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Ausgabe: | 1965 |
Spalte: | 764-765 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Reformationszeit |
Autor/Hrsg.: | New, John F. H. |
Titel/Untertitel: | Anglican and Puritan 1965 |
Rezensent: | Delius, Walter |
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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10
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Diese Abbreviaturen findet McD. nicht gut vom Stil aus. Aber da
er nichts finden kann, was die Sache treffend umschreibt, entscheidet
er sich für seine Dissertation für den Gebrauch dieser Begriffszusammensetzungen
. Er meint, daß das Zusammenwirken der beiden Sachen
jeweils für die Beschreibung der einen Sache der Rechtfertigung vor
Gott und durch Gott vor dem Ausweichen in ein abstraktes Theorem
bewahrt und die „lebendige Dynamik" zur Beschreibung von Glaube
und Versöhnung so besser ermöglicht. —
So löblich die Absicht ist: „Gesetz und Evangelium" im
Worte Gottes, „Glaube inmitten der Verzweiflung" (die
Verzweiflung und Anfechtung überwindend), würde m. E. um
der Klarheit willen besser sein und auch präziser. Denn despair-
faith, was ist das nun? Kann man nach Luther wirklich nicht
sagen, was hier die entscheidende Qualität hat? Ist Luthers Lehre
wirklich „nicht gerade eine ,evangelical' doctrine, sondern mehr
eigentlich a ,Law-Gospel doctrine'" (S. 2)? — Jedenfalls muß
diese Abstraktion zu Unklarheiten Anlaß geben.
Luthers „Law-Gospel"-Heilslehre als zweiförmig — „als
Dekalog Gebot und Verheißung (Law)" und als „Evangelium
Gebot und Verheißung (Grace)" — vorzustellen, entgeht nicht
der Gefahr eines Schematismus, mit dem man Luther eben nicht
zutreffend wiedergibt. Auch in dieser Studie klingt das moderne
theologische Paradox-Denken und dazu die Hervorhebung einer
Theologie-crucis-Demutslinie an. Luther ist aber nicht nur in der
„Erfahrung" getroster Verzweiflung, sondern auch als theologischer
Denker von großer Bedeutung. Vielleicht ist es deshalb
mehr als ein Symptom, daß die wichtigen Lehrbücher zu Luther
von Köstlin und von R. Seeberg (Dogmengeschichte IV) nicht (auch
nicht die Arbeiten zur Sache von R. Hermann) eingesehen worden
sind. Auch die Quellen sind nicht so herangezogen, wie es
gerade dieses Thema verlangt. Weder die Disputationen noch
die Kommentare Luthers kommen genügend zu Wort. Es ist
methodisch richtig und gut, sich auf besondere Schriften zu konzentrieren
(hier GK und ASm), aber dann muß die Basis dafür
aus den für das Thema von Gesetz und Evangelium grundlegenden
Äußerungen zuvor doch breiter geschaffen sein. Verf. erkennt
auch richtig (in Teil I) „die drei untrennbaren Elemente"
dieser Lehre („bleibende Sünde, umwandelnde Kraft des Glaubens
, angerechnete Gerechtigkeit"), aber der Ausgangspunkt soll
mehr die „religiöse Erfahrung und Gewissenskrise" sein. — Ist
der nicht die ernste Frage nach Gottes Gnade und das Un-
genügen der bis dahin ausgebildeten bzw. zu Luthers Zeit vertretenen
Theologie? Und war es nicht die exegetische und theologisch
-denkerische Leistung, die dieses Ungenüge überwand?
Es gibt Anlaß zu Sorge, wenn der englische Sprachraum das Verständnis
für Luther an der individuell-existentialistisch abgestempelten
Beurteilung gewinnen soll.
Auf Einzelheiten kann ich verzichten, obwohl auch die Auseinandersetzung
mit der Darstellung „nominalistischer Einflüsse"
auf Luther (32—45) und mit den fünf Beilagen (155—174)3 wichtig
wäre. Übrigens auch hier keine Berücksichtigung der neuesten
Forschung (L. Grane, 1961). Aus den als Schlüsselschriften bezeichneten
Kommentaren über Rom., Gal. (nur 1535; 1519 fehlt)
und De servo arbitrio hört man Richtiges über die drei untrennbaren
Elemente, aber eigentlich nichts über die Law-Gospel-
Frage. Teil II (Luthers Confessional Writings) (59—145) stellt
den Dekalog-Teil und dann den Evangeliums-Teil (Decalogue
section, Gospel section), letzteren als Erfüllung des Gesetzes,
im Großen Katechismus dar; ähnlich dann in den Schmalkaldi-
schen Artikeln. — „Polemik" findet man nicht, wenn die Unterstellung
des Individualismus, der (bloß?) innerlichen Heiligung,
die vom Verf. Luther gegenüber als so beachtenswert betonte
„Klarheit und Präzision des Thomas"1 (162), die keine peli-
gianischen Anflüge zeige, nicht eben doch als deutliche Polemik
gelten soll.
Jena Horst Beintker
3) „Appendixes: I. Merit de condigno and de congruo; II. Intrin-
sic Sanctification; III. Luthers Scriptual Arguments for the Sacraments;
IV. Saint Jerome's Metaphor, the 'Shipwreck of Baptism; V. Ex opere
operato."
4) „in perfect harmony with the traditional teachings of the
Church"(!).
New, lohn F. H.: Anglican and Puritan. The Basis of Their Opposition
, 1558—1640. Stanford: Stanford University Press 1964. XI,
140 S. 8°. Lw. $ 4.50
Der Verfasser, Assistent-Professor für Geschichte an der
Universität Santa Barbara in Stanford (Kalifornien), bevorzugt
bei der Behandlung des Themas wesentlich die analytische vor
der chronikalischen Methode. Er will nicht die Zusammenhänge,
den Wechsel, die Veränderungen der religiösen Haltung nachzeichnen
. Ebenfalls verzichtet er darauf, die hauptsächliche Entwicklung
in der Kirche während des Jahrhunderts vor dem englischen
Bürgerkrieg zu schildern, weil sie bekannt ist. Er gibt
auch keine schematischen Erwägungen über die 6ich ausweitende
Spaltung zwischen den anglikanischen und puritanischen Gruppen.
Vielmehr geht es in der Studie um den Versuch, charakteristische
Haltungen auf beiden Seiten aufzudecken und sie von religiösen
Gesichtspunkten aus verständlich zu machen. Der Verfasser
macht ausdrücklich darauf aufmerksam, daß seine Erkenntnisse
teilweise spekulativ und impressionistisch sind. Sie werden weithin
als Hypothesen dargeboten. Unter den Puritanern versteht
der Verfasser die, welche innerhalb der Staatskirche Neuerungen
im Ritual oder im Kirchenregiment einführen. Dabei sind ausgeschlossen
die Puritaner, welche die Kirche vom Staat zu trennen
erhofften. So wird hier also die Scheidungslinie zwischen den
Independenten und Separatisten gesetzt.
Die lehrmäßigen Unterschiede zwischen Anglikanern und
Puritanern sieht er wesentlich an vier Punkten: 1. in der Lehre
vom Menschen, 2. in der Rolle der sichtbaren Kirche, 3. in der
Lehre von den Sakramenten und der Eschatologie und 4. in der
Lehre als solchen und der Ethik. Die Beweisführung stützt sich
auf die zeitgenössische Literatur.
1. Der Verfasser stellt zunächst das Bild des Menschen
dar, wie es sich nach dem Sündenfall ergibt. Die Angli-
kaner sehen die Sünde als ererbte und angeborene Schwäche
an. Der Sündenfall vernichtete nicht die natürliche Fähigkeit
zur Vernunft. An diesem Punkt ergaben sich indessen
Differenzen zwischen den Anschauungen Thomas Cranmers und
Calvins. Demgegenüber bezeichnete der Puritanismus den
Sündenfall als eine totale Perversion. William Perkins sieht den
Sündenfall ähnlich wie Calvin als vollständige Verderbnis. Das
Wort „gut" wird bei den Anglikanern im moralischen und soziologischen
Sinn verstanden, bei den Puritanern steht das spirituelle
und 6äkulare Verständnis im Vordergrund. Der Puritanismus
sah im Menschen das zerstörte Gottesbild, das sich gegen
Gott wendet, während der Anglikanismus verkündet, es bestehe
für den Menschen die Möglichkeit, das Gute zu wählen
und damit den Grund zum vollkommenen Glauben zu legen.
Demgemäß lehrt der Anglikaner die menschliche Wahlfreiheit
inmitten irdischer Bindungen, während der Puritaner in diesen
satanische Triebkräfte sieht. In diesem Zusammenhang wendet
sich der Verfasser gegen die Anschauung, die den Puritanismus
wesentlich von der Lehre der Prädestination her verstehen will.
Er sieht vielmehr den Charakter des Puritanismus in der scharfen
Antinomie des Menschen in seiner Verlorenheit und der unermeßlichen
Macht Gottes. Von hier aus ist der Weg offen zur
Mitte der Beweggründe des Puritanismus. Die Puritaner geben
immer und überall Gott die Ehre. Die Erkenntnis von Gottes
Ehre und Macht stärkt die puritanische Glaubensgewißheit. Die
Anglikaner standen dieser Gewißheit nicht so zuversichtlich
gegenüber. Der Verfasser kann in diesem Zusammenhang von
einem anglikanischen Rationalismus sprechen. Das Ergebnis
dieser Überlegungen ist, daß die Konzeption vom Menschen und
seinem Verhältnis zu dem Schöpfer die Normen der Sittlichkeit
bei Anglikanern und Puritanern bestimmt. Während die Puritaner
durch ihre Glaubensgewißheit zu höchster Aktivität angespornt
wurden, die Welt zu erneuern, waren die Anglikaner
konservativ eingestellt. Sie waren in den Status quo „verliebt".
2. In der Lehre von der Kirche stellt der Verfasser fest,
daß Anglikaner und Puritaner eine enge Verbindung zum Staat
wünschen. Beide unterhalten die Interkommunion mit den
gleichen ausländischen Kirchen. Beide lehnen die päpstliche
Suprematie ab. Die Lehre von der sichtbaren und unsichtbaren
Kirche ist im Puritanismus stark 6piritualistisch. Das Verhältnis