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Ausgabe:

1965

Spalte:

780-784

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Allgemeine Einleitung, die Grundelemente der Liturgie

Titel/Untertitel:

die Theologie der liturgischen Feier 1965

Rezensent:

Nagel, William

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

780

haben inzwischen gelernt, daß es nicht auf unsere Gedanken
zum ,Wort', sondern auf die Verkündigung des Wortes
Gottes ankommt. Aber es soll hier nicht über bloße Begriffe
und Namen gestritten werden. Es werden ja fast durchweg
Figuren aus der homiletischen Textinterpretation geboten, die
6ich selbstverständlich im Medium applizierender und explizierender
Gedankenarbeit bewegen müssen.

Die sich notwendig beschränkende Auswahl ist natürlich
subjektiv bedingt, aber keineswegs etwa willkürlich vorgenommen
. Mitunter fragt man sich, warum bei diesem Text gerade
diese Serie von Predigern drankommt, oder auch aus einer
Predigt gerade dieser Abschnitt, wo man aus anderen Quellen
noch bessere Zeugnisse hätte finden können. Es ist auch nicht
zu leugnen, daß sich bei den Herausgebern Vorliebe für bestimmte
Prediger zeigt; bei Ristow u. a. für Schlatter, Althaus,
Barth und Vogel, bei Baumbach daneben auch für Kierkegaard,
Blumhardt, Ragaz, Stöcker, Stählin und Voigt. Ristow hatte für
seine Alten Perikopen natürlich eine viel umfänglichere Predigtliteratur
zur Verfügung als Baumbach für seine erst jüngst beschlossene
Perikopenreihe III, weswegen er nun auch noch andere
predigtnahe Zeugnisse aus Kommentaren und Meditationen
ergänzend zuziehen mußte. Man wird aber bei der Auswahl
nicht von Festlegung auf eine bestimmte theologische Richtung
reden dürfen. Geyer und Rittelmeyer, Bultmann, Bartsch und
Bonhoeffer sind gleichfalls vertreten. Aufs Ganze gesehen muß
das Bemühen anerkannt werden, in überlegter Auswahl der
vollen Variationsbreite evangeliumsgebundener Predigten gerecht
zu werden, ohne sich auf Einseitigkeiten zu versteifen.

Schwieriger wird die Sache im Hinblick auf die nun einmal
nicht zu umgehende Forderung der Einheitlichkeit der Exegese.
Haben die hier friedlich nebeneinander aufgereihten Predigtgedanken
das gleiche Textverständnis oder auch nur die gleiche
Interpretationsmethode zur Voraussetzung? (Z. B. Heinrich Vogel
und Rudolf Bultmann bei ihrer Auslegung von Luk. 5, 1—11 —
Reihe A Bd. 5 S. 105 ff. —; oder Augustin, Luther, Schlatter und
Otto Weber bei Joh. 7, v. 37 - Reihe C Bd. 2 S. 269 ff.). Es
wird mit verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten und den dahinter
stehenden differierenden Theologien gerechnet und zu
rechnen sein, auch wenn bei der Auswahl der Stücke allzuharte
Divergenzen bewußt vermieden sind.

Hier setzt nun die Frage nach dem verantwortungsvollen
kritischen Gebrauch dieses homiletischen Quellenmaterials ein.
Wer es wie eine ,Kladde' benutzt, wer meint, sich von daher um
eine eigene, gründliche Exegese drücken zu können, wer die
vorgelegten .Gedanken' auf ihre dogmatischen und homiletischen
Grundlagen nicht von neuem überprüft und auch der
heutigen Situation entsprechend umzudenken vermag, wer
glaubt unbesehen übernehmen zu können, landet notwendig bei
einem erschreckend subalternen, faulen, trost- und geistlosen
Eklektizismus. Er begibt sich damit aller eigenen Zeugenschaft,
schmückt sich betrügerisch mit fremden Federn und bietet auf
Flaschen gezogenes, abgestandenes Wasser, anstatt sich an den
lebendigen Quell zu begeben und mit eigenen Ohren zu hören,
eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Gdanken zu denken.
Vor diesem erschreckend nahe liegenden Mißbrauch einer guten
Sache muß dringend gewarnt werden.

Andererseits kann die vorausgesetzte eigene gründliche
Vorbereitung durch die daraufhin erfolgende Hinzuziehung
dieser gesammelten Predigtgedanken zum Text eine große Bereicherung
und auch Vertiefung erfahren. Nun werden sie in
ihrer Verarbeitung und Sichtung eine fruchtbare, ja segensreiche
Förderung für die eigene homiletische Meditation bedeuten
. Das erfordert, daß man die angebotenen Figuren und
Fragmente auf ihre exegetischen Voraussetzungen, ihren Zeugnisgehalt
und ihren Situationsbezug hin analysiert, untereinander
vergleicht, und sie dogmatisch und homiletisch kritisch
durchdenkt. (Zum Begriff und zur Methode solcher Arbeit verweise
ich auf mein Buch: Die evangelische Predigt. Grundsätze
und Beispiele homiletischer Analysen, Vergleiche und Kritiken.
Bremen 1963; vor allem auf die Seiten 479—520, wo audi die
Kriterien der Predigt behandelt sind). Erst in der eigenständigen
und kritischen Begegnung mit dem vorliegenden Werk vermag

es eine durchaus zu bejahende Hilfe für den Prediger zu werden
und kann aufgrund seiner Qualitäten bestens empfohlen werden.
Auch als Hilfsbuch für Predigtvor- und nachbesprechungen wird
es in der Hand des mitarbeitenden ,Laien'-Kreises 6eine Bedeutung
haben.

Zusätzlich möchte ich mir noch eine Anregung erlauben.
Eine ganze Anzahl der ausgewählten Stücke eignet sich aufgrund
ihrer Geschlossenheit und Kürze bestens als Andachten. Es
wäre eine geringe Mühe für die Herausgeber, aus ihrer Sammlung
ein Andachtsbuch zusammenzustellen, das aus dem reichen
Predigtschatz unserer evangelischen Kirche schöpft.

Bona Joachim Kon rad

Karnetzki, Manfred: Die Theologie des Kirchenjahres und das

Zeugnis des Neuen Testaments (MPTh 54, 1965 S. 165—176).
The L o r d' s Day Service of the United Church of Christ (Theology

Today 22, 1965 S. 16—19).
Lutz, Klaus M.: Zur gegenwärtigen Situation der seelsorgerlichen

Praxis (ZEE 7, 1963 S. 149—166).
M e z g e r, Manfred: Das Praktische und das Praktikable (DtPfBl 65,

1965 S. 321—325).
Reinhardt, Paul: Kriterien einer Kritik an der Kirche (LM 4, 1965

S. 274—277).

Sieg, Günter: Der katholische Katechismus. Sein Werden und seine
Problematik (KidZ 20, 1965 S. 257—263).

Thadden, Reinold von: Wege und Ziel des Evangelischen Kirchentages
(KidZ 20, 1965 S. 242—244).

Ventures in Liturgy: The Experimental Liturgy (The Expository
Times 76, 1965 S. 284—287).

LITURGIEWISSENSCHAFT
UND KIRCHENMUSIK

Handbuch der Liturgiewissenschaft. Hrsg. v. A.-G. Martimort.
I.: Allgemeine Einleitung. Die Grundelemente der Liturgie. Die Theologie
der liturgischen Feier. Deutsche Übers, hrsg. v. Liturgischen Institut
, Trier, übers, v. M. Präger. Freiburg—Basel—Wien: Herder
[1963] XXIV, 493 S. 8°. Lw. DM 34.50.

Dieses Werk will der Vertiefung und Förderung der Liturgischen
Bewegung dienen, indem es helfen will, „die Frömmigkeit
der Kirche" in ihrem liturgischen Leben ebenso „kennen,
verstehen und lieben" zu lernen, wie man Dogma, Heilige
Schrift und Moral in ähnlichen Werken kennenlernt. Es möchte
jene Gefahr vermeiden, welcher bisherige ähnliche Bücher nicht
entgingen, „im Hinblick auf die Unterweisung künstliche Kategorien
an die Liturgie anzulegen, die ihrem Wesen nicht gerecht
werden und ihr Leben verbergen". Zwei Schwierigkeiten haben
den Plan eines solchen Werkes nur zögernd sich verwirklichen lassen
: das Fehlen abschließender Ergebnisse in der historischen Erforschung
der Liturgie und die noch im Gang befindliche liturgische
Gesamtreform der römischen Kirche. Andererseits bedarf gerade
die Erneuerungsbewegung, soll sie von Klerus und Gläubigen
recht verstanden werden, der umfassenden historischen und theologischen
Perspektiven, wie sie das Buch zu bieten versucht. Als
„Einführung" setzt es voraus, daß die Lektüre der liturgischen
Bücher selbst die des vorliegenden Werkes fortlaufend begleitet.
Die der 1961 erschienenen französischen Originalausgabe bereits
1963 folgende Übersetzung ins Deutsche, ein Werk der Benediktinerin
Mirjam Prager unter wissenschaftlicher Beratung von
Professor E. J. Lengeling-Münster, zeigt, wie sehr dieses „Handbuch
" eine Lücke in der liturgischen Fachliteratur schließt. Für
dessen Gebrauch im deutschen Sprachraum hat das Werk entscheidend
gewonnen, indem es durch Literaturhinweise auf die
deutschsprachige Literatur wesentlich ergänzt wurde. Nicht weniger
als 14 Mitarbeiter, darunter auch in Deutschland rühmlich
bekannte Forscher wie Bernard Botte und Antoine Chavasse.
haben sich zu diesem Werk mit dem Herausgeber vereinigt, dem
Professor an der Theologischen Fakultät Toulouse und am Institut
Superieur de Liturgie in Paris und Direktor des Centre de
Pastorale Liturgique, Aime-Marie Martimont.

Die „Allgemeine Einleitung" setzt mit der Erörterung der
„Grundbegriffe" (Martimort) ein. Wenn die bisherigen Definitionen
der Liturgie nicht recht befriedigen, so sieht M. den Grund