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Ausgabe:

1965

Spalte:

60-61

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Titel/Untertitel:

Schwurgericht bis Venezuela 1965

Rezensent:

Trillhaas, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 1

60

ist. Als solche hat die Taufe im NT grundlegende Bedeutung
für den christlichen Heilsstand.

Den Aussagen über das Kind im NT geht Otto Pereis in
seinen „Beobachtungen zum Thema: das Kind im Rahmen der
neutestamentlichen Anthropologie" nach. Er betont wie Strobel,
daß nach dem NT alle Menschen aller Lebensalter auf die Rettung
durch Jesus angewiesen sind. Kinder aber sind für diese
Hilfe besonders offen, da sie ihr nicht den Widerstand der
Selbstsicherheit entgegensetzen.

Wenn Pereis die in der apostolischen Anrede gemeinten Kinder
als selbstverständlich getauft voraussetzt, steht er mit dieser Aussage
in sachlichem Widerspruch zu der Studie Strobels, der die Frage der
Kindertaufe im NT vorsichtiger beurteilt. Eine Differenz zu Strobel
zeigt sich auch in der Auslegung von l.Kor7, 14.

Mit Hermann Mentz' Verständnis der Taufe und besonders
der Kindertaufe (Taufe und Kirche in ihrem ursprünglichen Zusammenhang
. München 1960) setzt sich Strobel in dem weiteren
Beitrag „Baptisma und Basileia" kritisch auseinander. Gegenüber
Mentz' kerygmatischem Taufverständnis, das die Notwendigkeit
besonders der Kindertaufe in Frage stellt, betont
Strobel den effektiv-sakramentalen Charakter der Taufe, durch
die der Täufling Christus übereignet wird.

Wenn Strobel dabei Mentz gegenüber von Taufe und Verkündigung
als von zwei unterschiedlichen Prinzipien der Urgemeinde spricht,
so steht diese Aussage in gewisser Spannung zu dem, was Härder über
die Verbundenheit von Taufe und Evangelium gesagt hat und bedarf
noch näherer Klärung.

Der letzte Beitrag stammt von dem inzwischen verstorbenen
Rudolf Hermann. Er bietet einige Bemerkungen über „Sinn und
Recht der Kindertaufe im Anschluß an Luther". Hermann betont
die Alleinigkeit des gnädigen Handelns Gottes in der Taufe,
die dem Menschen als Ganzem, auch seinem Kindsein, gilt. Den
die Taufe empfangenden Glauben beschreibt er als ein Festgehaltenwerden
von Gott, das allem eigenen Sichfesthalten mit der
Vernunft vorausliegt. Kindertaufe ist nach Hermann daher
immer zu gewähren, wo sie begehrt wird.

In einem Nachwort werden noch die 9 Sätze abgedruckt,
die auf der oben genannten Tagung der Lutherischen Arbeitsgemeinschaften
in Berlin-Brandenburg erarbeitet worden sind.
Sie betonen, daß für die Säuglingstaufe vorwiegend biblischtheologische
Gründe bestehen. Taufaufschub und Taufverzicht
sind angesichts des universalen Heilswillens Gottes nicht verantwortbar
.

Bedenkt man noch einmal das Ganze der Beiträge, so ist
ihre Absicht, in der gegenwärtigen Diskussion über die Kindertaufe
diese als biblisch-theologisch begründete Ordnung zu erweisen
, offenbar. Wenn auch manche Spannungen in den Beiträgen
untereinander nicht zu übersehen sind, wird doch die Einheitlichkeit
dieses Anliegens dadurch nicht eingeschränkt. Das
Buch bedeutet einen wesentlichen Gesprächsbeitrag in der Tauffrage
.

Rostock Karl B r i n k e 1

Alt haus, Paul: Vom Sinn und Ziel der Geschichte (Universitas 19,

1964 S. 845—852).
Baimas, Enea: Progresso ed escatologia (Protestantesimo 19, 1964

S. 101—107).

Blenkinsopp, Joseph: Biblical and Dogmatic Theology: The
Prcsent Situation (CBQ 26, 1964 S. 70—85).

Broglie, Guy de: Possibilite et impossibilite de la „foi naturelle"
(fin) (RechSR 52, 1964 S. 370—410).

G o 11 w i t z e r, Helmut: Gottes Offenbarung und unsere Vorstellung
von Gott. München: Kaiser 1964. 26 S. 8°.

Heinz, Max: Um die Wesensbestimmung der Kirche in römischkatholischer
Sicht (IKZ 54, 1964 S. 108—117).

J ü n g e 1, Eberhard: „Theologische Wissenschaft und Glaube" im
Blick auf die Armut Jesu (EvTh 24, 1964 S. 419—443).

Kaspar, Walter: Grundlinien einer Theologie der Geschichte (ThQ
144, 1964 S. 129—169).

K o t u 1 a, Karol: Kirche und Kirchen (Polnische Ökumenische Rundschau
3, 1964 H2 S. 2 f.).

R u n i a, K.: Dangerous Trends in Modern Theological Thought
(Concordia Theological Monthly 35, 1964 S. 470—481).

Thurneysen, Eduard: Offenbarung als Sprachereignis (ThZ 19,
1964 S. 192—206).

ETHIK

Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Hrsg. von der
Görresgesellschaft. 6., völlig neu bearb. u. erweit. Auflage. VII:
Sdiwurgericht bis Venezuela. VIII S., 1214 Sp. VIII: Verbände bis
Zypern. Nachträge: Neue Staaten Afrikas. Register. VIII S., 1138 Sp.,
62* S. Freiburg/Br.: Herder 1962/1963. 4°.

Nachdem ich den VI. Band des Staatslexikons im Jahrgang
1963, Sp. 305, angezeigt habe, soll hier ein Bericht über die
beiden letzten Bände VII und VIII und eine abschließende Würdigung
des ganzen Werkes gegeben werden. Der VII. Band enthält
199, der VIII. Band 158 Artikel, zu denen noch 21 Nachträge
hinzukommen, welche durchweg neuen afrikanischen Staaten
(mit sonst kaum erreichbarem statistischen, auch religionsstatistischem
Material) gewidmet sind. Insofern spiegelt schon
der äußere Aufriß der letzten Bände etwas von den tiefgreifenden
Umwälzungen der Menschheit in unserer Generation. In der
5. Auflage entsprachen diesem Inhalt Band IV, Sp. 1460, bis
Band V, Sp. 1746, mit 462 Artikeln und 7 Nachträgen. Es ist
also wiederum eine Minderung um 91 Stichworte, d. h. eine
stoffliche Konzentration zu beobachten. Ein Sachregister von
62 Seiten (nicht Spalten) ermöglicht auch die Auffindung solcher
Begriffe, die nicht durch einen eigenen Artikel vertreten sind.
Ein Verzeichnis der Mitarbeiter wird vermißt.

Das Lexikon hat seinen sachlichen Stil und seine von mir in
früheren Anzeigen immer wieder hervorgehobenen Vorzüge bis
zuletzt bewährt. Die zeitgeschichtlichen Veränderungen, aber
auch die Konjunktur der Interessen, nicht zuletzt die Verschiebung
im Sprachgefüge der Wissenschaft verdrängen Stichworte
und bringen neue in den Vordergrund. Es fehlen im VII. Band
jetzt z. B. Shaftesbury, Sittliche Ordung, Sohm, Spinoza, Stammler
, Stirner, D. Fr. Strauß, Theologische Fakultät, Tolstoj,
Uhland; im VIII. Band fehlen Vico, Voltaire, Windelband, Chr.
Wolff, W. Wundt, Ximenes u. a. Dafür haben sich neue Stichworte
hinzugefunden: vor allem die teilweise bis zum Umfang
von Monographien angewachsenen Artikel über die einzelnen
Staaten. Die großen Stichwortgruppen vermitteln durchweg ein
dem Sozialethiker unentbehrliches Wissen; die Gruppe s. v.
Sozial- in den verschiedensten Verbindungen enthält 29 Beiträge
, Wirtschaft und anschließende Komposita 19 Artikel. Das
Material zum geltenden in- und ausländischen Recht sowie für
die Kenntnis heutiger Staatsverhältnisse ist von konkurrenzloser
Reichhaltigkeit.

Neben der Rechtswissenschaft, den Sozialwissenschaften und
der Staatswissenschaft kommt natürlich die katholische Moraltheologie
in profilierten Beiträgen zu Wort. Ich notiere aus dem

VII. Band folgende Artikel: Sexualität (F.X.Arnold), Selbstmord
(Fleckenstein, Bellebaum), Sozialethik (Höffner), Subsidiaritäts-
prinzip (v. Nell-Breuning), Todesstrafe (A.Kaufmann: „ethisch
zulässig — unter den gegebenen Umständen kriminalpolitisch
nicht zu vertreten"), Tyrannenmord (H. Brack). Aus dem VIII.
Band: Widerstandsrecht (Angermair, Weinkauff), Wirtschaftsethik
, Wucher (v. Nell-Breuning).

Wieder finden sich, wenn auch in begrenztem Umfang, ausgesprochen
„protestantische" Themen. Im VII. Band: Stahl,
Fr. Jul. (Boing), Stöcker (Wendland), Troeltsch (W.Müller); im

VIII. Band: Weltrat der Kirchen (Michael), Wichern (Janssen),
Zwingli (Erik Wolf).

Die abschließende Würdigung muß das achtbändige Staatslexikon
im Vergleich mit der großen Zahl von Lexika und Nachschlagewerken
betrachten, die gegenwärtig ans Licht treten. Der
hohe Rang, der ihm zukommt, fällt ohne langes Besinnen in die
Augen. Es ist an Fülle des dargebotenen Materials, an sicherer
Klarheit der Belehrung und an Reichtum der aufgebotenen
Gesichtspunkte von einzigartiger Geschlossenheit. Überall steht
das Staatslexikon entschlossen in der wissenschaftlichen Tradition,
es hält sich von sensationellen Thesen und von modischen Begriffen
fern, so daß die Aufgeschlossenheit für die Fragen der
Gegenwart sich allenthalben mit der unaufdringlich konservativen
Grundhaltung einer traditionsbewußten Wissenschaft verbindet
. Die Herausgabe durch die Görresgesellschaft sichert dem