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1965

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

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und Leistung seiner Verfasser gerecht zu werden. Was wir hier
vor uns haben, ist nichts Geringeres, als eine vollständige
Inventarisierung ikonographischer Themen
der Monumcntalmalerei einer ganzen kunsthistorischen
Provinz. Wer sich ständig mit der
Ikonographie und Ikonologie der kirchlichen Kunst des byzantinischen
Bereiches zu beschäftigen hat, wird schon diesen Bildband
für sich sehr begrüßen. Wir warten deshalb mit Spannung
auf die beiden Textbände, denen die Verfasser vielleicht doch
noch ein alphabetisches Register ikonographischer Themen beigeben
sollten, das sich u. E. ohne Schwierigkeiten aus den
Plänen aufstellen läßt. Ebenso wäre es sehr zu begrüßen, wenn
die Verfasser ihre mustergültige Arbeit durch fortlaufende Veröffentlichungen
inzwischen durchgeführter Restaurationen oder
Neuentdeckungen (s. auch S. 13) ergänzten.

Halle/Saale Konrad O n a § r h

Coppo, A.: Contributo alla lettura dei graffiti vaticani del Muro

Rosso (Rivista di Archeologia Cristiana 38, 1964 S. 97—118).
Dinkler, Erich: Das Kreuz als Siegeszeichen (mit 12 Abbildungen)

(ZThK 62, 1965 S. 1-20).
F e v r i c r, Paul-Albert: Nouvellcs inscriptions chretiennes de la

Mauretanie sitifienne (Rivista di Archeologia Cristiana 38, 1964,

S. 119—138).

Frei, Walter: Theologie und Musik im Streitgespräch der Jahrhunderte
(ThZ 21, 1965 S. 170-180).

Hahnkamp, Jürgen: Wo soll im Kirchenraum der Altar stehen?
(Kunst und Kirche 28, 1965 S. 30—32).

M a t h e w s, Thomas F.: An early Roman chancel arrangement and its
liturgical funetions (Rivista di Archeologia Cristiana 3 8. 1964
S. 73-95).

M a 11 h i a e, Guglielmo: La cultura figurativa di Salonicco nei secoli
V e VI (Rivista di Archeologia Cristiana 38, 1964 S. 163—213).

Morctti, Luigi: Due iscrizioni greche cristiane di Roma (Rivista
di Archeologia Cristiana 38, 1964 S. 139—144).

Nordström, Carl-Otto: The Templc Miniatures in the Peter
Comestor Manuscript at Madrid (Horae Soederblomianae VI. Pistis
kai Erga. Lund 1964 S. 54—81).

Ritter, Joachim: Landschaft. Zur Funktion des Ästhetischen in der
modernen Gesellschaft. Münster W.: Aschendorff 1963. 56 S. 8° =
Schriften d. Gesellschaft z. Förderung d. Westfäl. Wilhelms-Universität
z Münster, 54. DM, 3.50.

S p a h r, Gerhard: Zur Geschichte und zum Bildinhalt von Kreuzesund
Krcuzigungsdarstellungcn (Erbe und Auftrag 41,1965 S. 91—98).

Vogt, Wolfgang: Unser Kirchbauen im Spiegel des ..Eisenachcr Regulativs
" (Kunst und Kirche 28, 1965 S. 24—25).

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Tillich, Paul: Der Widerstreit von Raum und Zeit. Schriften zur

Geschichtsphilosophie. Stuttgart: Evang. Verlagswcrk [1963]. 230 S.

8° = Gesammelte Werke, hrsg. v. R. Albrccht, Bd. VI. Lw. DM 23.—
— Das Christentum und die Begegnung der Weltrcligionen. Deutsch v.

I. H e n e 1. Sonderdruck aus Paul Tillich, Gesammelte Werke, Bd. V.

Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1964]. 57 S. 8°. DM 3.80.

Der VI. Band der Gesammelten Werke von Paul Tillich
vereinigt 11 Essays zur Geschichtsphilosophie und Geschichts-
theologic in der zeitlichen Folge ihrer Entstehung von 1922 bis
1959, also aus nahezu 40 Jahren. Den mitunter sehr kurzen Beiträgen
ist als ,.Anhang" eine Vortragsreihe aus dem Jahr 1951
beigegeben, die den Titel trägt „Die politische Bedeutung der
Utopie im Leben der Völker". Der etwas änigmatische Titel des
Buches ist von einem kurzen Aufsatz aus dem Jahre 1959
(S. 140 ff.) auf die ganze Sammlung übertragen. Bibliographische
Anmerkungen über die Vorgeschichte der Aufsätze und ein von
Th. Mahlmann bearbeitetes Namen- und Sachregister beschließen
den Band.

Den letzten (V.) Teil seiner nunmehr abgeschlossenen
Systematic Theology (The University of Chicago Press, 1963,
p. 297—423) hat T. überschrieben: History and the kingdom of
God. Hier liegt also seine Geschichtstheologie im Gesamtentwurf
vor, und von da aus gesehen sind die im Band VI der
Gesammelten Werke vereinigten Aufsätze Vorarbeiten, Grundlegungen
, zuweilen auch Parerga. Man blickt hier in die Entstehungsgeschichte
der ganzen Konzeption hinein. Mit einer
bemerkenswerten Pause in der Mitte liegt der Nachdruck der
Äußerungen T.s in den zwanziger und dann wieder in den fünfziger
Jahren. Der Reiz der Aufsätze liegt in der Einfachheit und
Ursprünglichkcit des Ausdrucks. Das ist freilich auch mitunter
ihre Grenze; denn die Bezugnahme auf fremde philosophische
und theologische Arbeit ist doch oft nur recht beiläufig. T. ist
immer ganz bei sich selbst. Aber es ist alles 6chon da, was im
Gesamtertrag des Systems zusammengefaßt ist.

Drei Aufsätze sind dem „Kairos" gewidmet, dem Gedanken
der erfüllten Zeit — im Unterschied von „Chronos", der formalen
, ablaufenden Zeit. Diese Aufsätze sind, wenn man will,
theologiegeschichtliche Dokumente, was nicht minder auf den
hier wieder abgedruckten Aufsatz „Das Dämonische. Ein Beitrag
zur Sinndeutung der Geschichte" zutrifft. Er hat bis heute die
Geschichte des Gebrauchs und Mißbrauchs eines Begriffs begründet
, und so sollte der hier wieder vorgelegte grundlegende Aufsatz
aus dem Jahr 1926 zur Überprüfung des heutigen Usus willkommenen
Anlaß bieten. Der unmittelbaren Thematik des Bandes
, der Geschichtstheologie, sind vier Aufsätze gewidmet:
„Eschatologie und Geschichte" (S. 72—82), „Christologie und
Geschichtsdeutung" (S. 83—96), „Prophetische und marxistische
Geschichtsdeutung" (S. 97—108) und „Geschichtliche und ungeschichtliche
Geschichtsdeutung" (S. 109—125). Die Bedeutung
der Geschichtskonzeption, welche 6ich durch diese vier relativ
kurzen Aufsätze hindurchzieht, scheint mir diese zu sein: Die
Entschlossenheit zum philosophischen Durchdenken der theologischen
Fragen führt zu einem kritisch geläuterten Begriff von
Eschatologie. „Sic ist die jedes Geschehen tragende Geschehenstranszendenz
; im Eschaton hat das Geschehen seinen transzendenten
Ort. Darin liegt das Urteil beschlossen: Der Geschehenssinn
haftet nicht am Entwicklungslinn." (S. 76) Hier
liegt die Brücke zu dem Satz, daß Christus die Mitte der Geschichte
ist (S. 87 ff.; 134 ff.). Und hier liegt dann auch Grund
für das Interesse T.s am Gedanken der Utopie, der ja am frühen
T. gemessen ein neues Motiv in seinem Geschichtsdenken darstellt
. Utopie ist eine Abform von Eschatologie, aber doch insofern
ein mit unsereT Struktur gegebenes Element unseres eigenen
Verhaltens zur geschichtlichen Zeit, als sie in immer neuen
Wandlungen und Spielarten unser geistiges Schicksal begleitet.
T. rechtfertigt die Utopie, führt sie in dem letzten großen Aufsatz
des Bandes gleichsam durch ihre mannigfachen Spielarten
(rückwärtsgewandte Utopie; religiöse und säkulare Utopie usw.)
schließlich bis zu einer kritischen Klärung, für die er am Schluß
den christlichen Gedanken zweier Ordnungen aufbietet: einer
Ordnung der Endlichkeit in der horizontalen Ebene unserer irdischen
Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, und einer anderen
Ordnung, die ihr Wesentliches nur noch in Symbolen wie Reich
Gottes, Reich der Himmel auszusprechen vermag. Man möchte
sagen, eine Zweireichelehre in der behutsamen Sprache des
T.sehen Denkens.

Der Widerstreit von Raum und Zeit, stichwortartig als eine
Devise dem ganzen Band mitgegeben, ist in dem kurzen Aufsatz
S. 140 ff. in freier Spekulation entfaltet. Es wirkt zunächst wie
ein glücklicher und fruchtbarer Einfall: Die alten Götter des
Heidentums als Götter des Raumes, wie auch aus der räumlichen
Bindung des Götterhimmels der Polytheismus seinen Sinn
empfängt. Auch die Mystik ist eine subtile Form der Übermacht
des Raumes; denn „in subtilster Form verneint sie die Geschichte,
aber durch die Ablehnung der Geschichte verneint sie zugleich
den Sinn der Zeit". Die prophetische Botschaft lebt demgegenüber
von der Erfahrung der Zeit. „Der Gott der Zeit ist der
Gott der Geschichte." Diese Geschichte meint keine in sich
ruhende Existenz, sondern eine Erwartung der Erfüllung der Zeit.
„Das jüdische Volk ist wie kein anderes das Volk der Zeit."
Trotzdem scheidet sich das Judentum in dem Moment, „als die
Zeit erfüllet ward", vom Christentum, weil es eine Entscheidung
für den Raum traf, eine Entscheidung nämlich für das Gesetz
seines Volkes, das niemals das Gesetz für alle Völker werden
konnte. Die große Aufgabe einer Wiederbegegnung von Synagoge
und Kirche kann daher nur eine gemeinsame Absage an die
„Götter des Raumes" bedeuten und eine gemeinsame Neuent-