus.

Der zweite Teil des Werkes hat „Die Messe und die Verehrung
der Eucharistie" zum Inhalt. Während der 3. Abschnitt
den „eucharistischen Kult außerhalb der Messe" (R. Beraudy),
einsetzend mit der Kommunion außerhalb der Messe, behandelt,
gibt N.-M. Denis-Boulet zunächst eine „Allgemeine Einführung
in die Liturgie der Messe", um dann „Die Riten und die Gebete
der Messe" darzustellen. Verständlicherweise berührt sich dieser
Teil weithin mit Jungmanns klassischem Werk „Missarum
sollemnia". Der 1. Abschnitt bringt wesentlich die historische
Darstellung des Werdens der römischen Messe. Die Zeitspanne
vor der endgültigen Festlegung der Formulare und nach der Ausbildung
der wichtigsten östlichen und westlichen Eucharistiegebete
, also der Zeitraum vom 4. bis 7. Jahrhundert, erscheint
hier als „vielleicht die schönste liturgische Zeit"; denn es
„herrscht ein Gleichgewicht zwischen dem Gesetz organischer
Einheit, das verlangt, daß jeder Amtsträger (Lektor, Zelebrant)
allein die ihm aufgetragene Funktion ausführt, daß aber auch
die ganze Gemeinde wie aus einem Mund bete und singe, und
dem Gesetz der Innerlichkeit, das die ganze persönliche Teilnahme
am Sakrament fordert" (S. 299). Die Geschichte der
Messe drehe sich um die Geschichte dieser unmittelbaren und
einmütigen Anteilnahme an den Mysterien. Daß die räumliche
Beschränkung auf alle noch offenen Fragen der Forschung nicht
eingehen läßt, ist verständlich, doch hätte hier an manchem
Punkt auf ungelöste Probleme wenigstens hingewiesen werden
können. Im 2. Abschnitt werden die Einzelstücke der Meßliturgie
der Reihe nach historisch und theologisch erörtert. Auch
hier gilt ähnliches wie zum vorigen Abschnitt, wenn z. B. mit
Selbstverständlichkeit noch von den beiden urchristlichen Gottesdienstversammlungen
zum Wort und zum Mahl gesprochen wird,
ohne die durch O. Cullmann ermöglichte Schau der Dinge auch
nur zu erwähnen. Wichtig auch für die evangelische Abendmahlsdiskussion
erscheint mir der Hinweis, daß die Christenheit bis
zum Ausgang des 4. Jahrhunderts die konsekratorische Kraft der
Messe sowohl auf den in der Epiklese erbetenen Hl. Geist wie
auf die verba testamenti zurückführen konnte, ja, ein Chrysosto-
mus beide Anschauungen vereinigen kann, bis dann das Bestreben
, den Augenblick der Konsekration genau zu bestimmen,
zu ernsten theologischen Konflikten — und zwar sogar erst vom
14. Jahrhundert ab — zwischen West und Ost geführt hat. Jedenfalls
bietet dieser 2. Abschnitt eine instruktive Einführung
gerade auch für Nichtkatholiken in ein wirkliches Verständnis
der römischen Messe. —

Es ist schwer, im Rahmen einer solchen Besprechung auch
nur entfernt einen dem Wert des buches entsprechenden Einblick
in dessen reichen Inhalt zu geben oder gar einzelne kritische
Fragen daran richten zu können. Als Lehr- und Handbuch für
Seelsorger und Studenten vermittelt es jedenfalls solide liturgische
Information. Es wird darum auch dem vom Konzil vorgeschlagenen
Ausbau des Studiums der Liturgie innerhalb der
theologischen Gesamtausbildung gute Dienste leisten können.
Dem Nichtkatholiken wird es zu einer Quelle vielseitiger
liturgiewissenschaftlicher Wissensbereicherung und läßt mit lebhaftem
Interesse dem angekündigten II. Band entgegensehen.

Greifswald William Nagel

Liturgisches Jahrbuch. Vierteljahreshefte für Fragen des
Gottesdienstes, hrsg. v. Liturgischen Institut. Jg. 11, 1961. 256 S.;
Jg. 12 1962. IV, 256 S.; Registerbd. z. d. Jg. 1—10 (1950—1960),
bearb. v. H. Rennings. 71 S. gr. 8°. Münster/W.: Aschendorff.

Die größeren Beiträge des 11. Jahrgangs befassen sich in
mannigfacher Weise mit den liturgischen Wandlungen der
Gegenwart: Theodor Schnitzler macht einen positiv-kritischen
Gang durch den „Codex Rubricarum" von 1960; er rechnet
ihn als einen Markstein der Entwicklung, der jedoch noch
durch die Entscheidungen des Konzils überboten werden dürfte.

Theodor F i 11 h a u t stellt die Liturgische Bewegung unseres
Jahrhunderts in Beziehung zur Ökumenischen Bewegung. In
anderer Weise spricht zum selben Thema Irenee-H. Dalmais:
„Die Verschiedenheit der Riten und die christliche Einheit", wo
er zum Problem der möglichen und notwendigen Verschiedenheit
der Riten in der Einheit der Kirche Stellung nimmt, allerdings
speziell im Blick auf die östlichen Riten der mit Rom unierten
Kirchen. Zwei weitere Aufsätze befassen sich auch mit den Liturgien
der Ostkirche: Joseph Lecuyer: „Die Theologie der Anaphora
nach der Schule von Antiochien" und Alfons Raes:
„Die räumliche Disposition der Eucharistiefeier im Osten", ein
Zeichen für das steigende Interesse an den östlichen Liturgien.
Eindrucksvoll ist der Aufsatz von Jungmann über das
Grundanliegen der liturgischen Erneuerung, in dem die treibenden
Kräfte dieser Bewegung zur Darstellung kommen. Gute Ergänzung
dazu gibt Johannes Wagner mit seinem Artikel über
das Anliegen der Liturgiereform von Pius X. bis zum Codex
Rubricarum.

Außer diesen Beiträgen, denen noch „kleinere" folgen, die
nicht alle genannt werden können, sind von besonderer Wichtigkeit
die Dokumente. Von ihnen seien ausdrücklich genannt:
„Änderungen im Römischen Brevier und M i s s a 1 e" und
„Richtlinien der deutschen Bischöfe für die Feier der heiligen
Messe in Gemeinschaft". Diese beiden Dokumente sind für den
gegenwärtigen Stand der römischen Praxis sehr instruktiv.

Linter den zahlreichen größeren oder kleineren Beiträgen
des 12. Jahrgangs haben mehrere begreiflicherweise Bezug auf das
II.Vatikanische Konzil. Anton H ä n g g i vermittelt uns eine
aufschlußreiche Schrift aus der Zeit des Tridentiner Konzils, in
der die Christenheit zum Gebet für das Konzil aufgefordert
wird. Die Wiedergabe der Gebete eröffnet uns einen starken
Eindruck von ihrer bleibenden Aktualität. Heinrich Rennings
Bericht „Liturgia reformanda" ist eine vollständige Sammlung
aller Wünsche zur Reform der Liturgie an das Konzil. Das inzwischen
erschienene Ergebnis der Beratungen macht sichtbar,
wie weit die Erfüllung der Wünsche gediehen ist. Schöne liturgiewissenschaftliche
Untersuchungen bieten: John Hennig „Socia
exsultatione" — über die Bedeutung der Engel für die Liturgie;
Theodor B o g 1 e r „Ite, missa est?" — über die Probleme des
Schlusses der Messe und einen Vorschlag zur Lösung; Joseph
Pascher „Die liturgische Pfingstoktav" — über die Frage des
Endes der Freudenzeit mit dem „50. Tag" und das Verhältnis
der Pfingstoktav zum Quatember; derselbe Verfasser gibt außerdem
(aus einem Buch über das Kirchenjahr) eine instruktive
Untersuchung über das Fest Peter und Paul, die uns die bisher